Neu ab 1. Juli 2025

Zum 1. Juli treten einige Neuregelungen in Kraft, die hier noch mal zusammengefasst sind. Ausführliches zu den einzelnen Punkten wurde hier schon beschrieben.

Rentenerhöhung

Die Bezüge für rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner steigen bundesweit um 3,74 Prozent. Für einen Rentner mit durchschnittlichem Verdienst und 45 Beitragsjahren bedeutet dies damit künftig etwa 66 Euro mehr im Monat. Mehr dazu hier.

Opfer des SED-Regimes

Das Gesetz sieht vor, die Opfer des SED-Regimes besser abzusichern. So steigt die monatliche Rente für ehemalige DDR-Häftlinge ab Juli 2025 von 330 auf 400 Euro. Außerdem steigt die Opferrente künftig automatisch mit der allgemeinen Rentenentwicklung und ist nicht mehr an die Bedürftigkeit der Empfänger gekoppelt. Mehr dazu hier.

Pflegende Angehörige

In der sozialen Pflegeversicherung erstmals ein einheitlicher „Gemeinsamer Jahresbetrag“ für Verhinderungs‑ und Kurzzeitpflege eingeführt. Dieser neue Gesamtleistungsbetrag beträgt jährlich 3.539 Euro und entspricht der bisherigen Summenhöchstgrenze aus Verhinderungspflege (1.685 Euro) und Kurzzeitpflege (1.854 Euro). Mehr dazu hier.

Mindestlöhne in der Altenpflege

Die Erhöhung ist die dritte und letzte Stufe der Anhebungen, die die Pflegekommission im August 2023 beschlossen hatte. Pflegefachkräfte erhalten dann mindestens 20,50 Euro pro Stunde. Für qualifizierte Pflegehilfskräfte steigt der Mindestlohn auf 17,35 Euro, für Pflegehilfskräfte auf 16,10 Euro. Mehr dazu hier.

Barrierefreiheit

Bereits zum 28. Juni 2025 trat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Am 22. Juli 2021 wurde das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen – (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG ) – im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Seine Anforderungen gelten grundsätzlich für Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden, sowie für Dienstleistungen, die für Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden. Mehr dazu hier.
Zum BFSG gibt es auch ausführliche Informationen auf der Webseite der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.

Quelle: FOKUS-Sozialrecht

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Mindestlohn bleibt unter 15 Euro

Offenbar einstimmig, so die Tagesschau, einigte sich die Mindestlohnkommission am 27. Juni 2025 auf folgenden Kompromiss:

  • Der Mindestlohn in Deutschland soll 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde steigen.
  • Zum 1. Januar 2027 ist eine weitere Anhebung um 70 Cent auf 14,60 Euro geplant.

Aktuell liegt die Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro.

Alle zwei Jahre

Die Mindestlohnkommission entscheidet alle zwei Jahre über die Anpassung. Hier verhandeln Spitzenvertreterinnen und -vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern miteinander. Die Bundesregierung setzt den Beschluss dann per Verordnung um.

Minijobs sind auch betroffen

Mit dem Mindestlohn erhöht sich auch die Minijob- bzw. Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a SGB IV.

Die Geringfügigkeitsgrenze wird definiert als dynamische Obergrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung. Sie orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn. Die Geringfügigkeitsgrenze ist das im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung höchstens zulässige Arbeitsentgelt im Monat.

Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze:

Für die monatliche Geringfügigkeitsgrenze braucht man die monatliche Anzahl der Wochen. Das sind durchschnittlich 4 1/3 Wochen, also 13/3 Wochen. Diese werden mit den 10 Arbeitsstunden multipliziert, man erhält also 130/3. Die vereinfachte Rechnung lautet also: Mindestlohn mal 130, geteilt durch 3. Es erfolgt eine Aufrundung auf volle Euro.

  • Die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze seit 01.01.2025 beträgt: 12,82 EUR mal 130, geteilt durch 3, gleich 556 EUR.
  • Die Geringfügigkeitsgrenze ab 01.01.2026 beträgt: 13,90 EUR mal 130, geteilt durch 3, gleich 603 EUR.
  • Die Geringfügigkeitsgrenze ab 01.01.2027 beträgt: 14,60 EUR mal 130, geteilt durch 3, gleich 633 EUR.

