Stärkung der Herzgesundheit

Der Bundestag berät am 6.11.2024 den Gesetzentwurf „zur Stärkung der Herzgesundheit“ (Gesundes-Herz-Gesetz – GHG). Damit sollen Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessert werden. Beraten wird auch ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Primärprävention stärken – Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung erhalten“

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die Regelung soll laut Regierung zur Senkung der Krankheitslast durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Stärkung der Herz-Kreislauf-Gesundheit beitragen. Die im westeuropäischen Vergleich geringere Lebenserwartung in Deutschland werde insbesondere auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit zurückgeführt, heißt es in der Vorlage. Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien hierzulande die häufigste Todesursache, die 2021 ein Drittel aller Todesfälle umfasst habe. Mit rund 57 Milliarden Euro hätten Krankheiten des Kreislaufsystems 2020 die höchsten Kosten für das Gesundheitssystem verursacht.

Die vorgesehenen Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten sollen neben die Förderung einer gesunden Ernährung und mehr Bewegung treten. Konkret geplant ist die Verbesserung der Früherkennung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Erweiterte Leistungen zur Früherkennung

Daher wird ein gesetzlicher Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Untersuchungen für Kinder und Jugendliche (U/J) vorgesehen. Es wird festgelegt, dass die Krankenkassen zur Teilnahme an der Jugendgesundheitsuntersuchung J1 einladen.

Für Erwachsene im Alter von 25, 40 und 50 Jahren sind in Ergänzung der bestehenden Gesundheitsuntersuchung (GU) sogenannte Check-ups im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgesehen. Um die Teilnahme an der erweiterten GU zu fördern, sollen die Krankenkassen dazu einladen. Versicherte erhalten zudem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren, etwa Diabetes, in Apotheken.

Krankenkassen sollen außerdem dazu verpflichtet werden, ihren Versicherten sogenannte strukturierte Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programm DMP) anzubieten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll Anforderungen an ein neues DMP für Versicherte mit hohem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung beschließen. 

Antrag der Union

Die Unionsfraktion fordert eine Stärkung der Primärprävention, um schwere Erkrankungen möglichst zu vermeiden. Das Risiko für eine koronare Herzerkrankung oder einen Herzinfarkt sowie andere Erkrankungen könne durch einen gesunden Lebensstil erheblich verringert werden, heißt es in ihrem Antrag.

Wer sich regelmäßig bewege, auf ein Körpergewicht im Normalbereich achte, nicht rauche und wenig Alkohol trinke, trage wesentlich zur effektiven Vorbeugung bei, schreiben die Abgeordneten. Die Stärkung der Primärprävention sei daher unverzichtbar, um Krankheiten zu vermeiden und gleichzeitig das Gesundheitssystem zu stärken. 

Kritik am „Gesundes-Herz-Gesetz“

Nicht geboten sei die Einführung von unbegründeten bevölkerungsweiten Screening-Programmen, heißt es in dem Antrag in Anspielung auf das Gesundes-Herz-Gesetz der Bundesregierung. Fachverbände befürchten einen Anstieg der Medikalisierung innerhalb großer Bevölkerungsgruppen, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die „Verabschiedung vom Leitgedanken der Prävention“. Dazu gibt es eine ausführliche Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Den Stand der Diskussion Ende August beschreibt das Ärzteblatt.

Gesundheitsbildung in Schulen

Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag, eine gezielte Förderung von Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sicherzustellen. Es müssten Vorhaben unterlassen werden, die den Trend hin zu einer stärkeren Medikalisierung verstärken. Ferner sollte sich die Bundesregierung mit den Ländern dafür einzusetzen, Schulgesundheitsfachkräfte zu etablieren und verpflichtende Einheiten zur Gesundheitsbildung in Schulen einzuführen, die gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung in den Lehrplan integrieren.

Unterstützung durch Kardiologen

Eine überwiegend positive Beurteilung des Gesetzesvorhaben veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) im Juli 2024.

Weiterberatung in den Ausschüssen

Sowohl der Gesetzentwurf als auch der Oppositionsantrag wird nach der Bundestagsdebatte in den Ausschüssen weiterberaten. Dabei soll jeweils der Gesundheitsausschuss die Federführung übernehmen.

Quellen: Bundestag, G-BA, DKG, aerzteblatt.de

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Gallengangsverschluss bei Neugeborenen

Die Gallengangatresie ist eine seltene Erkrankung mit Verschluss der Gallenwege, die ausschließlich im Neugeborenenalter auftritt. Die Ursache ist noch ungeklärt. Die Gallengangatresie kann im Säuglingsalter unbehandelt zu einem tödlichen Leberversagen führen. Im neuen Gelben Heft der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ist bei der U2 eine Stuhlfarbkarte abgebildet, so dass Eltern nun bei einer auffallend blassen Stuhlfarbe ihres Babys einen Verdacht sofort ärztlich abklären lassen.

