EuGH zum Umgang mit Flüchtlingen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 1. August 2025 neben dem viel beachteten Urteil über die Kriterien zur Einstufung „sicherer Herkunftsstaaten“ auch eine Entscheidung über den Umgang mit Asylbewerbern veröffentlicht. Grundtenor: Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf einen unvorhersehbaren
Zustrom von Antragstellern auf internationalen Schutz berufen, um sich seiner Pflicht zur Deckung der Grundbedürfnisse von Asylbewerbern zu entziehen.
Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zu einer Haftung des betreffenden Mitgliedstaats führen.

Der Fall

Zwei Asylbewerber, ein afghanischer und ein indischer Staatsangehöriger, waren gezwungen, mehrere Wochen lang unter prekären Bedingungen in Irland zu leben, nachdem Irland es abgelehnt hatte, ihnen die im Unionsrecht im Rahmen der Aufnahme vorgesehenen Mindestleistungen zu gewähren. Denn die irischen Behörden gaben ihnen zwar jeweils einen Einzelgutschein über 25 Euro, stellten ihnen aber keine Unterkunft zur Verfügung, was sie damit begründeten, dass die hierfür vorgesehenen Aufnahmezentren ungeachtet der Verfügbarkeit vorübergehender individueller Unterkünfte in Irland belegt seien. Mangels Unterbringung in einem solchen Aufnahmezentrum hatten die beiden Antragsteller keinen Anspruch auf die im irischen Recht vorgesehenen Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs. Sie schliefen daher auf der Straße oder gelegentlich in prekären Unterkünften. Sie gaben an, nicht immer genug zu essen gehabt zu haben, nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Hygiene zu wahren, und sich angesichts ihrer Lebensbedingungen und der Gewalt, der sie ausgesetzt gewesen seien, in einer Notlage befunden zu haben. Sie erhoben beim Hohen Gericht (Irland) Klage auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens.

Höhere Gewalt?

Die irischen Behörden erkennen einen Verstoß gegen das Unionsrecht an, berufen sich jedoch auf einen Fall höherer Gewalt, der darin bestehe, dass die im irischen Hoheitsgebiet für Antragsteller auf internationalen Schutz üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft seien, da es nach dem Überfall auf die Ukraine einen massiven Zustrom von Drittstaatsangehörigen gegeben habe. Dagegen machen die irischen Behörden nicht geltend, dass sie objektiv daran gehindert worden wären, im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen zur Deckung der Grundbedürfnisse dieser Antragsteller zu gewähren.

Das Hohe Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob unter solchen Umständen die Haftung des Staates trotz der Pflichten aus der Aufnahmerichtlinie und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgeschlossen werden kann.

Grundbedürfnisse müssen gedeckt sein

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet sind, Antragstellern auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen zu gewähren, die einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, sei es in Form von Unterkunft, Geldleistungen, Gutscheinen oder einer Kombination davon. Diese Leistungen müssen die Grundbedürfnisse, einschließlich einer angemessenen Unterbringung, der betroffenen Personen decken und deren physische und psychische Gesundheit schützen.

Verstoß gegen das Unionsrecht

Ein Mitgliedstaat, der es – und sei es auch nur vorübergehend – unterlässt, einem Antragsteller, der nicht über ausreichende Mittel verfügt, diese materiellen Leistungen zu gewähren, überschreitet demnach offenkundig und erheblich den Spielraum, über den er bei der Anwendung der Richtlinie verfügt. Eine solche Unterlassung kann daher einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellen, der zu einer Haftung des betreffenden Mitgliedstaats führt.

Zwar sieht das Unionsrecht eine eng begrenzte Ausnahmeregelung vor, die es ermöglicht, die Aufnahmemodalitäten anzupassen, wenn die für Antragsteller auf internationalen Schutz üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind, jedoch darf diese Regelung nur in begründeten
Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt angewandt werden.

Eng begrenzte Ausnahmeregelungen

Diese Regelung ist u. a. dann anwendbar, wenn ein massiver und unvorhersehbarer Zustrom von Drittstaatsangehörigen zu einer vorübergehenden Vollauslastung der
Aufnahmekapazitäten führt. Aber auch in diesem Fall sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten unter allen Umständen die Grundbedürfnisse der betroffenen Personen im Einklang mit der in der Charta der Grundrechte verankerten Pflicht zur Achtung der Menschenwürde decken müssen.

