Digitale-Versorgung-Gesetz

Gesundheits – Apps auf Rezept und Online-Sprechstunden will das Digitale-Versorgung-Gesetz ermöglichen, dass die Bundesregierung am 7.11.19 im Entwurf vorgelegt hat. Heftig diskutiert wird darüber, ob der Datenschutz ausreichend gewährleistet ist.

Datenschutzbedenken

Die Krankenkassen sollen, so steht es im Gesetzentwurf, die Persönlichen Daten der Versicherten für die Forschung freigeben, ohne dass dies ihr Einverständnis dazu erteilen. Die Krankenkassen müssen die Daten an den Spitzenverband der Kassen melden, der sie dann für die Forschung freigibt. Der Spitzenverband soll die Daten zwar pseudonymisieren, aber nicht verschlüsseln. Datenschutzexperten kritisieren das Vorhaben und auch aus dem Bundesrat gibt es Bedenken.

Inhalt des Entwurfs

Der Gesetzentwurf sieht im einzelnen Folgendes vor:

  • Es wird ein Leistungsanspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen und ein Verfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte etabliert, mit dem über die Leistungserbringung in der Regelversorgung entschieden wird.
  • Es werden Apotheken und Krankenhäusern Fristen zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur gesetzt. Weitere Leistungserbringer erhalten die Möglichkeit sich freiwillig anzuschließen (Hebammen und Entbindungspfleger, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Pflegeeinrichtungen).
  • Telekonsilien werden in größerem Umfang ermöglicht und extrabudgetär vergütet. Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Videosprechstunde werden vereinfacht.
  • Der freiwillige Beitritt zu einer gesetzlichen Krankenkasse kann elektronisch erfolgen. Zudem dürfen Kassen auf elektronischem Wege über innovative Versorgungsangebote informieren. Der Einsatz des elektronischen Arztbriefes wird weiter gefördert und die Voraussetzungen für die elektronische Verordnung von Heil-und Hilfsmitteln in den Regelwerken der Selbstverwaltung geschaffen.
  • Krankenkassen können die Entwicklung digitaler Innovationen fördern und dazu im Rahmen des Erwerbs von Investmentvermögen bis zu 2 Prozent ihrer Finanzreserven einsetzen.
  • Die Förderung über den Innovationsfonds wird bis 2024 mit 200 Millionen Euro jährlich fortgeführt. Das Förderverfahren wird an mehreren Stellen weiterentwickelt. Zudem kann zukünftig die Entwicklung von Leitlinien über den Innovationsfonds gefördert werden.
  • Es wird ein Verfahren geschaffen, mit dem nachweislich erfolgreiche Versorgungsansätze aus Vorhaben des Innovationsfonds in die Regelversorgung überführt werden.
  • Bestehende gesetzliche Regelungen zur Datentransparenz im Kontext der Nutzung von Sozialdaten der Krankenkassen zu Forschungszwecken werden erweitert und die Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentren weiterentwickelt.

Quelle: Bundestag, RND (Redaktionsnetzwerk Deutschland)

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Bundesratsbeschlüsse vom 8.11.2019

Für das Gebiet Sozialrecht relevant sind einige der behandelten Themen der heutigen Bundesratsitzung. Hier aufgelistet sind die Beschlüsse, die nur noch der Unterschrift des Bundespräsidenten bedürfen und dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, um dann rechtskräftig zu werden.

Bessere Löhne in der Pflege (Pflegelöhneverbesserungsgesetz)

Das Gesetz ermöglicht dem Bundesarbeitsministerium, eine Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Pflegebranche für allgemeinverbindlich zu erklären. Die Pflegekommission soll ausdrücklich Empfehlungen zu Arbeitsbedingungen aussprechen und Mindestlöhne definieren. Das Bundesarbeitsministerium kann diese Empfehlungen wiederum per Verordnung für allgemeinverbindlich erklären, wenn für den Bereich nicht bereits ein Tarifvertrag gilt.

Eingliederungszuschuss verlängert

Der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hat das Pflegelohnverbesserungsgesetz genutzt um das SGB III -Instrument „Eingliederungszuschuss“ (§ 88) um vier Jahre zu verlängern. Danach können Arbeitgeber 3 Jahre lang einen Eingliederungszuschuss erhalten, wenn sie ältere Arbeitsnehmer mit Vermittlungshemmnissen beschäftigen. Der Bundesrat hat dem zugestimmt.

Reform der Hebammenausbildung

Ab 2022 werden Hebammen und Entbindungshelfer nur noch durch ein mindestens 6 Semester dauerndes duales Studium ausgebildet. Die Praxisanteile werden im Krankenhaus oder im ambulanten Bereich absolviert, beispielsweise bei einer freiberuflichen Hebamme oder in einem Geburtshaus. Während des Studiums erhalten die angehenden Hebammen eine Vergütung. Dem Gesetz stimmte der Bundesrat, fordert aber eine baldige Gesetzesänderung fü eine Übergangslösung, weil es zur Zeit kein ausreichendes Personal an den Hochschulen gebe, das die nunmehr gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen könne.

