Globaler Klimastreik 2023

Am 15. September 2023 findet der nächste globale Klimastreik statt. Weltweit erleben Menschen, wie unsere Lebensgrundlagen zerstört werden – die Klimakrise ist real. Doch anstatt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, gehen Politik und Wirtschaft in den Verdrängungsmodus und betreiben skrupelloses Greenwashing. 

In Deutschland hat die Klimabewegung mit dazu beigetragen, dass 2021 eine Regierung mit ambitionierten Zielen gewählt wurde. Damit hat sich die Bewegung aber unfreiwillig selber geschwächt. In der Hoffnung, das Regierungshandeln würde es jetzt schon richten, ist der Protest auf der Straße leiser geworden. Dazu kamen die EInschränkungen in der Corona-Zeit. Andere Aktionsformen beherrschten die Schlagzeilen und gaben den Handlangern der Fossilindustrie die Möglichkeit, heftig zurückzuschlagen.

Expertenrat für Klimafragen

Der Bundesregierung hat der Expertenrat für Klimafragen in seinem Bericht vom 22. August 2023 bescheinigt, dass sie mit dem Entwurf für ein Klimaschutzprogram 2023 kein Klimaschutzprogramm vorgelegt habe, das die Ziele in Summe über die Jahre 2021 bis 2030 erreiche, weder sektorenübergreifend als auch für einzelne Sektoren (Industrie, Gebäude und Verkehr). Diese Feststellung gelte bereits laut eigener Aussage der Bundesregierung. Zudem sei das Klimaschutzprogramm 2023 nicht geeignet, die Europäischer Klimaschutzverordnung einzuhalten.

Ein deutlicher Motivationschub von der Straße für die Ampelkoalition ist dringend nötig. Dabei müssen diejenigen benannt werden, die am heftigsten auf die Bremse treten. Je weniger Klimaschutz, desto teurer wird es.

Aber China!

Ein häufiger Einwand gegen Klimaschutzmaßnahmen hierzulande ist, die Anstrengungen brächten nicht viel, wenn Menschen in anderen Ländern nicht auch ihre Emissionen reduzieren würden. Der neue Climate Inequality Report  2023 entkräftet dieses Argument ein weiteres Mal. Darüber schreibt der Chef des DIW, Marcel Fratzscher, in einem Artikel in der ZEIT.

Der Bericht zeigt,

  • dass die reichsten Länder bei Weitem die höchsten CO₂-Emissionen haben,
  • dass die Ungleichheit innerhalb der Länder entscheidender ist, als die Ungleichheit zwischen den Ländern.
  • Einsparungen bei dem einen Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Emissionen sind deutlich leichter zu realisieren als bei den 50 Prozent mit den geringsten Emissionen.
  • Die Bekämpfung von Armut verursacht nur geringe zusätzliche CO₂-Emissionen.
  • Das Potenzial für erhebliche Einsparungen durch neue Produktionsmethoden oder ein anderes Konsumverhalten ist bei den zehn Prozent der größten Emittenten weltweit groß.

wer am meisten verursacht, kommt am besten davon

Zehn Prozent der reichsten Menschen verursachen die Hälfte aller CO₂-Emissionen und besitzen drei Viertel aller Kapazitäten, um effektive Einsparungen vorzunehmen. Sie tragen aber nur 3 Prozent des Schadens durch Klimawandel und den damit einhergehenden Dürren, Stürmen, Fluten und anderen Katastrophen. Die Hälfte der Weltbevölkerung mit den geringsten Emissionen dagegen erleidet 75 Prozent der globalen Schäden und trägt damit auch die Kosten des Klimawandels. 

Bisher sind die Regierungen daran gescheitert, durch Steuern, Regulierungen und gezielte Hilfen, das Ungleichgewicht zu verändern. Das muss auch am 15. September noch einmal ganz deutlich gemacht werden.

Quellen: FFF, Expertenrat Klima, Amtsblatt der Europäischen Union, ZEIT, Climate Inequality Report 2023

Abbildung: Fridays for Future FFF-Sept2023.jpg

Keine Kindergrundsicherung ist zu teuer

Die Kindergrundsicherung, so wie die Familienministerin sie will, sei zu teuer, so des Finanzmisnisters Kurzfassung seiner Blockade der Umsetzung eines wichtigen Punktes im Koalitionsvertrag.

Folgekosten des Nichtstuns

Nun stellt sich raus, dank einer vom DIW veröffentlichen Studie, keine Grundsicherung ist viel teurer. Während die FDP sich noch empört darüber zeigt, dass die Familienministerin ein Gesetz zur Unternehmenssteuersenkung blockiere, wohl wissend, dass sie selber in den letzten Monaten eine ganze Reihe dringender Klimaschutzgesetze blockiert, torpediert und verwässert haben, stellt sich wieder mal heraus, dass Nichtstun in gesellschafts- und umweltpolitischen Fagen ungleich höhere Folgekosten bringen wird. Auch das Märchen, die Familienministerin habe kein Konzept, wird durch stänige Wiederholung nicht wahrer. (siehe hier und hier)

Bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe ist das allen mittlerweile klar. Leider gibt es auch in der Ampelkoalition noch einflussreiche Politiker, die weiter Politik im Sinne der Fossilindustrie machen.

