Mögliche Nettoeinbußen bei Renten

Der Bundesrat hat am 13. Juni 2025 einstimmig der Rentenwertbestimmungsverordnung 2025 zugestimmt. Damit steigt der aktuelle Rentenwert bundeseinheitlich um 3,74 Prozent auf 40,79 Euro. Ab Dezember 2025 drohen aber vielen Beziehern von Hinterbliebenenrenten Nettominderungen bei der Rentenauszahlung. So schlagzeilte neulich etwa der Merkur.

Pauschaler Zuschlag

Mit dem Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen
für den Erwerbsminderungsrentenbestand
 vom 28. Juni 2022 wurde eine Verbesserung für die Beziehenden einer Erwerbsminderungsrente oder einer Rente
wegen Todes der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, deren Rente vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2018 begonnen hat. Die Verbesserung erfolgte aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität in Form eines pauschalen Zuschlags zur Rente seit dem 1. Juli 2024 und knüpft an die individuelle Vorleistung
(persönliche Entgeltpunkte) an.

Berechnung und Auszahlung des Zuschlags

Die Berechnung und Auszahlung des Zuschlags erfolgt in zwei Stufen:

  • In einer ersten Stufe seit Juli 2024 wird monatlich ein Rentenzuschlag getrennt von der zugrundeliegenden Rente ausgezahlt. Dabei wird für die Berechnung des Rentenzuschlags an den Zahlbetrag der Rente angeknüpft. Durch dieses Vorgehen werden die Berechtigten im Ergebnis hinsichtlich des Gesamtrentenbetrags regelmäßig so gestellt, als hätten sie den Zuschlag über die originäre Rentenberechnung erhalten.
  • In einer zweiten Stufe ab Dezember 2025 wird der Zuschlag dann dauerhaft als unmittelbarer Bestandteil der Rente – das heißt, nicht mehr getrennt, sondern integriert in einer Zahlung – auf der Grundlage der persönlichen Entgeltpunkte berechnet und ausgezahlt.

Einkommensanrechnung

Die entscheidende Frage bezüglich potenzieller Netto-Einbußen liegt nicht in der Bruttohöhe oder der Steuerpflicht des Zuschlags, sondern in der Anwendung der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten.

Während der Geltungsdauer des § 307j SGB VI (Juli 2024 bis November 2025) war der temporäre Rentenzuschlag explizit von der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI ausgenommen. Dies bedeutete, dass andere Einkünfte des Hinterbliebenen (z.B. aus Erwerbstätigkeit, Erwerbsersatzeinkommen, Kapitalerträge, Mieteinnahmen ) zwar zur Kürzung der Haupt-Hinterbliebenenrente führen konnten, der separat gezahlte § 307j-Zuschlag selbst aber davon unberührt blieb.  

Ab dem 1. Dezember 2025 wird der Zuschlag jedoch als „Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten“ zu einem integralen Bestandteil der Haupt-Hinterbliebenenrente nach § 307i SGB VI. Dies hat zur Folge, dass die gesamte, nun erhöhte Hinterbliebenenrente – einschließlich des integrierten Zuschlags – den Regeln der Einkommensanrechnung unterliegt.

Beispiel

Ein Witwer erhält eine monatliche Hinterbliebenenrente von 726 Euro und hat weitere Nettoeinkünfte von 500 Euro. Der Freibetrag für Einkommensanrechnung liegt bei 1.076,86 Euro (Stand ab Juli 2025).

