Mittagessen in der WfbM

Im Jahr 2019 erschien hier eine 19-teilige Artikelserie Beiträge zum Bundesteilhabegesetz. In Teil 10 der Reihe ging es um die Soziale Teilhabe.

Gesetzeslage

Bestandteil der Sozialen Teilhabe ist nach § 113 Abs. 4 SGB IX auch die Gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Allerdings übernimmt die Soziale Teilhabe der Eingliederungshilfe nicht den Warenwert eines Mittagessens, sondern nur die erforderliche sächliche Ausstattung, die personelle Ausstattung und die erforderlichen betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.

Die reinen Verpflegungskosten dagegen gehören zu den existenzsichernden Leistungen und werden für Bezieher von Grundsicherungsleistungen (SGB XII, SGB II) pauschal als Mehrbedarf erstattet, zur Zeit 3,57 Euro pro Mittagessen.

70 Euro im Monat

Schwierig wird es für langjährige Mitarbeiter in der WfbM, die zusätzlich zu dem (geringen) Werkstattentgelt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen und damit – meistens knapp – die Einkommensgrenze für die Grundsicherung (im Alter und bei Erwerbsminderung) überschreiten. Sie müssen monatlich etwa 70 Euro für Verpflegung in der WfbM selber bezahlen.

Klage beim LSG

Dagegen hat ein Betroffener beim Landessozialgericht Baden Württemberg geklagt und ist am 17. März 2022 mit seiner Klage gescheitert. Sowohl das SG als auch das LSG bewerten die Kosten des Mittagessens als existenzsichernde Leistungen. Sie stellten keine Leistungen dar, die im Rahmen der Eingliederungshilfe zu erbringen seien. Das Mittagessen sei nach dem Willen des Gesetzgebers kein Bestandteil der Eingliederungshilfeleistungen, soweit die Kosten des Mittagessens die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42b Abs. 2 Satz 3 SGB XII nicht überschreiten. Lediglich für den Fall, dass die Kosten für die Herstellung und Bereitstellung hierdurch nicht gedeckt würden, seien sie der Eingliederungshilfe zuzuordnen. In diesem speziellen Fall seien aber die kompletten Kosten vom pauschalierten Mehrbedarfsbetrag gedeckt.

Nur wenn es mehr kostet, übernimmt die Eingliederungshilfe

Auch das Argument, dass ja in den 3,57 Euro auch die Kosten für die sächliche und personelle Ausstattung enthalten seien, die dem Kläger somit als Eingliederungshilfeleistung zu erstatten seien, hatte keinen Erfolg. Nur, wenn aus dem Mehrbedarf nicht alle über den Warenwert hinausgehenden Kosten für die Zubereitung und Bereitstellung gedeckt werden können, sei der ungedeckte Teilbetrag von der Eingliederungshilfe zu übernehmen.

Revision möglich

Das Landessozialgericht hat eine Revision beim Bundessozialgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Quellen: LSG Baden Württemberg, FOKUS-Sozialrecht

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Wenn die Rentenerhöhung zu weniger Geld führt

Viele Rentner*innen werden sich Ende Juli über die kräftig gestiegene Rente freuen, auch wenn die Freude natürlich getrübt ist, weil die hohe Inflation die Rentenerhöhung wieder auffrisst. Aber immerhin, besser als gar nichts.

Keine Erhöhung für Bezieher*innen von Grundrente

Gar nichts davon, von der Rentenerhöhung, haben allerdings die Rentner*innen, die ihre geringe Rente mit der Grundsicherung aufstocken müssen, um über die Runden zu kommen. Um Grundsicherung zu bekommen, wird der Bedarf festgestellt, von dem die Einnahmen, also die Rente abgezogen werden. Der Bedarf enspricht bei einer allein lebenden Renterin der Höhe des maßgebenden Regelsatz nach den Regelbedarfsstufen, also 449 Euro. Dazu kommen die Kosten für das Wohnen. Hat also unserer Rentnerin Wohn- und Heizkosten von 451 Euro, liegt der Bedarf bei 900 Euro. Da sie eine Rente von 800 Euro bezieht, hat sie Anspruch auf 100 Euro Grundrente. Insgesamt stehen ihr also 900 Euro monatlich zur Verfügung.

Mit der Rentenerhöhung steigt die Rente auf 843 Euro, gleichzeitig sinkt aber der Anspruch auf Grundrente auf 57 Euro. Somit bleibt es bei monatlichen 900 Euro.

Verlust im Juli

Dazu kommt noch ein Verlust im Monat Juli, der mit dem Auszahlungsystem der Renten zusammenhängt. Renten werden immer Ende des Monats ausgezahlt, die Rente für Juni ist also praktisch der Lebensunterhalt für den Juli, entsprechend kann man die höhere Rente für den Juli erst im August ausgeben.

