Intensivpflegestärkungsgesetz beschneidet Wahlmöglichkeiten

Gesundheitsminister Jens Spahn hat einen Referentenentwurf für ein Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) vorgelegt. Damit soll ein neuer § 37c im SGB V eingeführt werden, der die neue Leistung „Außerklinische Intensivpflege“ regelt.

Gesetzesbegründung

In der Gesetzesbegründung heißt es, Versicherte mit außerklinischen, intensivpflegerischen Versorgungsbedarfen erhalten künftig die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege auf Grundlage der neu geschaffenen Spezialvorschrift des § 37c; Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 werden in diesen Fällen nicht mehr erbracht. Die Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c werden regelhaft in Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach § 43 des Elften Buches erbringen, oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten, die strengen Qualitätsanforderungen unterliegen, erbracht. In Ausnahmefällen, wenn die Unterbringung in einer solchen Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die außerklinische Intensivpflege auch im Haushalt des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden.

Gegen den Willen in Heime?

Die häusliche Krankenpflege ermöglicht es pflegebedürftigen Patienten, vor allem aber auch behinderten Menschen, die auf eine dauerhafte Beatmung angewiesen sind, ambulant und damit in den eigenen vier Wänden zu leben.
Mit dem nun vorgestellten Gesetzesentwurf soll hingegen die stationäre Unterbringung in speziellen Einrichtungen für alle “Versicherte mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege” zur Regel werden.

Das heißt konkret: Viele behinderte Menschen werden gegen ihren Willen in vollstationäre Heime oder spezielle Beatmungs-Einheiten verbracht. Ausgenommen von dieser Regel sind nur Kinder und Jugendliche, die bei ihren Eltern und ihrem Zuhause bleiben dürfen. Alle anderen können nur dann in der eigenen Wohnung bleiben, wenn eine andere Unterbringung schlicht unmöglich oder für sie unzumutbar ist.

Reaktionen

Der Sozialverband VdK begrüßte Spahns Pläne. „Beatmungs-WGs sind derzeit Heime ohne Heimaufsicht. Niemand weiß, was dort hinter verschlossenen Türen passiert“, sagte Präsidentin Verena Bentele. Intensivpflege gehöre in professionelle Einrichtungen mit geprüfter Qualität. Der stellvertretende Chef des Spitzenverbands der gesetzlichen Kassen, Gernot Kiefer, betonte, die Patienten schneller und öfter zum selbstständigen Atmen zu bringen, müsse ein zentrales Anliegen sein. Fehlanreize zu beseitigen, sei daher dringend nötig.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es überfällig, die Versorgung der 30 000 ambulanten Beatmungspatienten einheitlich zu regeln. Es sei aber zu unterscheiden, ob sie in den eigenen vier Wänden oder einer von 800 Beatmungs-WGs lebten. Wenn Spahn das Leben schwerst kranker Patienten daheim praktisch unterbinden wolle, sei das „ein gravierender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht“, warnte Vorstand Eugen Brysch. Ein Drittel der Betroffenen könne nicht von der Beatmung entwöhnt werden. Viele dieser Menschen wollten daher zu Hause versorgt werden und in der gewohnten Umgebung bleiben.

Petition

Mittlerweile gibt es auch eine Petition gegen das Gesetz. Darin geißt es: „Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Skandal. Er missachtet die Würde von Menschen, dringt in ihren Alltag ein und diskriminiert sie. Vordergründig möchte das Gesetz die Qualität der Versorgung verbessern. In Wirklichkeit geht es aber um Kostensenkungen, wie die Gesetzesbegründung selbst sagt. Das erkennt man schon dadurch, dass die beabsichtigte Regelung völlig ungeeignet zur Erreichung des angeblichen Gesetzesziels ist: Gegen Betrug durch Abrechnungen in so genannten Beatmung-WGs gibt es Strafgesetze, die konsequent angewendet werden müssen. Gegebenenfalls müssen hier Kontrollmechanismen etabliert werden.“

Quellen abilitywatch.de, VDK, tp-tagespflege.net, change.org

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Neues ab 1.8.2019

Die meisten Neuerungen im August haben mit dem Beginn des neuen Schuljahrs, des neuen Semesters, Ausbildungsjahrs oder Kindergartenjahrs zu tun. In Kraft treten Teile

  • des „Gute-Kita-Gesetzes“,
  • des „Starke-Familien-Gesetzes“,
  • der Reform der Berufsausbildungsbeihilfe,
  • der BAföG-Reform und
  • des Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetzes

Gute-Kita-Gesetz

Um einkommensschwache Familien bei den Kosten für die Kindertagesbetreuung zu entlasten wird der § 90 SGB VIII geändert. Nun werden nicht nur wie bisher schon Empfänger von Sozialleistungen von den Kitagebühren befreit, sondern auch Familien mit geringem Einkommen, die Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.