  • Juli 2024 – November 2025 (§ 307j SGB VI): Er erhält (noch bis November 2025) 726 Euro Rente + 40 Euro Zuschlag (§ 307j). Gesamte anrechenbare Einkünfte (726 Euro Rente + 500 Euro andere Einkünfte = 1.226 Euro). Der Freibetrag von 1.076,86 Euro wird überschritten. Der übersteigende Betrag (1.226 – 1.076,86 = 149,14 Euro) wird zu 40% auf die Rente angerechnet (149,14 * 0,40 = 59,66 Euro). Die Rente von 726 Euro wird um 59,66 Euro gekürzt. Der § 307j-Zuschlag von 40 Euro bleibt ungekürzt.
    • Netto-Auszahlung: (726 – 59,66) + 40 = 666,34 + 40 = 706,34 Euro (vor Steuern).
  • Ab Dezember 2025 (§ 307i SGB VI): Der Zuschlag von 40 Euro wird in die Rente integriert, die Rente beträgt nun 726 Euro plus 40 Euro, also 776 Euro. Gesamte anrechenbare Einkünfte (776 Euro Rente + 500 Euro andere Einkünfte = 1.266 Euro). Der Freibetrag beträgt nun 1.076,86 Euro und wird um 189,14 Euro überschritten. Der übersteigende Betrag wird zu 40% auf die Rente angerechnet (189,14 * 0,40 = 75,66 Euro). Die Rente von 776 Euro wird um 75,66 Euro gekürzt. Somit beträgt die Netto-Auszahlung 700,34 Euro (vor Steuern).
  • Ergebnis: In diesem Beispiel kommt es zu einer Netto-Einbuße von 706,34 – 700,34 = 6 Euro pro Monat, da der integrierte Zuschlag nun selbst von der Einkommensanrechnung betroffen ist.

Quellen: Bundesrat, Merkur, FOKUS-Sozialrecht, Deutsche Rentenversicherung

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Kurze Frage – lange Geschichte

Als im Herbst letzten Jahres der Gesetzentwurf zur Änderung des SGB IV bekannt wurde, in der die Hinzuverdienstgrenzen bei Renten neu geregelt wurden (das Gesetz ist mittlerweile in Kraft), fand ich dort eine unklare Formulierung bei der Berechnungsvorschrift in § 96a SGB VI. Dort heißt es in Absatz 1c: „Die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung das 9,72fache der monatlichen Bezugsgröße …. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe drei Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße, …

Alte Länder – Neue Länder

Nun gibt es aber noch immer, noch bis Ende 2024, zwei Bezugsgrößen: einmal für die „alten“ Bundesländer, das ist die Bezugsgröße West, zum andern für die „neuen“ Bundesländer („Beitrittsgebiet“), das ist die Bezugsgröße Ost.

Um herauszufinden, welche Bezugsgröße etwa bei einem Rentner aus Leipzig bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenze nun gilt, beschloss ich, mal kurz beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, nachzufragen. Telefonisch war leider nichts zu machen, ich konnte an keinen Mitarbeiter weitergeleitet werden, der sich in der Sache auskennt.

Das Kontaktformular

Aber zum Glück gibt es ja auf der BMAS-Homepage ein Kontaktformular, wo man seine Fragen zu allen brennenden Themen loswerden kann. Ich schrieb also kurz und knapp am 22.Oktober 2022: „Gilt bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrentnern für Menschen in den neuen Bundesländern die Bezugsgröße nach § 18 Absatz 2 SGB IV?„.

Schnelle Antwort – ohne Antwort

Die Antwort kam prompt. Also 2 Tage später: „Ihre Zuschrift wurde zur Bearbeitung und Beantwortung umgehend an ein Fachreferat weitergeleitet.“ Außerdem wurden mir noch eine Menge Telefonnummern mitgeteilt (die hatte ich ja schon vergeblich ausprobiert) und mir wurde erklärt, dass die Information in dieser Mail äußerst vertraulich sei und dass der Absender dieser Nachricht keine Haftung für die Richtigkeit übernehmen könne. Nun ja, also warten…

Späte Antwort – ohne Antwort

Knapp zwei Monate später, am 20.12.2022 erhielt ich eine längere Email mit zwei pdf-Dateien vom BMAS. Nun gibt es endlich Klarheit. Dachte ich.
Das erste Dokument enthielt sämtliche Adressen von allen Rentenversicherungsträgern in Deutschland. – Okay…

Die zweite pdf-Datei enthielt ein langes Schreiben im Namen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, in dem bedauert wird, dass wegen der Vielzahl der Anfragen… erst jetzt…leider könne die Frage aber nicht beantwortet werden, weil dafür die Rentenversicherungsträger zuständig seien…
Deswegen also die lange Liste.

