Medizinischer Cannabis ohne Genehmigungsvorbehalt

Zur Zeit muss die erste Verordnung von Cannabisprodukten von der Krankenkasse genehmigt werden; bei Folgeverordnungen ist sie nur bei einem Produktwechsel notwendig.

Gesetzlicher Auftrag

Gesetzlich Versicherte haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Verordnung von Cannabis: in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten sowie auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde der G-BA beauftragt, das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen zu regeln, bei denen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt.

Nötige Qualifikation

Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat jetzt festgelegt, bei welcher Qualifikation der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt: Gelistet sind insgesamt 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen sowie 5 Zusatzbezeichnungen, darunter Palliativmedizin und spezielle Schmerztherapie. Bei Ärztinnen und Ärzten, die diese Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen, geht der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen können. Bestehen jedoch Unsicherheiten, können auch diese Vertragsärztinnen und Vertragsärzte eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen.

Anforderung an die ärztliche Qualifikation

Die Anforderung an die ärztliche Qualifikation ist erfüllt, wenn von der verordnenden Vertragsärztin bzw. dem verordnenden Vertragsarzt alternativ eine der genannten Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen geführt wird:

Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen

  • Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin
  • Fachärztin/Facharzt für Anästhesiologie
  • Fachärztin/Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Angiologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie
  • Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
  • Fachärztin/Facharzt für Neurologie
  • Fachärztin/Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
  • Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Zusatzbezeichnungen

  • Geriatrie
  • Medikamentöse Tumortherapie
  • Palliativmedizin
  • Schlafmedizin
  • Spezielle Schmerztherapie

Freiwillig genehmigen lassen

Eine Verordnung von medizinischem Cannabis ist generell nur möglich, wenn andere Leistungen, die den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome positiv beeinflussen können, nicht zur Verfügung stehen und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabisarzneimitteln besteht. Ob diese Voraussetzungen bei einer Patientin oder einem Patienten gegeben sind, kann im Einzelfall von der Krankenkasse anders bewertet werden als von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Deshalb können auch fachlich ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzten eine Genehmigung der Verordnung bei der Krankenkasse beantragen, auch um finanziellen Rückforderungen der Krankenkasse (Regress) vorzubeugen.

Inkrafttreten 

Der Beschluss tritt in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn innerhalb von zwei Monaten rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat.

Quellen: G-BA, Fokus Sozialrecht

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Neue ASV-Angebote

Mit ASV gemeint ist die ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Sie umfasst die Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer und/oder seltener Erkrankungen.

Eine ASV kann von Krankenhäusern sowie niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten und Medizinischen Versorgungszentren angeboten werden. Spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen arbeiten dabei in einem Team zusammen und übernehmen gemeinsam und koordiniert die Diagnostik und Behandlung. Eine ASV kann von Krankenhäusern sowie niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten und Medizinischen Versorgungszentren angeboten werden.

rechtliche Grundlage

Nach dem Gesetz ( § 116b SGB V) ist eine ASV grundsätzlich möglich für Patientinnen und Patienten mit

  • Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen,
  • seltenen Erkrankungen und Erkrankungszuständen mit geringen Fallzahlen sowie für
  • hochspezialisierte Leistungen.

G-BA definiert Anforderungen

Der G-BA definiert generelle Anforderungen, die für alle ASV-Angebote gelten sowie erkrankungsspezifische Anforderungen. Die erkrankungsspezifischen Anforderungen betreffen beispielsweise die Qualifikation des ASV-Teams und den diagnostischen und therapeutischen Leistungsumfang.

Neu auf der Liste

Zu der Liste der Krankheiten, für die erkrankungsspezifische ASV-Anforderungen vorliegen gehören nun auch

Augentumore

Beim ASV-Angebot zu Tumoren des Auges bei Patientinnen und Patienten ab dem 18. Lebensjahr wurden im Vergleich zum Angebot als ambulante Krankenhausleistung Änderungen vorgenommen. Es können nun weitere medizinische Fachdisziplinen ins Team eingebunden werden. Zudem wurde der Leistungsumfang in der Anlage weiter ausdifferenziert. Beispielsweise sind nun therapeutische Sehhilfen als verordnungsfähige Hilfsmittel oder die optische Kohärenztomographie als diagnostisches Verfahren mit aufgenommen worden.

Epilepsie mit schweren Verlaufsformen

Für das ASV-Angebot Epilepsie wurden die Beratungsleistungen inhaltlich angepasst, die Patientinnen und Patienten beim Umgang mit der chronischen Erkrankung unterstützen sollen. So ist beispielsweise neu, dass innerhalb der Ernährungsberatung nicht nur bei der Behandlung von Kindern zu speziellen Konzepten beraten werden kann, die zerebrale Anfallsleiden lindern können. Zudem können Ärztinnen und Ärzte aus weiteren Fachrichtungen hinzugezogen werden. Kinder und Jugendliche können nun zunächst auch aufgrund einer Verdachtsdiagnose in der ASV behandelt werden. Sie muss jedoch innerhalb von zwei Quartalen nach dem Erstkontakt in eine gesicherte Diagnose überführt sein.