Reform der Psychotherapeutenausbildung

Ebenfalls zugestimmt hat der Bundesrat der Reform der Psychotherapeutenausbildung. Damit können Universitäten und gleichgestellte Hochschulen ab dem Wintersemester 2020 einen eigenen Studiengang Psychotherapie anbieten.
Allerdings hat der Bundesrat eine Entschließung angefügt, in der die Regierung aufgefordert wird, Teile des Gesetzes noch mal zu überdenken. Unter anderem geht es um die vorgesehene Regelung in § 92 Absatz 6a Satz 1 und Satz 4 SGB V. Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass zusätzliche Hürden für psychisch kranke Menschen aufgebaut werden und dadurch der Zugang zur Psychotherapie eher noch erschwert wird. So könnte die wichtige Niederschwelligkeit nicht mehr gegeben sein, wenn Patienten sich an mehreren Stellen offenbaren müssen.
Mit ähnlichen Argumenten wurde Ende letzten Jahres schon eine Petition eingereicht, als dieser Änderungsversuch noch im Gesetzentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) versteckt war. Damals wurde der Passus gestrichen, im Psychotherapeutengesetz taucht er wieder auf, der Bundesrat lehnt ihn ab, die Regierung belässt ihn aber trotz aller geäußerter Bedenken im Gesetz.

SED-Unrecht

  • Opfer politischer Verfolgung in der DDR können auch über 2019 hinaus einen Antrag auf Rehabilitierung stellen.
  • Es gibt eine Anhebung der Entschädigung und Renten. Danach erhöht sich die einkommensunabhängige Ausgleichszahlung für eine rechtsstaatswidrige Inhaftierung in der DDR von 214 auf 240 Euro monatlich. Die sogenannten SED-Opferrenten steigen um 30 Euro, also auf 330 Euro im Monat.
  • Die Rehabilitierung von Heimkindern in der DDR wird vereinfacht.
  • Auch verfolgte Schülerinnen und Schüler können weiterhin Rehabilitierung geltend machen.
  • Die für die Rehabilitierung erforderliche Haftdauer wird auf 90 Tage abgesenkt.

Wohngeldreform

Das Wohngeld für Geringverdiener wird ab 1.1.2020 steigen. Die erhöhten Beträge orientieren sich an der allgemeinen Entwicklung der Mieten und der Einkommen. Ab dem 1. Januar 2022 wird der Zuschuss alle zwei Jahre an eingetretene Miet- und Einkommensentwicklungen angepasst.
Eine Anpassung der Parameter bei der Wohngeldformel soll dazu führen, dass statt 480.000 Haushalte zukünftig 660.000 Haushalte Wohngeld bekommen können.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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BVG zu Hartz IV – Sanktionen

Heute, am 5.11.2019 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass nur „milde“ Sanktionen verfassungsgemäß sind, also Kürzungen bis 30%. Und die dürfen auch nicht zwingend über drei Monate gehen, sondern sofort enden, wenn der Leistungsbezieher seinen Mitwirkungspflichten nachkommt.

30 % Minderung möglich

Der Gesetzgeber, so das Verfassungsgericht, könne die Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, solche Leistungen also nur dann gewähren, wenn Menschen ihre Existenz nicht selbst sichern können. Er könne erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und dürfe die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entzieht. Aufgrund der dadurch entstehenden außerordentlichen Belastung gelten hierfür allerdings strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; der sonst weite Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers sei hier beschränkt.

Mehr als 30% Minderung ist verfassungswidrig

Das bedeutet, die Sanktionen sind mit dem Grundgesetz dann nicht vereinbar, wenn die Minderung nach wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres die Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs übersteigt oder gar zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führt. Mit dem Grundgesetz unvereinbar sind die Sanktionen zudem, wenn für alle Leistungsminderungen eine starre Dauer von drei Monaten vorgegeben wird.

Sofortige Änderung bei den Sanktionen

Der Senat hat die Vorschriften mit entsprechenden Maßgaben bis zu einer Neuregelung für weiter anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber muss nun die Sanktionsregeln im SGB II (§ 31 ff) den Vorgaben des Senats anpassen. Bis zu einer Neuregelung gelten folgende Vorgaben:

  • Leistungsminderung in Höhe von 30 % nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II bleiben anwendbar.
  • Eine Sanktionierung muss nicht erfolgen, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
  • Sanktionen über 30 % bis zum vollständigen Leistungsentzug (§ 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II) dürfen bis zu einer Neuregelung nicht mehr verhängt werden. Also auch bei wiederholter Pflichtverletzung höchstens 30 % Minderung.
  • Auch bei wiederholter Pflichtverletzung darf nur sanktioniert werden, wenn dies im konkreten Einzelfall nicht zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
  • § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II zur zwingenden dreimonatigen Dauer des Leistungsentzugs ist bis zu einer Neuregelung mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Behörde die Leistung wieder erbringen kann, sobald die Mitwirkungspflicht erfüllt wird oder Leistungsberechtigte sich ernsthaft und nachhaltig bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen.

