Spricht man vom „Klimaschutz“ weiß natürlich jeder, dass nicht das Klima geschützt werden muss. Es geht darum, dass die Menschen davor geschützt werden in einer immer lebensfeindlicheren Umgebung leben zu müssen. Klimaschutz bedeutet Menschenschutz.
Führt man sich das vor Augen, dann wirken Äußerungen von aktuellen Regierungsmitgliedern erschreckend: Klimaschutz (=Menschenschutz) werde überbetont. Es wird so getan, als sei der Schutz der natürlichen Umwelt und damit der Menschen das Hobby von ein paar grünen Spinnern. Auch Kanzler Merz rutscht auf das Niveau von rechtslastigen Klimawandelleugnern ab („nur 2 Prozent CO2“).
Hoffnung durch den IGH
Hoffnung macht dagegen die Richtungsentscheidung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag vom 23. Juli 2025. Den Haag sieht Staaten völkerrechtlich verpflichtet, alles zu tun, um ihren CO2-Ausstoß zu senken und die Klimakrise zu stoppen. Das weltweit höchste Gericht unterstreicht damit die völkerrechtliche Verantwortung der Staaten zum Klimaschutz entsprechend der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Regierungen und Konzerne müssen Verantwortung übernehmen für die Klimakrise, die sie verursacht haben. Sie müssen die Klimakrise mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln abwenden.
Grundvoraussetzung für alle Menschenrechte
Das 2023 in der UN-Hauptversammlung beauftragte und jetzt vorgestellte Gutachten macht damit in aller Deutlichkeit klar, dass Nationale Klimaziele einzuhalten sind, Staaten eine Sorgfaltspflicht haben, das Klima angemessen zu schützen und dass diese Sorgfaltspflicht einklagbar ist. Es stellt fest, dass Klimaschutz für die Wahrung der Menschenrechte unabdingbar ist und dass das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt eine Grundvoraussetzung für alle anderen Menschenrechte ist.
Wie schon der Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts 2021 betonten die Richter in Den Haag, dass die heutige Politik nicht zulasten der jungen Menschen von heute und künftiger Generationen gehen darf.
Paris ist verpflichtend
Die Regierungen müssen sich an die 2015 in Paris gemachten Versprechen halten. Vor zehn Jahren haben sich die Regierungen verpflichtet, eine sichere und gerechte Zukunft für alle zu schaffen. Es ist ihre rechtliche Pflicht, nationale Klimaschutzpläne mit möglichst hohen Ambitionen vorzulegen, um den globalen Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten und die Menschen und den Planeten zu schützen. Die Stellungnahme unterstreicht dabei, dass der nationale Ermessensspielraum für die Klimapläne begrenzt ist, da alle Länder dem 1,5 Gradlimit verpflichtet sind und alle Klimapläne zusammengenommen das Temperaturlimit in Reichweite halten müssen.
Neuer Standard für internationales Recht
Die Entscheidung der IGH ist aufgrund ihres Charakters einer Stellungnahme nicht rechtlich bindend. Aber sie zeigt auf, wie das Gericht entscheiden würde, wenn entsprechende Verfahren bei ihm landen. Sie stellt also klar, wie geltendes Recht ausgelegt werden soll. Doch die Wirkkraft und Konsequenzen dieser Stellungnahme sind nicht zu unterschätzen, denn das Gericht schafft damit einen neuen Standard, auf dem internationales Recht weiter aufgebaut werden kann. Außerdem ziehen nationale Gerichte solche Stellungnahmen bei Verhandlungen von Klimafällen heran. Der US-Präsident Donald Trump kann also nicht direkt vom IGH zu mehr Klimaschutz verdonnert werden, aber die IGH-Stellungnahme kann Klimaklagen weltweit, auch in den USA, einen enormen Schub verleihen und als neue Grundlage für Hunderte von laufenden und künftigen Klimaklagen weltweit dienen.
Quellen: Spiegel, Greenpeace, FOKUS-Sozialrecht, ZEIT,
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