Ganzheitliche Betreuung (Bürgergeld)

Seit 1. Juli 2023 haben die Jobcenter die Möglichkeit ein Coaching (sog. ganzheitliche Betreuung) zu bewilligen, um Bürgergeldbeziehende für eine Beschäftigung zu befähigen.

Informationen vom BMAS und der Agentur für Arbeit

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat aktuelle Informationen zu den Inhalten und zur Durchführung des § 16k SGB II (ganzheitliche Betreuung) herausgegeben. Dieses Finanzierungsinstrument ist mit der Umsetzung der zweiten Stufe des Bürgergeldes zum 1. Juli 2023 in Kraft getreten. Die Betreuung kann sowohl von Jobcentern als auch von ihnen beauftragte Dritte durchgeführt werden.

Mit diesem Instrument, so das BMAS, soll die Beschäftigungsfähigkeit von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aufgebaut und stabilisiert werden. Junge Menschen sollen zudem an eine Ausbildung herangeführt bzw. während der Ausbildung begleitet werden können. Bei der ganzheitlichen Betreuung soll im Rahmen von Einzelcoachings an den besonderen, individuellen Problemlagen der Leistungsberechtigten gearbeitet werden, die Auswirkungen auf die Beschäftigungsfähigkeit haben. Umfasst ist dabei die beratende wie auch die aufsuchende Betreuung, bei der auch das häusliche und sozialräumliche Umfeld
einbezogen werden kann.

Förderinhalte

Mögliche Förderinhalte finden sich in der fachlichen Weisung der Bundesagentur für
Arbeit zur ganzheitlichen Betreuung nach § 16k SGB II. Dort finden sich auch nähere
Informationen zur Abgrenzung von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen
Eingliederung nach § 16 SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III.

Mögliche Förderinhalte:

  • Individuelle Beratung, Betreuung und Unterstützung der Teilnehmenden und ggf. deren Bedarfsgemeinschaft während des gesamten Förderzeitraums,
  • Unterstützung in der konkreten persönlichen und familiären Situation, z. B. Aufbau von Tagesstrukturen, Stabilisierung der Bedarfsgemeinschaft, soziale Aktivierung, Verbesserung sozialer Handlungskompetenzen, Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  • Alltagshilfen, z. B. Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Umgang mit Geld, Beratung zum Erscheinungsbild, Hilfestellung bei Behördengängen und Antragstellungen,
  • Krisenintervention bzw. Konfliktbewältigung,
  • Unterstützung bei psychosozialen Problemen, Suchtproblematiken, Schulden, Gesundheitsproblemen, Entwicklung von Sprachkompetenzen durch Aktivierung von Netzwerken zu anderen Leistungsträgern.
  • Unterstützung bei besonderen individuellen Rahmenbedingungen, die der Beschäftigungsfähigkeit entgegenstehen, z. B. von Geflüchteten, Frauen/Männern, die § 10 SGB II (Zumutbarkeit) in Anspruch nehmen,
  • Abstimmung der ganzheitlichen Betreuung mit schon bestehenden Leistungen (z. B. bei Leistungen in Kooperation mit der Jugendhilfe oder bei Therapien),
  • Unterstützung von Bedarfsgemeinschaften mit Kindern bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII oder von Krankenkassen bzw. Rehaträgern,
  • Aufbau beruflicher Handlungskompetenzen, z. B. Unterstützung bei der Entwicklung von Arbeitstugenden, Förderung der beruflichen Flexibilität, Vermittlung der Anforderungen im Arbeitsalltag (u. a. pünktlicher Arbeitsbeginn, Erwartungen des Arbeitgebers),
  • Übergangsmanagement, z. B. Förderung von Anschlussperspektiven
  • Beschäftigungs- und ausbildungsbegleitende Angebote
  • Individuelle Hilfestellungen bei der Heranführung an eine Berufsorientierung, Ausbildung oder zur Begleitung während einer Ausbildung, z. B. Unterstützung bei der Suche nach Ausbildungsbetrieben, Vorbereitung auf und Begleitung zu Bewerbungsgesprächen, individuelle Betreuung am Ausbildungsplatz, Ansprechpartner für den Ausbildungsbetrieb, Koordination von und Begleitung zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber, Unterstützung beim Übergang von der Ausbildung in eine anschließende Beschäftigung.

