Häusliche Pflege entbürokratisieren

Dies ist das Ziel des Pflegebeauftragten der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus. Mit seinem Diskussionspapier will er den „Leistungsdschungel in der häuslichen Pflege auflösen“.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen haben die Wahl zwischen vielen verschiedenen Leistungsangeboten in der Pflegeversicherung. Hier geht oft der Überblick verloren und zustehende Leistungen werden erst gar nicht beantragt. Zu viele Antragsformulare, komplizierte Regelungen erschweren das Ganze noch. Mögliche Leistungen der Pflegeversicherung sind

  • Pflegesachleistungen
  • Pflegegeld
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen
  • Verhinderungspflege
  • Kurzzeitpflege
  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
  • Hilfsmittel auf Rezept
  • Hausnotruf
  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Staatssekretär Andreas Westerfellhaus: „Über die Jahre wurden die Leistungen der Pflegeversicherung ausgebaut, vielfältiger und komplexer – zu einem Leistungsdschungel. Man muss heute Expertin oder Experte sein, um etwa zu wissen, wann Verhinderungspflege für Kurzzeitpflege eingesetzt oder Pflegesachleistungen in zusätzliche niedrigschwellige Betreuungsleistungen umgewidmet werden können. Selbstbestimmte Pflege lässt sich so nicht erreichen. Sie braucht statt eines engen Leistungskorsetts flexible Budgets, die den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Menschen gerecht werden.“

Laut Konzept des Pflegebeauftragten der Bundesregierung sollen künftig Pflegebedürftigen für die häusliche Pflege zwei Budgets zur Verfügung stehen: ein Pflegebudget und ein Entlastungsbudget. Die Höhe des Pflegebudgets bemisst sich demnach am Pflegegrad und umfasst die bisherigen Pflegesachleistungen beziehungsweise das Pflegegeld. Zusätzlich fließen der Entlastungsbetrag von 125 Euro, die 40 Euro für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel und ein Teil des für die Verhinderungspflege zur Verfügung stehenden Betrags in das Budget. Das Entlastungsbudget umfasst die bisherigen Beträge der Kurzzeit- sowie der Tages- und Nachtpflege. Ebenso wird der übrige Teil des für Verhinderungspflege zur Verfügung stehenden Betrags dem Entlastungsbudget zugeordnet.

Quellen: Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, SOLEX

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Intensivpflege – überarbeitete Kabinettsvorlage

Nach massiven Protesten von Betroffenen und Verbänden ist das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPREG noch einmal überarbeitet worden und im Kabinett beschlossen.

Neuer Entwurf

In den ursprünglichen Fassungen sollte die heimische Intensivpflege zur Ausnahme werden, weil dort in der Regel keine bestmögliche Versorgung gewährleistet werde. Der neue Entwurf enthält nun keine strikte Vorgabe mehr, wonach die außerklinische intensivmedizinische und pflegerische Versorgung von Patientinnen und Patienten im Regelfall in einer stationären Pflegeeinrichtung erfolgen muss, lässt es den Spielraum für Krankenkassen und Medizinischen Dienst dennoch weit offen, über den Lebensort der Betroffenen – auch gegen deren Wünsche – zu entscheiden.

