Medizinische Behandlungszentren

Mit der Einführung des  § 119c SGB V durch das GKV – Versorgungsstärkungsgesetz im Juli 2015 sollten Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen geschaffen werden, die fachlich unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Behandlung bieten.

Auf eine Anfrage der FDP-Fraktion antwortete die Bundesregierung, sie rechne mit einem stetigen Anstieg der Zahl medizinischer Behandlungszentren zur Behandlung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB).

Im Jahr 2015 seien insgesamt 5 Neuanträge auf Ermächtigung eines MZEB gestellt worden, 2016 seien es schon 52 gewesen, heißt es in der Antwort weiter. 2014 seien vier Anträge positiv beschieden worden, im Jahr darauf 28.

Daten für 2017 lägen noch nicht vollständig vor. Auch über die Zahl der in Deutschland derzeit aktiven MZEB kann die Bundesregierung keine Angaben machen.

Diese sogenannten MZEBs sollen in einem gestuften Versorgungssystem – in Anlehnung an die Sozialpädiatrischen Zentren – von Patientinnen und Patienten aufgesucht werden können, wenn sie aufgrund der Art, Schwere oder Komplexität ihrer Behinderung eine adäquate medizinische Versorgung durch Haus- und Fachärzte nicht mehr erlangen können.

In den MZEBs werden diese Patientinnen und Patienten nun die Möglichkeit haben, von interdisziplinären Teams Diagnostik und Therapie zu erhalten. Dort sollen die speziell wegen der Behinderung benötigten Gesundheitsleistungen an einem Ort und mit vertretbarem Aufwand „aus einem Guss“ erbracht werden. Es gibt daher die Möglichkeit, dass ein MZEB auch zahnärztliche Leistungen anbietet. Zudem können nichtärztliche, insbesondere psychologische, therapeutische und psychosoziale Leistungen, erbracht werden, wenn sie erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen (§ 43b SGB V).

Quellen: Bundestag-Drs. 19/3551; Solex – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation – Medizinische Behandlungszentren

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Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern

Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) sollen ausreichende Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern eingeführt werden.

Krankenhausfinanzierung

Die Betriebskosten der Krankenhäuser werden hauptsächlich durch Fallpauschalen nach dem DRG-System finanziert. DRG (Diagnosis Related Groups) diagnosebezogene Fallgruppen, ist ein einheitliches, an Diagnosen geknüpftes Fallpauschalen-System. Voraussetzung für die Eingruppierung eines Patienten in eine DRG ist die Verschlüsselung einer Hauptdiagnose und ggf. von behandlungsrelevanten Nebendiagnosen als ICD-Code (ICD – Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) sowie der wesentlichen, am Patienten durchgeführten Leistungen (Prozeduren) als OPS-Code (OPS – Operationen und Prozeduren Schlüssel). Die DRG-Fallgruppen werden über einen vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) erstellten und veröffentlichten Algorithmus ermittelt. Daraus werden in einem komplitiertem Verfahren die abrechenbaren Kosten ermittelt, die die Kassen dann den Krankenhäusern zahlen.
Aus diesem System sollen mit Einführung des PpSG die Kosten für das Pflegepersonal herausgerechnt werden (§ 17b Abs.4 Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG).

Pflegebudget

Aufgrund der dadurch ermittelten Daten wird für jedes Krankenhaus ein Pflegebudget errechnet (§ 6a Krankenhausentgeltgesetz – KHEntG).

Ziel ist es, Pflegepersonalkosten zukünftig besser und unabhängig von Fallpauschalen zu vergüten. Zugleich sollen die Transparenz und Leistungsorientierung der pflegerischen Versorgung gestärkt werden. Hierzu wird die Krankenhausvergütung beginnend ab dem Jahr 2020 auf eine Kombination des DRG – Systems mit einer krankenhausindividuellen Pflegepersonalkostenvergütung umgestellt.