Informationen für Patient*innen

Patientinnen und Patienten, die an einer Behandlung durch ein ASV-Team interessiert sind, finden auf der Website der ASV-Servicestelle ein Verzeichnis von berechtigten ASV-Teams. Eine Auflistung aller Erkrankungen, für die erkrankungsspezifische ASV-Anforderungen vorliegen befindet sich auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Quellen: G-BA, ASV-Servicestelle, FOKUS-Sozialrecht

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Long-Covid-Richtlinie

Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Long-COVID oder eine Erkrankung, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweist, sollen schneller und bedarfsgerechter behandelt werden.

Versorgungspfade

Das ist das Ziel einer neuen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Darin werden Anforderungen an die Versorgung der Patientinnen und Patienten definiert und sogenannte Versorgungspfade beschrieben.  Versorgungspfade können bei den noch ungenügend erforschten Krankheitsbildern weitgehend sicherstellen, dass ein Erkrankungsverdacht sorgfältig und strukturiert abgeklärt wird. Zudem tragen sie dazu bei, dass nach der Diagnose die vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. 

Vorgesehen ist eine ärztliche Ansprechperson, in der Regel wird das eine Hausärztin oder ein Hausarzt sein. Sie übernimmt die notwendige spezifische Koordination bei Diagnostik und Therapie. So werden die bestehenden ambulanten Strukturen und Angebote je nach Schweregrad und Komplexität der Erkrankung bedarfsgerecht genutzt und die richtigen Gesundheitsberufe eingebunden.

Keine wirksamen Therapien

Derzeit kann die medizinische Forschung nicht die Frage beantworten, was genau Long-COVID auslöst. Bislang gibt es auch keine wirksamen Therapien, sondern nur Behandlungsansätze ohne wirklich klare Evidenz. Betroffen von der unklaren Situation sind nicht nur Long-Covid-Patienten, sondern auch Erkrankte nach einer Covid-19-Impfung. Die neue Richtlinie des G-BA soll auch Patientinnen und Patienten, deren Erkrankungen ganz ähnliche Ursachen oder Symptome aufweisen helfen, nämlich postinfektiöse Krankheitsbilder, zu denen auch ME/CFS gehört. Die Betroffenen sind körperlich und psychisch sehr belastet und die Lebensqualität ist oftmals ganz erheblich eingeschränkt. Ärztinnen und Ärzte sollen mit der Richtlinie auch für das mögliche Vorhandensein einer PEM – einer Post-Exertionellen Malaise sensibilisiert werden, bei der sich alle Symptome auch nach geringer körperlicher oder geistiger Belastung verschlechtern.

Der Zugang zu einer geeigneten Behandlung soll in der Regel über die Hausärztin bzw. den Hausarzt erfolgen, die oder der sich im Bedarfsfall zusätzliche fachärztliche Unterstützung bei Diagnostik, Behandlung und Betreuung einholt. In besonders schweren Fällen und bei komplexem Versorgungsbedarf steht die spezialisierte Versorgung in Hochschulambulanzen und anderen spezialisierten Einrichtungen zur Verfügung.

In Kraft Treten

Der G-BA legt seinen Richtlinienbeschluss nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vor. Nach Nichtbeanstandung wird die Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt in Kraft. Anschließend prüft der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen – ein Gremium, in das der G-BA nicht eingebunden ist – inwieweit der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) ggf. angepasst werden muss. Hierfür hat der Bewertungsausschuss maximal sechs Monate Zeit. Der EBM bildet die Grundlage für die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen.

Quelle: G-BA

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Stärkung der Gesundheitsversorgung

Das Bundesministerium für Gesundheit hat den lange angekündigten und nun inhaltlich deutlich gekürzten Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG)“ vorgelegt. Trotz der inhaltlichen Kürzungen gegenüber dem ursprünglichen Arbeitsentwurf, enthält der Gesetzentwurf eine Vielzahl neuer Regelungen. Das meiste davon betrifft die Arbeit des G-BA, der dazu auch schon eine Stellungnahme veröffentlicht hat.

Ziele des Gesetzes

Das Ziel des Gesetzes sei eine noch besser auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausgerichtete Gesundheitsversorgung. Dabei sollen die Interessen der an der Versorgung mitwirkenden Personen und Berufsgruppen mit der Weiterentwicklung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erreicht werden.

Es sollen die Interessenvertretung der Pflege sowie die Patientenvertretung gestärkt, die Entscheidungen der Selbstverwaltung beschleunigt und die Mitsprachemöglichkeiten der Vertretungen der Hebammen, wissenschaftlicher Fachgesellschaften und weiterer Betroffener ausgebaut werden.

