15. Existenzminimumbericht

Die Bundesregierung hat dem Bundestag am 5. November 2024 den Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2026 (15. Existenzminimumbericht) als Unterrichtung zugeleitet.

Entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juni 1995 legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor. Der Existenzminimumbericht ist dabei prognostisch angelegt.

Rechtliche Grundlage

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 153 [169]) muss dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen zumindest so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Berücksichtigung von Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) – desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum).

Diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gelten sinngemäß auch für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums (Sachbedarf) eines Kindes.

Steuerfortentwicklungsgesetz

Der 15. Existenzminimumbericht beziffert das sächliche Existenzminimum für Alleinstehende im Jahr 2025 auf 11.940 Euro pro Jahr und 2026 auf 12.096 Euro pro Jahr. Derzeit liegt der steuerliche Freibetrag mit 11.604 noch darunter. Das im parlamentarischen Verfahren steckende Steuerfortentwicklungsgesetz sieht indes vor, den Grundfreibetrag 2025 auf 12.084 Euro und 2026 auf 12.336 Euro zu erhöhen. Der Kinderfreibetrag soll 2025 auf 6.672 Euro und 2026 auf 6.828 Euro steigen. Derzeit liegt er bei 6.384 Euro. Der Bericht beziffert das sächliche Existenzminimum für Kinder auf 6.648 Euro für 2025 und 6.696 Euro für 2026.

Das Steuerfortentwicklungsgesetz ist allerdings noch im parlamentarischen Verfahren. Es gibt dazu auch noch keine abschließende Beschlussempfehlung des Finanzausschusses. Es steht dort in dieser Woche auch nicht auf der Tagesordnung. 

Überblick des Existenzminimumberichts

Alleinst.Alleinst.EhepaareKinderKinder
Jahr20252026202620252026
Regelsatz6.7566.75612.1444.7644.764
Bildung und Teilhabe348348
Kosten der Unterkunft4.0924.2126.3241.2361.272
Heizkosten1.0921.1281.524300312
sächliches Existenzminimum11.94012.09619.9926.648*6.696*

* dazu kommt jeweils der Freibetrag für den Ausbildungsbedarf in Höhe von 2.928 Euro.

Rückwirkende Erhöhung 2024

Der Grundfreibetrag für Alleinstehende aus § 32a EStG und der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes aus § 32 EStG sollen rückwirkend für 2024 auf 11 784 Euro (Grundfreibetrag) und auf 6 612 Euro (Kinderfreibetrag) erhöht werden. (siehe FOKUS-Sozialrecht vom 16. August 2024).

Quellen: Bundestag, FOKUS Sozialrecht

Abbildung: AdobeStock_738693016-scaled.jpeg

Rückwirkende Freibetragserhöhung

Wie schon im Beitrag vom 19. Juli beschrieben, sollen mit dem 2. Jahressteuergesetz 2024 unter anderem der steuerliche Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag erhöht werden. Danach soll

  • der Grundfreibetrag um 300 Euro auf 12.084 Euro und
  • der steuerliche Kinderfreibetrag um 60 Euro auf 6.672 Euro

zum 1. Januar 2025 angehoben werden.

Wo die Zahlen herkommen

Um auf die im Gesetzentwurf angegebenen Erhöhungsbeträge von 300 Euro, bzw. 60 Euro zu kommen, müsste der Grundfreibetrag 2024 bei 11.784 Euro liegen und der Kinderfreibetrag bei 6.612 Euro.

Ein Blick ins Einkommensteuergesetz zeigt aber, dass die Beträge dort seit dem 1. Januar 2024 bei 11.604 Euro und 6.384 Euro betragen.

Anpassung erforderlich

Im Ende Juli vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 erklärt der Finanzminister, dass die Regelbedarfserhöhung 2024 höher als noch im 14. Existenzminimumbericht prognostiziert ausgefallen sei. Dies wirke sich auf die Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums für das Jahr 2024 aus. Nach Aktualisierung der Datenbasis infolge der höheren Fortschreibung der sozialrechtlichen Regelbedarfe ergebe sich ein Anpassungsbedarf bei den steuerlichen Freibeträgen zur Freistellung des sächlichen Existenzminimums von Erwachsenen bzw. Kindern.

Rückwirkend zum 1.Januar 2024

Mit der weiteren Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 180 Euro auf 11.784 Euro werde die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der einkommensteuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürger für das Jahr 2024 sichergestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe bei der Besteuerung von Familien ein Einkommensbetrag in Höhe des sächlichen Existenzminimums eines Kindes zuzüglich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung nicht besteuert werden. Der steuerliche Kinderfreibetrag werde für das Jahr 2024 entsprechend um 228 Euro auf 6.612 Euro angehoben.