Quellen: Tagesschau, SOLEX

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Geringfügigkeitsgrenze 2025

Die Geringfügigkeitsgrenze wird definiert als dynamische Obergrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung. Sie orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn, der zum 1.1.2025 auf 12,82 Euro steigt. Die Geringfügigkeitsgrenze ist das im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung höchstens zulässige Arbeitsentgelt im Monat.

Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze:

Für die monatliche Geringfügigkeitsgrenze braucht man die monatliche Anzahl der Wochen. Das sind durchschnittlich 4 1/3 Wochen, also 13/3 Wochen. Diese werden mit den 10 Arbeitsstunden multipliziert, man erhält also 130/3. Die vereinfachte Rechnung lautet also: Mindestlohn mal 130, geteilt durch 3. Es erfolgt eine Aufrundung auf volle Euro.

Die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze ab 01.01.2025 beträgt:

12,82 EUR mal 130, geteilt durch 3, gleich 556,00 EUR.

Beschäftigung im Übergangsbereich

Mit der Geringfügigkeitsgrenze steigt auch die Untergrenze bei den sogenannten Midijobs. Das ist der Einkommensbereich von 556,01 EUR bis 2000 EUR. In diesem Einkommensbereich steigt der Arbeitnehmerbeitrag für die Sozialversicherung von Null an der Geringfügigkeitsgrenze linear auf den vollen Anteil von ca. 20 % am Ende der Übergangsbereichs an. Der Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung bleibt unverändert bei ca. 20 %.

Quelle: SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Mindestvergütung für Azubis ab 2025

Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung sieht seit 1.1.2020 in § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine Mindestausbildungsvergütung vor. Das Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Berufsausbildung vor. Die Mindestausbildungsvergütung gilt danach grundsätzlich auch für außerbetriebliche Berufsausbildungen.

Nur außerhalb der Tarifbindung

Die Regelung gilt nur für Ausbildungsverträge, die außerhalb der Tarifbindung liegen. Sie gilt nicht für Berufe, die über das jeweilige Landesrecht geregelt sind, zum Beispiel Erzieher, und ebenso wenig für die reglementierten Berufe im Gesundheitswesen, zum Beispiel Physiotherapeut, Logopäde oder Ergotherapeut.

Höhe und Anpassung

Die Höhe der Mindestvergütung wird zum 1. Januar eines jeden Jahres fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der jährlichen Bundesstatistik über die bei Vertragsabschluss vereinbarte Vergütung für jedes Ausbildungsjahr im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre.

Bekanntmachung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Für das Jahr 2025 erschien die Bekanntmachung am 14.10.2024 im Bundesgesetzblatt.

Mindestvergütung 2025

Die Mindestvergütung für Auszubildende beträgt demnach ab 1. Januar 2025:

  • im ersten Ausbildungsjahr 682 Euro (2024: 649 Euro)
  • im zweiten Ausbildungsjahr 805 Euro (2024: 766 Euro)
  • im dritten Ausbildungsjahr 921 Euro (2024: 876 Euro)
  • im vierten Ausbildungsjahr 955 Euro (2024: 909 Euro).

Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht

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Armutsbericht

Der Paritätische Gesamtverband hat Ende März einen neuen Armutsbericht veröffentlicht. Danach bleibt die Armut in Deutschland auf einem hohen Niveau. 16,8 Prozent der Bevölkerung lebten 2022 in Armut. 2019 waren es 15,9 Prozent.

Ergebnisse:

  • 16,8 Prozent der Menschen in Deutschland – oder 14,2 Millionen Menschen – müssen für das Jahr 2022 als einkommensarm bezeichnet werden. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Rückgang um 0,1 Prozentpunkte zu verzeichnen. Der seit 2006 fast ungebrochene Trend zunehmender Armut ist damit für 2022 erst einmal gestoppt, allerdings nicht gedreht. Wir zählten zuletzt 2,7 Millionen mehr Arme als 16 Jahre zuvor.
  • Alleinerziehende und Haushalte mit drei und mehr Kindern haben die höchste Armutsbetroffenheit aller Haushalte. Auch Erwerbslose und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen sowie Migrationshintergrund sind stark überproportional betroffen. Frauen weisen 2022 mit 17,8 Prozent eine deutlich höhere Armutsquote auf als Männer mit 15,8 Prozent. Besonders gravierend ist die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern bei älteren Personen ab 65 Jahren. Auch die Kinderarmut liegt auf einem erschreckend hohen Niveau: Deutlich mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf. Die Armut unter Selbstständigen ist nach einem deutlichen Anstieg während der Pandemie inzwischen wieder rückläufig.
  • Mehr als ein Viertel der 14,2 Millionen einkommensarmen Menschen ist erwerbstätig, ein weiteres knappes Viertel ist in Rente und mehr als ein Fünftel sind Kinder. Nur knapp fünf Prozent sind erwerbslos.
  • Die niedrigsten Armutsquoten haben Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg, die höchsten mit jeweils 19 Prozent und mehr das Saarland, Sachsen-Anhalt, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und – mit 29,1 Prozent ganz weit abgeschlagen – Bremen. Zwischen den Regionen einiger Flächenländer gibt es eine
    große Spreizung der Armutsbetroffenheit, insbesondere in Bayern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Forderungen

  • Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf einen Stundenlohn von 15 Euro, um zumindest Vollzeiterwerbstätige aus der Armut herauszuführen und nach langjähriger Erwerbstätigkeit einen Rentenanspruch sicherzustellen, der im Alter über Grundsicherungsniveau liegt.
  • Einführung einer einkommens- und bedarfsorientierten Kindergrundsicherung, die in der Höhe zuverlässig vor Armut schützt.
  • Eine zukunftsorientierten Neuaufstellung der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Element einer armutsfesten Mindestrente und einer perspektivischen Wiederanhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Hierzu ist die Rentenversicherung zu einer allgemeinen Bürgerversicherung umzubauen, in die alle, auch Selbständige und Beamte, mit allen Einkommen einzahlen.
  • Eine solidarische Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt und den Trend steigender Kosten für Pflegebedürftige endlich stoppt. Fast ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen ist auf Sozialhilfe angewiesen.
  • Einer konsequenten Mietpreisdämpfungspolitik, die auf Bundesebene den Weg für die Länder freimacht, einen Mietenstopp einzuführen oder aber die Mietpreisbremse deutlich nachzuschärfen. Es muss zudem sichergestellt werden, dass energetische Sanierungsmaßnahmen im Ergebnis mindestens warmmietenneutral sind.

Quellen: Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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Mindestvergütung für Azubis ab 2024

Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung sieht seit 1.1.2020 in § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine Mindestausbildungsvergütung vor. Das Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Berufsausbildung vor. Die Mindestausbildungsvergütung gilt danach grundsätzlich auch für außerbetriebliche Berufsausbildungen.

Nur außerhalb der Tarifbindung

Die Regelung gilt nur für Ausbildungsverträge, die außerhalb der Tarifbindung liegen. Sie gilt nicht für Berufe, die über das jeweilige Landesrecht geregelt sind, zum Beispiel Erzieher, und ebenso wenig für die reglementierten Berufe im Gesundheitswesen, zum Beispiel Physiotherapeut, Logopäde oder Ergotherapeut.

Höhe und Anpassung

Die Höhe der Mindestvergütung wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der jährlichen Bundesstatistik über die bei Vertragsabschluss vereinbarte Vergütung für jedes Ausbildungsjahr im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre.

Bekanntmachung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Für das Jahr 2024 erschien die Bekanntmachung am 18.10.2023 im Bundesgesetzblatt.

Mindestvergütung 2024

Die Mindestvergütung für Auszubildende beträgt demnach ab 1.Januar 2024:

  • im ersten Ausbildungsjahr 649 Euro (2023: 620 Euro)
  • im zweiten Ausbildungsjahr 766 Euro (2023: 732 Euro)
  • im dritten Ausbildungsjahr 876 Euro (2023: 837 Euro)
  • im vierten Ausbildungsjahr 909 Euro (2023: 868 Euro).

Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht

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Beschluss der Mindestlohnkomission

Die Mindestlohnkommission hat in ihrer Sitzung vom 26. Juni 2023 mit Mehrheit, aber gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite einen Vermittlungsvorschlag der Vorsitzenden beschlossen. Gleiches gilt für die Begründung, die ebenfalls gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite zustande gekommen ist. Die Gewerkschaften geben deshalb eine eigene Stellungnahme ab.