Eine Frist zur Änderung der Sanktionsparagrafen hat das Gericht dem Gesetzgeber übrigens nicht gesetzt.

In der Praxis bedeutet das, dass die verschärften Sanktionsregeln ab sofort wegfallen.

Betroffen sind auch andere Regelungen

Dies gilt übrigens nun auch

  • für die Regelungen nach § 16d SGB II – Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Job“)
  • für die Regelungen nach § 16i SGB II – Teilhabe am Arbeitsmarkt (Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber bei Einstellung „sehr arbeitsmarktfernen“ Personen)
  • für die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs § 44a Aufenthaltsgesetz
  • für die Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme, wenn der Leistungsberechtigte ein über drei Jahre altes Kind nicht in den Kita schicken will oder wenn das Kind nicht in den Kita will (§ 10 Abs.1 Nr.3 SGB II)

Quellen: Bundesverfassungsgericht, SOLEX

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Budget für Ausbildung

Die Regelungen zum geplanten Budget für Ausbildung finden sich im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) Der Gesetzentwurf ist am 11. Oktober im Bundesrat beraten worden. Die erste Lesung im Bundestag fand am 27. September statt, die zweite und dritte Lesung sind für den 7. und 8. November 2019 vorgesehen.

Der Begriff „volle Erwerbsminderung“

Für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, wird ein Budget für Ausbildung geschaffen (§ 61a SGB IX – neu). Es ermöglicht eine Erstattung der Ausbildungsvergütung nebst Anleitung und Begleitung am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule, um einen Arbeitgeber dazu zu bewegen, so heißt es in der Gesetzesbegründung, mit einem behinderten Menschen trotz dessen voller Erwerbsminderung einen regulären Ausbildungsvertrag abzuschließen. Dieser Satz in der Begründung ist irreführend, weil eine volle Erwerbsminderung eben nicht Voraussetzung für das Budget für Ausbildung ist.

Im gleichen Gesetzentwurf zur Angehörigen-Entlastung wird nämlich klargestellt (neuer Absatz 3a in § 41 SGB XII), dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

  • in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 SGB IX) oder
  • bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
  • in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) erhalten, Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben.

Sie sind damit Menschen mit voller Erwerbsminderung gleichgestellt, müssen aber nicht selber voll erwerbsgemindert sein.

Leistungsberechtigt

Vorbild des Budget für Ausbildung ist das durch das Bundesteilhabegesetz eingeführte Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX), das ebenfalls auf ein reguläres Arbeitsverhältnis für voll erwerbsgeminderte oder ihnen gleichgestellte Menschen zielt.
Leistungsberechtigt sind Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf Leistungen im Eingangsverfahren oder im Berufsbildungsbereich einer WfbM haben. Es ist ausreichend, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht. Dass der Eingangs- oder Berufsbildungsbereich tatsächlich besucht wurde, wird hingegen nicht vorausgesetzt.

Leistungen

Zum Budget für Ausbildung gehört in erster Linie die Erstattung der Ausbildungsvergütung, die der Ausbildungsbetrieb zahlt. Zuständig für die Leistung des Budgets für Ausbildung sind die in § 63 Absatz 1 bestimmten Träger der beruflichen Rehabilitation, in der Regel die Bundesagentur für Arbeit.
Nach § 73 SGB III sollen die Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung

  • regelmäßig 60 Prozent,
  • bei schwerbehinderten Menschen 80 Prozent

der monatlichen Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr oder der vergleichbaren Vergütung einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht übersteigen.

In begründeten Ausnahmefällen können Zuschüsse jeweils bis zur Höhe der Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr erbracht werden. Angesichts des Personenkreises ist eine vollständige Übernahme („Erstattung“) der Kosten der Ausbildungsvergütung gerechtfertigt.

Auch die erforderlichen finanziellen Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Unterstützung des Menschen mit Behinderungen am Ausbildungsplatz, etwa für eine Arbeitsassistenz, sowie in der Berufsschule gehören zu den Aufwendungen für ein Budget für Ausbildung. Vorbild ist die begleitete betriebliche Ausbildung.

