Bürgergeld: Erreichbarkeit

Mit der Einführung des § 7b SGB II durch das Bürgergeld-Gesetz zum 1. Juli 2023 wird die Erreichbarkeit von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten neu geregelt. Wenn Leistungsberechtigte erreichbar sind und sich im näheren Bereich des zuständigen Jobcenters aufhalten, haben sie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Anspruch auf Bürgergeld. Der nähere Bereich wird festgelegt durch die angemessene Zeitspanne, in welcher Leistungsberechtigte die Dienststelle des zuständigen Jobcenters aufsuchen können. Diese Zeitspanne ist gesetzlich nicht definiert. Der Begriff wird durch den Erlass einer Verordnung bestimmt. Der Entwurf der SGB II-Erreichbarkeitsverordnung liegt nun vor.

Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Verordnung konkretisiert insbesondere folgende Aspekte der Erreichbarkeit:

  • Definition des näheren Bereichs im Sinne des § 7b Absatz 1 Satz 2 SGB II. Ein Aufenthalt im näheren Bereich liegt vor, wenn und soweit die Leistungsberechtigten mit einer einfachen Wegstrecke von 2,5 Stunden die für sie zuständige Dienststelle des Jobcenters erreichen können (bisher „insgesamt 2,5 Stunden für den Hin- und Rückweg“ (Fachliche Weisungen 7, Rn.133),
  • Festlegungen zur Möglichkeit, eingehende Mitteilungen werktäglich zur Kenntnis nehmen zu können (Bisher war werktägliche und persönliche postalische Erreichbarkeit gefordert, nunmehr reicht die „werktägliche Möglichkeit der Kenntnisnahme“ von Jobcentermitteilungen. Das bedeutet: die postalische Erreichbarkeit ist erfüllt, wenn Jobcenterpost von Dritten an die Leistungsbeziehenden weitergeleitet wird. Das ist vor allem bei wohnungslosen Menschen wichtig),
  • Ergänzung eines weiteren wichtigen Grundes im Sinne von § 7b Absatz 2 Satz 2 SGB II für Abwesenheiten außerhalb des näheren Bereichs („um Angehörige… bei der Geburt eines Kindes oder bei Pflege zu unterstützen, oder im Todesfall eines Angehörigen“),
  • Ausnahme vom Erfordernis der Zustimmung bei Abwesenheiten auf Grund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Das betrifft Leistungsberechtigte, die Bürgergeld ergänzend zu einem Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit im Umfang einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, also oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze beziehen und deren gesetzlicher Urlaubsanspruch drei Wochen übersteigt. Sie dürfen den näheren Bereich ohne wichtigen Grund, für die Dauer ihres arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruchs verlassen, auch wenn dieser einen längeren Zeitraum als drei Wochen umfasst.
  • Regelungen zum Zustimmungserfordernis und zur Dauer der Abwesenheit bei Vorliegen und Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes,

Zustimmungserfordernis

Bei der letzten Regelung (Zustimmungserfordernis), kritisiert der Verein tacheles e.V. dass hier  ein Anspruch auf Zustimmungserteilung fehle. SGB II – Leistungsbeziehende seien von der Willkür der Integrationsfachkräfte abhängig. In der Realität werde vielmals gesagt: „eine Entscheidung könnte allenfalls 5 Tage vorher getroffen werden“. Der fehlende Anspruch auf eine zeitnahe Entscheidung und damit die Möglichkeit langfristig Urlaub zu planen und kostengünstig zu buchen entfalle dadurch.

Leistungsberechtigte seien damit möglicher und nicht nötiger Willkür und faktischen Sanktionen ausgesetzt. Denn bei Ortsabwesenheit ohne Zustimmung entfalle für diesen Zeitraum komplett der Leistungsanspruch, dh. keine Regelleistung, keine Miete, keine Krankenkasse. 

Quelle: BMAS, tacheles e.V., Arbeitsagentur, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX, Thomas Knoche: Grundlagen – SGB II: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Walhalla Fachverlag; 3., aktualisierte Edition (28. Februar 2023)

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