Missbrauchsfälle in Intensiv-Pflege-WGs

Betroffene und deren Versorgungsort sollen aber jährlich durch den Medizinischen Dienst begutachtet werden. Begründet wird dies mit tatsächlich aufgedeckten Missbrauchsfällen in Intensiv-Pflege-WGs. Darauf beruft sich das Gesundheitsministerium in der Gesetzesbegründung. So habe beispielsweise eine Überprüfung von insgesamt 905 ambulanten
Pflegediensten, die mindestens einen Versicherten Rund-um-die-Uhr, d.h. mit spezieller Krankenbeobachtung versorgen, u.a. ergeben, dass bei 20 Prozent der Personen, bei denen durch einen ambulanten Pflegedienst die spezielle Krankenbeobachtung durchgeführt wurde, die Versorgung nicht sachgerecht gewesen sei. Es seien beispielsweise Schwellenwerte von Vitalparametern nicht dokumentiert, bei denen behandlungspflegerische Interventionen erfolgen müssen, Alarmgrenzen für die transkutane Sauerstoffsättigungsmessung seien nicht korrekt eingestellt, Verlaufskontrollen hinsichtlich Bewusstseinszustand, Beobachtung auf Ödeme, Schlafqualität, Atemgasbefeuchtung, Körpergewicht, Muskulatur, Bilanzierung seien nicht durchgeführt worden. Immer wieder gibt es auch Berichte, dass Patienten wegen der finanziellen Anreize länger künstlich beatmet worden seien als unbedingt nötig.

Pflege zu Hause – unter MD-Beobachtung

Insofern macht eine regelmäßige Überprüfung von Intensiv-Pflege-WGs im Interesse der Betroffenen wohl Sinn. „Weshalb jedoch der Medizinische Dienst künftig auch über die Situation von Menschen in ihrer Häuslichkeit beurteilen muss, und die Kasse anschließend entscheiden kann, ob diese Menschen weiterhin zuhause leben dürfen oder nicht, ist nicht plausibel“, schreibt der Paritätische Gesamtverband. In der Häuslichkeit gelte auch für Menschen mit Intensivpflege-Bedarf zunächst das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Meist seien es in der Häuslichkeit Angehörige, z. B. Ehepartnerinnen und Ehepartner, Mütter und Väter, die sich um das bestmögliche Versorgungssetting der betroffenen Menschen kümmerten, sich den bürokratischen Herausforderungen stellten und darüber hinaus persönlich sehr um das körperliche und seelische Wohl der Betroffenen bemüht seien. Es sei nicht begreifbar, weshalb in diesem Setting künftig die Kasse über die Verlegung der Betroffenen in ein stationäres Pflegeheim entscheiden dürfe.

Weitere wesentliche Regelungen

Bei der Diskussion um diesen Gesetzes-Knackpunkt sollten die anderen wichtigen Punkte des Gesetzes nicht vergessen werden:

  • Es wird ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege in das SGB V (§ 37c) aufgenommen. Nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte dürfen außerklinische Intensivpflege verordnen.
  • Eigenanteile der Pflegebedürftigen von bis zu 3000 Euro im Monat in stationären Einrichtungen sollen weitgehend von den Kassen übernommen werden.
  • Krankenhäusern und Heimen wird für die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung eine spezielle Vergütung in Aussicht gestellt. Beim Verzicht auf einen Entwöhnungsversuch drohen hingegen Abschläge.
  • Der Zugang zu einer geriatrischen Rehabilitation soll nach vertragsärztlicher Verordnung ohne Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit durch die Krankenkasse erfolgen können um das Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen.
  • Anschlussrehabilitationen sollen in bestimmten, vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu definierenden Fällen ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können.

Quellen: Bundesregierung, Paritätischer Gesamtverband

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Mehr Geld für Frühe Hilfen

Nach dem Willen der Länder soll der Bund seine Finanzmittel für die Bundesinitiative Frühe Hilfen in diesem Jahr von 51 auf 65 Millionen Euro anheben und in den Folgejahren an die Entwicklung der Geburtenrate und des Verbraucherpreisindexes anpassen.

Gesetzentwurf des Bundesrats

Dies geht aus einem Gesetzentwurf des Bundesrates (19/17036) zur Änderung des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz hervor. Der Bundesrat begründet seine Gesetzesinitiative unter anderem mit dem Anstieg der Geburtenrate um 16,9 Prozent und dem Anstieg der Tariflöhne um über zehn Prozent seit 2012 sowie dem erhöhten Unterstützungsbedarf im Bereich der Frühen Hilfen aufgrund der Häufung von psychischen Belastungen und Erkrankungen von Eltern. Die Länderkammer weist in ihrem Gesetzentwurf zudem darauf hin, dass die Bundesmittel trotz der gestiegenen Anforderungen an die Frühen Hilfen seit 2014 unverändert bei 51 Millionen Euro liegen. Obwohl die Konferenz der Jugend- und Familienminister und die Konferenz der Gesundheitsminister wiederholt eine Erhöhung und Dynamisierung des finanziellen Anteils des Bundes gefordert habe, sei die Bundesregierung dem nicht nachgekommen.