Wenn wegen Art oder Schwere der Behinderung eine Teilnahme am Berufsschulunterricht in einer Berufsschule am Ort des Ausbildungsplatzes nicht möglich ist, so kann der schulische Teil der Berufsausbildung auch in einer Berufsschule einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation (§ 51) erfolgen. Hierbei wird es sich in erster Linie um Berufsbildungswerke handeln, die jungen Menschen eine berufliche Erstausbildung ermöglichen und in der Regel über eigene Berufsschulen/Sonderberufsschulen verfügen. Die hierfür entstehenden Kosten gehören zu den Aufwendungen, die das Budget für Ausbildung umfasst.

gemeinsame Leistungen

Unterstützungsleistungen, wie die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung können gemeinsam von mehreren Leistungsberechtigten in Anspruch genommen werden. Wie schon beim Budget für Arbeit wird damit ermöglicht, dass mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam etwa die Fachdienste zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben in Anspruch nehmen können. Damit werden auch die Ausbildungsbetriebe entlastet, die mehrere Menschen mit Behinderungen ausbilden, weil ansonsten gegebenenfalls mehrere Unterstützer im Betrieb anwesend wären.

Vermittlung

Der zuständige Leistungsträger soll anspruchsberechtigte Menschen mit Behinderungen bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz unterstützen. Die Bundesagentur für Arbeit kann dafür ihre vorhandenen Strukturen zur Ausbildungsvermittlung nutzen. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers, ein Budget für Ausbildung in jedem Fall zu ermöglichen, ist damit nicht verbunden, da nicht garantiert werden kann, dass vor Ort ein Ausbildungsbetrieb vorhanden ist, der zu einer Ausbildung im Rahmen des Budgets für Ausbildung bereit ist.

Personalschlüssel

Menschen mit Behinderungen, für die ein reguläres Ausbildungsverhältnis nicht in Frage kommt, die aber gleichwohl nicht in eine Werkstatt für behinderte Menschen möchten, können von dem neuen § 60 Absatz 2 Nummer 7 SGB IX profitieren: Wenn ein anderer Leistungsanbieter berufliche Bildung oder Beschäftigung ausschließlich in betrieblicher Form anbietet, soll von dem in § 9 Absatz 3 der Werkstättenverordnung festgelegten Personalschlüssel nach oben abgewichen werden, wenn dies für die individuelle Förderung der Leistungsberechtigten erforderlich ist.

Quelle: Bundestag


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Sozial gerechter Klimaschutz

Zum globalen Klimastreik ruft das Bündnis „Klimaschutz jetzt und für alle!“ am 29.11.2019 auf.

Klimastreik und Klimapäckchen

Mehr als 1,4 Millionen Menschen folgten am 20. September 2019 dem Aufruf von Schüler*innen und Studierenden, für konsequenten Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Zur gleichen Zeit hat die Bundesregierung ein unwirksames und sozial ungerechtes Klimapäckchen vorgelegt. Die Erderhitzung um mehr als 1,5 Grad kann damit nicht verhindert werden – mit drastischen Folgen: Die Klimakatastrophe zerstört unsere Lebensgrundlagen und trifft weltweit die Ärmsten.

Zum ersten Mal schließen sich deshalb Klimaaktivist*innen, Umwelt-, Entwicklungs-, Sozial- und Wohlfahrtsverbände zusammen. Zu dem Bündnis gehören beispielsweise

  • AWO
  • BUND
  • Greenpeace
  • Der Paritätische Gesamtverband
  • WWF
  • Naturfreunde

und viele andere.

Positionspapier

Besonders hervorgehoben wird bei den Forderungen die soziale Gerechtigkeit, die mit einer wirksamen Klimapolitik einher gehen müsse. Dazu hat der Paritätische Gesamtverband im Vorfeld ein Positionspapier veröffentlicht, in dem beleuchtet wird, dass gerade die ärmeren Länder im globalen Süden vom Klimawandel am meisten betroffen sind und sich die Lage der Menschen dort zunehmend verschlimmern wird.

Auch hierzulande werden die Folgen des Klimawandels eher die unteren Bevölkerungsschichten zu spüren bekommen. Dabei sind die größten Verursacher sowohl global bei den reicheren Ländern als auch regional bei der reicheren Bevölkerungsschicht zu finden.

Der paritätische Gesamtverband sieht in einer sozial-ökologischen Wende die Chance für entscheidende soziale Verbesserungen. Ziel einer sozial-ökologischen Wende muss es sein, allen Menschen ein klimafreundliches Leben zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen. Insbesondere erfordert dieser Wandel Maßnahmen in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Infrastruktur sowie der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Forderungen

Auch das Bündnis fordert neben der Einhaltung des Ziels des 1,5-Grad-Limits globaler Erhitzung eine soziale Energiewende. Das bedeutet: Schnellstmöglich raus aus Kohle, Öl und Gas und hin zu 100 Prozent naturverträgliche Erneuerbare Energien. Deckel für den Ausbau müssen abgeschafft werden, Bürger*innen müssen die Energiewende mitgestalten können. Strom muss für alle bezahlbar sein – sowohl durch Reformen bei Sozialleistungen als auch durch einen gesetzlichen Rahmen, der Energiesparen und Effizienz stärkt.