Medizinische Versorgungszentren

Mit dem Ziel, die Kommunen besser in die Lage zu versetzen, eine starke lokale Versorgungsinfrastruktur aufzubauen, wird die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren (MVZ) erleichtert.

Bonusprogramme

Mit der Erweiterung der Bonusprogramme um die hausarztzentrierte Versorgung soll die Teilnahme an dieser besonderen Versorgungsform gestärkt werden.

Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

Zur Verbesserung des Zugangs zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen bilden psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, zukünftig eine eigene bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe.

Hilfsmittelversorgung

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zur Beschleunigung von Bewilligungsverfahren von Hilfsmittelversorgungen im Hilfsmittelbereich bei Anträgen von Kindern oder Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen das Prüfprogramm der Krankenkassen für solche Hilfsmittelversorgungen eingeschränkt wird, die von Versicherten beantragt werden, die regelmäßig in einem sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) oder einem medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) in Behandlung sind, sofern der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin des SPZ oder MZEB die beantragte Versorgung empfiehlt.
Die Krankenkassen haben in diesen Fällen von der medizinischen Erforderlichkeit der beantragten Versorgung auszugehen. Insbesondere die zum Teil sehr zeitaufwändige Hinzuziehung des Medizinischen Dienstes bei der Beurteilung der Notwendigkeit der beantragten Hilfsmittelversorgung kann unterbleiben.

Beitragsfreiheit für Waisenrenten bei Freiwilligendiensten

Um junge Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich und freiwillig für die Gesellschaft zu engagieren zu unterstützen, werden Waisenrenten oder entsprechende Hinterbliebenenversorgungsleistungen auch während der Ableistung eines Freiwilligendienstes in der GKV und der sozialen Pflegeversicherung beitragsfrei gestellt.

Reform der hausärztlichen Vergütung

Um die ambulante ärztliche Versorgung in der GKV auch künftig flächendeckend sicherzustellen, soll die hausärztliche Versorgung zu stärken. Hierfür werden mehrere Maßnahmen zur Anpassung der Vergütung der Hausärztinnen und Hausärzte ergriffen. Die Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung werden von mengenbegrenzenden oder honorarmindernden Maßnahmen ausgenommen (Entbudgetierung). Zudem werden eine jährliche Versorgungspauschale zur Behandlung chronisch kranker Patientinnen und Patienten eingeführt sowie eine Vorhaltepauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrages, sofern die Hausärztin oder der Hausarzt bestimmte Kriterien erfüllt.

Verschwundene Pläne

Im Gesetzentwurf nicht mehr enthalten sind die wichtigsten in den bisherigen Arbeitsentwürfen für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz enthaltenen innovativen Ansätze zur Weiterentwicklung der Primärversorgung in Deutschland.

  • Gesundheitskioske – als niederschwelligem Zugang zur gesundheitlichen Versorgung in sozio-ökonomisch benachteiligten Regionen,
  • Primärversorgungszentren – zusätzliche koordinierte, kooperative und versorgungssteuernde Versorgungselemente für ältere und multimorbide Patient*innen für eine entscheidende Verbesserung der Versorgung,
  • Gesundheitsregionen – regionale Steuerungsstrukturen für Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung.

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sehen diese Streichungen in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf mit „großem Bedauern“.

Quellen: BMG, Paritätischer Gesamtverband, G-BA

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Innovationsausschuss beim G-BA

Um für alle Patientinnen und Patienten eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau sicherzustellen, muss das Versorgungsangebot in der gesetzlichen Krankenversicherung kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dafür hat der Gesetzgeber beim G-BA den Innovationsausschuss eingerichtet. Seit dem Jahr 2016 fördert er Projekte, die innovative Ansätze für die gesetzliche Krankenversicherung erproben und neue Erkenntnisse zum Versorgungsalltag gewinnen wollen. Hierfür stehen ihm die finanziellen Mittel des Innovationsfonds zur Verfügung. Rechtsgrundlage für die Arbeit des Innovationsausschusses sind die §§ 92a und 92b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).

Infografiken

Regelmäßig aktualisierte Infografiken auf der Website des Innovationsausschusses geben einen quantitativen Überblick über die vom Innovationsausschuss beschlossenen Empfehlungen und die Adressaten.