Was sind Frühe Hilfen?

„Frühe Hilfen“ gelten als ein wesentliches Unterstützungselement für Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung durch die staatliche Gemeinschaft. Frühe Hilfen verfolgen das Ziel, Elternkompetenzen von Anfang an zu stärken, um Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern bestmöglich zu fördern, Risiken für ihr Wohl möglichst früh wahrzunehmen und Gefährdungen systematisch abzuwenden. Indem Frühe Hilfen so auch dazu dienen, insbesondere in belastenden Lebenslagen (z. B. auf Grund der psychischen Erkrankung eines Elternteils, persönlicher Gewalterfahrung der Eltern, Verschuldung oder der chronischen Erkrankung des Kindes) und bei geschwächten familiären Bewältigungsressourcen Vernachlässigung und Misshandlung präventiv und wirksam vorzubeugen, sind sie Bestandteil eines weiten und umfassenden Verständnisses von Kinderschutz. Zielgruppe Früher Hilfen sind Kinder bereits während der Schwangerschaft bis zum Alter von ca. drei Jahren und damit Schwangere und werdende Väter sowie junge Mütter und Väter.

Kenntnis der Angebote

Eine wesentliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme präventiver Leistungen zur Förderung der Entwicklung des Kindes und damit zur Vermeidung von Nachteilen, die einen schädigenden Einfluss auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entfalten können, ist die Kenntnis des örtlich verfügbaren Angebotsspektrums, das von den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe, von Einrichtungen und Diensten des Gesundheitswesens, der Schwangerenkonfliktberatung, des Müttergenesungswerks und anderen Organisationen vorgehalten wird. Da nicht alle Eltern selbst aktiv werden, ist es die Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft, (werdende) Eltern über dieses Angebot zu informieren und für die Inanspruchnahme der Leistungen im Interesse und zum Wohl des Kindes zu werben.

Gesetzesgrundlage der Frühen Hilfen ist das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG).

Quellen: Bundesrat, SOLEX

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Heizkostenentlastung im Bundesrat

Der Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung bei den Heizkosten im
Wohngeld im Kontext der CO2-Bepreisung (Wohngeld-CO2-
Bepreisungsentlastungsgesetz – WoGCO2BeprEntlG) steht am 14.2.2020 in der ersten Plenarsitzung 2020 im Bundesrat auf der Tagesordnung.

CO2-Komponente

Der Gesetzentwurf sieht vor, mit dem Einstieg in die CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme eine nach der Haushaltsgröße gestaffelte CO2-Komponente im Wohngeld einzuführen. Damit sollen Wohngeldempfängerinnen und -empfänger gezielt bei den Heizkosten entlastet und das Entstehen sozialer Härten im Kontext der CO2-Bepreisung vermieden werden. Die CO2-Komponente soll in die bei der Wohngeldberechnung zu berücksichtigende Miete oder Belastung einbezogen werden und so zu einem höheren Wohngeld führen.

Anpassung an steigenden CO2-Preis

Die federführenden Ausschüsse, für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung und für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfehlen dem Bundesrat eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf. Darin wird unter anderem gefordert, dass das Wohngeld auch bei zukünftigen Anhebungen der CO2-Bepreisung angemessen angepasst wird.

Die Entlastung der Wohngeldhaushalte soll zeitgleich mit dem Beginn der CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme ab dem 1. Januar 2021 erfolgen. Zu diesem Zweck werden die Mittel für Wohngeld, die von Bund und Ländern jeweils zur Hälfte getragen werden, aufgestockt. Ab 2021 stehen hierfür jährlich 120 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.

