Regelbedarfe 2019 und Kritik

Ermittlung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII

Grundlage für die Regelbedarfsermittlung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Die EVS liefert statistische Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland, insbesondere über deren Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben.
In Jahren, für die keine Neuermittlung von Regelbedarfen nach § 28 SGB XII erfolgt, wird eine Fortschreibung der Regelbedarfsstufen vorgenommen.
Die Höhe der jährlichen Fortschreibung der Regelbedarfsstufen ergibt sich aus der Berücksichtigung der Veränderungsraten zweier Größen, nämlich der Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen einerseits und der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer andererseits (§ 28a SGB XII). Die aktuelle Berechnung ergibt eine Erhöhung um 2,02%. Danach müsste der Regelsatz 2019 für alleinstehende Erwachsene von 416 Euro auf 424 Euro steigen.

Tatsächlich hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dies laut Reuters am 11.9.2018 verkündet. Es werde eine Erhöhung für Erwachsene im Regelsatz um acht Euro geben, für den Regelsatz für Kinder um sechs. Das Kabinett solle die Verordnung zur jährlichen Anpassung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende am Mittwoch nächster Woche billigen.

Kritik des Paritätischen Wohlfahrtsverbands

Unterdessen fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Anhebung auf der Regelsätze für Erwachsene auf mindestens 571 Euro. Darüber hinaus fordert der Verband die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung. Dies ergibt sich aus einer Expertise der Paritätischen Forschungsstelle.

„Der jetzige Regelsatz ist das Ergebnis manipulativer Eingriffe in die statistischen Berechnungen, kleinlicher Missgunst und armutspolitischer Ignoranz. Ohne jegliche Korrektur werden die viel zu niedrigen Regelsätze nun schlicht entsprechend der Preis- und Lohnentwicklung fortgeschrieben. Mit diesen Armutssätzen wird die Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

 

Quelle: Solex, Reuters, der paritätische

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Gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei der Kontrolle der Betreuungsführung?

In seiner nicht öffentlichen Sitzung am 12. September 2018 hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einstimmig beschlossen, eine Petition zum Thema Betreuungsrecht dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben „soweit die Kontrolle der Betreuungsführung angesprochen wird“.

Der Petitionsausschuss unterstützt dabei in seinem Beschluss Forschungsvorhaben, auf deren Grundlage geprüft werden kann, ob bei der Kontrolle der Betreuungsführung gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden laut der Vorlage auch die verschiedenen Instrumente zur Ausübung der Aufsicht und Kontrolle durch die Betreuungsgerichte untersucht.

Bei anderen in der Petition aufgeführten Punkten sah der Ausschuss hingegen keinen Handlungsbedarf. Dazu gehört

  • die Abschaffung der pauschalierten Abrechnung von Betreuungsarbeit,
  • die Bestellung eines Ersatzbetreuers bei Abwesenheit des amtlich bestellten Vertreters,
  • die Begrenzung der Zahl der Betreuten bei Betreuungsvereinen sowie
  • die Kontrolle der Betreuungsvereine durch externe Revision.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung schreibt der Petitionsausschuss, die Vergütungspauschalierung diene dem Abbau von Zeit- und Personalaufwand und solle auch den Betreuten zugutekommen. Dabei werde durch ein aktuelles Forschungsvorhaben das bestehende Vergütungssystem überprüft und gegebenenfalls die Möglichkeit alternativer Systeme untersucht. Ein darüber hinausgehender Handlungsbedarf sieht der Petitionsausschusses derzeit als nicht gegeben an.

Eine generelle Pflicht zur Bestellung eines Ersatzvertreters ist nach Ansicht des Ausschusses nicht angezeigt. Schon jetzt hätten Betreuungsgerichte die Möglichkeit, im Einzelfall einen Ersatzvertreter zu bestellen.

Weiter heißt es in der Beschlussempfehlung, eine generelle zahlenmäßige Begrenzung der von einem Betreuer geführten Betreuungen sei derzeit nicht vorgesehen, da die Zahl der ohne Qualitätseinbuße leistbaren Betreuungen sehr vom Einzelfall abhänge. Berufsbetreuer mit Mitarbeitern könnten nach Ansicht der Abgeordneten generell mehr Betreuungen leisten als Berufsbetreuer ohne Mitarbeiter, da sie beispielsweise Buchhaltungsaufgaben an Mitarbeiter übertragen könnten.

Der Petitionsausschuss verweist zugleich auf das Forschungsvorhaben „Qualität der rechtlichen Betreuung“, welches empirische Erkenntnisse unter anderem darüber liefern soll, ob und gegebenenfalls welche strukturellen Qualitätsdefizite in der beruflichen Betreuung vorliegen und auf welche Ursachen diese zurückgeführt werden könnten. Es werde dabei auch untersucht, ob Berufsbetreuern die notwendige Zeit für die einzelne Betreuung zur Verfügung steht und mit welchen Maßnahmen verhindert werden kann, „das Berufsbetreuern in einem solchen Umfang Betreuungen übertragen werden, dass sie die Anforderungen an eine qualitätsvolle Betreuung, welche das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten in den Mittelpunkt stellt, nicht mehr erfüllen können“.