Innovationsausschuss jetzt dauerhaft

Mit dem gerade in Kraft getretenen Digital-Gesetz wird der Innovationsausschuss über das Jahr 2024 dauerhaft etabliert.

einstufiges Förderverfahren

Im Bereich der neuen Versorgungsformen wird das zweistufige Förderverfahren durch einstufige Förderverfahren für Projekte mit einer kurzen Laufzeit oder für Projekte mit einer langen Laufzeit ergänzt. Für das sogenannte einstufig-kurze Förderverfahren (max. 24 Monate Laufzeit) eignen sich beispielsweise Projekte, die umfangreichere Versorgungsansätze pilotieren oder patientenrelevante Struktur- oder Verfahrensverbesserungen nachweisen wollen. Das sogenannte einstufig-lange Förderverfahren (max. 48 Monate Laufzeit) kommt insbesondere für Projekte in Betracht, für die bereits ein Vollantrag erarbeitet oder der Projektansatz erfolgreich pilotiert worden ist. Die Details zu den einzelnen Verfahren sind in der jeweiligen Förderbekanntmachung zu finden, die der Innovationsausschuss am 22. März 2024 auf seiner Website veröffentlicht hat. Eine Besonderheit besteht beim einstufig-kurzen Verfahren: Solche Förderanträge können beim Innovationsausschuss nach Veröffentlichung der Förderbekanntmachung nun jederzeit eingereicht werden – jährlich soll der Innovationsausschuss für solche Projekte 20 Mio. Euro einsetzen.

zweistufiges Förderverfahren

Das bisherige zweistufige Förderverfahren von neuen Versorgungsformen bleibt bestehen. Mit einer langen Laufzeit von max. 48 Monaten richtet es sich insbesondere an Antragstellende, die große und komplexe Vorhaben durchführen wollen, welche mit einem erhöhten Aufwand oder Vorbereitungsbedarf verbunden sind. Der Innovationsausschuss wählt hier aus zunächst eingereichten Ideenskizzen erfolgversprechende Ansätze zur Ausarbeitung eines Vollantrags aus.

  • Hier entfällt die bisherige gesetzliche Beschränkung, dass in der zweiten Stufe in der Regel nicht mehr als 20 Vorhaben gefördert werden dürfen.
  • Ebenso entfällt die gesetzliche Vorgabe, dass jeweils höchstens 20 Prozent der jährlichen Fördersumme für themenoffene Förderbekanntmachungen verwendet werden darf.

Rückmeldungen werden veröffentlicht

Wie mit den Empfehlungen des Innovationsausschusses zur Überführung erfolgreicher Versorgungsansätze in die Versorgung umgegangen wird, soll nachvollziehbarer werden: Die in den Beschlüssen angesprochenen Institutionen und Organisationen sind nun verpflichtet, dem Innovationsausschuss innerhalb eines Jahres über die Umsetzung der übermittelten Ergebnisse zu berichten. Alle Rückmeldungen werden weiterhin auf der Website des Innovationsausschusses beim jeweiligen Beschluss veröffentlicht.

Fördervolumen

Das Fördervolumen des Innovationsfonds beträgt auch ab dem Jahr 2025 weiterhin jährlich 200 Mio. Euro.

Quellen: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Fokus-Sozialrecht

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Neue Kassenleistungen

Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen (G-BA) veröffentlichte Mitte Januar Informationen über neue Kassenleistungen.

Zahnschmelzhärtung

Das Auftragen von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung für alle Kinder bis zum 6. Geburtstag ist nun eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob das Kariesrisiko als hoch eingeschätzt wird oder nicht.  Bisher gab es für den Schutz des Milchgebisses je nach Altersgruppe unterschiedliche Regelungen: Bis zum 33. Lebensmonat spielte das Kariesrisiko keine Rolle. Zwischen dem 34. Lebensmonat und dem vollendeten 6. Lebensjahr war hingegen noch ein hohes Kariesrisiko die Voraussetzung dafür, dass die Milchzähne zweimal pro Kalenderhalbjahr mit Fluoridlack geschützt werden konnten.

Kinder zwischen dem 6. Lebensmonat und dem vollendeten 6. Lebensjahr haben gemäß der Richtlinie über die Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten Anspruch auf sechs zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen. Zum Leistungsumfang gehört unter anderem, dass die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Mundhöhle untersucht, das Kariesrisiko des Kindes einschätzt, zu Ernährungsrisiken durch zuckerhaltige Speisen und Getränke sowie zur richtigen Mundhygiene berät und gegebenenfalls fluoridhaltige Zahnpasta empfiehlt.

Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen

Die Systemische Therapie steht künftig auch für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung. Für Erwachsene ist das Verfahren Systemische Therapie bereits seit dem Jahr 2020 eine Kassenleistung.

Die Systemische Therapie ist ein Psychotherapieverfahren, das insbesondere die sozialen Beziehungen innerhalb einer Familie oder Gruppe in den Blick nimmt. Die Therapie fokussiert dementsprechend darauf, die Interaktionen zwischen Mitgliedern von solchen „Systemen“ zu verändern beziehungsweise ihnen eine funktionalere Selbstorganisation der Patientin oder des Patienten entgegenzusetzen. Sie kann – wie die anderen psychotherapeutischen Verfahren auch – als Einzel- oder Gruppentherapie oder in Kombination von Einzel- und Gruppentherapie angeboten werden. Als spezifische Anwendungsform der Systemischen Therapie ist zudem das „Mehrpersonensetting“ möglich: dabei werden relevante Bezugspersonen der Patientin oder des Patienten in die Behandlung einbezogen.

