Cannabis im Bundesrat

Am 29. September 2023 hat der Bundesrat sich ausführlich zu den Regierungsplänen für eine Cannabis-Legalisierung geäußert.

Keine Mehrkosten für die Länder

So fordert er unter anderem, die Kontroll- und Vollzugsaufgaben für die Länder so zu regeln, dass sie keinen zusätzlichen Personal- und Finanzbedarf erzeugen. Der Bundesrat verlangt Maßnahmen der Verkehrsunfallprävention, die Festlegung von Standards für die Sicherung von Anbaueinrichtungen und gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards für die Erstellung von Gesundheits- und Jugendschutzkonzepten. Ausschank, Abgabe und Konsum alkoholischer Getränke soll in Anbauvereinigungen untersagt werden. Außerdem sollen nach dem Willen der Länderkammer im weiteren Gesetzgebungsverfahren die jugendschutzrelevanten Regelungen auf ihre Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit überprüft werden. In der Fassung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs sei ein strukturelles Vollzugsdefizit zu erwarten. Zudem mahnt der Bundesrat die Schließung von Strafbarkeitslücken an.

Regierungsentwurf

Der Regierungsentwurf will Konsumentinnen und Konsumenten einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis erleichtern. Hierzu will sie privaten Eigenanbau, gemeinschaftlichen nichtgewerblichen Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Konsumcannabis durch Anbauvereinigungen an Erwachsene ermöglichen. 

Aufklärung und Prävention

Information, Beratungs- und Präventionsangebote sollen gesundheitliche Risiken für Konsumentinnen und Konsumenten von Konsumcannabis reduzieren. Die Bundesregierung setzt auf cannabisbezogene Aufklärung und Prävention. Insbesondere Kinder und Jugendliche, die durch den Umgang mit Cannabis auffällig geworden sind, sollen an Frühinterventionsprogrammen teilnehmen. Darüber hinaus will die Regierung Bürgerinnen und Bürger, die kein Cannabis konsumieren, vor den direkten und indirekten Folgen des Cannabiskonsums schützen.

Gefahren des Schwarzmarkt-Konsums

Aktuelle Entwicklungen zeigten, dass der Konsum von Cannabis trotz der bestehenden Verbotsregelungen, insbesondere auch unter jungen Menschen, ansteige, heißt es in der Entwurfsbegründung. Der Konsum von Cannabis, das vom Schwarzmarkt bezogen werde, sei häufig mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, da der Tetrahydrocanabinol-Gehalt unbekannt sei und giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide enthalten sein könnten, deren Wirkstärke die Konsumentinnen und Konsumenten nicht abschätzen könnten.

Qualitätskontrolle

Der Entwurf soll zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beitragen, den illegalen Markt für Cannabis eindämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz stärken. Zum Schutz von Konsumentinnen und Konsumenten soll die Qualität von Konsumcannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden.

Weiteres Verfahren

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Verabschiedet dieser das Gesetz, so befasst sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit.

Quelle: Bundesrat

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Zwei Gesetze für Cannabis

Die im Koalitionsvertrag versprochene Legalisierung von Cannabis soll nun, um auch EU-revhtliche Bedenken zu zerstreuen, in zwei vorsichtigen Schritten umgesetzt werden.

„Zwei Säulen“

Der erste Gesetzentwurf, dessen Eckpunkte das Bundesgesundheitsministerium Mitte April veröffentlicht hat soll den Anbau in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen und der private Eigenanbau bundesweit ermöglichen.

Die Abgabe in Fachgeschäften wird in einem zweiten Schritt (Gesetzentwurf vermutlich im Herbst) als wissenschaftlich konzipiertes, regional begrenztes und befristetes Modellvorhaben umgesetzt.

Ziele

Erwachsene sollen künftig Cannabis in bestimmten Mengen privat oder in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen anbauen dürfen sowie im Rahmen eines regionalen Modellvorhabens in lizenzierten Fachgeschäften erhalten können. Ziel bleibt weiterhin, die Qualität zu kontrollieren, die Weitergabe verunreinigter Sub­stanzen zu verhindern, den Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsu­menten bestmöglich zu gewährleisten sowie den Schwarzmarkt einzudämmen.

erste Säule

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei „weibliche blühende Pflanzen“ sind im Eigenanbau erlaubt – geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • „Nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten. In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden.
  • Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.

zweite Säule

Die zweite Säule setzt im nächsten Schritt auf dem Weg zu einer bundesweiten Regelung die weiteren Ansätze aus dem Eckpunktepapier vom 26. Oktober 2022 einschließlich einer Evaluation als wissenschaftlich konzipiertes, regional und zeitlich begrenztes Modell um: Unternehmen wird die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglicht. Mit dieser Säule können die Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersucht werden.

