Flüchtlinge auf einem reißenden Seil, Hintergrund Sterne Europas

Leistungen für Asylbewerber und der „Pullfaktor“

§ 3 Abs. 1 AsylbLG enthält eine Definition des notwendigen Bedarfs und des notwendigen persönlichen Bedarfs. Bei den Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes wird seit jeher unterschieden zwischen notwendigem Bedarf und notwendigem persönlichen Bedarf (vor 2015 gerne als „Taschengeld“ bezeichnet. Bis 23.10.2015 wurde dieser Betrag dann Bargeldbetrag genannt – diese Bezeichnung ließ sich aufgrund der Einführung des Sachleistungsprinzips in Erstaufnahmeeinrichtungen durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht mehr aufrecht erhalten).

Grundleistungen in Aufnahmeeinrichtungen

Während der Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung (§ 44 AsylG) wird der notwendige Bedarf zwingend durch Sachleistungen gedeckt. Die Dauer dieses Aufenthaltes kann je nach Gesetzeslage im Bundesland unterschiedlich hoch sein. § 47 Abs. 1 AsylG spricht von „bis zu sechs Monaten“, § 47 Abs. 1bAsylG eröffnet den Bundesländern, eine weit längere Verweildauer festzulegen (bis zu 24 Monate). Das Asylbewerberleistungsgesetz „begrenzt“ die Leistungsdauer der Grundleistungen aufgrund von § 2 AsylbLG: nach einem 18-monatigem Aufenthalt muss das Sozialamt die sogenannten „Analogleistungen“ erbringen – es sei denn, die Aufenthaltsdauer wurde „rechtsmissbräuchlich beeinflusst“ 

Beim notwendigem persönlichen Bedarf gilt ebenfalls der Vorrang der Sachleistungen. Allerdings gilt dies nur, soweit die Gewährung von Sachleistungen mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Ist dies nicht der Fall, können Leistungen auch in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden. 

Grundleistungen außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen

Sind die Asylsuchenden nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sind im Regelfall Geldleistungen zur Selbstversorgung zu gewähren. Nur wenn die Umstände es erfordern, können statt der Geldleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Angesichts des Verwaltungsaufwandes und der erheblichen Mehrkosten der Abweichung von Geldleistungen zu Lasten der öffentlichen Hand dürften solche Umstände real kaum begründbar sein.

Die Regelsätze decken nicht den Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat ab, hierfür sind in Form von Geld- oder Sachleistungen die Bedarfe zu decken.

Bedarfssätze der Grundleistungen

Die Bedarfssätze der Grundleistungen sind seit 01.09.2019 in § 3a AsylbLG geregelt. Die Bedarfsstufen sind dabei in enger Anlehnung an die in § 8 RBEG geregelten, nach Alter und Haushaltskonstellation differenzierenden Regelbedarfsstufen ausgestaltet. Die Bedarfssätze sollen jährlich angepasst werden.

Danach ergeben sich folgende Bedarfssätze zum 01.01.2024:

Stufe Notwendiger Bedarf Notwendiger persönlicher Bedarf Grundleistung gesamt
1
(Alleinstehend oder Alleinerziehende)
256 EUR 204 EUR 460 EUR
2
(Paare in einer Wohnung/Unterbringung in Sammelunterkunft*)
229 EUR 184 EUR 413 EUR
3
(Erwachsene in einer stationären Einrichtung; Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern leben)
204 EUR 164 EUR 368 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
4
(Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren)
269 EUR 139 EUR 408 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
5
(Kinder zwischen 6 und 13 Jahren)
204 EUR 137 EUR 341 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
6
(Kinder bis 5 Jahren)
180 EUR 132 EUR 312 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag

Pull-Faktoren

Anders als von vielen Politikern und Medien immer wieder beklagt, spielen die Leistungen für Asylbewerber als „Pullfaktoren“ nur eine geringe Rolle. Wesentlich wichtiger für die Auswahl eines Fluchtziels sind soziale Kontakte oder die Sprache. Oft ist es für die Menschen gar nicht möglich, ökonomische Kalküle bei der Wahl des Ziellandes aufzustellen, weil die Auslöser für die Flucht meistens vollkommen unvorhergesehen eintreffen. Eine gute Zusammenfassung des Standes der wissenschaftlichen Forschung zu Fluchtursachen und Fluchtentscheidungen (Migrationsforschung) konnte man am 12.10.2022 auf der Onlineseite der Tagesschau nachlesen.

Quellen: Bundesanzeiger, Tagesschau, SOLEX

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