Starke-Familien-Gesetz

  • Das Schulstarterpaket wird von 100 auf 150 Euro erhöht.
  • Die Eigenanteile der Eltern für das Mittagessen in Kitas und Schulen sowie für die Schulbeförderung entfallen.
  • Der Anspruch auf Lernförderung besteht künftig unabhängig von einer Versetzungsgefährdung.
  • Die Beantragung auf finanzielle Unterstützung für Nachhilfe oder Schulfahrten wird erleichtert.
  • Der Zuschuss für Vereinsbeiträge steigt von 10 auf 15 Euro pro Monat.

Berufsausbildungsbeihilfe

Der Höchstbetrag der Berufsausbildungsbeihilfe für Auszubildende wird zum 1. August von 622 Euro auf 716 Euro pro Monat angehoben.
Das Ausbildungsgeld im ersten und zweiten Jahr des Berufsbildungsbereichs einer Werkstatt für behinderte Menschen beträgt ab 1. August 2019 117,- Euro. Eine Abstufung zwischen beiden Jahren im Berufsbildungsbereich (bislang 67,- Euro im ersten Jahr und 80,- Euro im zweiten Jahr) entfällt.

BAföG

  • Die Bedarfssätze werden um 5 Prozent angehoben werden. Der Höchstbetrag steigt von 735 auf 835 Euro pro Monat.
  • Der Wohnkostenzuschuss für BAföG-Berechtigte, die nicht bei ihren Eltern leben, steigt von 250 Euro auf 325 Euro.
  • Die Einkommensfreibeträge werden um 7 Prozent angehoben.
  • Der Krankenversicherungszuschlag steigt von 71 auf 84 Euro, der Pflegeversicherungszuschlag steigt von 15 auf 25 Euro.

Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz

  • Leistungen der Ausbildungsförderung im SGB III werden von Aufenthaltsstatus oder Voraufenthaltszeiten entkoppelt.
  • Bestimmter Leistungen der aktiven Arbeitsförderung für Menschen mit Aufenthaltsgestattung bereits während der ersten Monate des Aufenthalts werden entfristet.
  • Zugang für einen größeren Personenkreis mit Aufenthaltsgestattung und Duldung zu den Kursen der berufsbezogenen Deutschförderung.
  • Anspruch auf ALG I auch während der Teilnahme an einem Integrationskurs.

Quellen: Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht

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Übernahme von erforderlichen Reisekosten bei einer stationären medizinischen Rehabilitation für pflegende Angehörige

Im Hebammenreformgesetz, das noch in der parlamentarischen Beratung ist und zum 1.1.2020 in Kraft treten soll, hat die Bundesregierung eine Klarstellung, bzw. Ergänzung zum Pflegepersonal-Stärkungsgesetz untergebracht.

Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde zum. 1. Januar 2019 der gesetzliche Anspruch eingeführt, dass die Krankenkassen auch die Kosten der Versorgung des Pflegebedürftigen  in der Kurklinik übernehmen muss, wenn der pflegende Angehörige eine medizinische Rehabilitation verschrieben bekommen hat. Vergessen wurde allerdings eine Regelung, wie es mit der Übernahme der Reisekosten aussieht. 

In Artikel 2 des Gesetzentwurfs wird § 60 Abs. 5 SGB V neu gefasst und damit klargestellt, dass die Krankenkassen bei einer stationären medizinischen Rehabilitation für pflegende Angehörige auch die Reisekosten für die Pflegebedürftigen im Falle ihrer Mitnahme übernehmen.

In § 73 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden Reisekosten als Oberbegriff geregelt, unter die auch die Fahrkosten fallen. In § 60 Absatz 5 SGB V wird deshalb ebenfalls ausschließlich der Oberbegriff der Reisekosten verwendet.

Bei einer medizinischen Rehabilitation für pflegende Angehörige sollen die Krankenkassen auch die für die Pflegebedürftigen erforderlichen Reisekosten entsprechend § 73 Absatz 1 und 3 SGB IX übernehmen, wenn die Pflegebedürftigen in derselben Rehabilitationseinrichtung wie die pflegenden Angehörigen versorgt werden (§ 40 Absatz 3 Satz 2 SGB V). Aus diesem Grund wird der für die Versicherten bestehende Anspruch auf die Übernahme der Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 SGB IX bei pflegenden Angehörigen auf die entsprechenden Reisekosten für den Pflegebedürftigen ausgeweitet.

Für den Fall, dass die Pflegebedürftigen in einer anderen als in der Einrichtung des pflegenden Angehörigen versorgt werden (§ 40 Absatz 3 Satz 3), hat die Krankenkasse des pflegenden Angehörigen ebenfalls die Reisekosten im entsprechenden Leistungsumfang der Regelung des § 73 Absatz 1 und 3 SGB IX zu übernehmen. Dies stellt sicher, dass in beiden Konstellationen auch derselbe Leistungsanspruch hinsichtlich dieser Kosten besteht.

Ergibt sich der Anspruch auf Versorgung des Pflegebedürftigen in diesen Fällen im Rahmen der Leistung der Kurzzeitpflege aus § 42 des Elften Buches, hat die für den Pflegebedürftigen zuständige Pflegekasse der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen diese Kosten zu erstatten.

Die Ergänzung zu den Reisekosten soll rückwirkend zum 1.1.2019 gelten.