Monatliche Beträge

Als monatliche Beträge zur Entlastung bei den Heizkosten sollen folgende Werte für die jeweilige Haushaltsgröße gelten:

Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder Betrag zur Entlastung bei den Heizkosten in Euro
1 14,40
2 18,60
3 22,20
4 25,80
5 29,40
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied 3,60

Reinvestieren oder Entlasten

Mit dem am 20. Dezember 2019 in Kraft getretenen Brennstoffemissionshandelsgesetz wird ab 2021 eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme eingeführt. Alle zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollen in Klimaschutzfördermaßnahmen reinvestiert oder in Form einer Entlastung an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden.

Quellen. Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Ganztagsfinanzierungsgesetz

Hinter diesem Wort-Ungetüm verbirgt sich das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter. Das Gesetz wurde im Kabinett beschlossen und wird am 14.2. erstmals im Bundesrat behandelt.

Mit dem Gesetzentwurf soll ein Sondervermögen zur Gewährung von Finanzhilfen an die Länder für den quantitativen und qualitativen investiven Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter errichtet werden. Der Gesetzentwurf dient damit der Vorbereitung der Umsetzung des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode vereinbarten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter.

Damit der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Kinder ab Schuleintritt bis zum Beginn der fünften Schulklasse ab 2025 erfüllt werden kann, ist vor Ort ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten. Die Investitionen der Länder und ihrer Gemeinden (Gemeindeverbände) in den hierfür notwendigen quantitativen und qualitativen investiven Ausbau benötigen einen längeren Vorlauf. Um diesen Umständen Rechnung zu tragen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Bund ein Sondervermögen für Finanzhilfen des Bundes an die Länder für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen errichtet und diesem Sondervermögen in den Jahren 2020 und 2021 Fördermittel in Höhe von je einer Milliarde Euro zuführt.

Der federführende Ausschuss für Frauen und Jugend, der Finanzausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen heben hervor, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung von Kindern im Grundschulalter, der nach dem Koalitionsvertrag für die laufende 19. Legislaturperiode ab dem Jahr 2025 wirksam werden soll, für Länder und Kommunen erhebliche und dauerhafte Kosten in Milliardenhöhe mit sich bringen würde. Bei der vorgeschlagenen Ausstattung des Sondervermögens mit zwei Milliarden Euro könne es sich deshalb nur um einen ersten Schritt handeln. Vor der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zur Schaffung des Rechtsanspruchs müsse im Einvernehmen mit den Ländern die dauerhafte Finanzierung geklärt werden.

Quellen: Familienministerium, Bundesrat

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Krebsberatungsstellen und Suche nach Blutstammzellspender

Seit dem 1.1.2020 existiert der neue § 65e im SGB V gleich zweimal. Beide 65e’s sind im Bundesgesetzblatt erschienen und somit rechtskräftig, zumindest so lange, bis durch eine weitere Gesetzesänderung einer der beiden Paragrafen umbenannt wird, vielleicht in 65f.

§ 65e (1) stammt aus dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung und hat den Titel: „Ambulante Krebsberatungsstellen“.
§ 65e (2) stammt aus dem Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) und heißt: „Vereinbarung zur Suche und Auswahl nichtverwandter Spender von Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder aus dem peripheren Blut“.

Später eingeschleust

Beide 65e’s waren in den ersten Entwürfen in den Gesetzen nicht vorgesehen und haben auch nicht unbedingt mit den ursprünglichen Anliegen der Gesetze etwas zu tun. Aber wie es häufiger in den Gesetzgebungsverfahren vorkommt, werden politische Vorhaben durch Änderungs- und Ergänzungsvorschläge seitens des zuständigen Ministeriums selber, der Ausschüsse, des Bundesrats oder Anträge der Parteien während des Gesetzgebungsverfahrens „eingeschleust“. Damit kann man natürlich Zeit sparen, weil es für diese „eingeschleusten“ Vorschriften nicht noch mal extra die ganze Prozedur mit 1, 2, und 3. Lesung, Beratungen im Bundestag und Bundesrat und in den zuständigen Ausschüssen geben muss.