Die Forderungen sind:

  • Gebäudesanierungen ohne Gewinnmaximierung für Vermieter, Neubauten zu 100 Prozent aus erneuerbarer Wärmeversorgung
  • Einleitung des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor, klimafreundliche Alternativen wie der inklusive und möglichst kostenfreie öffentliche Nahverkehr, Bahn und Radverkehr müssen schnell und massiv ausgebaut werden – und Zugfahren dabei deutlich günstiger als Fliegen sein. Die örtliche Infrastruktur, vor allem in ländlichen Gebieten muss gestärkt werden.
  • Eine diskriminierungsfreie Grundsicherung muss gewährleistet werden, die vor Armut schützt und Teilhabe sichert. Ob Kindergrundsicherung, sozialer Arbeitsmarkt oder begrenzte Eigenanteile in der Pflege, soziale Sicherheit muss für alle garantiert sein.
  • Notwendige Investitionen für sozial gerechten Klimaschutz können unter anderem durch die Streichung umweltschädlicher Subventionen (zur Zeit etwa 50 Milliarden pro Jahr), einen wirksamen CO2-Preis, Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel sowie die Umlenkung der EU-Agrarmittel finanziert werden.

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören unteilbar zusammen.

Die Verantwortung verschwindet nicht

Warum sollte Deutschland etwas gegen den Klimawandel tun, mag man einwenden, wir können die Welt nicht alleine retten. Nur 2 % der Emissionen kommen aus Deutschland, allerdings sind die Pro-Kopf-Emissionen etwa 30 Mal höher als in Ländern wie Kenia oder Nepal.
Klar ist, dass die klimapolitischen Maßnahmen weltweit kommuniziert werden und Unterstützungen angeboten werden müssen. Dabei ist Deutschland schon lange nicht mehr Vorreiter in der Klimapolitik. Fakt ist aber, dass sich Deutschland zur Einhaltung der Klimaziele verpflichtet hat.
Natürlich trägt die ganze Welt Verantwortung, aber die Verantwortung verschwindet nicht einfach, nur weil man sie in kleine Teile zerlegt.

Quellen: klima-streik.org, der-paritaetische.de

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Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz: 1,1 %

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung für 2020 beträgt 1,1 Prozent (Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 28.10.2019). Im Jahr 2019 betrug er 0,9%. Der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung bleibt bei 14,6 %.

Seit 01.01.2019 werden die Beiträge zur Krankenversicherung wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten geleistet. Auch der Zusatzbeitrag wird damit paritätisch finanziert.

Die einzelnen Krankenkassen werden in den nächsten Wochen bekanntgeben, in welcher Höhe sie ihren Zusatzbeitrag 2020 haben wollen. Auf dem Laufenden halten kann man sich bei der Krankenkassenzentrale.

Was ist der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz?

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz ist eine Richtgröße für die Krankenkassen bei der Festlegung ihrer individuellen Zusatzbeitragssätze und nach § 242a Abs. 2 SGB V bis zum 1. November jeden Jahres im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Der Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen den voraussichtlichen jährlichen Ausgaben der Krankenkassen und den voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds, die für die Zuweisungen nach den §§ 266 und 270 SGB V zur Verfügung stehen, geteilt durch die voraussichtlichen jährlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen, multipliziert mit 100.

Anwendungen des durchschnittlichen Zusatzbeitrags

Wichtig ist der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz – außer als Richtgröße – unter anderem

  • bei der Bestimmung des Faktors F zur Beitragsberechnung bei Verdiensten im Übergangsbereich von 450,01 bis 1.300 Euro. Um F zu bekommen werden 30% durch den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geteilt. (2020: 30% / 39,85%).
  • Berechnung der Beiträge
    – bei Beziehern von Arbeitslosengeld II,
    – bei Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
    – bei Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
    – bei behinderten Menschen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten,
    – bei Beziehern von Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld,
    – bei Versicherten, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind und ein Arbeitsentgelt erzielen, das auf den Monat bezogen 325 Euro nicht übersteigt.
  • beim Basistarif in einer Privaten Krankenkasse. Der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung, inclusive Zusatzbeitrag, nicht übersteigen.
  • beim Krankenkassenbeitrag für Studenten. Der richtet sich nach dem BAföG-Höchstsatz. Die Beiträge zur studentische Kranken und Pflegeversicherung betragen 2020: 76,04 EUR plus 8,18 EUR durchschnittlicher Zusatzbeitrag, der natürlich von Kasse zu Kasse variieren kann. Dazu kommen noch die Beiträge für die Pflegeversicherung in Höhe von 22,69 EUR (für Kinderlose ab dem 23. Lebensjahr: 24,55 EUR.