Außerdem wurde mir in dem Schreiben noch mal ausführlich erklärt, was die Gesetzesänderungen im SGB IV bedeuten und wie sie sich auf die Hinzuverdienstgrenzen auswirkten. Sogar, dass bei der Berechnung die Bezugsgröße eine Rolle spiele, wurde mir erklärt. Aber welche denn nun? Das stand leider nicht im Text.

Die Hoffnung stirbt…

Ich habe darauf hin kurz geantwortet, ohne große Hoffnung, jemals eine Lösung für mein Problem zu bekommen: „vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Leider war sie völlig überflüssig. Ich wollte lediglich wissen, ob bei den Hinzuverdienstgrenzen unterschiedliche Bezugsgrößen (alte/neue Bundesländer) gelten. Diese Frage haben sie in Ihrem umfangreichen Werk leider nicht beantwortet.“

…zuletzt

Heute, am 7.2.2023, bekam ich Post. Also einen Brief. Zum Anfassen. Vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Im Namen von ….Hubertus…bedauert…leider erst jetzt…Verständnis…stelle ich abschließend folgendes klar: Für die neue Hinzuverdienstgrenze bei der Erwerbsminderungsrente gilt bundeseinheitlich die Bezugsgröße (West), unabhängig davon, ob der Hinzuverdienst in den alten oder neuen Bundesländern erzielt wird…“

Danke Hubertus.

Eigentlich hätte ein einfaches „Nein“ auf meine ursprüngliche Frage gereicht. Aber was weiß ich schon.

Quelle: privat

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Soziale Absicherung im Renten-Nebenjob

Es war wohl eine gute Nachricht, dass die Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten wegfallen oder bei Renten wegen Erwerbsminderung gestiegen sind. Oder etwa doch nicht?

Anhörung zu Hinzuverdienstgrenzen

In einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Gesetzentwurf (20/3900) der Bundesregierung für ein Achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze am Montag wurden zwar vielfach die positiven Wirkungen einer solchen Regelung betont. Gleichzeitig wurde aber auch auf die Gefahren hingewiesen.

Rentner verlieren Krankengeldanspruch

Wenn jemand trotz Rente noch mehr als geringfügig arbeitet, tut er dies in der Regel, um seinen Lecensunterhalt abzusichern. Er ist dann also sowohl auf Rente als auch auf den Zusatzjob angewiesen. Im Krankheitsfall, vor allem bei längerer Krankheit, fällt aber das Einkommen aus dem Zusatzjob weg. Fatalerweise haben Rentner nach den §§ 50 und 51 SGB V aber keinen Anspruch auf Krankengeld mehr. Gerade bei älteren Beschäftigten steigt das Risiko einer längeren Erkrankung naturgemäß.

DGB fordert Absicherung

Daher fordert beispielsweise der DGB in seiner Stellungnahme, sichergestellt sein müsse, dass allen Beschäftigten das Krankengeld unabhängig davon gezahlt werde, ob sie eine Vollrente, eine Teilrente oder keine Rente beziehen. Dies schließe auch ein, dass die Krankenversicherungen die Bezieher*innen von Krankengeld vor der Regelaltersgrenze künftig nicht mehr auf eine (Alters)Rente verweisen dürfen können. Dies müsse gleichermaßen auch für eine Erwerbstätigkeit nach der Regelaltersgrenze gelten. Wer eine Teilrente oder keine Rente beziehe, zahle jenseits der Regelaltersgrenze den vollen Krankenkassenbeitrag inkl. Beitragsanteil für das Krankengeld, könne im Falle des Krankengeldbezugs aber mit Frist von zehn Wochen zur Beantragung der Vollrente aufgefordert werden und verliere mit Beginn der Vollrente den Krankengeldanspruch vollständig. Dies erscheine aus Gleichheitsgründen wie auch der Zweckbindung der Beiträge rechtlich problematisch.