Im vorliegenden Fall gibt es, so der EuGH, keinen Anhaltspunkt dafür, dass Irland objektiv daran gehindert worden wäre, seine Pflichten dadurch zu erfüllen, dass es den Antragstellern eine Unterkunft außerhalb des üblicherweise für ihre Unterbringung vorgesehenen Systems zur Verfügung stellt – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme – oder ihnen Geldleistungen oder Gutscheine gewährt.

Quellen: curia.europa.eu (Pressereferat des EuGH), Amtsblatt der Europäischen Union, FOKUS-Sozialrecht

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Können es nur noch die Gerichte richten? – Fortsetzung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 1. August 2025 in den Rechtssachen C-758/24 und C-759/24 über die Kriterien zur Einstufung „sicherer Herkunftsstaaten“ entschieden. Er stellte dabei zwei zentrale Anforderungen auf:

  • Erstens müssen die EU-Mitgliedstaaten die Informationsquellen, auf denen ihre Bewertungen beruhen, offenlegen, damit eine effektive gerichtliche Überprüfung möglich ist.
  • Zweitens muss ein Land in seiner Gesamtheit für alle Personengruppen Schutz bieten; die bloße Sicherheit für bestimmte Gruppen (etwa Mehrheitsbevölkerung) reicht nicht aus, um als „sicher“ zu gelten.

Albanien-Modell

Hintergrund war Italiens sogenanntes „Albanien-Modell“, in dessen Rahmen Asylanträge ausgewiesener Männer aus als sicher eingestuften Herkunftsstaaten im Ausland, nämlich in Lagern in Albanien, in Schnellverfahren geprüft werden sollten. Der EuGH beanstandete, dass der italienische Gesetzgebungsakt von Oktober 2024 keine Transparenz über die zugrundeliegenden Erkenntnisquellen bot und damit weder Betroffene noch Gerichte eine rechtliche Nachprüfung ermöglichten. Zudem betonte das Gericht, dass Staaten, die bestimmte Gruppen – etwa LGBTQ-Personen – nicht schützen, bis zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) im Juni 2026 grundsätzlich nicht als „sicher“ eingestuft werden dürfen.

Reaktionen

  • Italien: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte das Urteil scharf und bezeichnete es als „beunruhigend“ und „überraschend“. Sie warf dem EuGH vor, seine Zuständigkeiten zu überschreiten und die Entscheidung über die Migrationspolitik nationalen Richtern zu überlassen. Meloni betonte, dass die Verantwortung für die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten bei der Politik liege.
  • DIE ZEIT zieht das Fazit, dass der EuGH damit die Hürden für beschleunigte Asylverfahren spürbar erhöht hat. Die Entscheidung treffe vor allem das Prestigeprojekt von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und stelle eine deutliche Einschränkung nationaler Souveränität dar. Bis zum Inkrafttreten der neuen EU-Asylregelung dürften Mitgliedstaaten nur Staaten nennen, deren gesamtes Staatsvolk umfassend geschützt ist.
  • Die Tagesschau hebt hervor, dass Abschiebungen aus der EU künftig noch schwerer werden. Die Transparenz- und Vollständigkeitsanforderungen des EuGH bedeuten, dass Beschleunigungsverfahren in Drittstaaten wie im „Albanien-Modell“ nur noch unter engen Voraussetzungen stattfinden können.
  • PRO ASYL kritisiert das Urteil als Alarmsignal gegen „return hubs“ außerhalb Europas. Die Menschenrechts-Organisation warnt, dass durch Intransparenz und pauschale Inhaftierungen in Rückführungszentren menschenrechtliche Standards unterlaufen werden und fordert stattdessen faire, rechtsstaatliche Verfahren innerhalb der EU.

Pläne des Innenministers

In Deutschland wird das Urteil ebenfalls aufmerksam verfolgt, da auch hier per Rechtsverordnung sichere Herkunftsstaaten bestimmt werden sollen. Das EuGH-Votum dürfte die Bundesregierung zu weiteren Anpassungen ihres Gesetzentwurfs zwingen.

Quellen: curia.europa.eu, Merkur, ZEIT, Tagesschau, pro asyl, Bundesinnenministerium

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EuGH Urteil zu Freizügigkeit und Sozialleistungen

Obwohl es sich bei dem zugrunde liegenden Fall um Rumänen in Irland handelt, hat dieses Urteil auch für Deutschland Bedeutung. Familienangehörige, denen von einer als Arbeitnehmer*in tätigen Unionsbürger*in Unterhalt geleistet wird (bzw.: wurde), haben stets einen Anspruch auf Leistungen nach SGB II oder XII. Eine Ablehnung mit Verweis auf die dann wegfallende Unterhaltsleistung und das fehlende Freizügigkeitsrecht ist unzulässig. Auch die Verweigerung von Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX oder Leistungen in besonderen sozialen Schwierigkeiten oder anderen Lebenslagen nach dem SGB XII ist unzulässig.