Personaluntergrenzen

Die Einrichtung von Personaluntergrenzen wurde schon Mitte 2017 im § 137i SGB V geregelt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft sollen danach im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung pflegesensitive Bereiche im Krankenhaus festlegen, für die sie spätestens bis zum 30. Juni 2018 mit Wirkung zum 1. Januar 2019 verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen für alle zugelassenen Krankenhäuser vereinbaren.
Der durch das PpSG geplante neue § 137j SGB V dient der Verbesserung der Pflegepersonalausstattung in den Krankenhäusern sowie der Gewährleistung von Patientensicherheit in der pflegerischen Patientenversorgung und ergänzt  damit die mit diesem Gesetz unternommenen Maßnahmen zur Stärkung der Pflege im Krankenhaus sowie die Vorschrift des § 137i, die die Einführung von
Pflegepersonaluntergrenzen bezogen auf pflegesensitive Bereiche vorsieht. Da eine unzureichende Ausstattung mit Pflegepersonal aber nicht nur in pflegesensitiven Bereichen, sondern in allen Krankenhausbereichen und für alle dort pflegerisch zu versorgenden Fälle für eine nicht patientengefährdende Versorgung relevant ist, sind Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegepersonalausstattung in Bezug auf das gesamte Krankenhaus erforderlich.

Pflegepersonalquotient

Zentrales Instrument zur Verbesserung der Pflegepersonalausstattung der Krankenhäuser auf Gesamthausebene und der Sicherung der  Versorgungsqualität in der pflegerischen Patientenversorgung ist der  Pflegepersonalquotient, der das Verhältnisses zwischen den Vollzeitkräften im Pflegedienst eines Krankenhauses und dem in dem jeweiligen Krankenhaus
anfallenden Pflegeaufwand. Durch die Bildung dieses Quotienten wird deutlich, wie viel Pflegepersonal ein Krankenhaus im Verhältnis zu dem in seinem Haus anfallenden Pflegeaufwand einsetzt. Dieser Quotient wird vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) jährlich für jedes Krankenhaus auf der Grundlage der ihm von den Krankenhäusern übermittelten Daten berechnet.
Durch Vergleich der für jedes Krankenhaus berechneten Quotienten kann deutlich gemacht werden, welche Krankenhäuser im Verhältnis zu dem anfallenden Pflegeaufwand viel oder wenig Pflegepersonal einsetzen.

Verordnung oder Einigung

Aufgrund der Daten kann der Bundesgesundheitsminister ein Rechtsverordnung erlassen, mit der auf Grundlage des erstellten Vergleichs der Krankenhäuser untereinander eine Untergrenze auf Gesamt-Krankenhausebene eingeführt wird.
Wenn sich der Gesamtverband der Krankenversicherung (GKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) darauf eineigen, auf welchem Niveau die Personaluntergrenze für Kliniken liegen soll, ist eine Verordnung nicht nötig. Zur Zeit vertreten die Krankenkassen die Auffassung, dass ein Viertel der Kliniken mit der schlechtesten Personalquote ihr Personal aufstocken oder ihre Leistungsvolumen abbauen müssen; die DKG ist der Meinung, dass nur die letzten zehn Prozent der Kliniken ihr Personal auf den niedrigsten Wert der übrigen 90 Prozent der Kliniken anpassen müssen.

Quelle: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals

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Verbesserungen für Pflege in Pflegeeinrichtungen

Mehr Pflegekräfte

Der Entwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) sieht vor, dass alle Einrichtungen der vollstationären Altenpflege einschließlich der Kurzzeitpflege in Deutschland im Rahmen des Sofortprogramms bei ihrer täglichen Leistungserbringung unterstützt werden, ohne dass dies mit einer finanziellen Belastung der von der Pflegeeinrichtung versorgten Pflegebedürftigen verbunden ist.

Rechtsanspruch auf mehr Personal

Rechtsgrundlage ist der § 8 SGB XI, hier der im PpSG geplante neue Absatz 6.  Hier erhalten die Einrichtungen unmittelbar einen gesetzlichen Anspruch, auf Antrag schnell und unbürokratisch zusätzliche Pflegefachkräfte durch einen Zuschlag finanziert zu bekommen:

  • Einrichtungen mit bis zu 40 Plätzen erhalten jeweils einen Zuschlag zur Finanzierung einer halben zusätzlichen Pflegestelle,
  • Einrichtungen mit 41 bis zu 80 Plätzen einen Zuschlag zur Finanzierung einer zusätzlichen Pflegestelle,
  • Einrichtungen mit 81 bis zu 120 Plätzen einen Zuschlag zur Finanzierung von anderthalb zusätzlichen Pflegestellen und
  • Einrichtungen ab 121 Plätzen einen Zuschlag zur Finanzierung von zwei zusätzlichen Pflegestellen.