Beschlossen wurde, den gesetzlichen Mindestlohn in folgenden Stufen zu erhöhen:

  • zum 01.01.2024 auf 12,41 Euro,
  • zum 01.01.2025 auf 12,82 Euro,

jeweils brutto je Zeitstunde.

Begründung

In der Begründung verweist die Mehrheit der Kommission auf die die Anhebung des Mindestlohns von 10,45 Euro auf 12 Euro brutto je Zeitstunde durch den Deutschen Bundestag im Oktober 2022. Dadurch sei das regelmäßige Anpassungsverfahren durch die Mindestlohnkommission nach § 9 MiLoG vorübergehend ausgesetzt gewesen. Das scheint eine Mehrheit der Komission immer noch zu wurmen, daher tun sie nun so, als hätte es die Anhebung auf 12 Euro nicht gegeben. Damit betrüge die jetzige – reguläre – Erhöhung durch die Kommission fast 2 Euro. Dies sei bei der jetzigen Wirtschaftslage trotz hoher Inflation ausreichend und dürfte die Wirtschaft nicht zu sehr belasten. Das klingt schon fast wie eine Trotzreaktion der Kommission, die sich wohl übergangen gefühlt hat.

Existenzminimum

Dass die letztjährige Erhöhung durch den Bundestag angesichts der gestiegenen Energie und Lebensmittelpreise mehr als gerechtfertigt war, scheint nicht zu interessieren. Auch nicht, dass erst bei einem Mindestlohn ab etwa 14 Euro nach 40 Jahren Arbeit eine Rente in Höhe des Existenzminimums erreicht würde, wird weiter ignoriert.

Stellungnahme der Arbeitnehmerseite in der Mindestlohnkommission

Die Arbeitnehmerseite der Mindestlohnkommission konnte aus folgenden Gründen dem Vermittlungsvorschlag der Vorsitzenden nicht zustimmen:

  1. Um den vom Mindestlohngesetz geforderten Mindestschutz und einen Ausgleich der
    Inflation zum Erhalt der Kaufkraft für die untersten Einkommensbezieher*innen zu gewährleisten, hätte nach Ansicht der Vertreterinnen der Gewerkschaften der Mindestlohn deutlich, zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert.
  2. Die Gewerkschaften kritisieren zudem, dass die Arbeitgeber als Basis für die nächste
    Erhöhung nicht den aktuell geltenden Mindestlohn von 12 Euro zur Grundlage
    nehmen, sondern den vom Gesetzgeber abgelösten, zuvor geltenden Mindestlohn in
    Höhe von 10,45 Euro als Ausgangspunkt genommen haben. Dies missachtet die Intention des Gesetzgebers, der bereits vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation den Mindestschutz der Beschäftigten mit der Anhebung auf 12 Euro gewährleisten wollte. Diesem Willen des Gesetzgebers werden die nun beschlossenen Erhöhungsschritte nicht gerecht.
  3. Spätestens bis Ende 2024 muss die EU-Mindestlohnrichtlinie in nationales Recht
    umgesetzt werden, wonach die Mindestlöhne in der Europäischen Union mindestens
    60 Prozent des Medianlohns von Vollzeitbeschäftigten erreichen sollen. Dies würde
    einem Mindestlohn in Höhe von mindestens 14 Euro entsprechen.

Ein schlechter Scherz

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich der Sozialverband VdK zutiefst enttäuscht. Die Erhöhung sei angesichts der Inflation ein schlechter Scherz. Mindestens 14 Euro hätte es gebraucht, um die Menschen, die zu den untersten Einkommensgruppen gehören, spürbar zu entlasten.

Quellen: Mindestlohnkommission, VdK

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Mindestlohn und Praktikum

Im Mindestlohngesetz ist im § 22 unter der Überschrift „Persönlicher Anwendungsbereich“ festgeschrieben, dass jemand, der ein Praktikum absolviert grundsätzlich Anspruch auf einen Mindestlohn hat. Als Praktikant*innen gelten Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung handelt.

kein Mindestlohn während einer Ausbildung

Dementsprechend haben Personen, die Praktika ausüben, die zu einer Berufsausbildung gehören, keinen Anspruch auch Mindestlohn:

  • Praktika, die verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnung geleistet werden,
  • Berufspraktika.