Da kann es schon mal vorkommen, dass Fehler passieren, so wie der mit dem doppelten Paragraphen. Manchmal wird das „Einschleusen“ aber auch bewusst genutzt, in der Hoffnung, dass bei der Debatte um den eigentlichen Inhalt eines Gesetzes der Kuckucks-Paragraph gar nicht groß auffällt und gleich mit verabschiedet wird, beispielsweise hier.

Worum geht es nun in den 65e (1) und (2)?

Ambulante Krebsberatungsstellen: Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen fördert ab dem 1. Juli 2020 mit Wirkung vom 1. Januar 2020 ambulante psychosoziale Krebsberatungsstellen mit einem Gesamtbetrag von jährlich bis zu 21 Millionen Euro. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen beteiligen sich mit einem Anteil von sieben Prozent an diesem Förderbetrag. Dies entspricht dem derzeitigen Versichertenanteil an der Gesamtzahl der gesetzlich und privat Krankenversicherten – abzüglich des Beihilfeanteils – und bedeutet nach derzeitigem Stand eine Fördersumme von jährlich bis zu 1,47 Millionen Euro durch die privaten Krankenversicherungsunternehmen. Ab dem Jahr 2023 erhöhen sich die Beträge für die GKV und PKV entsprechend der Veränderung der jährlichen Bezugsgröße.

Suche und Auswahl nichtverwandter Spender von Blutstammzellen: Mit der Neuregelung wird eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine bereits bestehende Vereinbarung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche und Auswahl nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder aus dem peripheren Blut maßgeblichen Organisationen geschaffen. Die in der Neuregelung enthaltenen Vorgaben geben im Wesentlichen den Inhalt der bereits bestehenden Vereinbarung wieder, stellen diese nunmehr auf eine explizite Rechtsgrundlage und schaffen damit auch eine rechtssichere Grundlage für deren Weiterentwicklung.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Altenpflege – höhere Mindestlöhne

Am 28.11.2019 wurde das Pflegelöhneverbesserungsgesetz im Bundesgesetzblatt verkündet. Am Tag danach trat es in Kraft.
Aufgrund des Gesetzes hat eine aus acht Mitgliedern bestehende Kommission begonnen Vorschläge für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche auszuarbeiten. Damit soll vor allem der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden.

Pflegekommission

Die Pflegekommission ist ein achtköpfiges Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der privaten, frei-gemeinnützigen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen. Die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite sind paritätisch vertreten. Ihr Vorschlag bildet die Grundlage für die Festsetzung von Mindestlöhnen in der Pflegebranche.

Empfehlungen

Die Empfehlungen der Pflegekommission liegen seit Ende Januar vor.

  • Für Pflegehilfskräfte sollen ab 1. Juli 2020 die Mindestlöhne in vier Schritten bis zum 1. April 2022 auf im Osten und im Westen einheitliche 12,55 Euro pro Stunde steigen. Bereits ab dem 1. September 2021 soll es keine regional unterschiedlichen Pflegemindestlöhne mehr geben.
  • Die Pflegekommission hat darüber hinaus zum ersten Mal einen Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte und für Pflegefachkräfte festgelegt: Für qualifizierte Hilfskräfte – mit einer einjährigen Ausbildung –  soll bereits ab 1. April 2021 ein Mindestlohn von 12,50 Euro (im Westen) oder 12,20 Euro (im Osten) gelten. Ab 1. April 2022 sind es dann in Ost und West dann 13,20 Euro.
  • Pflegefachkräfte – mit dreijähriger Ausbildung – sollen ab dem 1. September 2021 bundesweit mindestens 15 Euro erhalten, ab dem 1. April 2022 soll der Mindestlohn auf 15,40 Euro steigen.