Bildgebendes Verfahren zum Abklären von koronarer Herzkrankheit

Soll in Arztpraxen der Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankheit abgeklärt werden, kann dafür bei gesetzlich Versicherten künftig die Computertomographie-Koronarangiographie (CCTA) eingesetzt werden. Die CCTA ist eine nicht-invasive bildgebende Methode, mit der die Herzkranzarterien dargestellt werden, um dort Verengungen oder Verschlüsse zu finden.

Die chronische koronare Herzkrankheit in Folge verkalkter, verengter Herzkranzgefäße ist nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland. Solche Verengungen können im Laufe des Lebens durch Ablagerungen entstehen und behindern die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels. Mit Hilfe der CCTA können die Herzkranzarterien dargestellt werden, ohne dass damit ein operativer Eingriff verbunden ist. Denn anders als bei Herzkatheteruntersuchungen muss bei der CCTA kein Kunststoffschlauch (Katheter) über ein Blutgefäß in der Leiste oder am Handgelenk eingeführt werden, um die Gefäße und Kammern des Herzens sichtbar zu machen.

Ab Herbst 2024 ambulant möglich

Im Krankenhaus kann die CCTA bereits angewendet werden. Bevor sie auch als ambulante Leistung von Fachärztinnen und Fachärzten erbracht und abgerechnet werden kann, muss noch der sogenannte Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen festlegen, inwieweit der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) angepasst werden muss. Hierfür hat der Bewertungsausschuss maximal sechs Monate Zeit. Der EBM bildet die Grundlage für die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen.

Quelle: G-BA

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Festzuschüsse zum Zahnersatz

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt nach § 56 Absatz 1 SGB V in Richtlinien die zahnmedizinischen Befunde, für die Festzuschüsse zum Zahnersatz nach § 55 SGB V gewährt werden und ordnet den Befunden zahnprothetische Regelversorgungen zu („befundbezogenes Festzuschusssystem“).

befundbezogene Festzuschüsse

Versicherte haben Anspruch auf medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz (zahnärztliche Behandlung und zahntechnische Leistungen).

Die Krankenkassen gewähren zu den Aufwendungen für Zahnersatz befundbezogene Festzuschüsse. Patientinnen und Patienten können beim Zahnersatz zwischen jeder medizinisch anerkannten Versorgungsform wählen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB V). Der Festzuschuss beträgt 60 % der festgelegten Kostenobergrenzen für bestimmte Zahnersatzleistungen. Gute Zahnpflege und nachgewiesene regelmäßige Kontrolluntersuchungen führen zu höheren Zuschüsse. Wer seine Zähne in den letzten fünf Jahren jeweils jährlich hat untersuchen lassen, kann den Zuschuss um einem Bonus auf 70 % erhöhen. Bei Minderjährigen ist zur Erlangung dieses Vorteils der Nachweis einer halbjährlich Untersuchung erforderlich. Gelingt der Nachweis der regelmäßigen Untersuchung sogar in den letzten 10 Jahren, so erhöht sich der Bonus noch einmal auf 75 % des Festbetrages.

jährliche Anpassung

Jedes Jahr passt der G-BA die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge bei der Versorgung mit Zahnersatz (ZE) an die Ergebnisse der Verhandlungen über den zahnärztlichen ZE-Punktwert und die zahntechnischen Bundesmittelpreise an.

Auf Grundlage der Ergebnisse der diesjährigen Verhandlungen zwischen den jeweiligen Vertragspartnern Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV),
Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), wurde die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge bei der Versorgung mit Zahnersatz mit Wirkung vom 1. Januar 2024 angepasst.

4,22 Prozent mehr

Dabei wurden die zahnärztlichen Leistungen auf Basis des aufgrund der Anhebung des bundeseinheitlichen durchschnittlichen Punktwertes für Zahnersatz entsprechend der Vereinbarung zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband ab dem 1. Januar 2024 in Höhe von 1,0827 € (+ 4,22 % ggü. JD 2023) berechnet.
Die Berechnungen für die zahntechnischen Leistungen basieren auf der Vereinbarung der bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise zwischen dem VDZI und dem GKV-Spitzenverband vom November 2023. Die Kosten für das Verbrauchsmaterial Praxis und die Kosten für die Prothesenzähne wurden analog
zu den Veränderungen der Preise der zahntechnischen Leistungen (+4,22 % ggü. Jahr 2023) fortgeschrieben.