EU-Rechtsrahmen entwickeln

Parallel will die Bundesregierung (insbesondere über die Auslandsvertretungen) ihre Bemühungen fortsetzen, für ihre Ansätze bei den europäischen Partnern zu werben und dabei auch zu prüfen, inwieweit die Initiative einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten möglich sein wird, um mittelfristig den einschlägigen EU-Rechtsrahmen zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.

Quelle: BMG, Fokus-Sozialrecht

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Wann Bubatz legal?

Neulich konnte man, sofern man sich Twitter antut, dort folgenden Tweet von Finanzminister Christian Lindner lesen: „Eine Frage, die mir viele immer wieder stellen: „Wann Bubatz legal?“. Ich würde sagen: Bald.“ Auch ein bekannter Kinderarzt und Buchautor überraschte dort mit der beruhigenden Antwort auf Erziehungsprobleme einer Mutter: „Später kifft ihr mal zusammen. Ist doch auch schön.“

Koalitionsvertrag

Tatsächlich ist die Legalisierung von Cannabis, also Bubatz (sagt man wohl so in der Hip-Hop-Szene – ich kann mich an gefühlt noch 100 andere Bezeichnungen aus meiner Jugenzeit daran erinnern) eines der Projekte aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition.

Allerdings ist das Thema ein wenig untergegangen – kein Wunder bei den aktuellen Krisen, Kriegen, Katastrophen und drohenden Katastrophen.

Positionspapier

Trotzdem hat der Paritätische Gesamtverband, damit das Ganze nicht vollends in Vergessenheit gerät, nun ein Positionspapier veröffentlicht mit dem programmatischen Titel: „Neuorientierung der Cannabispolitik: Cannabisabgabe, Jugendschutz und Entkriminalisierung“.

Verbote wirken nicht

Darin wird festgestellt, dass die Verbotspolitik nicht zu einer Konsumreduktion von Cannabis in der Gesellschaft geführt hat. Der Schwerpunkt der Drogenpolitik liege aktuell im Bereich der Repression und Angebotsreduzierung. Allerdings habe die Abschreckung durch Strafverfolgung nicht zu einer nachhaltigen Konsumreduktion in der Gesellschaft geführt. Sie halte weder Jugendliche und Erwachsene davon ab Cannabis zu konsumieren, noch sei sie in der Lage, den Handel von Drogen auf dem Schwarzmarkt nachhaltig zu unterbinden, heißt es in dem Papier.

Die Forderungen sind:

  • Der Anbau von Genusscannabis soll reguliert erlaubt werden.
  • Der Verkauf von Cannabisprodukten soll ausschließlich in lizenzierten Fachgeschäften mit dafür ausgebildetem Personal erfolgen.
  • Bei der Schaffung eines neuen Marktes mit potenziellen Suchtmitteln müssen Marktgestaltung und Preise staatlich reguliert werden.
  • Es muss ein vollständiges Werbeverbot für Cannabisprodukte gelten.
  • Cannabisprodukte zu Genusszwecken dürfen ausschließlich an Volljährige mit Vollendung des 18. Lebensjahres abgegeben werden.
  • Die maximale Cannabis-Besitzmenge für Privatpersonen soll auf der Grundlage des THC-Gehaltes festgelegt werden.
  • Der maximale THC-Gehalt soll auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse festgelegt werden.
  • Die Entstehung und Entwicklung von Schwarzmärkten sollen im Rahmen des Möglichen verhindert und bekämpft werden.

Besteuerung

Damit sich die positiven Effekte eines Cannabisregulierungsgesetzes entfalten können und problematischer Konsum verhindert wird, muss der Gesetzgeber aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Angebote der Aufklärung, Suchtprävention, Frühintervention und Suchtberatung flächendeckend auch mit Steuereinnahmen durch Cannabisverkauf ausgebaut werden.

Aufgrund der vielen Regelungsfragen bei der gesetzlichen Umsetzung setzt sich der Paritätische für die Beteiligung der Suchthilfe und Suchtselbsthilfe in einer Begleitkommission ein.

Hanf – Pflanze mit Zukunft

Es gäbe interessante Nebeneffekte, würde hierzulande wieder mehr Hanf angebaut (Hanffasern werden vor allem aus China importiert). Und zwar nicht um genügend Bubatz herzustellen, sondern zum Beispiel einen Anschub zu schaffen für leichteren Zugang zu medizinischem Cannabis mit seinen erstaunlichen Effekten bei der Schmerzbekämpfung.

Ein weites Feld mit vielen Möglichkeiten auch im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz wäre die Produktion von Nutzhanf etwa für Kleidung. Beim Hanfanbau werden fast keine Düngemittel und Pestizide gebraucht, der Wasserverbrauch im Vergleich zu Baumwolle ist minimal. Hanffasern lassen sich vielfach einsetzen, so auch als Dämmaterial. Wie gesagt, ein weites Feld.

Quellen: Koalitionsvertrag. Paritätischer Gesamtverband

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