Bundesregierung weist Bedenken zurück

Den Hinweis, dass die Arbeit neben der Rente nicht genügend abgesichert sei gegen Risiken wie Krankheit und Arbeitslosigkeit, ließ die Bundesregierung nicht gelten. Für eine zusätzliche Absicherung gebe es derzeit keinen Bedarf, man werde das aber im Zuge der Evaluierung überprüfen und gegebenenfalls nachbessern, hieß es.

Quellen: Bundestag, DGB

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Hinzuverdienstgrenzen fallen

Ganz ohne große Medienresonanz wurde der Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) vom Bundeskabinett am 31. August 2022 auf den parlamentarischen Weg gebracht.

weitreichende Änderungen

Das Gesetzespaket ist sehr umfangreich, besteht aus 34 Artikeln und bereitet Änderungen in fast allen Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen im sozialen Bereich vor. Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Hinzuverdienstgrenzen

Die wichtigste Änderung betrifft die Hinzuverdienstgrenzen bei einer vorgezogenen Altersrente und bei Erwerbsminderungsrenten:

  • Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfällt ersatzlos.
  • Bei Erwerbsminderungsrenten werden die Hinzuverdienstgrenzen deutlich angehoben.

Altersrente

Mit dem Bezug einer Altersrente kann nunmehr – wie bereits heute schon ab Erreichen der Regelaltersgrenze – hinzuverdient werden, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die Rente kommt. Durch die damit einhergehende Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, so die Begründung des BMAS, könne ein Beitrag geleistet werden, dem bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig werde durch den Wegfall das bestehende Recht vereinfacht und Bürokratie abgebaut, insbesondere bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung.

Erwerbsminderungsrente

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung, so das BMAS, soll die bisherige Hinzuverdienstgrenze von 6 300 Euro ab 1. Januar 2023 abgeschafft werden. Stattdessen gelte unter Beachtung des eingeschränkten Leistungsvermögens von weniger als drei Stunden täglich eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von drei Achteln der 14fachen monatlichen Bezugsgröße. Dies entspreche 17 272,50 Euro im Jahr 2022. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde die kalenderjährliche Mindesthinzuverdienstgrenze entsprechend dem Restleistungsvermögen von unter 6 Stunden täglich sechs Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße betragen. Dies entspreche 34 545 Euro im Jahr 2022.

Weitere Änderungen im Gesetzentwurf

  • Im Künstlersozialversicherungsgesetz werden vor allem die Zuverdienstmöglichkeiten der Versicherten bei einer weiteren nicht-künstlerischen selbständigen Tätigkeit im Anschluss an die auslaufende Corona-Sonderregelung dauerhaft erweitert.
  • In Anlehnung an die bereits bestehende Regelung bei einer zusätzlichen abhängigen Beschäftigung soll zukünftig das Kriterium der „wirtschaftlichen Haupttätigkeit“ maßgeblich dafür sein, über welche Tätigkeit die Absicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung stattfindet.
  • Darüber hinaus wird z.B. der Versicherungsschutz für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung weiterentwickelt.

Digitales

Im Datenaustausch zwischen den Arbeitgebern und den Trägern der sozialen Sicherung sowie den Trägern untereinander sollen die Möglichkeiten, dies digital zu erledigen, erweitert werden. Darüber hinaus sollen noch weitere Verfahren im Bereich der sozialen Sicherung in die digitale Datenübermittlung einbezogen werden, bei denen derzeit noch ein Austausch per Brief oder Fax erfolgt.

Quelle: BMAS,

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