Fachkräfte durch Einwanderung

Der Bundesrat hat heute, am 7. Juli 2023 das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz beschlossen. Ausländische Fachkräfte werden künftig leichter nach Deutschland kommen können. Über Kritik an dem Gesetz und neue Diskriminierungen durch das Gesetz berichteten wir hier Ende Mai 2023

Drei-Säulen-System

Die Fachkräfteeinwanderung baut künftig auf drei Säulen auf – der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule.

Fachkräftesäule

Die Fachkräftesäule bildet dabei das zentrale Element. Im Mittelpunkt steht der Fachkräftebegriff, der eine Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation verlangt. Zukünftig kann eine Fachkraft jede qualifizierte Beschäftigung ausüben. Das Gesetz senkt die bestehenden Gehaltsschwellen der Blauen Karte EU ab und erleichtert die Bedingungen für Berufsanfänger – ebenso die Regelungen zur Mobilität und zum Familiennachzug. Es setzt die erforderliche Voraufenthaltsdauer für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis für Inhaber einer Blauen Karte EU-, sowie für Fachkräfte und deren Familienangehörige herab. Ausländische Studierende erhalten erweiterte Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten. Das Gesetz vereinfacht zudem den Wechsel zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und zu Erwerbszwecken.

Erfahrungssäule

Die Einreise und die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung ohne einen in Deutschland formal anerkannten Abschluss wird für alle Berufsgruppen geöffnet. Voraussetzung ist eine zweijährige einschlägige Berufserfahrung, ein Mindestgehalt sowie eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zweijährige Ausbildung.

Potenzialsäule

Das Gesetz führt die sogenannte „Chancenkarte“ als neuen Aufenthaltstitel ein, der auf einem Punktesystem basiert und Arbeitskräften zur Arbeitsplatzsuche einen gesteuerten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Dafür müssen Arbeitskräfte zunächst eine Vorqualifikation nachweisen und über deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A 2 oder englische Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 2 verfügen. Das Potenzial für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration wird anhand festgelegter Kriterien wie u.a. Qualifikation, deutsche Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug ermittelt.

Verordnung der Bundesregierung

Der Bundesrat hat in der Plenarsitzung auch einer Verordnung zugestimmt, die das Gesetz ergänzt, umsetzt und die Einzelheiten regelt.

Inkrafttreten

Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens wird das Gesetz nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und kann dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Einzelne Regelungen werden bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, andere Teile zu späteren Zeitpunkten.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Sterbehilfe

Der Bundestag beschäftigt sich am 6. Juli 2023 mit verschiedenen Ansätzen zum rechtlichen Umgang mit der Suizidhilfe und dem selbstbestimmten Sterben. Drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe stehen nach 90-minütiger Debatte zur Abstimmung an.

Zu allen drei Gesetzentwürfen werden Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses erwartet.

Erster Gesetzentwurf

Der erstgenannte Gesetzentwurf der Gruppe um Dr. Lars Castellucci (20/904) sieht vor, dass die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ grundsätzlich strafbar sein soll. Nicht rechtswidrig soll jedoch die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe dann sein, wenn die suizidwillige Person „volljährig und einsichtsfähig“ ist, sich mindestens zweimal von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat untersuchen lassen und mindestens ein ergebnisoffenes Beratungsgespräch absolviert hat. 

Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung soll verboten sein, sachliche Informationen von Ärzten hingegen erlaubt. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Anwendung eines tödlich wirkenden Mittels als betäubungsmittelrechtlich begründet anzuerkennen.

Zweiter Gesetzentwurf

Der Entwurf der Gruppe um Katrin Helling-Plahr (20/2332) soll „das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ absichern und klarstellen, dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist“, wie es in der Begründung heißt. Dazu solle der vom Bundesverfassungsgericht dargebotene Normierungsspielraum genutzt werden, „um Menschen, die ernstlich sterben möchten und diesen Wunsch frei und eigenverantwortlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gebildet haben, ebenso wie Personen, die zur Hilfe bereit sind, einen klaren Rechtsrahmen zu bieten“.

Vorgeschlagen wird ein „Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende (Suizidhilfegesetz)“. Es sieht in Paragraf 1 vor, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Nach Paragraf 2 darf jeder dem Sterbewilligen „Hilfe leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten“. Eine Verpflichtung zur Hilfeleistung soll ausgeschlossen werden.

Dritter Gesetzentwurf

Sterbewillige sollen unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln erhalten. Das sieht der Gesetzentwurf einer fraktionsübergreifenden Gruppe um Renate Künast (20/2293) vor. Die Abgeordneten führen zur Begründung das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ an. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das 2015 beschlossene und im Paragraf 217 des Strafgesetzbuches geregelte „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ deswegen für nichtig erklärt (2 BvR 2347/15).

„Über eine Beschränkung bestimmter – gefährlicher oder als anstößig bewerteter – Formen der Suizidhilfe kann angesichts der durch die Verfassung gesicherten Freiheit überhaupt nur und erst dann diskutiert werden, wenn die deutsche Rechtsordnung den Zugang zu angemessenen Hilfsmitteln für einen selbstbestimmten Tod im Übrigen klar gewährleistet“, schreiben die Abgeordneten.

Prävention

Die Bundearbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspfleg (BAGFW) fordert darüber hinaus eine Verbesserung der Suizid-Prävention.

