Arbeitsmarktrente

Vor ein paar Tagen gab es die Meldung, die DRV (Deutsche Rentenversicherung) habe eine Klage beim Bundessozialgericht zurückgenommen, in der es um ein Urteil des Landessozialgerichts Hessen ging. Damit bleibt das Urteil des LSG Hessen vom 16. Oktober 2019 gültig. Es ging um eine Arbeitsmarktrente.

Was ist eine Arbeitsmarktrente?

Bei Vorliegen einer teilweisen Erwerbsminderung kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung als sogenannte Arbeitsmarktrente gewährt werden, wenn der (Teilzeit-)Arbeitsmarkt als verschlossen gilt. Das ist der Fall, wenn der Versicherte länger als ein Jahr keinen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden (Teilzeit-)Arbeitsplatz innehat oder ihm kein solcher angeboten werden kann. Der Rentner hat dann Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

§ 43 SGB VI

Teilweise erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur zwischen drei und weniger als sechs Stunden arbeiten kann.

Voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden arbeiten kann.

Ob jemand teilweise oder voll erwerbsgemindert ist, hat für die rentenversicherte Person erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, da eine Rente wegen voller Erwerbsminderung doppelt so hoch wie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist.

Teilzeit nicht beantragt

In dem Fall, den das hessische Sozialgericht verhandelte, ging es darum, dass ein Arbeitnehmer nach Eintreten einer teilweisen Erwerbsminderung beim Arbeitgeber keinen Teilzeitarbeitsplatz beantragt habe. Er habe stattdessen gleich Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt und sich auf die Aussage des Arbeitgebers verlassen, dass ihm eine Teilzeitstelle nicht angeboten werden könne.

Verschlossener Teilzeitarbeitsmarkt

Die Rentenversicherung verwies darauf, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber seinen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit geltend machen müsse. Das Sozialgericht gab aber dem Rentenversichten recht. Versicherte hätten einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung trotz eines nur teilweise geminderten Restleistungsvermögens, wenn der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen sei, der Versicherte also praktisch nicht damit rechnen könne, dass sich ihm eine Gelegenheit zur entgeltlichen Nutzung seiner reduzierten Arbeitsfähigkeit biete.

Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liege nach jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor, wenn weder der Rentenversicherungsträger noch die Agentur für Arbeit dem Versicherten innerhalb eines Jahres nach Rentenantragstellung einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnten. In der Praxis sähen die Rentenversicherungsträger allerdings bislang wegen der geringen Vermittlungschancen grundsätzlich von einer Prüfung im Einzelfall ab.

Keine Mitwirkungspflicht

Nicht verschlossen sei der Arbeitsmarkt, wenn der Versicherte einen Arbeitsplatz tatsächlich innehabe und daraus Arbeitsentgelt beziehe. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, da das konkrete Arbeitsverhältnis ruhe. Auch sei dem Versicherten von seinem Arbeitgeber kein leidensgerechter Arbeitsplatz angeboten worden.
Dass der Versicherte eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht beantragt habe, stehe dem Anspruch auf Vollzeitrente nicht entgegen. Zwar kämen gesetzliche und tarifvertragliche Ansprüche auf Teilzeitbeschäftigung in Betracht, soweit eine solche für den Arbeitgeber zumutbar sei bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstünden. Auf diese arbeitnehmerrechtlichen Ansprüche könne sich die Rentenversicherung jedoch nicht berufen. Dem Versicherten obliege weder eine gesetzliche noch eine ungeschriebene Mitwirkungspflicht, diese Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Das Verhalten des Versicherten sei auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Quellen: Haufe.de, Hessisches Landessozialgericht

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