Hände eines alten Ehepaares

Sterbehilfe

Der Bundestag beschäftigt sich am 6. Juli 2023 mit verschiedenen Ansätzen zum rechtlichen Umgang mit der Suizidhilfe und dem selbstbestimmten Sterben. Drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe stehen nach 90-minütiger Debatte zur Abstimmung an.

Zu allen drei Gesetzentwürfen werden Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses erwartet.

Erster Gesetzentwurf

Der erstgenannte Gesetzentwurf der Gruppe um Dr. Lars Castellucci (20/904) sieht vor, dass die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ grundsätzlich strafbar sein soll. Nicht rechtswidrig soll jedoch die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe dann sein, wenn die suizidwillige Person „volljährig und einsichtsfähig“ ist, sich mindestens zweimal von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat untersuchen lassen und mindestens ein ergebnisoffenes Beratungsgespräch absolviert hat. 

Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung soll verboten sein, sachliche Informationen von Ärzten hingegen erlaubt. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Anwendung eines tödlich wirkenden Mittels als betäubungsmittelrechtlich begründet anzuerkennen.

Zweiter Gesetzentwurf

Der Entwurf der Gruppe um Katrin Helling-Plahr (20/2332) soll „das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ absichern und klarstellen, dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist“, wie es in der Begründung heißt. Dazu solle der vom Bundesverfassungsgericht dargebotene Normierungsspielraum genutzt werden, „um Menschen, die ernstlich sterben möchten und diesen Wunsch frei und eigenverantwortlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gebildet haben, ebenso wie Personen, die zur Hilfe bereit sind, einen klaren Rechtsrahmen zu bieten“.

Vorgeschlagen wird ein „Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende (Suizidhilfegesetz)“. Es sieht in Paragraf 1 vor, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Nach Paragraf 2 darf jeder dem Sterbewilligen „Hilfe leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten“. Eine Verpflichtung zur Hilfeleistung soll ausgeschlossen werden.

Dritter Gesetzentwurf

Sterbewillige sollen unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln erhalten. Das sieht der Gesetzentwurf einer fraktionsübergreifenden Gruppe um Renate Künast (20/2293) vor. Die Abgeordneten führen zur Begründung das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ an. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das 2015 beschlossene und im Paragraf 217 des Strafgesetzbuches geregelte „Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ deswegen für nichtig erklärt (2 BvR 2347/15).

„Über eine Beschränkung bestimmter – gefährlicher oder als anstößig bewerteter – Formen der Suizidhilfe kann angesichts der durch die Verfassung gesicherten Freiheit überhaupt nur und erst dann diskutiert werden, wenn die deutsche Rechtsordnung den Zugang zu angemessenen Hilfsmitteln für einen selbstbestimmten Tod im Übrigen klar gewährleistet“, schreiben die Abgeordneten.

Prävention

Die Bundearbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspfleg (BAGFW) fordert darüber hinaus eine Verbesserung der Suizid-Prävention.

Dazu seien aus Sicht der BAGFW dringend Maßnahmen im Bereich der Verbesserung der psychotherapeutischen und psychiatrischen Regelversorgung zu ergreifen sowie spezifische Regelungen zur Verbesserung der allgemeinen Suizidprävention voranzutreiben. Auch die weitere Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung müsse angegangen. Schwerkranke Menschen sollten neben der Option der Suizidassistenz künftig auch Alternativen für ein selbstbestimmtes und begleitetes Sterben im Rahmen der Hospiz- und Palliativversorgung kennen und wählen können.

Wirksame Suizidprävention findet nicht im Rahmen kurzer und auf reine Information angelegter Beratungen statt. Sie basiert auf akzeptierenden und verstehenden Interaktionen. Zur Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung sollten deshalb psychotherapeutische Basiselemente verpflichtender Bestandteil der
Aus- und Weiterbildungscurricula von Gesundheits- und Sozialberufen werden.
Nicht zuletzt sei es wichtig festzuhalten, dass nicht jede psychisch erkrankte Person
suizidal und auch nicht jede suizidale Person psychisch erkrankt ist. Insbesondere
beim Umgang mit dem Thema der Suizidassistenz bestehe daher die Herausforderung darin, die Freiverantwortlichkeit der Entscheidung für alle Menschen sicherzustellen, ob psychisch krank oder nicht. Alternative Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten seien zu fördern und die Abwesenheit von abwendbarer Not, Zwang und/ oder Manipulation sei zu gewährleisten.

Quellen: Bundestag, BAGFW, Paritätischer Gesamtverband

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