Dazu seien aus Sicht der BAGFW dringend Maßnahmen im Bereich der Verbesserung der psychotherapeutischen und psychiatrischen Regelversorgung zu ergreifen sowie spezifische Regelungen zur Verbesserung der allgemeinen Suizidprävention voranzutreiben. Auch die weitere Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung müsse angegangen. Schwerkranke Menschen sollten neben der Option der Suizidassistenz künftig auch Alternativen für ein selbstbestimmtes und begleitetes Sterben im Rahmen der Hospiz- und Palliativversorgung kennen und wählen können.

Wirksame Suizidprävention findet nicht im Rahmen kurzer und auf reine Information angelegter Beratungen statt. Sie basiert auf akzeptierenden und verstehenden Interaktionen. Zur Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung sollten deshalb psychotherapeutische Basiselemente verpflichtender Bestandteil der
Aus- und Weiterbildungscurricula von Gesundheits- und Sozialberufen werden.
Nicht zuletzt sei es wichtig festzuhalten, dass nicht jede psychisch erkrankte Person
suizidal und auch nicht jede suizidale Person psychisch erkrankt ist. Insbesondere
beim Umgang mit dem Thema der Suizidassistenz bestehe daher die Herausforderung darin, die Freiverantwortlichkeit der Entscheidung für alle Menschen sicherzustellen, ob psychisch krank oder nicht. Alternative Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten seien zu fördern und die Abwesenheit von abwendbarer Not, Zwang und/ oder Manipulation sei zu gewährleisten.

Quellen: Bundestag, BAGFW, Paritätischer Gesamtverband

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Hitzeschutz

In den vergangenen Jahren sind regelmäßig tausende Menschen an Hitze gestorben. Nach früheren Angaben der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, der Bundesärztekammer und des Deutschen Pflegerats starben 2022 insgesamt 4.500 Menschen hitzebedingt. Im Jahr 2018 mit einem besonders heißen Sommer seien es sogar 8.700 Hitzetote gewesen.

Das Gesundheitsministerium und das Umweltschutzministerium lud am 26.6.23 Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflege, der Ärzteschaft, der Kommunen sowie Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft zu einem Auftaktgespräch über einen nationalen Hitzeplan ein. Grundlage dafür ist ein Impulspapier. Ziel ist, Warnung und Reaktion bei Hitzewellen zu verbessern.

Ausgangssituation

Das Impulspapier beschreibt als Ausgangssituation, dass mit dem Klimawandel das Auftreten von Hitzewellen immer wahrscheinlicher geworden sei. Diese beeinflussten Gesundheit, Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit unserer
Gesellschaft. Deshalb müsse sich Deutschland für kommende Hitzewellen noch besser aufstellen. Jährlich führe Hitze nicht nur zu Todesfällen, sondern beeinflusse auch das Krankheitsgeschehen.

Ziele

Anknüpfend an Erfahrungen anderer Länder, die – wie Frankreich nach dem Hitzesommer 2003 – schon entsprechende Hitzeschutzpläne haben, sollen folgende Ziele verfolgt werden:

  1. Sensibilisierung der Bevölkerung sowie insbesondere der vulnerablen Gruppen zur
    Vornahme von Schutzmaßnahmen bei auftretenden Hitzeschutzwellen.
  2. Reduzierung und Vermeidung von Todesfällen sowie Abmilderung von
    Krankheitsverläufen.
  3. Auslösen von Interventions- und Kommunikationskaskaden (Auslösen von
    Schutzmaßnahmen) durch gezielte Information.
  4. Verbesserung und Verbreitung der wissenschaftlichen Evidenz.

Strategie

Die Strategie basiert auf folgenden 5 Bausteinen:

1. Nutzung des Hitzewarnsystems zum Standard machen. Das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist eine hervorragende Möglichkeit, auch über digitale Lösungen, Menschen vor bevorstehenden Hitzewellen zu warnen und könnte perspektivisch Grundlage für das Auslösen von Interventionskaskaden sein.

2. Früherkennung durch Monitoring verbessern. Das Robert Koch-Institut (RKI) erstellt im Auftrag des BMG im Zeitraum von Juni bis September 2023 erstmals aussagekräftige wöchentliche Auswertungen zur Übersterblichkeit durch Hitze in Deutschland. Die erste Auswertung wurde am 22. Juni 2023 auf der RKI-Website veröffentlicht: www.rki.de/hitzemortalitaet.

3. Hitzeschutzkampagne durch das BMG. Handlungswissen im Alltag zu fördern, ist ein wichtiger Schutzfaktor. Dies ist laienverständlich auf der Webseite www.klima-mensch-gesundheit.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufbereitet und wird systematisch erweitert.

4. Schutz vulnerabler Gruppen. Der Schutz vulnerabler Gruppen – wie Ältere, Kinder, Vorerkrankte, Pflegebedürftige, Alleinlebende, Menschen mit Behinderungen, Obdachlose – ist oberstes Ziel der Hitzeprävention.

5. Hitzeschutz auf Bundesebene institutionell verankern. Um Hitzeprävention und Hitzeschutz wirksam betreiben zu können, sind zahlreiche nichtadministrative Akteurinnen und Akteure einzubeziehen. Das BMG schlägt deswegen gemeinsam mit den Beteiligten des „Klimapakt Gesundheit“ und weiteren für den Hitzeschutz zentralen Akteuren eine „Konzertierte Aktion Hitze“ vor.

Notfall

Darüber hinaus braucht es für den Fall einer sehr intensiven, außergewöhnlichen Hitzewelle, z.B. mit Dürre, Trinkwasserknappheit, Überlastung von Krankenhäusern, Stromausfällen, Waldbränden übergreifende Lösungen und Reaktionsmöglichkeiten.

Quelle: BMG, RKI, BZgA

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