Frau Intensivstation

Intensivpflege – überarbeitete Kabinettsvorlage

Nach massiven Protesten von Betroffenen und Verbänden ist das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPREG noch einmal überarbeitet worden und im Kabinett beschlossen.

Neuer Entwurf

In den ursprünglichen Fassungen sollte die heimische Intensivpflege zur Ausnahme werden, weil dort in der Regel keine bestmögliche Versorgung gewährleistet werde. Der neue Entwurf enthält nun keine strikte Vorgabe mehr, wonach die außerklinische intensivmedizinische und pflegerische Versorgung von Patientinnen und Patienten im Regelfall in einer stationären Pflegeeinrichtung erfolgen muss, lässt es den Spielraum für Krankenkassen und Medizinischen Dienst dennoch weit offen, über den Lebensort der Betroffenen – auch gegen deren Wünsche – zu entscheiden.

Missbrauchsfälle in Intensiv-Pflege-WGs

Betroffene und deren Versorgungsort sollen aber jährlich durch den Medizinischen Dienst begutachtet werden. Begründet wird dies mit tatsächlich aufgedeckten Missbrauchsfällen in Intensiv-Pflege-WGs. Darauf beruft sich das Gesundheitsministerium in der Gesetzesbegründung. So habe beispielsweise eine Überprüfung von insgesamt 905 ambulanten
Pflegediensten, die mindestens einen Versicherten Rund-um-die-Uhr, d.h. mit spezieller Krankenbeobachtung versorgen, u.a. ergeben, dass bei 20 Prozent der Personen, bei denen durch einen ambulanten Pflegedienst die spezielle Krankenbeobachtung durchgeführt wurde, die Versorgung nicht sachgerecht gewesen sei. Es seien beispielsweise Schwellenwerte von Vitalparametern nicht dokumentiert, bei denen behandlungspflegerische Interventionen erfolgen müssen, Alarmgrenzen für die transkutane Sauerstoffsättigungsmessung seien nicht korrekt eingestellt, Verlaufskontrollen hinsichtlich Bewusstseinszustand, Beobachtung auf Ödeme, Schlafqualität, Atemgasbefeuchtung, Körpergewicht, Muskulatur, Bilanzierung seien nicht durchgeführt worden. Immer wieder gibt es auch Berichte, dass Patienten wegen der finanziellen Anreize länger künstlich beatmet worden seien als unbedingt nötig.

Pflege zu Hause – unter MD-Beobachtung

Insofern macht eine regelmäßige Überprüfung von Intensiv-Pflege-WGs im Interesse der Betroffenen wohl Sinn. „Weshalb jedoch der Medizinische Dienst künftig auch über die Situation von Menschen in ihrer Häuslichkeit beurteilen muss, und die Kasse anschließend entscheiden kann, ob diese Menschen weiterhin zuhause leben dürfen oder nicht, ist nicht plausibel“, schreibt der Paritätische Gesamtverband. In der Häuslichkeit gelte auch für Menschen mit Intensivpflege-Bedarf zunächst das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Meist seien es in der Häuslichkeit Angehörige, z. B. Ehepartnerinnen und Ehepartner, Mütter und Väter, die sich um das bestmögliche Versorgungssetting der betroffenen Menschen kümmerten, sich den bürokratischen Herausforderungen stellten und darüber hinaus persönlich sehr um das körperliche und seelische Wohl der Betroffenen bemüht seien. Es sei nicht begreifbar, weshalb in diesem Setting künftig die Kasse über die Verlegung der Betroffenen in ein stationäres Pflegeheim entscheiden dürfe.

Weitere wesentliche Regelungen

Bei der Diskussion um diesen Gesetzes-Knackpunkt sollten die anderen wichtigen Punkte des Gesetzes nicht vergessen werden:

  • Es wird ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege in das SGB V (§ 37c) aufgenommen. Nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte dürfen außerklinische Intensivpflege verordnen.
  • Eigenanteile der Pflegebedürftigen von bis zu 3000 Euro im Monat in stationären Einrichtungen sollen weitgehend von den Kassen übernommen werden.
  • Krankenhäusern und Heimen wird für die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung eine spezielle Vergütung in Aussicht gestellt. Beim Verzicht auf einen Entwöhnungsversuch drohen hingegen Abschläge.
  • Der Zugang zu einer geriatrischen Rehabilitation soll nach vertragsärztlicher Verordnung ohne Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit durch die Krankenkasse erfolgen können um das Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen.
  • Anschlussrehabilitationen sollen in bestimmten, vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu definierenden Fällen ohne vorherige Überprüfung der Krankenkasse erbracht werden können.

Quellen: Bundesregierung, Paritätischer Gesamtverband

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