Nicht unter das Mindestlohngesetz fallen außerdem

  • Praktika von bis zu sechs Wochen Dauer zur Orientierung für die Wahl einer Ausbildung oder eines Studiums,
  • Praktika von bis zu sechs Wochen, welches während der Ausbildung geleistet wird und inhaltlichen Bezug zur Ausbildung aufweist, wenn nicht bereits zuvor ein solches Praktikum bei demselben Ausbildenden geleistet wurde.

Nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen zudem Praktikantinnen und Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III teilnehmen.

BAG-Entscheidung

Nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden verpflichtende Vorpraktika vor Studienbeginn. Darüber musste das Bundesarbeitsgericht am 19. Januar 2022 entscheiden.

Der Fall

Eine angehende Medizinstudentin absolvierte von Mai bis November 2019 ein Praktikum auf der Krankenpflegestation eines Krankenhauses. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Dem Arbeitgeber war bekannt, dass sie beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Für diesen Studiengang ist laut Studienordnung vorher ein sechsmonatiger Krankenpflegedienst als Zugangsvoraussetzung abzuleisten. Die Studentin verlangte nun rückwirkend eine Bezahlung nach Mindestlohn für ihre Arbeit während des Praktikums.

kein Anspruch

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass verpflichtende Vorpraktika unter die Praktika fallen, die verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnung geleistet werden müssen. Daher bestehe kein Anspruch auf Mindestlohn. Im vorliegenden Fall war es aus Sicht des BAG unerheblich, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, da diese staatlich anerkannt sei.

Quelle: BAG, Haufe, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Minijobgrenze steigt

Mitte 2020 gab es in Deutschland etwa 7 Millionen Menschen, die einen Minijob ausübten. Die Mehrzahl davon waren Frauen. In der Reinigungsbranche arbeiten etwa 1,1 Millionen Minijobber*innen. Sie verdienen im Höchstfall 450 Euro im Monat. Die soziale Absicherung ist eher mäßig bis schlecht. Viele Minijobs verdrängen reguläre Arbeitsplätze, weil oftmals für Arbeitgeber das Anbieten von Minijobs attraktiver ist als das Einrichten regulärer Arbeitsplätze.

Immer weniger Stunden bis zur Obergrenze

Seit 2015 müssen auch Minijobber mindestens den gesetzlichen Mindestlohn bekommen. Der Mindestlohn damals betrug 8,50 Euro. Im Laufe der Jahre stieg der Mindestlohn an, die Minijobgrenze aber blieb. Das bedeutete, dass Minijobber immer weniger Stunden brauchten, um an die Obergrenze von 450 Euro zu stoßen:

JahrHöhe (in EUR)Stunden (pro Monat)
20158,5052,9
20178,8450,9
20199,1949,0
20209,3548,1
1.1.20219,5047,4
1.7.20219,6046,9
1.1.20229,8245,8
1.7.202210,4543,1

Ziel: 10-Stunden-Woche

Mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro würden ab Oktober 2022 schon 37,5 Monatsstunden reichen, um auf 450 Euro zu kommen. Deswegen plant das BMAS eine gleichzeitige Erhöhung der Minijobgrenze auf 520 Euro. Das bedeutet, dass dann 43,3 Stunden, also ziemlich genau eine 10-Stunden-Woche, reichen, um die Obergrenze zu erreichen, also in etwa so viel wie im Juli 2022, aber weniger als Anfang 2022. Um auf die 52,9 Stunden wie 2015 zu kommen, bräuchte es eine Obergrenze von 635 Euro.

Auch Midijobs betroffen

Gleichzeitig, so der Plan, wird auch die Obergrenze für Midijobs von 1300 Euro auf 1600 Euro steigen. In diesem Übergangsbereich (früher: Gleitzone) steigt der Arbeitnehmerbeitrag für die Sozialversicherung von ca. 10 % linear auf den vollen Anteil von ca. 20 % an. Der Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung bleibt unverändert bei ca. 20 %.