Der Fall

Eine rumänische Staatsangehörige ist die Mutter einer rumänischen und irischen Staatsangehörigen, die in Irland wohnt und dort arbeitet. Die Mutter zog 2017 ihrer Tochter nach Irland hinterher und hält sich dort seither als Verwandte in gerader aufsteigender Linie einer Arbeitnehmerin mit Unionsbürgerschaft rechtmäßig auf. Im Jahr 2017 verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Mutter infolge ihrer Arthritis. Daher stellte sie nach irischem Recht einen Antrag auf Gewährung von Invaliditätsbeihilfe. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Mutter im Fall der Beihilfegewährung nicht mehr von ihrer Tochter unterhalten würde, sondern die irischen Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nähme und somit ihr Aufenthaltsrecht verlieren würde. Ein irisches Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht dieser Ablehnung entgegensteht.

Die Entscheidung

Der Gerichtshof stellt fest, dass das Unionsrecht einer Regelung entgegensteht, die es erlaubt, einem Verwandten in gerader aufsteigender Linie, dem von einem Arbeitnehmer mit Unionsbürgerschaft Unterhalt gewährt wird, eine Sozialhilfeleistung zu versagen oder sogar das Recht, sich für mehr als drei Monate in diesem Mitgliedstaat aufzuhalten, zu entziehen, weil die Gewährung der Sozialhilfeleistung dazu führen würde, dass er keinen Unterhalt mehr von diesem Wanderarbeitnehmer beziehen und damit die Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nehmen würde.

Begründung

Ein Verwandter in gerader aufsteigender Linie, dem von einem Arbeitnehmer mit Unionsbürgerschaft Unterhalt gewährt wird, ist mittelbarer Nutznießer der diesem Arbeitnehmer zuerkannten Gleichbehandlung. Wenn man diesem Verwandten in gerader aufsteigender Linie eine Sozialhilfeleistung, die für den Wanderarbeitnehmer eine „soziale Vergünstigung“ darstellt, versagte, wäre dieser Wanderarbeitnehmer in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt. Die Eigenschaft als Verwandter in aufsteigender Linie, dem „Unterhalt gewährt“ wird, darf durch die Gewährung einer Sozialhilfeleistung im Aufnahmemitgliedstaat nicht berührt werden. Andernfalls könnte die Gewährung einer solchen Leistung dem Betroffenen die Eigenschaft eines Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt wird, nehmen und folglich die Streichung dieser Leistung oder sogar den Verlust seines Aufenthaltsrechts rechtfertigen. Eine solche Lösung würde es in der Praxis dem Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt wird, verbieten, diese Leistung zu beantragen.

Da der Wanderarbeitnehmer im Rahmen seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit Abgaben an den Aufnahmemitgliedstaat entrichtet, trägt er zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen dieses Mitgliedstaats bei. Er muss davon daher unter den gleichen Bedingungen profitieren können wie die inländischen Arbeitnehmer.
Daher kann das Ziel, eine übermäßige finanzielle Belastung für den Aufnahmemitgliedstaat zu vermeiden, eine Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und inländischen Arbeitnehmern nicht rechtfertigen.

Fazit

Ein Verwandter in gerader aufsteigender Linie eines Arbeitnehmers aus der Union kann, wenn ihm durch diesen Unterhalt gewährt wird, Sozialhilfeleistungen
beantragen, ohne dass dadurch sein Aufenthaltsrecht in Frage gestellt wird.

Quellen: EuGH, tacheles e.V.

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EuGH über Familiennachzug

Bisher gab die deutsche Aufenthaltsgesetzgebung und die zugehörigen Verwaltungsvorschriften es nicht her, dass eine Familienzusammenführung auch möglich ist, wenn das Kind inzwischen volljährig geworden ist. Mit diesen Regelungen verstößt Deutschland gegen EU-Recht. Dies geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor, dass nun veröffentlicht wurde.

„…verstößt gegen Unionsrecht“

Die Ablehnung der Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familienzusammenführung an den Elternteil eines während dieses Verfahrens volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings verstößt gegen das Unionsrecht. Gleiches gilt für den Fall, dass ein solcher Antrag von einem minderjährigen Kind gestellt wird, das volljährig geworden ist, bevor sein Vater als Flüchtling anerkannt wurde und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung.

