Aktuelle Umfragen zur Pflegesituation

Die gegenwärtige Lage der deutschen Langzeitpflege ist durch eine akute Finanzkrise der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) und einen tiefgreifenden Vertrauensverlust in der Bevölkerung gekennzeichnet. Zwei aktuelle Berichte, der DAK-Pflegereport 2025 und eine Umfrage des Paritätischen Gesamtverbands, belegen diesen Reformdruck, schlagen jedoch unterschiedliche Wege zur Bewältigung der Krise vor: die DAK setzt auf Stabilisierung und Effizienzsteigerung, während der Paritätische einen grundlegenden Systemwechsel fordert.

Ergebnisse des DAK-Pflegereports 2025 (aktuelle Umfrage)

Der DAK-Pflegereport 2025 diagnostiziert eine kritische und unmittelbare Finanznot in der SPV. Aktuelle Berechnungen zeigen für 2025 ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro, das sich 2026 voraussichtlich auf 3,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln wird. Die aktuelle Beitragssatzerhöhung wird als völlig unzureichend beurteilt, um den steigenden Bedarf zu decken. Die Bevölkerung reagiert mit großem Reformbedarf (fast 80 Prozent) und massivem Vertrauensverlust (85 Prozent sehen zu geringe politische Priorisierung). Ein besonders alarmierendes Ergebnis ist die Befürchtung von 92 Prozent der Befragten, gute Pflege werde vom eigenen Vermögen abhängen. Zur Bewältigung fordert die DAK einen Zwei-Stufen-Plan: kurzfristig die Rückzahlung von 5,2 Milliarden Euro an Coronahilfen zur Stabilisierung, gefolgt von einer Strukturreform. Letztere setzt auf das Konzept „Pflegestützpunkt Plus“, welches Care und Case Management zur Sicherstellung einer koordinierten, lokalen Versorgung vorsieht.   

Umfrageergebnisse des Paritätischen zur Pflegevollversicherung

Der Paritätische Gesamtverband, als Teil eines Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung, hebt die systemimmanente Kostenlücke der aktuellen Teilleistungsversicherung hervor, die Pflegebedürftige in die Armut treibt. Hohe Eigenanteile, die allein für die pflegerische Versorgung rund 1600 Euro betragen können, führen dazu, dass mehr als ein Drittel aller Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen ist. Die Umfrage des Bündnisses belegt einen überwältigenden gesellschaftlichen Wunsch nach einer grundlegenden Wende: Eine deutliche Mehrheit von 65 Prozent der Bevölkerung spricht sich für den Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung aus, die sämtliche Pflegekosten übernimmt. Dieses Modell soll sicherstellen, dass der Zugang zu notwendiger und qualitativ hochwertiger Pflege ausschließlich vom Bedarf abhängt und nicht von der persönlichen Finanzkraft oder dem Vermögen.   

Vergleich der Umfragen

Beide Berichte sind sich in der Diagnose der Krise einig: Die SPV ist finanziell instabil, und die Bürger empfinden eine tiefe Verunsicherung bezüglich der Bezahlbarkeit und Qualität der Pflege. Die DAK-Ergebnisse, die zeigen, dass 92 Prozent der Menschen befürchten, gute Pflege sei vermögensabhängig , spiegeln direkt das systemische Problem wider, das der Paritätische durch die steigende Sozialhilfeabhängigkeit (über ein Drittel der Heimbewohner) aufzeigt. Der Kernunterschied liegt im Lösungsweg. Während die DAK primär eine Stabilisierung der Kassenlage (Rückzahlung von 5,2 Milliarden Euro) und eine Effizienzsteigerung durch strukturelle Optimierung (Pflegestützpunkt Plus) anstrebt , manifestiert die Umfrage des Paritätischen den öffentlichen Wunsch nach einem fundamentalen Systemwechsel. Die 65-prozentige Mehrheit für die Pflegevollversicherung  indiziert, dass strukturelle Anpassungen allein nicht als ausreichend erachtet werden, solange die existenzbedrohenden Eigenanteile nicht beseitigt sind.

Quellen: DAK, Paritätischer Gesamtverband, Tagesspiegel-Background

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Bundesrat fordert Reform der Pflegeversicherung

Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 auf Initiative der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Bremen, Saarland und Hamburg eine Entschließung zur Reform der Pflegeversicherung gefasst.

Gesetzliche Pflegeversicherung unter Druck

Die gesetzliche Pflegeversicherung gerate durch den demografischen Wandel, einige in der Vergangenheit verabschiedete Gesetze, wie das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz, sowie allgemein steigende Kosten zunehmend unter Druck, heißt es in der Entschließung. Auf der einen Seite gebe es steigende Ausgaben, die unter anderem durch eine höhere Zahl an Pflegebedürftigen verursacht werden. Dem gegenüber stünden sinkende Einnahmen aufgrund des bevorstehenden Renteneintritts der sogenannten „Babyboomer“. Als Folge des demografischen Wandels kämen die Ressourcen der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen immer mehr an ihre Grenzen.

Reform der Pflegeversicherung gefordert

Der Bundesrat mahnt daher die Umsetzung einer baldigen und ausgewogenen Reform der sozialen Pflegeversicherung durch die Bundesregierung an, um sowohl ihre Finanzierung als auch die Pflege der Versicherten sicherzustellen. Er erwartet von der Bundesregierung, dass diese noch in dieser Legislaturperiode und unter umfassender Beteiligung der Länder einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt.

Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben

Zudem fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, Stellschrauben zur Entlastung der Ausgabenseite und zur Stärkung der Einnahmeseite der Pflegeversicherung zu entwickeln. Ziel müsse es sein, die finanziellen Belastungen der Beitragszahler, der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie der sonstigen Kostenträger in ein gerechtes und ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Die Pflegebedürftigen dürften dabei nicht unzumutbar belastet werden.

Wie es weitergeht

Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, wann sie sich mit den Länderforderungen befasst. Feste Fristvorgaben gibt es hierfür nicht.

Quelle: Bundesrat

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