Bis kurz vor der letzten Bundestagswahl gab es hier mehrere Artikel zum Thema Kinderrechte ins Grundgesetz (hier, hier, hier, hier und hier). Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wird ausdrücklich die Absicht verkündet, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Das stand allerdings auch schon im Koalitionsvertrag der letzten Merkel-Regierung.
Eine Grundgesetzänderung braucht eine Zweidrittel-Mehrheit und die kommt seit Jahren nicht zustande, weil man sich bislang nicht auf gemeinsame Formulierungen einigen konnte.
Einige dafür, eine dagegen
Jetzt wurden im Bundestag Petitionen beraten, die die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz befürworten und eine Petition, die dies verhindern will.
Petition angenommen
Mit den Stimmen aller Fraktionen – mit Ausnahme der AfD-Fraktion – verabschiedete der Ausschuss die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine öffentliche Petition (ID 95231) mit der Forderung, das Kindeswohl verfassungsrechtlich zu garantieren und Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz mit dem Zusatz „Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund.“ zu ergänzen, dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) sowie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) „als Material“ zu überweisen und sie den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.
Orientierung an der UN-Kinderrechtskonvention
„Kinder sollen nicht nur als Rechtsobjekte angesehen werden, sondern auch als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten, die sowohl von Erziehungsberechtigten als auch von Behörden vorrangig zu beachten sind“, heißt es in der Petition. Eine erste Orientierung könne die UN-Kinderrechtskonvention bieten, die von der Bundesrepublik Deutschland bereits im Jahr 1992 ratifiziert worden sei, schreibt der Petent. Zu den Kinderrechten gehören seiner Aussage nach der Schutz vor Diskriminierung, Ausbeutung und Gewalt sowie der ungehinderte Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Auch gehörten das Recht auf Erziehung, Bildung und Ausbildung ebenso wie das Recht auf Partizipation in Schule und Gesellschaft zu den Kinderrechten. Aufgeführt wird des Weiteren das Recht der Kinder auf Mitsprache in allen Angelegenheiten, die ihr seelisches, geistiges und körperliches Wohlergehen betreffen, sowie grundsätzlich das Recht zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Petition verworfen
Petition verworfenDen Abschluss des Petitionsverfahrens sieht die mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung zu einer weiteren öffentlichen Petition (ID 104010) vor, in der die Ablehnung einer Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz gefordert wird.
Grundgesetz schützt Kinder schon
Aus Sicht der Petentin gibt es keine verfassungsrechtliche Schutzlücke. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in einem Beschluss im Jahr 1968 festgehalten, dass das Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) sei, heißt es in der Eingabe. Somit schütze das Grundgesetz Kinder bereits heute in vorbildlicher Weise. Der Begriff „Kinderrechte“ lasse zudem offen, wie diese Rechte genau definiert werden, wird kritisiert. Dies berge die Gefahr, dass die Politik künftig eigene Ziele, die Kinder betreffen, zu einem Kinderrecht erklären könnte. Denkbar seien beispielsweise die Einführung einer „Kindergartenpflicht“ oder gar einer „Krippenpflicht“ gestützt auf ein kindliches Recht auf Bildung. Hingegen sei es vermutlich im Sinne der Verfasser des Grundgesetzes gewesen, zukünftig Generationen vor dem Verlust von Freiheitsrechten zu schützen, schreibt die Petentin.
Verweis auf Koalitionsvertrag
In den Begründungen des Petitionsausschusses zu den beiden Beschlussempfehlungen wird jeweils auf den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die 20. Legislaturperiode verwiesen, in dem vereinbart worden sei, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu orientieren. Die konkrete Ausgestaltung, so heißt es, bleibe abzuwarten.
Angesichts dessen hält die Ausschussmehrheit die erst genannte Eingabe für geeignet, in die diesbezüglichen Diskussionen und politischen Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden, während sie sich dem mit der zweiten Petition verfolgten Anliegen nicht anzuschließen vermag.
Quellen: Bundestag-Petitionsausschuss, FOKUS-Sozialrecht
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