Beispiel

Der Festzuschuss für eine Metallische Vollkrone beträgt demnach 2024 365,96 Euro, bestehend aus 184,59 Euro zahnärztlicher Leistung und 181,37 Euro zahntechnischer Leitung. Im Jahr 2023 betrug der Gesamtfestzuschuss 351,14 Euro.

Der Versicherte erhält einen Zuschuss von

  • 60 Prozent (ohne Bonus): 219,58 Euro
  • 70 Prozent (mit Bonus 1): 256,17 Euro
  • 75 Prozent (mit Bonus2): 274,477 Euro
  • 100 Prozent (Härtefall): 365,96 Euro

Härtefall

Versicherte mit einem geringen Einkommen (zum Beispiel Sozialhilfeempfänger, Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Empfänger von Bürgergeld und Ausbildungsförderung), die Zahnersatz benötigen, bekommen von ihrer Krankenkasse einen zusätzlichen Festzuschuss; damit erhalten sie die Regelversorgung kostenfrei. Dies gilt auch für Versicherte, die in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung leben, dessen Kosten von einem Träger der Sozialhilfe oder der Sozialen Entschädigung getragen werden.

Geringes Einkommen

Ebenfalls 100 Prozent Zuschuss erhalten Versicherte, deren monatliche Bruttoeinnahmen 40% der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreiten, das das heißt für das Jahr 2024 monatliche Bruttoeinnahmen bis zu 1.414,00 EUR für Alleinstehende. Die Einkommengrenze erhöht sich für den ersten im Haushalt lebenden Angehörigen um 530,25 EUR und für jeden weiteren Angehörigen um 353,50 EUR.

Übersteigt das Einkommen diese Einkommensgrenzen, so steigen die einzubringenden Eigenmittel kontinuierlich an. Versicherte mit höherem Einkommen müssen bis zum Dreifachen des Betrages selbst leisten, um den ihr Einkommen die maßgeblichen Einkommensgrenze übersteigt. Wer beispielsweise als Alleinstehender 1.442,00 EUR verdient, liegt 28,00 EUR über der Zuzahlungsbefreiungsgrenze (1.414,00 EUR) und muss daher für die Regelversorgung maximal 84,00 EUR an Eigenbeteiligung leisten.

Quellen: G-BA, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Telefon-AU

Während der Corona-Pandemie konnten sich Patienten telefonisch beim Arzt krankschreiben lassen. Nun soll die Regelung dauerhaft eingeführt werden.

Gesetzlicher Auftrag

Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) vom 19. Juli 2023 wurde der G-BA in § 92 Absatz 4a Satz 5 (neu) SGB V beauftragt, bis zum 31. Januar 2024 in seiner AU-RL die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen, und ausschließlich für in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannten Versicherten auch nach telefonischer Anamnese zu ermöglichen.

Änderung vorgezogen

Die für Januar geplante diesbezügliche Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken (G-BA) wurde nun auf vielfachen Wunsch, vor allem aus den zur Zeit wieder überlasteten Arztpraxen, vorgezogen und gilt ab heute, den 7. Dezember 2023.

Voraussetzungen

Für eine Krankschreibung müssen Patientinnen und Patienten ab 7. Dezember 2023 nicht mehr zwingend in die Arztpraxis kommen: Sofern keine Videosprechstunde möglich ist, kann nun auch nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden. 

Dabei gilt jedoch:

  • Die Patientin oder der Patient muss in der jeweiligen Arztpraxis bereits bekannt sein.
  • Zudem darf keine schwere Symptomatik vorliegen, denn in diesem Fall müsste die Erkrankung durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung abgeklärt werden.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann die Ärztin oder der Arzt nach telefonischer Anamnese die Erstbescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit für bis zu 5 Kalendertage ausstellen.

Folgebescheinigung bei persönlichem Erscheinen

Besteht die telefonisch festgestellte Erkrankung fort, muss die Patientin oder der Patient für die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit die Arztpraxis aufsuchen. Im Fall, dass die erstmalige Bescheinigung anlässlich eines Praxisbesuchs ausgestellt wurde, sind Feststellungen einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auch per Telefon möglich. Ein Anspruch der Versicherten auf eine Anamnese und Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Telefon besteht nicht.

Keine Krankmeldung zweiter Klasse

Der G-BA betont in seiner Pressemitteilung, dass es sich bei der telefonischen Krankmeldung nicht um eine Krankschreibung zweiter Klasse handele. Die Regelungen zur telefonischen Krankschreibung trügen der besonderen Verantwortung Rechnung, dass Krankschreibungen eine hohe arbeits- und sozialrechtliche sowie wirtschaftliche Bedeutung haben. Für den G-BA stehe im Vordergrund, dass die medizinische Sorgfalt bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit immer gewährleistet sein müsse – das gelte selbstverständlich auch für die telefonische Anamnese. Bei Bedarf müssten die Symptome durch eine unmittelbar persönliche Untersuchung abgeklärt werden. Diese stelle nach wie vor den Standard in der ärztlichen Versorgung dar.

