Gewaltschutzstrukturen in Einrichtungen

Menschen mit Behinderungen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, Gewalt in verschiedenen Lebensbereichen zu erfahren. Gleichzeitig sind sie im Hinblick auf den Schutz vor Gewalt, vor allem, wenn sie in Einrichtungen leben und arbeiten, strukturell und rechtlich in einer besonders schwierigen Lage. Aus diesem Grund hat das Institut für empirische Soziologie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Studie zu Gewaltschutzstrukturen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland durchgeführt.

Interviews mit Betroffenen und Expert*innen

Anhand von 52 Einzel- und neun Gruppenin­terviews in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie 22 Interviews mit Expertinnen und Experten wurde zunächst eine Ist-Situationsanalyse erstellt, die die juristischen und struk­turellen Rahmenbedingungen im Gewaltschutz systematisch darstellt, sowie die konkrete Situation in den Einrichtungen aus der Perspektive der Betroffenen und Handelnden be­leuchtet. Daraus konnten Verbesserungsmöglichkeiten und zentral zu bearbeitende Hand­lungsfelder im Gewaltschutz sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Bestandsaufnahme

Der Abschlussbericht enthält eine Bestandsaufnahme der aktuellen Gewaltschutzsituation in Wohnrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, identifiziert Handlungsfelder sowie Lücken im Gewaltschutz und gibt zwölf Handlungsempfehlungen für eine wirksame und Ebenen übergreifende Gewaltschutzstrategie für Menschen mit Behinderungen.

Problemfelder

Auch wenn die Studienergebnisse auf Fortschritte und Beispiele guter Praxis im Gewalt­schutz für Menschen mit Behinderungen in Wohnheimen und Werkstätten verweisen, wurden bestehende Problemfelder und Lücken im Gewaltschutz identifiziert. Als Grund hierfür werden unter anderem der Personalmangel, das eingeschränkte Mitbestimmungs­recht der Bewohnerinnen und Bewohner, die marginale Kooperation und Vernetzung mit externen Unterstützungsstrukturen sowie die zum Teil schwache Position von Selbstver­tretungsstrukturen, wie der Frauenbeauftragten in den Werkstätten, benannt.

Angebote oft schwer erreichbar

Die vorhandenen Unterstützungsstrukturen und Angebote sind für Menschen mit Behinderungen häufig nicht barrierefrei erreichbar und nutzbar. Vor allem für Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Wohneinrichtungen ist die Suche nach Unterstützung oftmals sehr herausfordernd.

Verbesserungsvorschläge

Aus den Erkenntnissen der empirischen Studie wurden Verbesserungsvorschläge abgeleitet, die abschließend in zentrale Handlungsempfehlungen münden. Die Auseinandersetzung mit Gewalt und Gewaltschutz hat in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die soziale Arbeit erhalten. Mit Blick auf die in der Studie ermittelten Verbesserungsbedarfe bleibt eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Evaluation der vorhandenen Schutz- und Unterstützungsstrukturen für von Gewalt betroffene Menschen mit Beeinträchtigungen auch zukünftig unabdingbar.

wissenschaftli­che Grundlage

Die Studienergebnisse und Handlungsempfehlungen bilden erstmalig eine wissenschaftli­che Grundlage für die Erstellung einer umfassenden und wirksamen Gewaltschutzstrate­gie.

Quelle: BMAS, Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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