So sollen etwa 13.000 neue Stellen in der stationären Altenpflege geschaffen werden.

Ziel

Ziel ist es, insbesondere den Aufwand im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in der stationären Altenpflege pauschal teilweise abzudecken.

Voraussetzung

Voraussetzung ist, dass es sich um zusätzliches Pflegepersonal handelt. Mit den zusätzlichen Pflegekräften erhalten die Pflegebedürftigen einen erhöhten Anspruch auf mehr Pflege. Es muss sich hierbei grundsätzlich um Pflegefachkräfte handeln. Soweit es der Pflegeeinrichtung innerhalb von 3 Monaten nicht gelingt, Pflegefachkräfte zu finden, ist ein Vergütungszuschlag auch für Pflegehilfskräfte zulässig.

Finanzierung

Zur Finanzierung dieser speziellen Leistung an die Einrichtungen zahlen die Krankenkassen jährlich 640 Millionen Euro an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung. Die privaten Pflegeversicherungen beteiligen sich anteilig mit pauschal 44 Millionen Euro im Jahr.

Quelle: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals

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Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Das Bundeskabinett hat am 1.8.2018 den Entwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) beschlossen, das unter anderem das „Sofortprogramm Pflege“ umsetzt soll. Die wesentlichen Schwerpunkte des Gesetzentwurfes, der im übrigen nicht auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen ist, werden hier aufgelistet. Einzelne dieser Maßnahmen werden in den nächsten Tagen an dieser Stelle ausführlicher beschrieben.

Verbesserung der Pflege im Krankenhaus:

  • Jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegestelle am Bett wird vollständig von den Krankenkassen finanziert.
  • Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf für Pflegekräfte werden zeitlich befristet gefördert.
  • Die krankenhausindividuellen Pflegepersonalkosten für die Patientenversorgung wird über ein Pflegebudget vergütet. Es um eine Personaluntergrenze für Kliniken. Hier streiten sich die Krankenversicherungen (GKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) zur Zeit noch darüber, auf welchem Niveau die Personaluntergrenze liegen soll. Gäbe es keine Einigung, könnte die Personaluntergrenze auch durch eine Verordnung geregelt werden.
  • Tarifsteigerungen für das Pflegepersonal werden vollständig durch die Kassen finanziert.
  • Die Bedingungen zur Schaffung von Ausbildungsplätzen wird verbessert.
  • Zusatzentgelte für erhöhten Pflegeaufwand sollen auf einer gesicherten Datengrundlage abgerechnet werden können.
  • Der Krankenhausstrukturfonds mit einem Volumen von bis zu einer Milliarde Euro jährlich wird für die Dauer von vier Jahren bis 2022 fortgeführt wird.

Stärkung des Pflegepersonals in der Altenpflege:

  • Vollstationäre Pflegeeinrichtungen können zusätzliche Pflegekräfte einstellen, die von der Krankenversicherung in vollem Umfang finanziert werden. Die geplante Neuregelung sieht etwa 13.000 neue Stellen für stationäre Pflegeeinrichtungen vor.
  • Pflegeheime und Pflegedienste erhalten Zuschüsse, wenn sie Anschaffungen
    digitaler oder technischer Ausrüstung tätigen, die die Pflegekräfte in ihrer Arbeit entlasten.
  • Maßnahmen und Angebote, die auf eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf für die Pflegekräfte zielen, werden unterstützt.
  • Das Antragsverfahren für Krankenfahrten von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen vom Pflegeheim und der eigenen Häuslichkeit zur ambulanten Behandlung beim Facharzt und Zahnarzt wird vereinfacht.
  • Die Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und stationären Pflegeeinrichtungen soll weiter verbessert und vereinfacht werden und Impulse für den Einsatz von elektronischer Kommunikation gegeben werden; zudem
    wird der Anwendungsbereich der Nutzung von Sprechstunden per Video als telemedizinische Leistung erweitert.