Trägerzulassung

Voraussetzung für die Umsetzung ist eine Trägerzulassung, wobei eine zentrale Anforderung dabei ist, ein Qualitätssystem zu etablieren. Damit können sich die Träger bereits an den entsprechenden Ausschreibungsverfahren durch das Jobcenter beteiligen. Die Durchführung als sog. „Gutscheinmaßnahme“ setzt eine Träger- und Maßnahmezulassung voraus. Sowohl die Träger- als auch die Maßnahmezulassung erfolgt durch akkreditierte Fachkundige Stellen.

Quellen: BMAS, Arbeitsagentur, Paritätischer Gesamtverband

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Verbesserungen für pflegebedürftige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Zum Jahreswechsel gibt es im Leistungsbereich Verhinderungspflege Verbesserungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs, die schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit haben. Unser Autor Dr. André Wieprecht stellt diese vor.

Verbesserungen für pflegebedürftige Kinder ab 1. Januar 2024

Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) kommt es ab dem 1. Januar 2024 speziell für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene der Pflegegrade 4 und 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu Erleichterungen im Bereich der Verhinderungspflege.

Grundsatz der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI

Die Verhinderungspflege ermöglicht die zeitweise Übernahme der häuslichen Pflege durch einen „Ersatzpfleger“, wenn die Pflegeperson zum Beispiel wegen Krankheit oder eines Erholungsurlaubs an der Pflege des Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 gehindert ist. Für Eltern als (Vollzeit-)Pflegeperson bietet sich zudem die Möglichkeit eine Pause vom Pflegealltag einzulegen. Dies kann auch nur stundenweise sein, um etwa in Ruhe einzukaufen, gemeinsam mit Freunden etwas zu unternehmen oder eigene Termine wahrzunehmen.

Vorpflegezeit von sechs Monaten entfällt

Der Anspruch der Verhinderungspflege hängt in der Regel von der Einhaltung einer sechsmonatigen Vorpflegzeit des Pflegebedürftigen ab. Dies bedeutet, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in der häuslichen Umgebung gepflegt haben muss. Diese starre Frist wird ab 1. Januar 2024 bei pflegebedürftigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Pflegegrade 4 oder 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht mehr angewendet. Das bedeutet, dass unmittelbar ab dem Vorliegen des Pflegegrades 4 bzw. 5 die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden kann. Diese Erleichterung führt in der Praxis dazu, dass bei einer (erstmaligen) Verhinderung zum Beispiel der pflegenden Eltern innerhalb der ersten sechs Monate der häuslichen Pflege sie ihr Kind nicht in eine vollstationäre Kurzzeitpflege geben müssen, um die Pflege sicher zu stellen. Dem pflegebedürftigen Kind bleibt zudem ein in den meisten Fällen belastender Ortswechsel erspart.

Änderung des Anspruchszeitraums auf Verhinderungspflege

Neu ist außerdem, dass die Pflegeversicherung die nachgewiesenen Kosten einer Ersatzpflege bei pflegebedürftigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs mit den Pflegegraden 4 und 5 für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr (Höchstdauer von 56 Tagen) übernimmt. Damit wird der Leistungszeitraum der Verhinderungspflege um zwei Wochen, also um 14 Tage erhöht, was zu einem Mehr an Handlungsspielraum führt.

Leistungsumfang der Verhinderungspflege

Im Vorgriff auf die Einführung des Gemeinsamen Jahresbetrags für die Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege zum 1. Juli 2025 besteht die Möglichkeit für die Gruppe der o. g. pflegebedürftigen Kinder, Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen den Leistungsbetrag auf ein Gesamtbudget von bis zu 3.386 Euro pro Kalenderjahr zu erhöhen. Dies setzt voraus, dass die Pflege durch eine Ersatzpflegeperson erfolgt, die mit der pflegbedürftigen Person weder bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist noch mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebt. In diesem Fall wird der finanzielle Rahmen des Grundbetrages der Verhinderungspflege von bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr statt der üblichen 806 Euro um den vollen Betrag der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.774 Euro erweitert. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dies nur für nicht verbrauchte Mittel aus der Kurzzeitpflege gilt.

Ausnahme vom Grundsatz

Eine Ausnahme vom o. g. Grundsatz zur Verhinderungspflege gilt für den Fall, dass die Pflege durch eine Ersatzpflegperson erfolgt, die

  • mit dem pflegebedürftigen Kind, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, welches bzw. welcher das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und den Pflegegrad 4 oder 5 hat,
  • bis zum zweiten Grad verwandt (z.B. Großeltern, Enkelkinder) oder verschwägert (z.B. Schwiegereltern, Stiefkinder) ist oder mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebt und
  • die Ersatzpflege nicht erwerbsmäßig ausübt.