Mehr Urlaub

Zusätzlich zum gesetzlichen Urlaubsanspruch soll es für alle Beschäftigte in der Pflege weitere bezahlte Urlaubstage geben: bei Beschäftigten mit einer Fünf-Tage-Woche für das Jahr 2020 fünf Tage. Für die Jahre 2021 und 2022 soll der Anspruch auf jeweils sechs Tage steigen.

Über die Einzelheiten und die Ausgestaltung der Erhöhungsschritte informiert das BMAS hier.

Tarifvertrag könnte mehr Verbesserungen bringen?

Laut einem Artikel der FAZ sieht das Gesetz sieht allerdings auch vor, dass eine möglicher Tarifvertrag zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern den Kommissionsbeschluss noch verbessern oder zumindest aushebeln kann. Zurzeit verhandelt diesbezüglich die Gewerkschaft ver.di mit der Arbeiterwohlfahrt. Allerdings muss ein Tarifvertrag „repräsentativ und wirkmächtig“ sein, damit er die Ergebnisse der Kommission ersetzen könnte. Dies sehen zum Beispiel die Caritas-Dienstgeber als nicht gegeben an. Ver.di wertete nur etwa 5 % der Arbeitnehmer in der Pflegebranche.

Quellen: BMAS, FAZ, FOKUS-Sozialrecht

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Betriebsrentner müssen warten

Am 30.12.2019 wurde das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz (GKV-BRG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, konnte daher rechtzeitig zum 1.1.2020 in Kraft treten. Mit diesem Gesetz verbessert sich die Lage der Ruheständler, die bereits eine Betriebsrente beziehen oder beziehen werden.

Freibetrag für alle

Sofern Rentner eine monatliche Betriebsrente von brutto mehr als 159,25 € erhalten, wird sich ab dem Jahreswechsel die Netto-Rentenauszahlung deutlich erhöhen. Danach wird für Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Freibetrag von monatlich einem Zwanzigstel der allgemeinen Bezugsgröße der Sozialversicherung (in 2020: 159,25 €) gelten. Das heißt: Erst ab dieser Rentenhöhe werden Krankenkassenbeiträge auf die Betriebsrente fällig. Wenn mehrere Betriebsrenten bezogen werden, ist der Freibetrag aber nur einmal zu berücksichtigen. Liegt die Brutto-Betriebsrente unter dem oben genannten Schwellenwert, der sich Jahr für Jahr leicht erhöht, werden (wie bisher) keine Krankenkassenbeiträge fällig. Liegt die Brutto-Betriebsrente darüber, greift der Freibetrag sofort. Dadurch erhöht sich der netto ausgezahlte Rentenbetrag bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 % und einem angenommenen Zusatzbeitrag von 1 % um monatlich 24,84 € (159,25 € x 15,6 %).

Umstellung dauert noch Monate

Bei der ersten Monatsabrechnung im Jahr 2020 haben sich vielleicht einige Betriebsrentner verwundert die Augen gerieben: Von Entlastung keine Spur. Das wird sich auch in den nächsten Monaten nicht ändern. Der Grund ist, dass die Umstellung bei den Versorgungskassen noch bis mindestens Mitte 2020 dauern wird, ehe die neue Berechnung wirksam wird. Irgendwann sollen dann auch die fehlenden Beträge rückwirkend zum 1.1.2020 nachgezahlt werden.

Zur Umsetzung der Neuregelung müssen zunächst die Krankenkassen das Meldeverfahren ändern, was frühestens ab dem 01.07.2020 der Fall sein wird; anschließend müssen die technischen Verfahren bei den Krankenkassen und bei den Betriebrenten- und Versorgungskassen angepasst werden. Nach erfolgter Umsetzung werden in der zweiten Jahreshälfte 2020 der Einbehalt der Krankenversicherungsbeiträge rückwirkend zum 01.01.2020 überprüft und ggf. zu viel einbehaltene Beiträge nachgezahlt. Da die mit der erforderlichen Umsetzung einhergehende Beitragsnachberechnung nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft der Beitragszahler gehen soll, sind solche Rückberechnungen nicht zu verzinsen.