Weitere geplante Maßnahmen:

  • Im ländlichen Raum soll eine Stärkung der ambulanten Alten- und Krankenpflege durch eine bessere Honorierung der Wegezeiten erreicht werden.
  • Der Zugang zu medizinischen Rehabilitationsleistungen für pflegende
    Angehörige soll weiter erleichtert werden.
  • Die betriebliche Gesundheitsförderung in Krankenhäusern und bei Pflegeeinrichtungen soll gestärkt werden.
  • Änderung des IfSG (Infektionschutzgesetz): die Länder sollen vor dem  Hintergrund der Migrationsbewegungen in die Lage versetzt werden, Gesundheitsuntersuchungen für alle Personengruppen vorzusehen, die aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Lebenssituation wahrscheinlich einem erhöhten  Infektionsrisiko für bestimmte schwerwiegende übertragbare Krankheiten ausgesetzt waren.

Quelle: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals

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Rechtsanspruch auf Brückenteilzeit hilft nur wenigen

Das Bundeskabinett hat am 13. Juni 2018 dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts und zur Einführung einer Brückenteilzeit zugestimmt. Danach wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf eine zeitlich befristete Teilzeit und eine danach erfolgende Rückkehr in die Vollzeittätigkeit gestaltet. Dies sollte vor allem Müttern helfen, nach der Kinderphase wieder in einen vollwertigen Job zurückzufinden

Für einen großen Anteil der teilzeitbeschäftigten Mütter bleibt der Anspruch aber ohne Wirkung, da Teilzeitanspruch nach diesem Gesetz nur für Unternehmen gilt, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion geht hervor, dass im Dezember 2017 von den 37,4 Mio. Beschäftigten 13,7 Millionen in Teilzeit arbeiteten, darunter 10 Millionen Frauen. In Betrieben mit bis zu 45 Beschäftigten arbeiten von den insgesamt 14,4 Millionen Beschäftigte 7,5 Mio Frauen. Von den 14,4 Mio Beschäftigten arbeiten 6,6 Millionen in Teilzeit. Leider geht aus den Zahlen nicht hervor, wieviel teilzeitbeschäftigte Mütter in diesen Betrieben bis 45 Mitarbeiter arbeiten.
Stattdessen wird Auskunft über Betriebe bis 50 Mitarbeitern im Jahr 2016 gegeben: von den insgesamt 5,1 Millionen teilzeitbeschäftigten Müttern in Deutschland sind 3,15 Millionen in einem Betrieb mit weniger als 50 Mitarbeitern tätig.
Immerhin kann man daraus schließen, dass für eine erhebliche Zahl von Müttern der Rechtsanspruch auf Rückkehr aus der Teilzeit gar nicht in Frage kommt.

Quellen:  Bundestag-Drs. 19/3593, Nachricht der Fraktion die Linke im Bundestag

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Neuregelung des Familiennachzugs ab 1.8.2018

Zum 1. August tritt das Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs in Kraft. Es regelt den Nachzug von engsten Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten.
Am 18.3.2016 wurde der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten durch eine Neufassung des § 104 Abs.13 AufenthG für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt, diese Aussetzung wurde noch einmal bis 31.7.2018 verlängert.
Mit dem neuen Gesetz hat sich die Bundesregierung darauf festgelegt, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten nicht länger als Anspruch auszugestalten, obwohl es seit 2015 einen zahlenmäßig deutlichen Rückgang der Asylanträge und bei der Gewährung von subsidiärem Schutz gibt.