Quellen: Bundesanzeiger, SOLEX

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Pflegelöhne

Die demografische Entwicklung und der medizinische Fortschritt werden den Bedarf an Pflegenden weiter steigen lassen. Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Leistungsempfänger bis zum Jahr 2045 auf rund 5 Millionen erhöhen, wobei durch die abnehmende Bedeutung der informellen Pflege durch Angehörige der Bedarf an professioneller Pflege noch zusätzlich steigen wird. Um für alle Pflegebedürftigen eine menschengerechte Pflege sicherzustellen, müssen mehr Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden, insbesondere durch eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften. Die Pflegekassen können ihren gesetzlichen Auftrag, die pflegerische Versorgung der Versicherten zu gewährleisten (§ 69 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI), nur dann erfüllen, wenn genügend Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Da die deutliche Mehrzahl der Pflegekräfte (rund 82 Prozent) laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit weiblich ist, ist eine verbesserte Entlohnung in der Pflegebranche auch ein wichtiges gleichstellungspolitisches Anliegen.

Gesetz für höhere Löhne

Um der Entwicklung entgegen zu steuern, hat er Bundestag das Pflegelöhneverbesserungsgesetz verabschiedet.
Das Gesetz modifiziert hierzu das Verfahren zum Erlass von Rechtsverordnungen nach § 7a Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) im Hinblick auf branchenbezogene Besonderheiten und bindet die Religionsgesellschaften stärker ein. Darüber hinaus vereinfacht das Gesetz die Berufung und die Beschlussfassung der Kommission (§§ 11 ff. AEntG), die zukünftig als ständiges Gremium berufen wird. Die Kommission soll nach der Art der Tätigkeit oder der Qualifikation der Arbeitnehmer differenzierende Mindestentgeltsätze beschließen, damit auch Pflegefachkräfte bessergestellt werden.

Höhere Löhne sollen über eine Tarifvereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erreicht werden. Die Bundesregierung will einen entsprechenden Tarifvertrag dann allgemeinverbindlich erklären. Andernfalls soll es höhere Pflegemindestlöhne durch eine Rechtsverordnung geben, die auf Empfehlungen der Pflegekommission basieren. Die Pflegekommission soll künftig als ständiges Gremium mit einer grundsätzlich fünfjährigen Amtszeit berufen werden.

Kritik

Wirtschaftsverbände kritisieren das Gesetz vehement, es würde Investoren und privates Kapital aus dem Pflegemarkt vergraulen.
Vielleicht ist es letztlich gar nicht so schlecht, wenn gewinnorientierte Unternehmen die Finger von sozialen Aufgaben lassen.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Selbsthilfeförderung

Die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen haben am 16. Oktober das Gemeinsame Rundschreiben 2020 zur Selbsthilfeförderung nach § 20h SGB V veröffentlicht. Darin werden Hinweise zum Förderverfahren der kassenartenübergreifenden Gemeinschaftsförderung (Pauschalförderung) und zur kassenindividuellen Projektförderung auf Bundesebene gegeben.

Präventionsgesetz

Die finanzielle Unterstützung der gesundheitlichen Selbsthilfe wurde durch das Präventionsgesetz um rund 30 Mio. Euro erhöht. Für Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen stellten die Krankenkassen 2015 wie bisher 0,55 Euro je Versicherten und ab dem Jahr 2016 1,05 Euro je Versicherten zur Verfügung. Mindestens 50%, ab 1.1.2020 mindestens 70% dieser Mittel sind für kassenartenübergreifende Pauschalförderung aufzubringen. Der Betrag ist in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs.1 SGB IV anzupassen und beträgt im Jahr 2020 1,15 EUR pro Versicherten, insgesamt ca. 84 Mio EUR.

Pauschalförderung

Die Pauschalförderung auf Bundesebene erfolgt gemeinsam und einheitlich durch alle Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene. Diese haben sich zur „GKV-Gemeinschaftsförderung Selbsthilfe auf Bundesebene“ zusammengeschlossen.