Das Ganze wirkt sich rückwirkend zum 1. Januar 2024 aus, sobald das Gesetz verabschiedet ist. Dann passen auch wieder die Zahlen aus dem 2. Jahressteuergesetz 2024.

Quellen: Bundesregierung, Bundesfinanzministerium, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: AdobeStock_738693016-scaled.jpeg

Jetzt doch: Erhöhung der BAföG-Sätze

In seiner Stellungnahme zu den aktuellen BAföG Reformplänen hatte der Bundesrat es am 26. April 2024 für erforderliche gehalten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Bedarfssätze mindestens auf das Bürgergeld-Niveau anzuheben. Der derzeitige BAföG-Bedarf für Studierende liege mit 452 Euro deutlich unter dem Grundbedarf beim Bürgergeld in Höhe von 563 Euro. Eine derartige Ungleichbehandlung sei nicht zu rechtfertigen. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten sollten bei den Bedarfssätzen berücksichtigt werden, damit das BaföG existenzsichernd ausgestaltet sei.

Existenzsichernde Bedarfssätze

Auch die Mehrheit der Experten in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am letzten Mittwoch beanstandete die ausbleibende Erhöhung des BAföG-Grundbedarfs und forderte existenzsichernde Bedarfssätze.

Noch am gleichen Tag beschloss das Bundeskabinett genau das zu tun mit einer „Formulierungshilfe„, mit der in den Gesetzentwurf auch eine Erhöhung der Bedarfssätze eingebaut werden soll.

Bedarfssätze und Freibeträge steigen

Durch die nun vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungen sollen sowohl die Grundbedarfsätze als auch die Freibeträge und die Wohnkostenpauschale steigen. Konkret bedeutet dies, dass Grundbedarfsätze um 5 Prozent, die Freibeträge um insgesamt 5,25 Prozent und die Wohnkostenpauschale für auswärtswohnende Studierende und Schülerinnen und Schüler von 360 auf 380 Euro angehoben werden.

Aktuelle Änderungspläne sind nun:

  • Die Grundbedarfsätze des BAföG werden um fünf Prozent angehoben.
  • Die Wohnkostenpauschale für auswärtswohnende Studierende und Schülerinnen und Schüler wird von 360 auf 380 Euro angehoben.
  • Wer vor der Aufnahme eines Studiums bestimmte Sozialleistungen bezieht, hat einen Anspruch auf eine einmalige Studienstarthilfe in Höhe von 1.000 Euro. Sie wird als Zuschuss gewährt und muss nicht zurückgezahlt werden.
  • Die Freibeträge vom Einkommen der Eltern und der Ehe- oder Lebenspartnerin beziehungsweise -partner der Geförderten werden um insgesamt 5,25 Prozent angehoben.
  • Ebenso werden die Freibeträge, die bei der Darlehensrückzahlung gelten, um nun insgesamt 5,25 Prozent erhöht.
  • Der Freibetrag für eigenes Einkommen der Geförderten wird so angepasst, dass sie bis zum Umfang eines sogenannten Minijobs hinzuverdienen können, ohne dass es auf den BAföG-Anspruch angerechnet wird.
  • Es wird ein sogenanntes Flexibilitätssemester eingeführt, das allen Studierenden einmalig die Möglichkeit gibt, ohne Angabe von Gründen über die Förderungshöchstdauer hinaus für ein Semester weiter BAföG zu erhalten. Damit ist es zum Beispiel möglich, sich ganz auf die Abschlussarbeit zu konzentrieren, auch wenn die formale Regelstudienzeit leicht überschritten wird.
  • Ein Fachrichtungswechsel kann künftig ohne negative Folgen für den BAföG-Anspruch auch noch etwas später im Studium vorgenommen werden.
  • Zudem soll der bürokratische Aufwand bei der Beantragung und Bewilligung des BAföG reduziert werden. Dies soll beispielsweise durch angemessene Pauschalierungen und Verzicht auf Anrechnungsregelungen geschehen.

Keine Erhöhung der Mindestraten

Wie die Tagesschau berichtet, wird der ursprüngliche Plan, die Mindestraten (§ 18 BAföG) bei der BAföG-Rückzahlung von 130 auf 150 Euro im Monat zu erhöhen, nicht umgesetzt. Es bleibt dabei, dass maximal 10.010 Euro Schulden getilgt werden müssen, denn nach 77 abgezahlten Raten wird in der Regel der Rest erlassen.

Gültig ab August/Oktober 2024

Auch das BAföG für Schüler soll angehoben werden. Die vorgesehenen Änderungen des BAföG sollen zum Beginn des Schuljahres 2024/25 beziehungsweise zum Wintersemester 2024/25 in Kraft treten.

Quellen: Bundestag, Bundesregierung, Tagesschau, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: Fotolia_105362974_Subscription_XXL.jpg