keine Änderung bei der Pflegeversicherung

Für die Beiträge zur Pflegeversicherung ändert sich nichts. Hier gilt weiterhin die Freigrenze von einem Zwanzigstel der allgemeinen Bezugsgröße der Sozialversicherung. Es sind auch künftig aus der kompletten Betriebsrente die Beiträge für die Pflegeversicherung (3,05 % bzw. 3,30 % für Kinderlose) zu entrichten, wenn die Betriebsrente über dem Schwellenwert liegt.

keine Änderung bei freiwilligen Mitgliedern

Die neue Regelung gilt nicht für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wie bisher müssen freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung die Versorgungsbezüge, in voller Höhe verbeitragen, auch wenn deren Höhe die Freigrenze nicht übersteigt. Sie bleiben auch von der Einführung des Freibetrags ausgenommen.

Quellen: Rheinische Versorgungskassen, FOKUS-Sozialrecht

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Rente und Prozente

Der Rentenversicherungsbericht 2019 der Bundesregierung verheißt den Rentnern zum 1. Juli eine Erhöhung von 3,15 % in den alten Bundesländern und 3.92 % in den neuen Bundesländern.

Ein Euro oder zwei Euro am Tag

Nun bedeutet das für einen Rentner mit einer nicht so hohen Rente von, sagen wir mal 1.000 Euro im Monat, dass er etwa einen Euro am Tag mehr zur Verfügung hat.
Für Rentner, die besser gestellt sind, vielleicht 2.000 Euro im Monat haben, bedeutet die gleiche Rentenerhöhung, dass er ca. 2 Euro am Tag mehr ausgeben kann.

Warum immer Prozente?

Prozentuale Erhöhungen von Löhnen, Gehältern und auch Renten sind hierzulande „normal“. Selten gibt es Ausnahmen, selten wird dieses Verfahren in Frage gestellt. Deswegen ist es aber noch lange nicht gerecht. Warum dürfen sich ärmere Rentner nach der Rentenerhöhung 3 Brötchen mehr leisten, diejenigen, die sowieso schon mehr haben, aber 6 Brötchen?

Rechnung mit Prozenten

Machen wir mal eine fiktive Rechnung auf mit – zugegeben – grob geschätzten Zahlen und fangen im Jahr 1990 an.
1990: Rentner A bekommt 600 Euro (DM-Werte umgerechnet), Rentner B 1.600 Euro. Nach 30 Jahren Rentenerhöhung um jeweils 2 Prozent bekommt Rentner A im Jahr 2020 1.131 Euro Rente, Rentner B bekommt 3.015 Euro. Der Unterschied ist von 1.000 Euro auf fast 2.000 Euro gewachsen.

Rechnung mit Festbetrag

Gäbe es seit 1990 keine prozentuale Rentenerhöhung, sondern jeweils eine Erhöhung um einen Festbetrag, wäre folgendes passiert: (Der Festbetrag beginnt bei 20 Euro und erhöht sich jedes Jahr um 70 Cent, sodass er im Jahr 2020 bei 41 Euro liegt.)

Rentner A bekommt 2020 1.558 Euro Rente, Rentner B 2.578 Euro. Der Unterschied beträgt weiterhin 1.000 Euro.
Aber es gäbe weniger Rentner, die von Altersarmut bedroht wären.

Quelle: BMAS

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Budget für Arbeit – Bilanz nach 2 Jahren

Seit dem 01.01.2018 ist das Budget für Arbeit gem. § 61 SGB IX eine bundesweite Regelleistung.

Alternative zur WfbM

Mit dem Budget für Arbeit wird für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, eine weitere Alternative zur Beschäftigung in dieser Werkstatt geboten. Die Alternative besteht darin, dass ein dauerhafter Lohnkostenzuschuss nebst Anleitung und Begleitung (Arbeitsassistenz) ermöglicht wird, der einen Arbeitgeber dazu bewegt, mit dem Menschen mit Behinderungen trotz dessen voller Erwerbsminderung einen regulären Arbeitsvertrag zu schließen.