Gehört jetzt ins Gelbe Heft: die Stuhlfarbkarte auf Seite 14

Kinder-Richtlinie

Um Erkrankungen und Entwicklungsstörungen rechtzeitig behandeln zu können, sind regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ein fester Bestandteil des Krankenversicherungs-Leistungsspektrums. In der Kinder-Richtlinie legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) alle Details hierzu fest. Neben speziellen Früherkennungsuntersuchungen für Neugeborene gehören die Kinderuntersuchungen in festgelegten Abständen dazu.

Die vorgesehenen Untersuchungen müssen innerhalb bestimmter Zeiträume wahrgenommen werden. Im Kinderuntersuchungsheft, dem sogenannten Gelben Heft, dokumentieren die Ärztinnen und Ärzte ihre Befunde.

Bei der Geburt das Gelbe Heft

Das Gelbe Heft wird den Eltern nach der Geburt von der Entbindungsstation oder durch die Hebamme übergeben.

Die Gelben Kinderuntersuchungshefte mit integrierter Stuhlfarbkarte bei der Früherkennungsuntersuchung U2 stehen nun zum Abruf bereit. Kliniken, Kassenärztliche Vereinigungen und Hebammenverbände können sie ab sofort über das Online-Bestellsystem auf der G-BA-Website anfordern. Vertragsärztinnen und -ärzte erhalten die für ihre Praxis benötigten Kinderuntersuchungshefte über ihre zuständige Kassenärztliche Vereinigung.

Das Gelbe Heft mit Stuhlfarbkarte

Die neue Stuhlfarbkarte ist – anders als der Name vielleicht vermuten lässt – kein herausnehmbares Produkt, sondern wird auf Seite 14 bei der Früherkennungsuntersuchung U2 abgebildet. Das Farbschema gehört zur ärztlichen Aufklärung rund um das Screening auf Gallengangverschluss, der unbehandelt zu einem tödlichen Leberversagen führen kann. Bislang wurden Eltern bei der U2 und U3 zwar über die Erkrankung informiert, aber ein Farbmuster für zuhause gab es nicht. Das ändert sich nun. Entsprechende Hinweise sind nun in die Begleittexte zur U2 und U3 aufgenommen.

Quellen: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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U6 bis U9 – Fristen und Toleranzgrenzen

Ab dem 1. Juli 2022 gelten für die Kinder – Früherkennungsuntersuchungen U6, U7, U7a, U8 sowie U9 wieder die in der Kinder-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten. Die zeitlich befristeten Sonderregelungen wegen der Coronavirus-Pandemie, die ein Abweichen von den Vorgaben der Richtlinie bei Kindern zwischen 1 bis 6 Jahren zugelassen hatten, enden mit dem 30. Juni 2022. Dann ist die dreimonatige Übergangsphase abgelaufen, die nach dem Auslaufen der Sonderregelung am 31. März 2022 galt, um den Kinderarztpraxen und Eltern den Wiedereinstig in die bekannte Fristenroutine und das Nachholen von U-Untersuchungen zu erleichtern.

Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung

In der aktuell gültigen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (Kinder-Richtlinie) haben Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche, geistige oder psycho-soziale Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Dabei umfassen die Früherkennungsmaßnahmen bei Kindern in den ersten sechs Lebensjahren zehn Untersuchungen. Die Untersuchungen können nur in den jeweils angegebenen Zeiträumen unter Berücksichtigung folgender Toleranzgrenzen in Anspruch genommen werden:

UntersuchungZeitraumToleranzgrenze
U1Unmittelbar nach der Geburt
U23.-10. Lebenstag3.-14. Lebenstag
U34.-5. Lebenswoche3.-8. Lebenswoche
U43.-4. Lebensmonat2.-4 ½ Lebensmonat
U56.-7. Lebensmonat5.-8. Lebensmonat
U6*10.-12. Lebensmonat9.-14. Lebensmonat
U7*21.-24. Lebensmonat20.-27. Lebensmonat
U7a*34.-36. Lebensmonat33.-38. Lebensmonat
U8*46.-48. Lebensmonat43.-50. Lebensmonat
U9*60.-64. Lebensmonat58.-66. Lebensmonat
* Für U6 bis U9 galten Corona-Sonderregelungen

Überschreiten von Toleranzzeiten

Ein wichtiges Ziel der Früherkennungsuntersuchungen U6 bis U9 ist es, Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern früh zu erkennen und wenn nötig, rechtzeitig zu behandeln. Um Eltern während der Hochphase der Coronavirus-Pandemie die Sorge vor Ansteckungsrisiken in den Arztpraxen bei den Routineuntersuchungen zu nehmen, hatte der G-BA entschieden, das Überschreiten von Toleranzzeiten für die Untersuchungszeiträume zuzulassen. So konnten Eltern die Untersuchungen auch nach Überschreiten der Fristen für ihr Kind problemlos wahrnehmen.

erneute Sonderregelungen nicht ausgeschlossen

Da sich das Infektionsgeschehen im Frühjahr 2022 insgesamt abgeschwächt hatte, entschied der G-BA, wieder zu den wissenschaftlich begründeten Zeiträumen für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen zurückzukehren. Der G-BA behält die Entwicklung der pandemischen Lage genau im Blick und kann, wenn es erforderlich wird, erneut zeitlich begrenzte Sonderregelungen zu seinen Richtlinien beschließen.

Quelle: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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