Ziel der Richtlinie

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass das Ziel der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2013 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung darin besteht, die Familienzusammenführung zu begünstigen und Drittstaatsangehörigen, insbesondere Minderjährigen, Schutz zu gewähren. Der Gerichtshof weist auch darauf hin, dass die Richtlinie im Licht des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Verbindung mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls auszulegen und anzuwenden ist.

180-Grad-Wende

Der Zeitpunkt der Antragstellung und nicht der Zeitpunkt der Entscheidungsfindung sei entscheidend für die Beurteilung der Minderjährigeneigenschaft des betreffenden Flüchtlings.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach, laut Spiegel-online, von einer „guten Nachricht für zerrissene Familien“. Dies bedeute für Deutschland eine „180-Grad-Wende“.

Weiteres Urteil

Auch ein weiteres EuGH-Urteil stärkt die Rechte minderjähriger Flüchtlinge. Ein Antrag eines Minderjährigen auf internationalen Schutz darf nicht mit der Begründung als unzulässig abgelehnt werden, dass seinen Eltern bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz zuerkannt worden ist.

Der auf einem in einem anderen Mitgliedstaat bereits gewährten Schutz beruhende Unzulässigkeitsgrund ist nämlich nur dann erlaubt, wenn der Antragsteller selbst bereits internationalen Schutz genießt.

Quellen: EuGH, Spiegel vom 1.8.2022

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Aktuelle Urteile des EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg ist das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union (EU). Heute, am 1.8.2022, wurden zwei Urteile veröffentlicht, die hier in FOKUS-Sozialrecht behandelte Themen betreffen.

Kindergeld für EU-Ausländer

Ein Unionsbürger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Aufnahmemitgliedstaat begründet hat, kann nicht deshalb während der ersten drei Monate seines Aufenthalts vom Bezug von Kindergeld ausgeschlossen werden, weil er keine Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit in diesem Mitgliedstaat bezieht. Sofern er sich rechtmäßig aufhält, genießt er grundsätzlich Gleichbehandlung mit den inländischen Staatsangehörigen.

3 Monat kein Kindergeld

Eine Familienkasse lehnte es ab, in den ersten drei Monaten des Aufenthalts in Deutschland Kindergeld an eine nach Deutschland gezogene Unionsbürgerin für ihre drei Kinder zu zahlen. Die Klage dagegen wurde abgewiesen, das Gericht forderte aber Klärung beim EuGH.

Jeder hat drei Monate Aufenthaltsrecht

Der EuGH weist darauf hin, dass jeder Unionsbürger, auch wenn er wirtschaftlich nicht aktiv ist, das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten hat, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht, solange er und seine Familienangehörigen die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.

Kindergeld ist keine Sozialleistung

Der Aufnahmemitgliedstaat kann zwar gemäß einer im Unionsrecht zu diesem Zweck vorgesehenen Ausnahmebestimmung einem wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürger in den ersten drei Monaten seines Aufenthalts eine Sozialhilfeleistung verweigern. Kindergeld stellt aber keine Sozialhilfeleistung im Sinne dieser Ausnahmebestimmung dar. Es wird nämlich unabhängig von der persönlichen Bedürftigkeit seines Empfängers gewährt und dient nicht der Sicherstellung seines Lebensunterhalts, sondern dem Ausgleich von Familienlasten.

Rettungsschiffe dürfen nicht grundlos kontrolliert werden

Schiffe humanitärer Organisation, die eine systematische Tätigkeit der Suche und Rettung von Personen auf See ausüben, können vom Hafenstaat einer Kontrolle unterzogen werden Festhaltemaßnahmen kann der Hafenstaat jedoch nur im Fall einer eindeutigen Gefahr für die Sicherheit, die Gesundheit oder die Umwelt treffen. In den konkreten Fällen ging es um das Festsetzen von Rettungsbooten von Seawatch in Italien. Der EuGH betont, dass die Pflicht besteht, Personen in einer Gefahren- oder Notlage auf See Hilfe zu leisten. Das heißt auch, dass die Flüchtlinge nicht auf dem Schiff festgehalten werden dürfen. Sollte es konkrete Anhaltspunkt wegen Sicherheitsmängeln oder sonstiges geben, könne anschließend eine Sicherheitsüberprüfung stattfinden.

Quellen: EuGH, FOKUS-Sozialrecht

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