In diesem Fall können die Kosten bis auf den Betrag des Pflegegeldes für bis zu zwei Monate, also das 2-fache des Pflegegeldes (aber begrenzt auf den Höchstbetrag von 1.612 Euro), erstattet werden. Auch dies ist eine Neuerung, da sonst nur das 1,5-fache des Pflegegeldes als Höchstbetrag für sechs Wochen geltend gemacht werden kann (vgl. § 39 Abs. 3 SGB XI). Dies bedeutet letztlich für die o. g. Gruppe von Pflegebedürftigen, dass die Pflegekasse nachgewiesene Kosten nebst zusätzliche Aufwendungen, wie notwendige Fahrt- und Unterkunftskosten bis zu 1.612 Euro pro Kalenderjahr erstattet und es ferner die Möglichkeit gibt, diesen Betrag um bis zu 1.774 Euro aus der Kurzzeitpflege zu erhöhen.

Mehr zum Thema Pflegeversicherung und deren Leistungen sowie weiteren Neuerungen ab dem 1. Januar 2024 finden Sie in der aktualisierten Ausgabe „Praxisratgeber Pflegeversicherung“.

Schutz von Schwangeren vor Beratungsstellen

Eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes soll den Schutz von Schwangeren vor Beratungsstellen zum Schwangerschaftsabbruch sicherstellen.

Gehsteigbelästigungen

Schwangere sollen vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner und -gegnerinnen geschützt werden. Mit einer Reform des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sollen die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept in seiner Gesamtheit gestärkt werden.

Schwangerschaftskonfliktberatung

Unter den Voraussetzungen des § 218a StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland straffrei. Damit ein Schwangerschaftsabbruch, für den keine medizinische oder kriminologische Indikation (§ 218a Absatz 2 und 3 StGB) vorliegt, straffrei ist, muss die Schwangere sich zuvor einer Schwangerschaftskonfliktberatung unterziehen (§ 218a Absatz 1 Nummer 2 StGB). Die Inanspruchnahme der Beratung und der Zugang zu Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sind daher auch mit Blick auf den Versorgungsauftrag der Länder und die Schutzpflicht des Staates zu gewährleisten.

Schwangere und Fachpersonal wirksamer schützen

Vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, finden mit zunehmender Häufigkeit Protestaktionen von Abtreibungsgegnern und -gegnerinnen statt. Dabei werden sowohl Schwangere als auch das Fachpersonal zum Teil gezielt gegen ihren Willen angesprochen, um ihnen zum Beispiel eine andere Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen. Oder sie werden mit unwahren oder verstörenden Inhalten, die geeignet sind, die Beratung zu beeinträchtigen, konfrontiert. Die Schwangeren trifft das oftmals in einer schon bestehenden besonderen physischen und psychischen Belastungssituation.

Solche Verhaltensweisen, die nicht auf einen einvernehmlichen Austausch von Argumenten und sachlich zutreffenden Informationen abzielen, können das gesetzlich geschützte Regelungskonzept unterlaufen und die Inanspruchnahme der Schwangerschaftskonfliktberatung oder den Zugang zu Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, beeinträchtigen. Deshalb ist es zum einen erforderlich, die Letztverantwortung der Schwangeren in dieser höchstpersönlichen Angelegenheit sicherzustellen. Zum anderen geht es auch darum, dass das Fachpersonal seine Aufgabe möglichst ungestört ausüben kann. Diese Ziele will das geplante Zweite Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes erreichen, indem es einen bundeseinheitlichen und rechtssicheren Umgang mit sogenannten Gehsteigbelästigungen festlegt.

Nicht hinnehmbare Verhaltensweisen als Ordnungswidrigkeiten untersagen

Durch die geplanten Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz sollen bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen untersagt werden, wenn diese geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung in der Beratungsstelle oder den Zugang zu Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zu beeinträchtigen. Dies gilt nur für wahrnehmbare Verhaltensweisen in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich der Beratungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.

Unter diesen Voraussetzungen soll mit dem geplanten Gesetz beispielweise untersagt werden, das Betreten der Einrichtungen durch Hindernisse absichtlich zu erschweren, eine Schwangere gegen ihren erkennbaren Willen die eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren.