Voraussetzungen:

  • Teilnehmen können die Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf eine Beschäftigung im Arbeitsbereich einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter haben. Anspruch heißt, dass man nicht zuvor in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter i. S. v. § 60 SGB IX beschäftigt gewesen sein muss. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung mit Hilfe eines Budgets für Arbeit muss allerdings eine dauerhafte volle Erwerbsminderung bestehen.
  • Es muss sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handeln.
  • Die Beschäftigung wird tariflich oder ortsüblich entlohnt, so dass der Mensch mit Behinderungen seinen Lebensunterhalt oder zumindest einen Großteil davon durch sein Einkommen bestreiten kann. Die Beschäftigung kann in Vollzeit oder Teilzeit ausgeübt werden.

Lohnkostenzuschuss

Das Budget für Arbeit umfasst

  • einen dauerhaften Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und
  • die Aufwendungen für die eventuell wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz.

Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75% des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts, höchstens jedoch 40% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (entspricht 1.274 Euro – im Jahr 2020). Die Höchstgrenze (75%) kann somit nur bis zu einem Bruttoverdienst von monatlich 1.699 Euro (im Jahr 2020) ausgeschöpft werden. Diese Begrenzung schließt Menschen mit Behinderung aus, die eine Beschäftigung in einem qualifizierten Arbeitsverhältnis anstreben.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erwartete beim Gesetzentwurf, dass im Jahr 2018 ca. 1% (etwa 3 000) der Beschäftigten in WfbM Budgetnehmerinnen und Budgetnehmer sind, im Jahr 2019 ca. 2% (etwa 6 000) und im Jahr 2020 ca. 3% (etwa 9 000).

zu wenig Budgetnehmer

Bisher gibt es noch keinen systematischen Gesamtüberblick über die Anzahl der bewilligten Budgets für Arbeit. In einigen Bundesländern gibt es schon seit mehreren Jahren Modellprojekte dazu. Im August 2019 veröffentlichte der Spiegel dazu Zahlen und kam insgesamt auf knapp 1000 Teilnehmer im Budget für Arbeit. Das zeigt zumindest tendentiell, dass die Ziele des BMAS bei weitem nicht erreicht wurden.

Bürokratie und Deckelung

Viele Verbände beklagen, dass der Zugang zum Budget für Arbeit viel zu bürokratisch sei. Außerdem wird die Deckelung der Zuschusshöhe kritisiert. Damit würden höchstens Arbeitsverhältnisse gefördert, die auf dem Mindestlohnniveau sind. So würden in den WfbM auch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen arbeiten, die teilweise sehr hoch qualifiziert seien und sich vor ihrer Erkrankung in hoch vergüteten Beschäftigungsverhältnissen befanden. Für die Arbeitgebenden dieser Personengruppe sei der Lohnkostenzuschuss wenig attraktiv, weshalb eine Erhöhung der Obergrenze von 40 auf 100 Prozent der monatlichen Bezugsgröße gefordert wird.

Spielraum der Bundesländer

Allerdings haben die Länder die Möglichkeit von dem kritisierten Prozentsatz (40 % der Bezugsgröße) nach oben abzuweichen. Diese Möglichkeit nutzen bisher insgesamt drei Bundesländer: In Bayern liegt der Prozentsatz der Bezugsgröße bei 48 %, in Rhein­land-Pfalz und Bremen bei 60 %.

Quellen: Mattern: Das Budget für Arbeit – Diskussionsstand und offene Fragen: Ausgestaltung des Budgets für Arbeit, Auswirkungen auf die Rente und das Rückkehrrecht; Beitrag D6-2020 unter www.reha-recht.de; 24.01.2020, Der Spiegel vom 28.8.2019

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