Für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung stellt der Aufenthalt in einem Krankenhaus eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Dazu gab es hier im Juni einen Beitrag. Anlass war ein Positionspapier zur Assistenz für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus, herausgegeben von den Fachverbänden der Behindertenhilfe.
Entschließungsantrag
Am 6.11.2020 hat der Bundesrat das Thema mit einem Entschließungsantrag aufgegriffen. Der Bundesrat fordert darin die Bundesregierung auf, eine Klärung der Kostenübernahme für Assistenzkräfte im Krankenhaus sowie in Rehabilitationsmaßnahmen für behinderte Menschen herbeizuführen und eine entsprechende Änderung oder Ergänzung des SGB V beziehungsweise des SGB IX vorzunehmen.
Assistenzleistung im Arbeitgebermodell
Derzeit stellt sich die Situation so dar, dass lediglich Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer, die ihre Assistenz über das Arbeitgebermodell sicherstellen, ihre Assistenzleistung während eines Krankenhausaufenthaltes oder einer Rehabilitationsmaßnahme weiter erhalten (§ 63b Absatz 3 und 4 SGB XII).
Dies hängt damit zusammen, dass die Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer ihren Beschäftigten nicht während eines vorübergehenden Krankenhausaufenthaltes kündigen können – die Bezahlung läuft also weiter. Die Anzahl der Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer mit Arbeitgebermodell ist sehr klein (im Bundesgebiet etwa 500).
Trägergesteuerten Assistenzleistungen
Anders stellt es sich bei der weitaus größeren Gruppe der Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer mit trägergesteuerten Assistenzleistungen über einen Leistungsanbieter oder einen Pflegedienst dar. Es wird nur die tatsächlich erbrachte Leistung finanziert. In den Besonderen Wohnformen sowie den ambulanten Wohnangeboten der Behindertenhilfe ist eine generelle Begleitung der Assistenzkräfte während eines Krankenhausaufenthaltes in der SGB IX-Leistung generell nicht vorgesehen. Bei Bedarf erfolgt die Begleitung punktuell durch Angehörige oder Assistenzkräfte, wobei die Finanzierung in den Einzelfällen unklar ist.
Finanzierung durch die Krankenversicherung ?
Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die Finanzierung der Assistenzleistungen während eines Krankenhausaufenthaltes aus SGB V-Leistungen erfolgt – unabhängig davon, wer im Einzelfall die Assistenz leistet (Pflegepersonal aus dem Krankenhaus, Unterstützungsbegleitung aus der Besonderen Wohnform, Angehörige oder andere Formen). Dabei sollte unbeachtet bleiben, ob es sich um pflegerische Assistenzleistungen oder sonstige behinderungsbedingte Assistenzleistungen handelt. Auch eine stundenweise Assistenz sollte ermöglicht und finanziert werden, wenn eine Mitaufnahme ins Krankenhaus nicht erforderlich ist. Dieses könnte auch in Ergänzung des Pflegepersonals im Krankenhaus ausreichend, gleichfalls aber erforderlich sein.
Eindeutige Zuordnung der Kosten fehlt
Leistungserbringer in der Behindertenhilfe schließen in Einzelfällen Vereinbarungen mit Krankenhäusern zu Assistenzleistungen ab. In den Fällen werden Assistenzleistungen aus den Wohneinrichtungen organisiert, aber vom Krankenhaus finanziert – und nicht aus der Eingliederungshilfe. Hier sind die Leistungserbringer immer auf das Wohlwollen der Krankenhäuser angewiesen. Es
bedarf daher einer gesetzlich eindeutigen Zuordnung der Kosten. Die Leistungserbringer in der Behindertenhilfe kennen – gerade bei kognitiv beeinträchtigten Menschen – die Bedarfe und die Art der Kommunikation mit ihnen.
Schulung des Pflegepersonals
Parallel zur Klärung der finanziellen Zuständigkeit ist die Schulung des Pflegepersonals in den Krankenhäusern auszubauen, damit sie den Umgang mit geistig behinderten, demenziell erkrankten, suchtkranken sowie psychisch erkrankten Menschen besser kennenlernen.
Abzugrenzen ist der Assistenzbedarf im Krankenhaus von behinderten Patienten zu pflegebedürftigen Menschen in und außerhalb von Pflegeheimen. Eine Konkretisierung in den Sozialgesetzbüchern für die Assistenzen im Krankenhaus und in den Rehabilitationsmaßnahmen ist erforderlich, um den besonderen Belangen der behinderten Menschen Rechnung zu tragen.
Quelle: Bundesrat
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