Verstöße gegen diese Verbote stellen dann eine Ordnungswidrigkeit dar und werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt.

Bundesstatistik wird angepasst

Das geplante Gesetz enthält außerdem Änderungen zur Bundesstatistik zu Schwangerschaftsabbrüchen. Sie dienen einem genaueren Überblick über die Versorgungssituation in den Ländern. Bisher werden die Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen nur auf Bundes- und Länderebene ausgewertet. Damit die Länder ihrem Versorgungsauftrag besser nachkommen können, gibt die Bundesstatistik mit Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes jährlich auch Auskunft über die regionale Verteilung der Schwangerschaftsabbrüche unterhalb der Länderebene. Zudem werden die Stellen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, künftig jährlich auf Bundes- und Länderebene nach Größenklassen gestaffelt dargestellt, um das Bild der Versorgungslage zu verbessern.

Quelle: BMFSFJ

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Bürgergeld für Straffällige bei Sucht-Therapien

Eine Gesetzeslücke schließen will das Land NRW mit einem Gesetzesänderungsantrag im Bundesrat. Es geht um § 7 SGB II, in dem die Leistungsberechtigten des Bürgergelds beschrieben sind. Dort heißt es in Absatz 4: „Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, … in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung …untergebracht ist.“ Dort soll nun folgender Satz angefügt werden: „Hiervon ausgenommen ist der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung auf Grundlage des § 35 des Betäubungsmittelgesetzes…“

§ 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung

Die Vollstreckung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder eines Strafrestes von nicht mehr als zwei Jahren bei von Betäubungsmitteln abhängigen Verurteilten kann zurückgestellt werden, wenn sie die Tat aufgrund ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen haben und sich wegen ihrer Abhängigkeit in einer ihrer Rehabilitation dienenden Behandlung befinden oder zusagen, sich einer bereits gewährleisteten Therapie zu unterziehen.

Therapie statt Strafe

Voraussetzung für die Gewährleistung des Therapiebeginns und damit für einen
Antrag auf Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG ist die Kostenzusage des zuständigen Trägers, um die Übernahme der für die therapeutische Maßnahme selbst anfallenden Kosten sicherzustellen. In der Vergangenheit wurden den betroffenen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) gewährt, um ihren Lebensunterhalt während der Therapiemaßnahme zu sichern.

BSG-Urteil

Mit Urteil vom 5. August 2021 (B 4 AS 58/20 R) hat das Bundessozialgericht klargestellt, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für verurteilte
Personen, die sich nach Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG in
einer stationären Entwöhnungstherapie befinden, gemäß § 7 Absatz 4 Satz 2 SGB
ausgeschlossen ist, da es sich bei Therapieeinrichtungen im Sinne des § 35 BtMG
um Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehungen im
Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 SGB II handelt.

Therapie nicht mehr möglich

In der Praxis hat diese Rechtsprechung zur Folge, dass für Gefangene, gegen die
eine nach § 35 BtMG zurückstellungsfähige Strafe vollstreckt wird, eine Vermittlung in eine notwendige Therapie nach § 35 BtMG faktisch unmöglich wird.

Der bislang erfolgreiche Ansatz des § 35 BtMG, „Therapie statt Strafe“, droht daher
künftig weitgehend ins Leere zu laufen. Dies hat gesamtgesellschaftlich, aber auch
für den einzelnen Gefangenen/die einzelne Gefangene und sein/ihr unmittelbares
Umfeld dramatische Auswirkungen, da Gefangene ohne die dringend erforderliche
Drogentherapie in die Gesellschaft entlassen werden müssen.

Therapie soll nicht zu Leistungsausschluss führen

Um die geschilderten negativen Auswirkungen der sozialgerichtlichen
Rechtsprechung zu vermeiden und um die Anwendung des Ansatzes „Therapie statt
Strafe“ sicherzustellen, soll eine Regelung im SGB II dahingehend vorgenommen werden, dass der Aufenthalt in einer stationären Therapieeinrichtung nicht zu einem Leistungsausschluss von Bürgergeld führt. Ziel der Gesetzesänderung ist dabei die Sicherstellung eines Anspruchs auf Leistungen für verurteilte Personen, die sich nach Zurückstellung der Strafvollstreckung in einer stationären Entwöhnungstherapie befinden, ohne dabei in die Systematik der Sozialgesetzbücher einzugreifen.

Der Bundesrat hat bisher noch nicht über den Antrag beraten.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, BSG

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