Zentrales Vorhaben

Die Kindergrundsicherung ist nach dem Koalitionsvertrag eines der zentralen familien- und sozialpolitischen Vorhaben in dieser Legislaturperiode, um bessere Chancen für Kinder und Jugendliche zu schaffen: Zum einen durch die Bündelung sozial- und familienpolitischer Leistungen und zum anderen durch eine Erhöhung des Grundbedarfs.

Studie im Auftrag der Diakonie

Die Diakonie Deutschland hat am Freitag in Berlin eine Kurzexpertise vorgestellt, die zur Versachlichung der Debatte beitragen soll. Die Kurzexpertise, die DIW Econ, eine Beratungstochter des DIW Berlin, im Auftrag der Diakonie Deutschland erstellt hat, stellt umfassend das Ausmaß der Kinderarmut in Deutschland dar und erörtert die gesellschaftlichen Folgekosten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Teilhabe. Darüber hinaus zeigt die Kurzexpertise auf, welche Effekte eine Erhöhung der monetären Hilfen für Kinder in armen Haushalten auf das Armutsrisiko der Betroffenen hätte.

Die von Familienministerin Lisa Paus anfangs genannten zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung hält die Diakonie Deutschland für nicht ausreichend. Notwendig wären mindestens 20 Milliarden Euro. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten vergangener und aktueller Kinderarmut in Deutschland schätzt eine aktuelle OECD-Studie (Clarke et al 2022) auf jährlich etwa 3,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Das ist etwa der zehnfache Betrag: 110 bis 120 Milliarden Euro.

Kernaussagen der Studie:

  • Zwischen 2010 und 2021 stieg der Anteil von Kindern, die von Einkommensarmut betroffen sind, von 18,2% auf 20,8 %. Der Bevölkerungsdurchschnitt lag 2021 bei 16,6%.
  • Schon vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation war mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland gefährdet, aktuell ist nach den Daten des Statistischen Bundesamtes knapp jedes vierte Kind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
  • In zwei Dritteln der EU-Staaten ist der Anteil der armutsgefährdeten Kinder geringer als in Deutschland.
  • Knapp 2 Mio. (1,9 Mio.) Kinder unter 18 Jahren leben nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit in Bedarfsgemeinschaften mit Bürgergeld-Bezug, davon mehr als die Hälfte in Haushalten von Alleinerziehenden (zu 95 Prozent Frauen).
  • Bei der Diskussion um die Kindergrundsicherung dürfen nicht nur die Kosten für den Bundeshaushalt Maßstab sein. Vielmehr müssen auch die insgesamt mit Kinderarmut verbundenen gesamtgesellschaftlichen Kosten und die finanzielle Belastung für den Staat durch die entsprechende Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung berücksichtigt werden.
  • Insbesondere lassen sich zwei Folgekosten von Kinderarmut feststellen: Erstens erhöhte öffentliche Ausgaben für Gesundheitsversorgung sowie höhere Auszahlungen in den Sozialversicherungssystemen; zweitens ist der Wert der entgangenen wirtschaftlichen Aktivität und der geringeren Produktivität ein wichtiger Faktor.
  • Die in der DIW-Studie herausgestellten Zusammenhänge zwischen Kinderarmut und ihren Auswirkungen auf Gesundheit, Bildung und soziale Teilhabe lassen darauf schließen, dass die Kosten für den Staat in den sozialen Sicherungssystemen erheblich sind.
  • Eine aktuelle OECD-Studie schätzt die gesellschaftlichen Gesamtkosten durch vergangene und aktuelle Kinderarmut in Deutschland auf jährlich etwa 3,4 Prozent des BIP, dies sind über 100 Milliarden Euro.
  • Investitionen in Kinder zahlen sich langfristig aus und führen zu erheblichen Einsparungen bei den sonst entstehenden gesellschaftlichen Folgekosten.
  • Durch gezielte Investitionen in die Gesundheitsversorgung, Bildung und soziale Unterstützung von Kindern können langfristige Vorteile erzielt werden. Gesunde und gut ausgebildete Kinder haben deutlich bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben mit höherem Einkommen und einer geringeren Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung.
  • Die DIW-Kurzexpertise zeigt, dass die geltenden familien- und sozialpolitischen Regelungen ein massives soziales Ungleichgewicht haben. Kinderarmut kann nur dann wirksam bekämpft und verhindert werden, wenn die Kindergrundsicherung entsprechend ausgestattet wird und existenzsichernd ist.
  • In der DIW-Studie werden verschiedene Szenarien der Kindergrundsicherung auf ihre Einkommenseffekte untersucht. Von der Einführung einer Kindergrundsicherung profitieren die besonders von Armut betroffenen Alleinerziehendenhaushalte und Paare mit mindestens drei Kindern am stärksten – dabei umso mehr, je stärker der Fokus auf einer Erhöhung des Existenzminimums liegt und nicht nur auf einer reinen Verwaltungsvereinfachung.

Nachtrag

Von Kinderarmut seien vor allem Familien betroffen, die seit 2015 nach Deutschland eingewandert seien, sagte der FDP-Politiker am 20.8. im „Bericht aus Berlin“. Ob er damit ein paar AFD-Stimmen holen will, um die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen? Das wird nicht gelingen. Die Leute, die er damit gewinnen will, wählen erfahrungsgemäß immer das Original.

Quellen: DIW, Diakonie, Tagesschau, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung:  pixabay.com children-593313_1280.jpg