Die Pauschalförderung wird als finanzielle Unterstützung der originären selbsthilfebezogenen Aufgaben verstanden. Diese pauschalen Mittel werden der Selbsthilfe als Zuschüsse zur Absicherung ihrer originären und vielfältigen Selbsthilfearbeit und regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen zur Verfügung gestellt. Darunter fallen beispielsweise:

  • Durchführung von satzungsrechtlich erforderlichen Gremiensitzungen einschließlich Veranstaltungs-, Teilnahmegebühren, Fahrt- und Übernachtungskosten,
  • Miet- und Nebenkosten (mit Ausnahme anteiliger Raum- und Mietkosten von Privaträumen)
  • Büroausstattung/-sachkosten
  • regelmäßige Ausgaben für Internetauftritte
  • regelmäßig erscheinende Medien (zum Beispiel Mitgliederzeitschriften, Newsletter) einschließlich deren Verteilung
  • regelmäßige Schulungen oder Fortbildungen, die auf die Befähigung zur eigenen Organisations- und Verbandsarbeit sowie auf administrative Tätigkeiten abzielen, einschließlich Veranstaltungs-, Teilnahmegebühren, Fahrt- und Übernachtungskosten
  • Tagungs-, Kongress- und Messebesuche
  • Reisekosten im Rahmen regionaler Vergabesitzungen
  • Kosten für regelmäßig stattfindende Aktivitäten und Angebote (zum Beispiel Angehörigentreffen), die einen engen Bezug zu selbsthilfebezogenen Aufgaben der Selbsthilfegruppe, Selbsthilfekontaktstelle oder Selbsthilfeorganisation haben

Projektförderung

Im Gegensatz zur Pauschalförderung entscheidet bei der Projektförderung die Krankenkasse/der Krankenkassenverband eigenständig über die Verteilung ihrer/seiner Mittel sowie darüber, ob, wo und welche Maßnahmen in welchem Umfang von Selbsthilfegruppen, Landes-, Bundesorganisationen oder von Selbsthilfekontaktstellen gefördert werden.

Antrag auf Fördermittel

Für die Beantragung von Fördermitteln auf der Bundesebene und für den Nachweis der Mittelverwendung sind die Ausführungen in dem Gemeinsamen Rundschreiben verbindlich.

Antragsberechtigt sind gesundheitsbezogene Selbsthilfebundesorganisationen. Die Selbsthilfebundesorganisation muss über eine funktionsfähige, bundesweit nach innen und außen arbeitende Organisationsstruktur verfügen. Ihre inhaltliche Ausrichtung beruht auf dem Selbsthilfeprinzip.

Anforderungen an die Selbsthilfeorganisationen

  • Die Selbsthilfebundesorganisation hat die Unabhängigkeit ihrer Selbsthilfeaktivitäten von Interessen Dritter zu wahren und ihre fachliche und politische Arbeit ausschließlich an den Bedürfnissen und Interessen chronisch kranker und behinderter Menschen und deren Angehörigen auszurichten.
  • Die Selbsthilfebundesorganisation hat jegliche Unterstützung durch Wirtschaftsunternehmen und deren Dienstleister (z. B. PR-Agenturen) transparent zu machen. Ebenso hat sie ihre Gesamtfinanzierung offenzulegen.
  • Die Möglichkeit einer persönlichen Kontaktaufnahme zur Selbsthilfebundesorganisation muss gegeben sein (Ansprechpartner). Eine Kontaktaufnahme lediglich über ein auf der Homepage auszufüllendes Kontaktformular ist nicht ausreichend.
  • Durch die Mitgliedschaft und Zahlung eines Mitgliedsbeitrages bekennt sich das Mitglied dazu, den Verein (die Selbsthilfebundesorganisation) und seine Ziele zu unterstützen. Der Verein erhält damit eigene Mittel, die der Aufrechterhaltung der Selbsthilfeorganisation und der Deckung der Kosten zur Erreichung des Vereinszwecks dienen.
  • Verzichtet ein Verein auf den Mitgliedsbeitrag und auf die Erzeugung eigener Mittel, kann der Verein keinen Antrag stellen.
  • Selbsthilfebundesorganisation, die einen Förderantrag stellen möchten, müssen über die Rechtsform des eingetragen Vereins (e. V.) verfügen.

Quellen: VDEK, SOLEX

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Kein Anspruch auf Einzelfallhilfen

Menschen mit Behinderung, die stationäre Eingliederungshilfe erhalten, haben darüber hinaus keinen Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“. Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in sieben Fällen entschieden, wie es am 18.10.2019 mitteilte.

Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz

Ein über die dem jeweiligen Antragsteller gewährte Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung in der Einrichtung hinausgehender Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“ bestehe nicht, weil sein Bedarf hierdurch bereits vollständig gedeckt sei. Der Antragsteller habe gegen den Sozialhilfeträger keinen Anspruch auf Geldleistung, sondern einen sogenannten Sachleistungsverschaffungsanspruch. Im Rahmen dieses Anspruchs übernehme der Sozialleistungsträger die Vergütung, die der Antragsteller der Einrichtung aufgrund des zwischen ihm und dem Einrichtungsträger geschlossenen (zivilrechtlichen) Heimvertrages schulde.