Beschlusstext

Der Beschlusstext mit den Regelungsdetails steht unter folgendem Link zur Verfügung: Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie | Beschlüsse

Quelle: G-BA

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RSV-Prophylaxe

Das respiratorische Synzytialvirus (RSV) ist eines der vielen Auslöser für erkältungsähnliche Infektionen. Bei Kleinkindern und vor allem bei Säuglingen kommt es häufig zu schwereren Verläufen, die gerade bei Säuglingen eine stationäre Behandlung erfordern können. Während des 1. Lebensjahres haben 40–70 % und bis zum Ende des 2. Jahres nahezu alle Kinder einmal die Erkrankung durchgemacht. Dies schützt zwar nicht vor erneuter Ansteckung, aber der Krankheitsverlauf wird dadurch weniger stark als bei der Erstinfektion.

Häufung von Krankenhausaufenthalten

Die Maßnahmen gegen Covid-19 haben kurzfristig auch Infektionen mit anderen Keimen gemindert. Social Distancing, das Tragen von Masken sowie weitere Präventionsmaßnahmen helfen gegen eine ganze Reihe von Atemwegsinfektionen. Doch als Ende 2022 die meisten Länder die Schutzmaßnahmen aufhoben, verbreitete sich RSV stark. Besonders betroffen waren Kinder, die in den vorherigen beiden Jahren nicht mit dem Virus in Kontakt gekommen waren. Allein in den USA verdreifachte sich die Zahl der RSV-bedingten Krankenhausaufenthalte im November 2022 im Vergleich zu den Werten vor der Corona-Pandemie drei Jahre zuvor.

Weltweit sterben jährlich schätzungsweise 600.000 Menschen direkt oder indirekt durch RSV-Infektionen.

RSV-Antikörper

Bei Kindern kann die Gabe von RSV-Antikörpern vor einer Infektion das Risiko, schwer zu erkranken, senken. Nachdem der RSV-Antikörper Nirsevimab seit kurzem auf dem Markt verfügbar ist, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seinen bisherigen Therapiehinweis zum RSV-Antikörper Palivizumab neu gefasst. Damit stellt der G-BA klar, für welche Kinder mit einem hohen Risiko für schwere Krankheitsverläufe die Verordnung von RSV-Antikörpern von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf durch RSV besteht beispielsweise bei Frühgeborenen sowie bei Säuglingen, die bestimmte Arten von Herzfehlern oder Trisomie 21 haben. Der Beschluss zur Neufassung des Therapiehinweises wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Kassenleistung nur bei Risiko-Kindern

Der monoklonale Antikörper Nirsevimab kann, wenn er vor einer RSV-Infektion gegeben wird, durch eine sogenannte passive Immunisierung eine Erkrankung der unteren Atemwege verhindern oder abschwächen. Eine generelle Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für solche Wirkstoffe zur Prävention sieht der Gesetzgeber jedoch nicht vor. Ausnahmen bestehen nur bei einer aktiven Immunisierung mittels Schutzimpfungen und der HIV-Präexpositionsprophylaxe durch antivirale Arzneimittel. An diese gesetzlichen Vorgaben müssen sich die Vertragsärztinnen und -ärzte, aber auch der G-BA halten. Der G-BA kann daher in seinem Therapiehinweis trotz einer weitergehenden Zulassung von Nirsevimab nur definieren, bei welchen Patientengruppen die Gabe des RSV-Antikörpers in den Bereich der medizinischen Vorsorgeleistung bzw. der Krankenbehandlung fällt, weil bei ihnen ein hohes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf besteht. Bei Kindern ohne besondere Risikofaktoren ist die Gefahr eines schwerwiegenden Erkrankungsverlaufs – und damit auch der potenzielle Nutzen der Antikörpergabe – gering. Deshalb sind hier die Voraussetzungen für eine Verordnung unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gegeben.

STIKO-Empfehlung wird erwartet

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut befasst sich derzeit ebenfalls mit den Möglichkeiten der RSV-Prophylaxe. Der vom G-BA verantwortete Therapiehinweis regelt allein den Einsatz der Antikörper Nirsevimab und Palivizumab zur Vermeidung schwerer Krankheitsverläufe als sogenannte Sekundärprävention. Dabei gelten die gesetzlichen Vorgaben zur Arzneimittelversorgung, eine Empfehlung der STIKO ist hierfür nicht notwendig. Demgegenüber setzt der Einsatz von RSV-Impfstoffen zur Primärprävention als GKV-Leistung eine positive Impf-Empfehlung durch die STIKO voraus. Sollte es eine STIKO-Empfehlung zur RSV-Impfung geben, würde der G-BA diese in seiner Schutzimpfungs-Richtlinie entsprechend berücksichtigen.