Quelle: Heute im Bundestag, Nr. 656

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Rechengrößen in der Sozialversicherung 2019

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 6.9.2018 den Referentenentwurf zur Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2019 vorgelegt. Die Rechengrößen werden jedes Jahr gemäß der Einkommensentwicklung angepasst. Maßgebend für 2019 ist das Jahr 2017. Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung zählen die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer. So gab es 2017 eine Steigerung

  • im Bundesgebiet um 2,52 Prozent,
  • in den alten Bundesländern um 2,46 Prozent und
  • in den neuen Bundesländern um 2,83 Prozent.

Bezugsgröße

  • 2018: 3.045 Euro pro Monat
  • 2019: 3.115 Euro pro Monat

Die Bezugsgröße ist unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblich. Außerdem ist sie bei der Berechnung von Hinzuverdienstgrenzen bei den Renten, bei der Errechnung der Belastungsgrenzen bei der Zuzahlung in der Krankenversicherung, bei Zuschüssen der Kassen zu ambulanten Hospizdiensten und vieles mehr wichtig.

Beitragsbemessunggrenzen

Beitragsbemessungsgrenze (West) in der allgemeinen Rentenversicherung:

  • 2018: 6.500 Euro pro Monat
  • 2019: 6.700 Euro pro Monat

Beitragsbemessungsgrenze (Ost) in der allgemeinen Rentenversicherung:

  • 2018: 5.800 Euro pro Monat
  • 2019: 6.150 Euro pro Monat

Beitragsbemessungsgrenze (bundeseinheitlich) in der gesetzlichen Krankenversicherung:

  • 2018: 4.425 Euro pro Monat
  • 2019: 4.537,50 Euro pro Monat

Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze):

  • 2018: 59.400 Euro pro Jahr
  • 2019: 60.750 Euro pro Jahr

Durchschnittsentgelt Rentenversicherung

Das Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung für das Jahr 2017 beträgt laut Referentenentwurf 37.077 Euro. Das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Jahr 2019 beträgt 38.901 Euro.

Zustimmung des Bundesrats

Bevor die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet wird, muss sie von der Bundesregierung beschlossen werden und der Bundesrat muss anschließend zugestimmt haben.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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Abstufung zwischen krank und arbeitsfähig?

Arbeitsminderungsbescheinigung

Laut Handelsblatt und Haufe-Online schlägt der Marburger Bund eine Zwichenlösung zwischen Krankschreibung und hundertprozentiger Arbeitsfähigkeit vor. Diese neue Form soll Arbeitsminderungsbescheinigung heißen. Diese würde eine vorübergehende Minderung der Arbeitsfähigkeit bescheinigen. Damit könnten Ärzte verordnen, dass der Arbeitnehmer zwar krank sei, aber einige wenige Stunden, je nach Fall, am Tag arbeiten könne.
Dies würde insbesondere bei psychischen Störungen, etwa Depressionen, die Gefahr einer sozialen Isolation deutlich mindern. Es blieben der Kontakt mit den Kollegen und Kolleginnen und eine Tagestruktur erhalten.

schnellere Genesung möglich

Der Vorsitzende des Marburger Bundes Rudolf Henke hält sogar eine schnellerer Genesung für denkbar, wenn die erkrankten Arbeitnehmer nicht so lange dem Arbeitsprozess fernblieben. Gerade bei psychischen Erkrankungen könnten lange Krankschreibungen die Symptome der Krankheit noch verstärken. Oft käme auch noch Angst um den Arbeitsplatz dazu.

Ob auch bei anderen Krankheiten, die nicht psychischer Natur sind, ähnliche Regelungen sinnvoll sind, müsste noch diskutiert werden.

Arbeiten trotz AU

Geltende Regelung ist, dass Arbeitnehmer, die krank sind, unverzüglich ihren Arbeitgeber darüber informieren und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen, wenn die Krankheit länger als drei Kalendertage dauert.
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist allerdings kein Arbeitsverbot. Wenn der Arbeitnehmer meint, er könne trotz AU arbeiten, so kann er das auch tun, kann aber dann nicht verlangen, dass seine Arbeitszeit für die Dauer der AU gekürzt wird.
Der Versicherungsschutz bleibt sowohl in der Krankenversicherung als auch in der Unfallversicherung entgegen landläufiger Meinung voll erhalten, wenn jemand mit einer AU zur Arbeit geht. Allerdings hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den „kranken“ Arbeitnehmer nach Hause zu schicken, wenn er der Ansicht ist, dass der Arbeitnehmer damit sich oder andere gefährde.

Quellen: Handelsblatt, Haufe, Arbeitsrechte.de

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Unterbringungssachen: Aktuelle Rechtsprechung des BGH im Jahr 2018 – Update

Beschlüsse und Urteile des 12. Senates des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2018 zu Unterbringungssachen.

Update: Entscheidungen vom 15. August 2018 eingefügt.