Nach dem Heimvertrag ermögliche die Einrichtung dem Antragsteller Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entsprechend seines individuellen  Teilhabebedarfs. Die Einrichtung habe daher alle Leistungen zu erbringen, die der Antragsteller aktuell benötige, mit der Folge, dass der Eingliederungshilfebedarf des Antragstellers vollumfänglich gedeckt sei.

Öffnungsklausel in den Verträgen

Der CPB (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.) rät allen Leistungserbringern in einem Rundschreiben, dass in der Leistungsvereinbarung
alle denkbaren Bedarfe abgebildet und dazu eine auskömmliche Vergütung vereinbart wird – und dass Revisions- und Öffnungsklauseln festgelegt werden,  die Nachverhandlungen möglich machen. Umfasst die Leistungsvereinbarung alle Leistungen, sind sie durch die pauschale Vergütung abgedeckt. Das Risiko liegt damit am Ende beim Leistungserbringer. Dazu kommt, dass ergänzende zivilrechtliche Vereinbarung nach der genannten Rechtsprechung nichtig sind.

Veränderung durch das Bundesteilhabegesetz?

In der bisherigen Praxis lief es in den stationären Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe so ab, dass dem über die pauschalen Vergütungen oftmals hinausgehende hohen Bedarf einzelner Personen auf Kosten der Menschen mit niedrigem Hilfebedarf entsprochen wurde.
Durch das Bundesteilhabegesetz besteht allerings Hoffnung, dass sich hier etwas ändert. Man hat mit dem BTHG immerhin die Möglichkeit, eine ICF-konforme, assessment-gestütze Hilfebedarfsfeststellung zu verwirklichen. Dazu gehört der individuelle Rechtsanspruch, die verpflichtende Aufstellung eines individuellen Teilhabeplans und die Betonung des individuellen Wahl- und Wunschrechts.
Auch wenn die Finanzierung in den „besonderen Wohneinrichtungen“ weiterhin über tyisierte Hilfebedarfe und pauschalierten Leistungen erfolgt, sollte es im Einzelfall leichter möglich sein, besondere Hilfebedarfe zu finanzieren.

Quellen: Langericht Rheinland-Pfalz, CBP

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Mütterrente kann gekürzt werden

Wer während der Kindererziehungszeiten arbeitet und Geld verdienst, muss damit rechnen, dass die Entgeltpunkte für Kinderziehungszeiten nicht voll angerechnet werden.

Dieser Sachverhalt war Gegenstand mehrerer Klagen vor dem Bundessozialgericht. Dies hat nun entschieden, dass diese Begrenzung rechtens ist.

Höhe der Entgeltpunkte ist begrenzt

Grund für das Dilemma ist die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Sie liegt im kommenden Jahr bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 6450 Euro im Osten und 6900 Euro im Westen. Die Rentenversicherungsbeiträge werden höchstens für diesen Betrag erhoben. Allerdings sind dadurch auch die Leistungen gedeckelt.
Hat man ein durchschnittliches Einkommen erzielt, bekommt man dafür einen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Verdient man 50 % mehr als der Durchschnitt, dann gibt es 1,5 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkt-Grenze liegt bei dem Quotienten aus Beitragsbemessungsgrenze und Durchschnittsentgelt. Das war im letzten Jahr knapp über 2, in frühereren Jahren aber auch schon mal unter 2. Verdient man also dreimal so viel wie der Durchschnitt, bekommt man trotzdem nur etwa 2 Entgeltpunlte gutgeschrieben.
Für Kindererziehungszeiten werden ebenfalls pro Jahr ein Entgeltpunkt gutgeschrieben. Hat man in dieser Zeit auch noch einen guten Verdienst, kann es vorkommen, dass die Enteltpunktgrenze überschritten würde, so dass vom Entgeltpunkt für die Kindererziehungszeit etwas abgezogen wird.

Grundprinzipien der Rentenversicherung

Gegen diese Rechnung wendet sich nun die Klage, die das BSG abgewiesen hat. Die Kürzung des Wertes der Kindererziehungszeit beim Zusammentreffen mit sonstigen Beitragszeiten sei gerechtfertigt, da die Begrenzung der Beitragspflicht und damit einhergehend der Leistungen zu den Grundprinzipien der GRV gehöre.

Keine Ungleichbehandlung

Auch gegen eine vermeintliche Ungleichbehandlung gegenüber Bestandsrentnerinnen war die Klage erfolglos. Hier hatten Bestandsrentnerinnen mit Rentenbeginn vor Juli 2014 beziehungsweise bei der „Mütterrente 2“ vor Jahresbeginn 2019 eine pauschale, nicht gedeckelte Rentengutschrift erhalten. Dies sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und einer Beschleunigung der Auszahlungen gerechtfertigt gewesen, urteilten das BSG.

Die Klägerinnen wollen sich damit aber nicht zufrieden geben und das Bundesverfassungsgericht anrufen.

Quelle: Bundessozialgericht

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