Fast zu spät für diesen Winter

Da der Wirkstoff Nirsevimab erst seit September 2023 auf dem Markt ist, kommt die G-BA Empfehlung für diese Saison reichlich spät. Die typische Saison für RSV-Erkrankungen dauert etwa von November bis April. Die RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab wird von einigen gesetzlichen Krankenkassen unabhängig vom G-BA-Therapiehinweis zwischenzeitlich auch als Satzungsleistung übernommen.

Quellen: Spektrum.de, G-BA, National Library of Medicine

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Zugang zu außerklinischer Intensivpflege

Außerklinische Intensivpflege ist ein komplexes, individuell abzustimmendes Leistungsangebot. Es richtet sich an Patientinnen und Patienten, bei denen täglich ein Risiko für lebensbedrohliche gesundheitliche Krisen besteht und die darum einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Pflegefachkräfte überwachen beispielsweise die Atem- und Herz-Kreislauf-Funktionen, bedienen ein Beatmungsgerät und setzen Inhalations- und Absauggeräte ein.

Übergangsregelung seit Oktober 2020

Der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege beruht seit Oktober 2020 auf einer neuen gesetzlichen Grundlage (§ 37c SGB V). Der G-BA hat innerhalb dieses rechtlichen Rahmens in der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege das Nähere zu Inhalt und Umfang der Leistungen bestimmt und konkretisiert, welche Voraussetzungen bei der Verordnung gelten. Mit Ablauf der Übergangsreglung in der Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie ist die Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege ab 31. Oktober 2023 verbindlich anzuwenden. Zugleich entfällt der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege über die Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie; dieser Passus wird dort nach dem 31. Oktober 2023 gestrichen.

Änderung der Richtlinie

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege geändert, um beispielsweise für beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten eine kontinuierliche Versorgung zu ermöglichen. Der G-BA will damit möglichen Engpässen entgegenwirken, wenn ab dem 31. Oktober 2023 nach dem Willen des Gesetzgebers diese speziellen Leistungen zwingend nur noch nach der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI) verordnet werden können. Konkret hat der G-BA die Vorschrift zur Erhebung des sogenannten Entwöhnungspotenzials zeitlich befristet gelockert. Zudem erweitert er dauerhaft den Kreis verordnender und potenzialerhebender Ärztinnen und Ärzte. Anlass für beide Schritte waren Hinweise aus der Versorgung, dass es zu wenige berechtigte Ärztinnen und Ärzte geben könnte.

Bis Ende 2024: Ausnahmeregelung zur Potenzialerhebung

Der Gesetzgeber sieht vor, dass bei beatmeten oder trachealkanülierten Patientinnen und Patienten vor jeder Verordnung von außerklinischer Intensivpflege eine sogenannte Potenzialerhebung stattfinden muss. Dabei wird geprüft, ob eine vollständige Entwöhnung der Patientinnen und Patienten oder ihre Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung bzw. die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist. Die nun vom G-BA in seiner Richtlinie ergänzte Ausnahmeregelung gilt bis 31. Dezember 2024: Für den Fall, dass eine qualifizierte Ärztin oder ein qualifizierter Arzt nicht rechtzeitig verfügbar ist, ist die Potenzialerhebung in dieser Zeit keine zwingende Voraussetzung für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege. Die Potenzialerhebung ist jedoch möglichst zeitnah und spätestens bis Ende 2024 nachzuholen.

Potenzialerhebende Ärztinnen und Ärzte bei Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen

Für die Potenzialerhebung speziell bei beatmungspflichtigen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen hat der G-BA die Qualifikationsanforderungen angepasst. So sieht der G-BA neben Ärztinnen und Ärzten aus dem Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin hier auch Fachpersonen aus anderen Medizinbereichen vor – für alle gilt jedoch, dass sie eine pneumologische Zusatzqualifikation resp. mehrmonatige Berufserfahrung in der Behandlung der spezifischen Patientengruppe in hierfür spezialisierten Einrichtungen haben. Damit soll dem besonderen medizinischen Bedarf dieser Altersgruppen besser entsprochen werden.

Verordnungsberechtigte Arztgruppen

Die derzeit vorgesehene Verordnungsberechtigung für Hausärztinnen und Hausärzte sowie bestimmte Facharztgruppen wird erweitert. Die Befugnis zur Verordnung kann von der Kassenärztlichen Vereinigung immer dann erteilt werden, wenn die Ärztin oder der Arzt über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügt und diese nachweist. Somit können auch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte anderer Facharztgruppen, die diese Versicherten bereits versorgen, weiterhin in der Versorgung gehalten werden.

Quelle: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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