Über die Verlinkung gelangen Sie zum Volltext der Entscheidung. Unterbringungssachen: Aktuelle Rechtsprechung des BGH im Jahr 2018 – Update weiterlesen

Dynamisierung der Einkommensgrenze für Minijobs

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat dem Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Dynamisierung der Einkommensgrenze für Minijobs und für Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone vorgelegt (BundesratsDrucksache 419/18).

Starre Entgeltgrenze

Die starre Entgeltgrenze von 450 Euro ermögliche es geringfügig Beschäftigten nur, eine bestimmte Anzahl von Stunden zu arbeiten. Durch die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns reduzierten sich diese Stunden stetig. Konnten geringfügig Beschäftigte im Januar 2015 noch knapp 53 Stunden im Monat zum damals geltenden Mindestlohn von 8,50 Euro arbeiten, seien es seit 2017 nur noch rund 51 Stunden. Weitere Anhebungen des gesetzlichen Mindestlohns worden die mögliche Arbeitsleistung weiter reduzieren. So die Landesregierung in ihrere Begründung.

Kopplung an den Mindestlohn

Dieser Entwicklung will sie entgegen wirken, indem die Geringfügigkeitsgrenze an die Entwicklung des Mindestlohns gekoppelt werden soll.
Der Vorschlag lautet: Statt von 450 Euro soll statt dessen das 53fache des aktuell geltenden Mindestlohns die Rede sein. Das würde bedeuten, dass bei der geplanten Erhöhung des Mindestlohns
  • im Jahr 2019 auf 9,19 Euro die Geringfügigkeitsgrenze auf 487,07 Euro und
  • im Jahr 2020 auf 9,35 Euro die Geringfügigkeitsgrenze auf 495,55 Euro stiege.

Der Entwurf greift auch die geplante Ausweitung der Gleitzone, die dann Einstiegsbereich heißen soll, auf. Danch sollen Midijobber im Rahmen des Einstiegsbereichs zwischen 450 und 1300 Euro verdienen können. Hier lautet der Vorschlag, dass nunmehr nicht von der Obergrenze 1300 Euro gesprochen wird, sondern von dem 148fachen des aktuell geltenden Mindestlohns. Damit läge die Obergrenze der Midijobs

  • im Jahr 2019 bei 1360,12 Euro,
  • im Jahr 2020 bei 1383,80 Euro.

Mehrkosten für die Rentenversicherung

In der Vorstellung des Gesetzesentwurfes heißt es, der allgemeinen Rentenversicherung würden aufgrund der Ermittlung von Entgeltpunkten für Beschäftigte in der Gleitzone nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt Kosten von ca. 200 Mio. Euro jährlich entstehen.

Über den Gesetzesentwurf soll am 21.September 2018 im Bundesrat beraten werden.

Quelle: BundesratsDrucksache 419/18

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Qualifizierungschancengesetz

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Referentenentwurf für das Qualifizierungschancengesetz vorgelegt, dass das Bundeskabinett am 19.September verabschieden soll.

  • In dem Paket wird die Senkung des Arbeitslosenbeitrags geregelt.
  • Zugleich soll die Weiterbildungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, die bisher auf Ältere und Geringqualifizierte zugeschnitten ist, für alle Beschäftigten geöffnet werden.
  • Außerdem soll das Gesetz dafür sorgen, dass kurzzeitig Beschäftigte leichter Arbeitslosengeld beziehen können. Ein Anspruch soll künftig schon dann entstehen, wenn sie innerhalb von 30 Monaten zwölf Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben. Bislang betrug die sogenannte Rahmenfrist zwei Jahre.

Die Änderung bei der Rahmenfrist soll zum 1.1.2020 in Kraft treten, alles andere schon zum 1.1.2019.

Senkung des Arbeitslosenbeitrags

Der Beitragssatz zur Arbeitsförderung wird zum 1. Januar 2019 auf 2,6 Prozent gesenkt. Der Ausgleich des Haushalts der Bundesanstalt für Arbeit ist mit einer Beitragssenkung in dieser Höhe bei weiterhin positiver Wirtschaftsentwicklung auch bei einer Erweiterung der Aufgaben der BA im beschriebenen Sinne nicht gefährdet. Die gute Wirtschaftslage erlaubt eine darüberhinausgehende befristete Absenkung des Beitrags um weitere 0,1 Prozentpunkte. Dies wird durch eine gesonderte Verordnung der Bundesregierung umgesetzt, die ebenfalls zum 1. Januar 2019 in Kraft tritt und bis zum Ende des Jahres 2022 befristet ist. Übersteigt die Rücklage nach der Absenkung dauerhaft 0,65 Prozent des BIP um einen Betrag, der mehr als 0,1 Prozentpunkte des Beitragssatzes entspricht, wird von der Verordnungsermächtigung erneut Gebrauch gemacht.
Das heißt also: Der Beitrag wird auf 2,5% bis Ende 2022 gesenkt. Wenn es die wirtschaftliche Situation zulässt, bleibt es danach dabei; wenn nicht, steigt der Beitrag wieder auf 2,6%.

Quellen: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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