Bürgergeld und Sozialhilfe 2026

Das Bundeskabinett hat am 10.9.2025 der Festsetzung der Regelbedarfe im Bürgergeld und der Sozialhilfe für das Jahr 2026 zugestimmt. Nach der jetzt vorgelegten Fortschreibungs-Verordnung sollen die Leistungsbeziehenden von Lebensunterhaltsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung nach SGB II) und nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe nach SGB XII) im Jahr 2026 Regelbedarfe in derselben Höhe wie in den Jahren 2024 und 2025 erhalten.

Tabelle

Regelbedarfsstufe 1563 Euro
Regelbedarfsstufe 2506 Euro
Regelbedarfsstufe 3451 Euro
Regelbedarfsstufe 4471 Euro
Regelbedarfsstufe 5390 Euro
Regelbedarfsstufe 6357 Euro

Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen, vorgesehener Termin ist der 17. Oktober 2025.

Gesetzlich festgelegter Fortschreibungsmechanismus

Die Fortschreibung der Regelbedarfe erfolgt in zwei Schritten:

  • Im ersten Schritt erfolgt eine „Basisfortschreibung“ mittels Mischindex bestehend zu 70 Prozent aus der durchschnittlichen Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise und zu 30 Prozent aus der durchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter. Der Mischindex wird für den 12-Monats-Zeitraum von Juli bis Juni bestimmt. Ausgangspunkt der Fortschreibung ist das Ergebnis der Basisfortschreibung aus dem Vorjahr, nicht die aktuell geltenden Euro-Beträge der Regelbedarfsstufen.
  • Im zweiten Schritt wird durch eine „ergänzende Fortschreibung“ das Ergebnis der Basisfortschreibung durch die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung des zweiten Quartals (von April bis Juni) fortgeschrieben und auf volle Euro gerundet.

Der gesetzlich festgelegte Fortschreibungsmechanismus führt zum 1. Januar 2026 aufgrund der Anwendung einer Besitzschutzregelung zu keiner Veränderung der Regelbedarfshöhen. Dies ergibt sich wie folgt:

Ausgangspunkt ist nicht der geltende Betrag von 563 Euro, sondern das Ergebnis der Basisfortschreibung zum 1. Januar 2025. Dies sind für alleinlebende, volljährige Personen mit der Regelbedarfsstufe 1 (RBS 1) 535,50 Euro. Auf den Betrag von 535,50 Euro ist bei der Fortschreibung zum 1. Januar 2026 die Basisfortschreibung mit dem Mischindex anzuwenden. Die Basisfortschreibung erfolgt mit 2,25 Prozent. Der sich aus der Basisfortschreibung ergebende Betrag von 547,55 Euro ist dann mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung fortzuschreiben. Aufgrund sehr niedriger Preisanstiege im zweiten Quartal 2025 beträgt diese 1,8 Prozent. Rechnerisch ergibt sich so für die RBS 1 ein Wert von 557 Euro, also weniger als der geltende Betrag von 563 Euro. Aufgrund des gesetzlichen Besitzschutzes bleiben die Regelbedarfe daher zum 1. Januar 2026 gegenüber 2025 unverändert – für die RBS 1 gelten also die 563 Euro auch für 2026.

Neuermittlung der Regelbedarfe im nächsten Jahr

Die geltende Fortschreibungsregelung wird voraussichtlich letztmalig angewendet. Für das kommende Jahr steht eine gesetzliche Neuermittlung der Regelbedarfe an. In diesem Gesetzgebungsverfahren wird in Umsetzung des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD auch über die künftige Ausgestaltung der jährlichen Fortschreibung zu entscheiden sein.

Quelle: Bundeskabinett

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Freiwillige Beiträge zählen nicht für die Grundrente

Freiwillig geleistete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zählen anders als Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit nicht zu den Grundrentenzeiten.

Dies hat der 5. Senat des Bundessozialgerichts entschieden. (Aktenzeichen B 5 R 3/24 R).Die Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, urteilten die Richter. Der allgemeine Gleichheitssatz werde dadurch nicht verletzt.  Im Gegensatz zu freiwillig Versicherten könnten sich Pflichtversicherte ihrer Beitragspflicht nicht entziehen. Sie trügen in der Regel durch längere Beitragszeiten und höhere Beiträge in wesentlich stärkerem Maße zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung bei.

Zwar könne auch bei freiwillig Versicherten die Situation eintreten, dass sie trotz langjähriger, aber geringer Beitragsleistung keine auskömmliche Altersversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben. In der Folge müssen sie bei bestehender Hilfebedürftigkeit im Alter gegebenenfalls Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen.

Dass der Gesetzgeber in erster Linie Versicherte begünstige, die langjährig verpflichtend Beiträge aus unterdurchschnittlichen Arbeitsverdiensten gezahlt haben, sei im Rahmen des Spielraums bei der Ausgestaltung der Rentenversicherung nicht zu beanstanden, argumentierte das Gericht.

