Hier auf FOKUS-Sozialrecht erscheinen schon ab und an Beiträge, die die wesentlichen Punkte und Begrifflichkeiten der Kindergrundsicherung erläutern sollen (hier, hier und hier). Immerhin soll sie in gut einem Jahr in Kraft treten.
Oder vielleicht doch nicht?
2025 nicht realisierbar
In der Anhörung des Familienausschusses vom 8.11.2023 jedenfalls sagte eine Sprecherin der Bundesanstalt für Arbeit (BA), die Umsetzung des Gesetzes zum 1.1.2025 sei nicht realisierbar. Es müsse die IT angepasst, Personal akquiriert und qualifiziert und ein Schnittstellenmanagement aufgebaut werden, um Familien unnötige Weg zu ersparen.
Gesetzesziele verfehlt
Überhaupt würde der Aufbau des neuen „Familienservice“ nach Ansicht einiger Experten die Verwaltungskosten in die Höhe treiben und das System unnötig verkomplizieren. Dabei war doch die Grundidee, die von allen Sachverständigen im Übrigen begrüßt wird, familienpolitische Leistungen zusammenzuführen und dadurch leichter zugänglich zu machen. Die Vorlage der Regierung würde aber nicht dazu führen, Mehrfachzuständigkeiten zu beseitigen, Familien würden nicht Leistungen aus einer Hand bekommen, wie es eigentlich das Ziel des Gesetzes sei.
Kinder aus der Armut holen
Ziel der Kindergrundsicherung ist es, Millionen Kinder aus der Armut zu holen, indem die bisherigen Leistungen Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zusammengeführt und im Wesentlichen von einem neu zu schaffenden „Familienservice“ bei der Bundesagentur für Arbeit (in Anlehnung an die bisherigen Familienkassen) bearbeitet werden. Die Kindergrundsicherung soll aus drei Teilen bestehen: dem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen (entspricht dem Kindergeld), dem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe. Dadurch, dass Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss bei der Bemessung des Kinderzusatzbetrages grundsätzlich nur zu 45 Prozent berücksichtigt werden, soll sich die Situation von Alleinerziehenden, die Bürgergeld erhalten, und Alleinerziehenden mit noch nicht eingeschulten Kindern besonders verbessern.
Verwaltungsreform ist zu wenig
Kritik gab es mehrfach auch daran, dass der Gesetzentwurf bisher keine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums für Kinder vorsieht. Dies bezeichneten vor allem die Vertreter von Wohlfahrtsverbänden als enttäuschend. Andreas Aust vom Paritätischen Gesamtverband betonte, eine Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein als eine Verwaltungsreform. „Um Armut zu bekämpfen, brauchen Familien schlicht und einfach mehr Geld.“ Für einen Großteil der armen Kinder würden sich die Leistungen aber nicht ändern, sagte er. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland, bekräftigte, dass die Bündelung von Leistungen ein ganz wichtiges Ziel der Kindergrundsicherung sei, denn das jetzige System funktioniere nicht so, wie es Kinder und Jugendliche eigentlich bräuchten. Sie appellierte an die Abgeordneten, in den Beratungen dafür zu sorgen, dass die Ungleichbehandlung von Familien mit viel Geld und jenen mit wenig Geld abgeschafft wird. Bernd Siggelkow, Vorstand der Kinderstiftung „Arche“, verwies darauf, dass es armen Kindern nicht nur an Geld mangele, sondern auch an Ressourcen, auf die sie zurückgreifen können, unter anderem auf ein ganz anders aufgestelltes Bildungssystem. Auch müsse sichergestellt werden, dass die Leistungen bei den Kindern direkt ankommen, lautete sein Appell an die Abgeordneten.
Quellen: Bundestag, Bundesregierung, FOKUS-Sozialrecht
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