Für die Anrechnung bei der Grundsicherung zählt aber der Rentenbetrag, der im gleichen Monat ausgezahlt wird, auch wenn es erst der letzte Tag im Monat ist. Das bedeutet für unsere Beispielrentnerin, dass sie im Juli mit der Rente von 800 Euro, ausgezahlt am 30. Juni, plus 57 Euro Grundsicherung auskommen muss, weil hier schon der höhere Rentenbetrag vom 31. Juli angerechnet wird, den sie ja noch gar nicht hat. Also hat sie im Juli nur 857 Euro zur Verfügung.

Es gibt auch keinen Ausgleich dafür. Im August bekommt sie wieder 900 Euro, als sei nichts geschehen.

Sonderregelung wurde gestrichen

Bis zum 1. Januar 2016 galt eine Sonderregelung, nach der Änderungen, die zum Nachteil von leistungsberechtigten Personen führen, erst ab dem Folgemonat greifen. Diese wurde gestrichen.

Der VDK machte auf diesen Missstand aufmerksam und fordert eine Wiedereinführung dieser Regelung.

Quelle: VDK, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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Rehabilitations-Richtlinie

Seit Freitag, den 1. Juli 2022 ist die Anpassung der Rehabilitations-Richtlinie in Kraft. Dies teilte der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Pressemitteilung mit.

Damit wird für Patientinnen und Patienten der Zugang zu Rehabilitationsleistungen erleichtert. Das betrifft

  • den Zugang zur geriatrischen Rehabilitation und
  • Anschlussrehabilitationen nach einem Krankenhausaufenthalt.

Geriatrische Rehabilitation

Verordnen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte künftig Versicherten ab 70 Jahren eine geriatrische Rehabilitation, prüfen gesetzliche Krankenkassen nicht mehr, ob die Maßnahme medizinisch erforderlich ist. Damit dieses schlanke Verfahren greifen kann, überprüfen die Vertragsärztinnen und -ärzte anhand festgelegter Kriterien den medizinischen Bedarf der geriatrischen Rehabilitation und machen auf der Verordnung die rehabilitationsbegründenden Angaben.

Zu den erforderlichen Angaben gehören neben dem Alter der Patientin oder des Patienten Informationen zur medizinischen Diagnose (rehabilitationsbegründende Funktionsdiagnose) sowie zu den körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen – denn diese haben Auswirkungen auf die Aktivitäts- und Teilhabemöglichkeiten der Betroffenen. Fachleute sprechen hier von sogenannten geriatrietypischen Diagnosen. Mit zwei Funktionstests müssen diese Diagnosen durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt überprüft und auf der Verordnung dokumentiert werden.

Anschlussrehabilitation

In einigen Fällen entfällt zukünftig eine Vorab-Überprüfung der Krankenkassen, ob eine medizinische Erforderlichkeit vorliegt.

Zum Beispiel bei erheblichen funktionalen Einschränkungen der Patientinnen und Patienten, die bereits vor einer stationären Behandlung bestehen und bei denen der Krankenhausaufenthalt oft mit schweren Verläufen und/oder Komplikationen einhergeht. Zu den dafür in Frage kommenden Fallkonstellationen gehören z. B.

  • Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufsystems,
  • Krebserkrankungen,
  • Behandlungen des Bewegungsapparats,
  • der Atmungsorgane und
  • neurologische Erkrankungen. 

Nach dem Willen des Gesetzgebers wird somit der Zugang zu einer Anschlussrehabilitation für Patientinnen und Patienten erleichtert. Grundvoraussetzung bleibt, dass bei den Versicherten die Voraussetzungen für eine Rehabilitation (Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit, -ziele und positive Rehabilitationsprognose) vorliegen.

Richtlinie

Unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Verfahren Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der ambulanten Versorgung für gesetzlich Versicherte verordnet werden können, regelt die Rehabilitations-Richtlinie des G-BA.

Mit dem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV‑IPReG) hatte der G-BA den Auftrag erhalten, bis Ende 2021 die geriatrische Rehabilitation zu stärken sowie einen schnelleren Zugang zu einer Anschlussrehabilitation zu ermöglichen. Bereits im Gesetz war vorgegeben, dass der G-BA Details zur Auswahl und zum Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente definieren (§ 40 Absatz 3 Satz 2 SGB V) soll. Ebenso sollte er jene Fälle festlegen, in denen Anschlussrehabilitation erbracht werden kann, ohne dass eine gesetzliche Krankenkasse vorab überprüft (§ 40 Absatz 6 Satz 1 SGB V).

Quelle: G-BA

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