Eine Kontigentierung und Begrenzung auf 1000 Fälle pro Monat ist aus verfassungs- und menschenrechtlicher Sicht äußerst bedenklich. Insbesondere bei einem vollständigen Ausschluss bei unbegleiteten Minderjährigen durch das Erreichen des monatlichen Kontingents erscheint die Begrenzung auf 1.000 Personen im Monat als nicht vereinbar mit der UN-Kinderrechtskonvention. Über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Aussetzung des Familiennachzugs hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden. Das Gericht hält die Frage vielmehr ausdrücklich für offen und klärungsbedürftig. (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.03.2018, 2 BvR 1266/17)

Mit diesem Gesetz wird eine Ungleichbehandlung von anerkannten Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention und subsidiär Schutzberechtigten festgelegt mit der Begründung, dass der Schutzstatus regelmäßig für kürzere Zeit vergeben wird als der Asylstatus. Allerdings trifft diese Einordnung keinerlei Aussage darüber, wie lang die Bleibeperspektive der Betroffenen einzuschätzen ist. Der subsidiäre Schutz kann verlängert werden. Ob eine Person gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtling anerkannt wird oder einen subsidiären Schutzstatus erhält, scheint in der Praxis oft nicht eindeutig auf der Hand zu liegen. Dies zeigen vor allem die vielen erfolgreichen Klagen von Personen mit subsidiärem Schutzstatus, denen durch die Verwaltungsgerichte ein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird.

Quellen: FamiliennachzugsneuregelungsgesetzBT-Drs. 19/385, Amnesty International, Bundesverfassungsgericht

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Bundesverfassungsgericht zur Fixierung von Psychiatriepatienten

Die Fixierung von Patienten stellt einen Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person dar. Bei einer nicht nur kurzfristigen Fixierung sämtlicher Gliedmaßen – länger als eine halbe Stunde – handelt es sich um eine Freiheitsentziehung, für die Art. 104 Abs. 2 GG den weiteren, verfahrensrechtlichen Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung vorsieht. Diese Maßnahme ist auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die den Richtervorbehalt abermals auslöst, von einer richterlichen Unterbringungsanordnung also nicht gedeckt ist. Daher ist Gesetzgeber aufgefordert, verfahrensrechtliche Bestimmungen für die richterliche Anordnung freiheitsentziehender Fixierungen zu treffen.

Verhandelt wurden zwei Fälle aus Bayern und Baden-Württemberg, in denen Patienten mehrere Stunden an Armen, Beinen und Bauch, bzw. an Armen, Beinen, Bauch, Brust und Stirn fixiert wurden. Die Verfassunsbeschwerden waren erfolgreich. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit dem heute verkündetem Urteil die einschlägige Vorschrift des Landes Baden-Württemberg für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der baden-württembergische und der bayerische Gesetzgeber – der bislang keine spezielle Rechtsgrundlage für Fixierungen erlassen hat – verpflichtet sind, bis zum 30. Juni 2019 einen verfassungsgemäßen Zustand herbeizuführen.

Sollte es nicht möglich sein, rechtzeitig eine richterliche Entscheidung einzuholen, wenn etwa akute Selbstmordgefahr besteht, so muss die Entscheidung unverzüglich nachgeholt werden. Das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss. Um den Schutz des Betroffenen sicherzustellen, bedarf es in diesem Zusammenhang eines täglichen richterlichen Bereitschaftsdienstes, der den Zeitraum von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr abdeckt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht

Abbildung: Hindrichs/Fährmann

Teilhabechancengesetz

Am 15.6. berichteten wir hier über Neue Instrumente zur Förderung von Langzeitarbeitslosen. Es lag ein Referententwurf zur Änderung des SGB II vor. Mittlerweile ist daraus ein Gesetzentwuf der Bundsregierung geworden unter dem Titel „Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (Teilhabechancengesetz – 10. SGB II-ÄndG) “

Im Wesentlichen wird der § 16e SGB II verändert und ein § 16i neu eingeführt werden. Hier die Unterschiede zwischen Referenten- und Regierungsentwurf

Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i)

In der aktuellen Fassung des Gesetzentwurfs können nun ausschließlich Leistungsbeziehende gefördert werden, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sieben Jahren Hartz-IV-Leistungen beziehen. In einem früheren Entwurf wurden noch sechs Jahre Leistungsbezug als Zugangsvoraussetzung formuliert.

Eingliederung von Langzeitarbeitslosen (§16e)

Hier heißt es nun, eine Förderung mit diesem Instrument ist nur dann möglich, wenn andere Maßnahmen, wie Bewerbungstraining oder andere aktivierende Maßnahmen nicht gegriffen haben.