Dynamisierung

Zu vermuten ist, dass die Obergrenze für Minijob und Übergangsbereich an die Höhe des Mindestlohns gekoppelt und damit dynamisiert wird.

Damit würde eine Vorgabe des Koalitionsvertrags erfüllt: „Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midi-JobGrenze auf 1.600 Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Gleichzeitig werden wir verhindern, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle insbesondere für Frauen werden. Die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts bei Mini-Jobs werden wir stärker kontrollieren.

Abbau von Hürden?

Allerdings kann von einem „Abbau von Hürden bei der Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung“ nicht wirklich die Rede sein kann, solange so ein bürokratisches Berechnungsmonster weiter existiert.

Gewerkschafts-Forderungen

Die Gewerkschaften fordern schon länger für Minijobber*innen einen besseren Schutz vor Arbeitslosigkeit und Anspruch auf Krankengeld. Auch müsse der Minijob mehr für die Rente bringen. Daher sollten Minijobs ausnahmslos rentenversicherungspflichtig werden. Der DGB will, dass hier der volle Sozialversicherungsbeitrag durch den Arbeitgeber übernommen wird. Arbeitnehmer können dann mit steigendem Bruttolohn schrittweise bis zur Parität an der Finanzierung beteiligt werden. Nur so könnten Hürden für die Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung abgebaut werden und verhindert werden, dass Minijobs weiterhin zur Teilzeit- und Armutsfalle für Frauen würden.

Erster Anlauf schon 2019

Einen Anlauf zur Anhebung und Dynamisierung der Minijob-Grenze war schon 2019 im Gespräch. Damals gab es dazu Länderinitiativen und sogar ein Eckpunktepapier des damaligen Wirtschaftsministers Altmeier im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes.

Quellen: SOLEX, RND FOKUS-Sozialrecht

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12 Euro Mindestlohn

Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministers ab dem 1. Oktober 2022 vor. Damit soll ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD eingelöst werden, das auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Evaluation 2020

Schon Ende 2020 stellte die im Mindestlohngesetz geforderte Evaluation fest, dass die Rechengröße, an der sich die Höhe des Mindestlohns bisher orientiert, nämlich die Pfändungsfreigrenze für einen Ein-Personen-Haushalt, für viele Lebenswirklichkeiten unzureichend ist. Der Bericht erläutert, dass andere Rechengrößen eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns erforderten. So betrug der zum Zeitpunkt der Evaluation (2020) erforderliche Mindestlohn,

  • gemessen an der Pfändungsfreigrenze: 9,78 Euro,
  • gemessen am Ausscheiden aus dem SGB II-Bezug (Alleinerziehend, 1 Kind):
    14,14 Euro,
  • gemessen an der Europäischen Sozialcharta (60% des arithmetischen Mittels von Vollzeitbeschäftigten): 12,07 Euro,
  • gemessen an der Rente über Grundsicherungsniveau: 13,36 Euro

Der Mindestlohn lag damals bei 9,35 Euro und stieg zum 1.1.2021 auf 9,50 Euro. Seit 1.1.2022 beträgt er 9,82 Euro, die nächste geplante Erhöhung am 1.7.2022 bringt ihn auf 10,45 Euro.

Nach der Erhöhung erst mal Pause?

Nun soll er also im Oktober 2022 auf 12 Euro steigen. Das ist – gemessen an einer Reihe von Bezugswerten aus dem Exaluationsbericht 2020 – immer noch recht mager. In den Meldungen der Presse über die geplante Erhöhung heißt es übereinstimmend, dass die darauf folgende Anpassung zum 1.1.2024 geschehen soll, was bedeutet, dass sich 15 Monate lang – trotz Inflation – an der Höhe nichts ändern würde.

Bisher gab die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre ihre Empfehlung über die Anpassung des Mindestlohns heraus, zuletzt 2020 für die Jahre 2021 und 2022. Eigentlich wäre die nächste Empfehlung der Mindestlohnkommission also noch in diesem Jahr für die Jahre 2023 und 2024 fällig. Das soll offensichtlich aber 2022 nicht geschehen. Auf den offiziellen Gesetzentwurf und die Begründung kann man also gespannt sein.

Quellen: Tagesschau, ZEIT, Vorwärts, SOLEX

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