Verkehrswende für das Klima

Bei den relativ unspektakulären Steiks im öffentlichen Nahverkehr in den letzten Wochen ging aus vor allem auch um bessere Arbeitsbedingungen für das Personal in Bussen und Straßenbahnen. Eine Verkehrswende, die einen massiv ausgebauten öffentlichen Nahverkehr braucht, kann nicht funktionieren, wenn das Personal fehlt, weil die Arbeitsbedingungen so schlecht sind.

Gemeinsamer Klimastreik

Sinnvollerweise haben sich deswegen Fridays for Future und Verdi zusammengetan und einen gemeinsamen Klimastreiktag ausgerufen – am 1. März 2024. Unterstützt wird der Protesttag von einem breiten Bündnis:

  • Verkehrsclub VCD
  • Paritätischer Gesamtverband
  • NaBu
  • Greenpeace
  • EVG (Eisenbahner-Gewerkschaft im DGB)
  • Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende
  • BUND und BUNDjugend
  • AWO Bundesverband
  • attac

Aufruf – #WirFahrenZusammen

In einem gemeinsamen Aufruf beschreiben die Initiatoren den Zustand des öffentlichen Nahverkehrs mit den Schlagworten:

  • „Lange Wartezeiten,
  • überfüllte Bahnen,
  • Fahrtausfälle
  • keine Busverbindung auf dem Land“

Ob bei der Fahrt zur Schule, zur Arbeit, zur Ärztin oder von der Party nach Hause: Millionen von Menschen seien täglich auf den Nah- und Regionalverkehr angewiesen. Doch die aktuelle Politik verhindere, dass wir klimafreundlich, zuverlässig, bequem, sicher und günstig unterwegs sein können.

Verdoppelung des Angebots bis 2030

Für eine lebenswerte Zukunft und um die Klimakrise zu stoppen, müsse der ÖPNV bis 2030 verdoppelt werden. Doch im Moment werde das Angebot im Nah- und Regionalverkehr nicht besser, sondern schlechter: „Busse und Bahnen fallen aus, auch weil es nicht genug Fahrer:innen gibt. Lange Schichten, kaum Pausen und schlecht planbare Dienste, das alles nehmen die Beschäftigten auf sich, um uns täglich von A nach B zu bringen.

Den hohen Krankenstand und massiven Personalmangel, der durch die Arbeitsbelastung entstehe, bekämen alle Nutzenden zu spüren. Immer mehr Beschäftigte hörten auf. So führen immer weniger Busse und Bahnen statt mehr.

Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge

Tatsächlich ist ein verlässlicher und inklusiver ÖPNV mit ausreichend Bus- und Bahnverbindungen ist für alle gut und unverzichtbar. Personenbeförderung ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss darum auch ökologischen und sozialen Anforderungen gerecht werden und flächendeckend für Alle nutzbar sein. 

Deswegen fordern FFF und Ver.di Bund und Länder auf, endlich massiv in den Nah- und Regionalverkehr zu investieren. Nur so können zukünftig mehr Menschen entspannt Busse und Bahnen nutzen. Das wäre ein wichtiger Schritt für die sozial-ökologische Mobilitätswende.

Übersicht der Demos am 1. März 2024

Eine Übersicht zu allen lokalen Demonstrationen findet sich auf der Website von Fridays for Future.

Quellen: FFF, verdi.de,

Abbildung: Verdi, FFF: wirfahrenzusammen.png

Globaler Klimastreik 2023

Am 15. September 2023 findet der nächste globale Klimastreik statt. Weltweit erleben Menschen, wie unsere Lebensgrundlagen zerstört werden – die Klimakrise ist real. Doch anstatt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, gehen Politik und Wirtschaft in den Verdrängungsmodus und betreiben skrupelloses Greenwashing. 

In Deutschland hat die Klimabewegung mit dazu beigetragen, dass 2021 eine Regierung mit ambitionierten Zielen gewählt wurde. Damit hat sich die Bewegung aber unfreiwillig selber geschwächt. In der Hoffnung, das Regierungshandeln würde es jetzt schon richten, ist der Protest auf der Straße leiser geworden. Dazu kamen die EInschränkungen in der Corona-Zeit. Andere Aktionsformen beherrschten die Schlagzeilen und gaben den Handlangern der Fossilindustrie die Möglichkeit, heftig zurückzuschlagen.

Expertenrat für Klimafragen

Der Bundesregierung hat der Expertenrat für Klimafragen in seinem Bericht vom 22. August 2023 bescheinigt, dass sie mit dem Entwurf für ein Klimaschutzprogram 2023 kein Klimaschutzprogramm vorgelegt habe, das die Ziele in Summe über die Jahre 2021 bis 2030 erreiche, weder sektorenübergreifend als auch für einzelne Sektoren (Industrie, Gebäude und Verkehr). Diese Feststellung gelte bereits laut eigener Aussage der Bundesregierung. Zudem sei das Klimaschutzprogramm 2023 nicht geeignet, die Europäischer Klimaschutzverordnung einzuhalten.