„sehr arbeitsmarktfern“

In der Gesetzesbegründung heißt es, die neuen Instrumente zielen auf hauptsächlich auf sehr arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose. Unter sehr arbeitsmarktfernen Personen sind diejenigen Leistungsbezieher zu verstehen, bei denen durch eine Häufung von Vermittlungshemmnissen (höheres Lebensalter, fehlende oder entwertete Qualifikation, gesundheitliche Beeinträchtigung o. a.) keine oder nur sehr geringe Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt bestehen. Um den „richtigen“ Personen die Unterstützung angedeihen zu können, wird auf die Jobcenter ein ganzes Stück Verwaltungsaufwand zukommen, um die oben genannten Kriterien zu überprüfen.

Begrenzung auf Mindestlohn

Die Begrenzung der Förderung auf den Mindestlohn könnte für diejenigen Arbeitgeber problematisch werden, die aufgrund tariflicher Vereinbarungen höhere Löhne zahlen. Sie wären gegenüber Arbeigebern, die nur Mindestlohn bezahlen, benachteiligt.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales 

Abbildung: fotolia – fottoo

Geringverdiener: Gleitzone wird zu Einstiegsbereich

Wie hier im Beitrag über den  Referentenentwurf eines Rentenleistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetzes am 17.7. beschrieben, soll die bisherige Gleitzone, in der Beschäftigte mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01 bis 850,00 Euro verringerte Arbeitnehmerbeiträge zahlen, zu einem sozialversicherungsrechtlichen Einstiegsbereich weiterentwickelt werden: Die Obergrenze der Beitragsentlastung wird auf 1.300 Euro angehoben und es wird sichergestellt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. Durch die Ausweitung der oberen Entgeltgrenze des Einstiegsbereichs (bisher Gleitzone) auf zukünftig 1 300 Euro im Monat werden geringverdienende sozialversicherungspflichtige Beschäftigte im Einstiegsbereich durch eine reduzierte Beitragstragung entlastet.

Midijobber

Arbeitnehmer, die ein Gehalt im Rahmen der Gleitzone (450 bis 850 Euro) beziehen, werden allgemein als Midijobber bezeichnet. Zukünftig würden also Midijobber im Rahmen des Einstiegsbereichs zwischen 450 und 1300 Euro verdienen. Durch die Midijob-Regelung des § 163 Abs.10 SGB VI wird vermieden, dass der vom Arbeitnehmer zu zahlende Beitragsanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen bei einem Verdienst oberhalb der 450-Euro-Grenze abrupt ansteigt. Anstelle der für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer üblichen Beitragsbelastung (circa 21 Prozent des Arbeitsentgelts) steigt die Abgabenlast für Midijobber progressiv an.

Formel zur Beitragsberechnung

Mit Hilfe der in § 163 Abs.10 SGB VI festgeschriebenen Formel:
F × 450 + ([850/(850 – 450)] – [450/(850 -450)] × F) × (AE – 450)
wird für die Beitragsberechnung im Midijob eine reduzierte beitragspflichtige Einnahme ermittelt. Sie entspricht nicht dem tatsächlichen Arbeitsentgelt.

  1. Zunächst wird der Gesamtbeitrag der Sozialversicherung errechnet auf grund der reduzierten beitragspflichtigen Einnahme.
  2. Im zweiten Schritt wird der Arbeitgeberanteil vom tatsächlichen Entgelt errechnet.
  3. Zuletzt ergibt sich der Arbeitnehmeranteil durch die Differenz zwischen Gesamtbeitrag und Arbeitgeberanteil.

Die Formel soll nun dahingehend geändert werden, dass die Zahl 850 durch 1300 ersetzt wird. Also:
F × 450 + ([1300/(1300 – 450)] – [450/(1300 -450)] × F) × (AE – 450).