Rentner klagte gegen Rentenversicherung

Geklagt hatte ein 77-jähriger Rentner aus Baden-Württemberg. Er wollte von der Deutschen Rentenversicherung einen Grundrentenzuschlag gewährt bekommen. Der Grundrentenzuschlag ist ein zusätzlicher Betrag zur gesetzlichen Rente, der an Rentnerinnen und Rentner gezahlt wird, die mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten aufweisen.

Die Deutsche Rentenversicherung hatte den Antrag des Mannes abgelehnt mit der Begründung, dass dieser nicht die erforderlichen 33 Jahre mit Pflichtbeiträgen vorweisen könne. Konkret wurden dem Mann nur Zahlungen in 230 Monaten anerkannt, während 312 Monate freiwilliger Beitragszahlungen aus selbstständiger Tätigkeit unberücksichtigt blieben. Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidung aus erster Instanz.

Quelle: PM des Bundessozialgerichtes vom 6. Juni 2025

Einsetzen der Sozialhilfe

Sozialhilfe muss nicht beantragt werden, sondern setzt unmittelbar ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Leistungsvoraussetzungen gegeben sind. Eine Ausnahme bilden lediglich die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel. Der entsprechende Paragraf (§ 18 SGB XII) lässt allerdings Raum für unterschiedliche Interpretationen und beschäftigt daher oft die Sozialgerichte.

Urteil des LSG Baden Württemberg

Unklarheit herrscht meistens darüber, was genau die Behörde wissen muss, damit man von „Kenntnis“ darüber sprechen kann, dass jemand seinen Lebensbedarf nicht selbst decken kann.

Leitsatz

Eine Entscheidung des Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg vom 9.9.2024 hat sich mit dieser Problematik befasst. Der Leitsatz des Urteils besagt: „Wird ein Antrag auf Sozialhilfeleistungen gestellt, wirkt die Kenntnis des Sozialhilfeträgers von der Bedarfslage bei späterem Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, auch wenn der Antrag unvollständig gewesen ist.“

Sachverhalt

Es ging in diesem Fall also hauptsächlich um rückwirkende Leistungen. Eine pflegebedürftige ältere Dame, die spätere Klägerin, kam in ein Pflegeheim in Albstadt-Ebingen, konnte aber die Heimkosten mit ihrer Rente nicht decken. Vermögen hatte sie nicht. Ihr Betreuer wandte sich an das Sozialamt des zuständigen Landkreises (den Beklagten), um die Übernahme der ungedeckten Kosten zu beantragen, wie ein Vermerk des Beklagten festhielt. Er legte verschiedene Unterlagen vor, aus denen sich unter anderem die Rentenhöhe, die Heimkosten und aufgelaufene Rückstände ergaben. Angaben zum Vermögen machte er nicht. Der Beklagte bat den Betreuer schriftlich um weitere Unterlagen und wies darauf hin, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege erst ab dem Bekanntwerden der Notlage gewährt werden könnten. Eine Reaktion des Betreuers erfolgte nicht und auch der Beklagte unternahm nichts Weiteres, auch nicht auf eine Nachfrage des Pflegeheims. Erst nachdem eine neue Betreuerin bei dem Beklagten nochmals Leistungen geltend machte, gewährte der Beklagte Hilfe zur Pflege. Für die vorangegangene Zeit lehnte der Beklagte Leistungen ab. Die Leistungen könnten erst nach positiver Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen bestehen. Insbesondere zum Vermögen hätten zuvor keine Nachweise vorgelegen.

Unvollständiger Antrag reicht

Das LSG hat den Beklagten zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten verurteilt. Der entscheidende Senat hat zunächst festgehalten, dass der Beklagte – neben einer internen Verfügung – Kenntniserlangung bestätigt habe und diesbezüglich beim Wort zu nehmen sei. Der Beklagte könne insoweit nicht mit der im Verfahren getätigten Behauptung überzeugen, er habe die Notlage noch nicht einmal erahnen können. Dies könne jedoch im Ergebnis sogar dahinstehen. Denn die Kenntnis vom Bedarfsfall solle einen niederschwelligen Zugang zur Sozialhilfe gewährleisten. Das schließe aber die Möglichkeit einer Antragstellung keineswegs aus. In der Vorsprache des Betreuers sei eine solche – formlos mögliche – Antragstellung zu sehen.

Leistungen ab Antragstellung zu gewähren

Dies sei von dem Beklagten auch erkannt und entsprechend in dem diesbezüglichen Vermerk notiert worden. Werde ein formloser Antrag auf Sozialhilfeleistungen gestellt, der die Behörde ohne weitere Angaben des Antragstellers noch nicht in die Lage versetze, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen, seien – soweit die Voraussetzungen im Weiteren erwiesen würden – Leistungen dennoch ab Antragstellung zu zahlen. Leistungsberechtigte von antragsgebundenen Leistungen würden sonst gegen den Willen des Gesetzgebers bevorzugt. Es wäre widersinnig, wenn antragsgebundene Leistungen auch bei einem unvollständigen Antrag bereits ab Antragstellung gewährt würden, während die Sozialhilfe im Übrigen trotz gleicher Ausgangslage erst später einsetzen würde.

Quellen: Landessozialgericht Baden-Württemberg 7. Senat Aktenzeichen: L 7 SO 2479/23, SOLEX, Haufe,

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