Ein deutlicher Motivationschub von der Straße für die Ampelkoalition ist dringend nötig. Dabei müssen diejenigen benannt werden, die am heftigsten auf die Bremse treten. Je weniger Klimaschutz, desto teurer wird es.

Aber China!

Ein häufiger Einwand gegen Klimaschutzmaßnahmen hierzulande ist, die Anstrengungen brächten nicht viel, wenn Menschen in anderen Ländern nicht auch ihre Emissionen reduzieren würden. Der neue Climate Inequality Report  2023 entkräftet dieses Argument ein weiteres Mal. Darüber schreibt der Chef des DIW, Marcel Fratzscher, in einem Artikel in der ZEIT.

Der Bericht zeigt,

  • dass die reichsten Länder bei Weitem die höchsten CO₂-Emissionen haben,
  • dass die Ungleichheit innerhalb der Länder entscheidender ist, als die Ungleichheit zwischen den Ländern.
  • Einsparungen bei dem einen Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Emissionen sind deutlich leichter zu realisieren als bei den 50 Prozent mit den geringsten Emissionen.
  • Die Bekämpfung von Armut verursacht nur geringe zusätzliche CO₂-Emissionen.
  • Das Potenzial für erhebliche Einsparungen durch neue Produktionsmethoden oder ein anderes Konsumverhalten ist bei den zehn Prozent der größten Emittenten weltweit groß.

wer am meisten verursacht, kommt am besten davon

Zehn Prozent der reichsten Menschen verursachen die Hälfte aller CO₂-Emissionen und besitzen drei Viertel aller Kapazitäten, um effektive Einsparungen vorzunehmen. Sie tragen aber nur 3 Prozent des Schadens durch Klimawandel und den damit einhergehenden Dürren, Stürmen, Fluten und anderen Katastrophen. Die Hälfte der Weltbevölkerung mit den geringsten Emissionen dagegen erleidet 75 Prozent der globalen Schäden und trägt damit auch die Kosten des Klimawandels. 

Bisher sind die Regierungen daran gescheitert, durch Steuern, Regulierungen und gezielte Hilfen, das Ungleichgewicht zu verändern. Das muss auch am 15. September noch einmal ganz deutlich gemacht werden.

Quellen: FFF, Expertenrat Klima, Amtsblatt der Europäischen Union, ZEIT, Climate Inequality Report 2023

Abbildung: Fridays for Future FFF-Sept2023.jpg

Globaler Klimastreik am 23. September 2022

In knapp einem Monat wird wieder zu einem globalem Klimastreik aufgerufen. Angesichts der weltweit zunehmenden katastrophalen Auswirkungen der Erderwärmung verblassen alle – auch hier in FOKUS-Sozialrecht – behandelten sozialrechtlichen Änderungen, Plänen und Forderungen zu Nebenschauplätzen.

Generationengerechtigkeit

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem wegweisenden Urteil 2021 zum Klimaschutz die Generationengerechtigkeit betont, ohne die letztlich keine der weltweiten sozialen Probleme gelöst werden können. Grundlage für eine gerechte Welt, auch für die nachfolgenden Generationen, ist eine Welt, auf der alle Menschen die Möglichkeit haben zu überleben.

Entscheidungen für nachfolgende Generationen

Wenn die Staaten der Erde nicht sofort anfangen, umzusteuern, hinterlassen wir schon der nächsten Generation, unseren Kindern, die jetzt in Kindergärten und Schulen gehen, in Ausbildung sind oder gerade ihr Leben mit ihrer eigenen Familie aufbauen, eine Erde, die in weiten Teilen lebensfeindlich geworden ist. Alles hängt von den Entscheidungen ab, die jetzt getroffen werden.

Nur führen die Entscheidungen, die zur Zeit getroffen werden, und die Änderungen, die sie bewirken, uns geradewegs in eine 3 Grad wärmere Welt. Wären dieselben Maßnahmen und Entscheidungen vor 30 Jahren in die Wege geleitet worden, als das Ausmaß der drohenden Katastrophe schon bekannt war, es aber keiner glauben wollte, hätten wir eine Chance gehabt, das Schlimmste zu verhindern und die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.

Was sind schon 3 Grad? Dann ist es eben in Hamburg so warm wie jetzt in Madrid. Was soll daran so furchterregend sein?

Zusammenfassung vom Klimaforscher

Stefan Rahmstorf, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat in einem 30-Seiten-Papier beschrieben, was es bedeutet, in einer Welt zu leben, deren Durchschnittstemperatur um 3 Grad gestiegen ist. Die 3 Grad beziehen sich auf die globale Temperatur im späten 19. Jahrhundert. Bislang sind wir laut Weltklimarat bei 1,1 Grad Erwärmung angelangt. Die Auswirkungen sind deutlich.

