Mädchen mit Händen voll Farbe

Kinderrechte im Grundgesetz

Noch hat das Familienministerium (BMFSJ) keinen Gesetzentwurf zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz vorgelegt. Dies soll im Laufe des Jahres, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, noch geschehen.

Für den 22.Mai ruft die Initiative „Kinderrechte ins Grundgesetz“ zu einer gemeinsamen Aktion über die sozialen Netzwerke auf. Jeder kann über Twiiter,  Facebook, Instagram und so weiter den Satz „Kinderrechte ins Grundgesetz, damit…“ in seinem Sinne genau am 22.Mai vervollständigen und absenden.

Zu der Initiative gehören unter anderem der Kinderschutzbund, das Deutsche Kinderhilfswerk und Unicef.

Treffen der zuständigen Minister in Weimar

Die Jugend- und Familienminister aller 16 Bundesländer haben sich letzte Woche in Weimar auf eine stärkere Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz der Bundesrepublik geeinigt. Entsprechend des bei einem Treffen am Freitag in Weimar einstimmig gefassten Beschlusses sollen Kinder stärker bei staatlichen Entscheidungen berücksichtigt werden. In der Verfassung soll unter anderem festgehalten werden, dass der Staat Sorge für kindergerechte Lebensbedingungen tragen soll. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll nun bis Ende des Jahres Vorschläge für die dazu nötige Verfassungsänderung ausarbeiten.

Begründungen der Initiative Kinderrechte

  • Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der KRK verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Rechte zu treffen. Auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (KRA) legt dafür den Vertragsstaaten die Aufnahme der Kinderrechte in die nationale Verfassung nahe.
  • Die Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland ist durch die aktuelle Rechtslage nicht abgesichert: Es besteht ein erhebliches Umsetzungsdefizit in Rechtsprechung und Verwaltung, da die Rechte durch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung des Grundgesetzes oder eine Kombination mit anderen Verfassungsnormen erst kompliziert gewonnen werden müssen.
  • Eine Stärkung der Rechte von Kindern ist angezeigt, da Kinder nicht einfach nur eine gesellschaftliche Teilgruppe von vielen sind. Alle Menschen durchlaufen das Kindesalter und benötigen in dieser Altersphase besondere Rechte, so wie sie in der KRK normiert und von Deutschland mit Ratifizierung anerkannt wurden. Der beispiellose Schutzgehalt des Kindeswohls zeigt sich auch in der Normierung des Kindeswohlvorrangs in anderen menschenrechtlichen Verträgen, der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und der EU Grundrechtecharta.
  • Ein Kindergrundrecht i.S.d. KRK kann in das Grundgesetz eingefügt werden, ohne das grundsätzliche Verhältnis von Kindern, Eltern und Staat anzutasten. Eine Stärkung der Rechte von Kindern führt nicht automatisch zu einer Schwächung der Rechte von Eltern. Im Gegenteil erhalten Eltern dadurch also bessere Möglichkeiten, die Rechte ihrer Kinder gegenüber staatlichen Einrichtungen durchzusetzen.
  • Die Absicherung einer vorrangigen Berücksichtigung des Wohls von Kindern auch auf Verfassungsebene ist nötig, damit Rechtsanwenderinnen, wie Gerichte und Verwaltung, den Interessen von Kindern hinreichend Gewicht verleihen. Das Kindeswohl soll damit nicht eine Entscheidung vorgeben, sondern als eine wesentliche Leitlinie fungieren.
  • Insgesamt würde der Staat seine Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse, Kindesinteressen, die Beteiligung von Kindern und die Gewährleistung gleicher Entwicklungschancen für alle Kinder stärker wahrnehmen. Angesichts der aktuellen Debatte über wachsende Kinderarmut, unterschiedliche Bildungschancen, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Reich und Arm und häufige Fälle von Vernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal.

Bildungspflicht – Schulpflicht

Ein wesentlicher Punkt in der Kinderrechtskonvention ist das Recht eines jeden Kindes auf Bildung und die Verpflichtung des Staates, jedem Kind, auch Flüchtlingskindern, die Möglichkeit zur Bildung zu bieten. In Deutschland soll dies mit der allgemeinen Schulpflicht gewährleistet sein. Schulpflicht, im Sinne von Bildungspflicht gibt es in vielen Ländern. Allerdings ist damit nur in Deutschland, Nordkorea, Kuba und der Türkei der Zwang damit verbunden, sich in bestimmten Gebäuden aufzuhalten.
Wenn mit Hilfe eines Zusatzartikels über die Menschenrechte des Kindes im Grundgesetz verdeutlicht würde, dass auch Artikel 1 und Artikel 2 des Grundgesetzes für Kinder uneingeschränkt gilt, müsste der Schulgebäude-Anwesenheits-Zwang in Deutschland abgeschafft werden.

Quellen: BMFSFJ, Deutsches Kinderhilfswerk,
zum Thema Bildung außerhalb der Schule hier ein Interview von Alex Capistran  mit Rechtsanwalt Andreas Vogt, erschienen in „Oya – anders denken.anders leben“

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