In beiden Formeln hängt der Faktor F mit der Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zusammen und beträgt im Jahr 2018: 0,7514. (0,3 geteilt durch den aktuellen Gesamtsozialversicherungsbeitrag)

Auswirkungen

Die Änderung der Formel bedeutet, dass nun auch Beschäftigte mit Verdiensten zwischen 850 und 1300 Euro weniger mit Abgaben belastet werden. Auch für Midijobber mit Verdiensten bis 850 Euro ergibt sich eine weitere Reduzierung der Abgaben.

Entgeltpunkte aus tatsächlichem Entgelt

Die Entgeltpunkte für Beitragszeiten aus einer Beschäfti­gung im Einstiegsbereich sollen ab 1.1.2019 immer aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt ermittelt werden. Zur Zeit werden die Entgeltpunkte noch aus der reduzierten beitragspflichtigen Einnahme ermittelt, es sei denn der Arbeitnehmer erklärte schriftlich gegenüber ihrem Arbeitgeber, dass sie volle Rentenversicherungsbeiträge nach dem tatsächlichen Entgelt zahlen möchten. Dies würde dann ab 2019 nicht mehr nötig sein.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales 

Abbildung: pixabay.com: Goumbik

Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß

Das Bundesverfassungsgericht hat am 18.7.2018 die an die Wohnung geknüpfte Beitragsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestätigt. Mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei allerdings, dass auch für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag zu leisten ist.

Keine Steuer

Klargestellt hat das Verfassungsgericht, dass es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag im finanzverfassungsrechtlichen Sinn handele, der für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, die Möglichkeit der Rundfunknutzung, erhoben wird. Daher sei es rechtens, dass für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben.

Als Gegenleistung zum Rundfunkbeitrag erhalte der Beitragszahler die Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner Funktion als nicht allein dem ökonomischen Wettbewerb unterliegender, die Vielfalt in der Rundfunkberichterstattung gewährleistender Anbieter, der durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen Orientierungshilfe biete. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks habe beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen könne, aber nicht notwendig empfangen müsse.

Beitrag pro Wohnung

Den Rundfunkbeitrag pro Wohnung zu erheben, sei vom Spielraum des Gesetzgebers gedeckt. Durch statistische Erhebungen sei nachgewiesen, dass Rundfunk typischerweise in der Wohnung empfangen werde, häufig auch gemeinschaftlich. Den Beitrag an die Empfangsgeräte anzuknüpfen, sei nicht mehr praktikabel und kaum noch kontrollierbar. Dabei spiele es keine Rolle, ob in der Wohnung tatsächlich Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden. Die Gesetzgeber dürfen die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgeräts vorsehen. Maßgeblich ist, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Sie ist stets gegeben, weil den Beitragsschuldnern durch das Beschaffen von entsprechenden Empfangsgeräten ein Empfang im gesamten Bundesgebiet möglich ist.

Zweitwohnungen

Die Bemessung des Beitrags bei Zweitwohnungen verstoße allerdings gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit. Soweit Wohnungsinhaber nach der derzeitigen Regelung für eine Wohnung bereits zur Leistung eines Rundfunkbeitrags herangezogen worden sind, ist der Vorteil bereits abgegolten; Zweitwohnungsinhaber würden für den gleichen Vorteil mehrfach herangezogen. Durch eine Neuregelung bis spätestens 30.6.2020 müsse der Gesetzgeber dem Rechnung tragen. Ab sofort könnten sich Inhaber einer Zweitwohnung, die bereits für eine Erstwohnung zahlen, auf Antrag vom Beitrag für die Zweitwohnung befreien lassen.

gewerbliche Nutzung

Im gewerblichen Bereich sei die Regekung über die Zahlung der Rundfunkgebühren verfassungsgemäß. Hier knüpft der Beitrag an die „Betriebsstätte“ an, und richtet sich gestaffelt nach der Anzahl der Mitarbeiter. Für betrieblich genutzte Autos gilt: Eins pro Betriebsstätte ist frei, für jedes weitere fällt ein Drittel des Rundfunkbeitrags an. Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs, so das Gericht, vermittele den Betriebsstätteninhabern einen Vorteil. Sie könnten sich aus dem Rundfunkangebot Informationen für den Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung ihrer Beschäftigten und ihrer Kundschaft nutzen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht

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