Drei Grad

1,1 Grad weltweit bedeuten für Landgebiete jetzt schon eine mittlere Erwärmung von etwa 2 Grad, denn viele Landgebiete erwärmen sich etwa doppelt so rasch wie
der globale Mittelwert, der zu 70 Prozent aus Meerestemperaturen gebildet wird. Deutschland liegt jetzt bei 2,3 Grad Erwärmung. Drei Grad weltweit würde für Deutschland eine Erwärmung ungefähr 6 Grad bedeuten.

Gesundheitsgefahren

Das Kühlsystem des menschlichen Körpers funktioniert durch Schwitzen, also durch die Verdunstung von Wasser an der Hautoberfläche, und diese hängt von Temperatur und Luftfeuchtigkeit ab – je feuchter die Luft bereits ist, desto geringer ist ihre Fähigkeit, weiteren Wasserdampf aufzunehmen und desto schlechter läuft die Verdunstungskühlung. Die relevante Maßzahl für Hitzestress ist die Kühlgrenztemperatur: das ist die tiefste Temperatur, die sich durch direkte Verdunstungskühlung erreichen lässt. Dabei steht die Wasserabgabe einer feuchten Oberfläche mit dem Wasseraufnahmevermögen der umgebenden Luft im Gleichgewicht. Aufgrund der Verdunstungskälte liegt die Kühlgrenztemperatur in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte unterhalb der Lufttemperatur. Die Kühlgrenztemperatur spielt unter anderem für die Wärmeregulation von Lebewesen eine wichtige Rolle. Liegt sie zu hoch, können Organismen wie der Mensch keine Wärme mehr in die Umgebung abgeben und es kommt zu einer lebensbedrohlichen Überhitzung. Bei einer Luftfeuchte von 70 Prozent (typisch für Deutschland im Sommer) wird die selbst für gesunde Menschen nach einigen Stunden tödliche Kühlgrenztemperatur von 35 Grad bei einer Lufttemperatur von 40 Grad Celsius erreicht.

Weitere Gefahren

Gefährlich wird es, wie Rahmstorf beschreibt, durch Extremwetter, wie

  • Extremniederschläge
  • Dürren
  • Tropische Wirbelstürme,
  • Meersespiegelanstieg,
  • Eisschmelze

Kipppunkte

Dazu kommen die Kipppunkte, bei denen Ökosysteme „kippen“ und eine Rückkehr zum vorherigen Zustand ausgeschlossen ist. Die wichtigsten Kipppunkte sind

  • das Eis in der Arktis, Grönland und der Antarktis,
  • die Regenwälder und die borealen Wälder,
  • der Permafrostboden,
  • Korallenriffe und
  • die Atlantikzirkulation.

Fatalerweise hängen die Kipppunkte durch Wechselwirkungen voneinander ab, so dass sich Teilsysteme gegenseitig zum Umkippen bringen können.

Eine Erde voller Schrecken

Niemand könne genau vorhersagen, schreibt Rahmstorf, wie eine drei Grad wärmere Welt genau aussehe, aber ziemlich sicher „wäre diese Erde voller Schrecken für die Menschen, die sie erleben müssten. Wetterchaos mit tödlichen Hitzewellen, verheerenden Monsterstürmen und anhaltenden verbreiteten Dürren, die weltweite Hungerkrisen auslösen könnten. Steigende Meeresspiegel, die unsere Küsten verwüsten. Umkippende Ökosysteme, verheerendes Artensterben, brennende und verdorrende Wälder, versauerte Ozeane. Failed States, riesige Menschenzahlen auf der Flucht.“

Umschalten in den Krisenmodus

Noch besteht ein Funken Hoffnung, so Rahmstorfs Fazit, dass diese 3-Grad-Welt kein unvermeidliches Schicksal sei. Noch sei es sogar möglich, die Erwärmung auf nahe der 1,5-GradMarke zu begrenzen – was 2015 in Paris von allen Ländern einstimmig beschlossen wurde und wozu hierzulande fast alle Politiker Lippenbekenntnisse abgeben. Die weltweite Klimapolitik mache durchaus Fortschritte: Mit den beim Klimagipfel in Glasgow angekündigten Maßnahmen rückt die Begrenzung auf 2 Grad in Reichweite, wenn diese Maßnahmen nicht nur versprochen, sondern konsequent umgesetzt werden. Doch die Begrenzung auf 2 Grad reicht nicht aus. Um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, muss die Welt endlich in den ernsthaften Krisenmodus schalten, wie die jungen Menschen von Fridays for Future völlig zu Recht einfordern. Klimaschutz muss dazu die höchste Priorität bekommen.

Quellen: Stefan Rahmstorf: „Klima und Wetter bei 3 Grad mehr“, wikipedia, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: pixabay.com fridays-for-future-4161573_1280.jpg