Quelle: Paritätischer Gesamtverband, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

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Empfehlungen zur Bedarfsdeckung in der Hilfe zur Pflege (SGB XII)

Der Deutsche Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat Empfehlungen veröffentlicht, wie auf Grundlage des SGB XII bestehende Bedarfe von Personen ohne Pflegegrad oder im Pflegegrad 1 in der Hilfe zur Pflege ermittelt und gedeckt werden können und empfehlen dem Gesetzgeber zu überprüfen, ob weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

Mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) werden die Regelungen im Siebten Kapitel des SGB XII (= Hilfe zur Pflege) neu strukturiert und an den seit 1. Januar 2017 geltenden Pflegebedürftigkeitsbegriff angepasst. Der sozialhilferechtliche Pflegebedürftigkeitsbegriff alter Fassung war gegenüber dem seit dem 1. Januar 2017 geltenden pflegeversicherungsrechtlichen Begriff insoweit offener, als er eine flexible Öffnungsklausel für Pflegebedürftige unterhalb der formalen Schwelle zur Pflegebedürftigkeit und jenseits der üblichen Unterstützungsbedarfe enthielt. Das hat zur Folge, dass Personen, die keinen Pflegegrad erreicht haben (früher sog. „Pflegestufe 0“ in der Hilfe zur Pflege), keine Leistungen der Hilfe zur Pflege mehr erhalten. Die überwiegende Zahl an Personen, die bisher in der Pflegestufe 0 waren, profitieren jedoch von der Ausweitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes auf kognitive Einschränkungen und erhalten Pflegegrad 1 oder 2. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 erhalten in der Hilfe zur Pflege im Wesentlichen den sog. Entlastungsbetrag nach § 66 SGB XII von bis zu 125 € monatlich.

Es gibt aber Fälle, bei denen es zu einer Finanzierungs- bzw. Versorgungslücke kommen kann, wenn bestehende Bedarfe nicht oder nicht ausreichend durch die Hilfe zur Pflege gedeckt werden können.

Bedarfe ermitteln

Der Deutsche Verein empfiehlt den Trägern der Sozialhilfe, die Bedarfsermittlung, Beratung und Hilfeplanung durch Pflegefachkräfte oder vergleichbar qualifizierte Berufsgruppen durchzuführen. Ergänzend kann es sinnvoll sein, einen kommunalen Sozialdienst einzubeziehen. Im Hinblick auf eine älter werdende Bevölkerung empfiehlt der Deutsche Verein den Kommunen, ihre sozialen Dienste einschließlich des öffentlichen Gesundheitsdienstes entsprechend zu qualifizieren und ihre Kompetenzen auszubauen.

Für Personen mit Pflegegrad 1 sind die Leistungen der Hilfe zur Pflege begrenzt, da entsprechend des neuen Begutachtungsinstruments nur von einer geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit auszugehen ist. Dennoch kann eine Unterstützung notwendig sein, die nicht durch die für den Pflegegrad 1 vorgesehenen Leistungen gedeckt werden kann. Gleiches gilt für die Fälle, in denen kein Pflegegrad festgestellt wurde, aber dennoch Unterstützungsbedarf besteht.

Bedarfssicherung

Zur Sicherstellung dieses Bedarfs schlägt der Deutsche Verein für die Praxis der Träger der Sozialhilfe die Prüfung folgender Anspruchsgrundlagen vor:

  • Reicht der Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € zur Bedarfsdeckung nicht aus, können Unterstützungsleistungen bei der Haushaltsführung als Hilfe zur Weiterführung des Haushalts nach § 70 SGB XII gewährt werden.
  • Die Anwendung des § 71 SGB XII (Altenhilfe) sollte geprüft weden, um Bedarfslagen von Personen ohne Pflegegrad oder mit Pflegegrad 1 zu decken. Ziel der Altenhilfe ist die Deckung einer zusätzlichen, aus den körperlichen, seelischen oder geistigen Alterserschwernissen herrührenden Bedarfslage.
  • Auch die Regelung des § 27a Abs. 4 SGB XII kann in Frage kommen, selbst wenn die Person keinen regelmäßigen Leistungsbezug der Hilfe zum Lebensunterhalt hat. Zum Beispiel, wenn bestimmte Tätigkeiten aufgrund von Einschränkungen der Selbstständigkeit nicht eigenständig durchgeführt werden können (z.B. Putzen, Einkaufen oder die Zubereitung von Mahlzeiten).
  • Aufstockung der Krankenkassenleistung nach § 39c SGB V durch die Hilfe zur Pflege: § 39c SGB V sieht Leistungen der Krankenkasse für die Kurzzeitpflege von Personen vor, die aufgrund einer akuten schweren Krankheit, nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation zu Hause nicht angemessen versorgt werden können, die jedoch aufgrund der Bedarfsprognose nicht dauerhaft, d.h. weniger als voraussichtlich sechs Monaten pflegebedürftig i.S.d. SGB XI sind. Die Krankenkassenleistung kann durch die Leistungen nach § 63 SGB XII aufgestockt werden, sofern zumindest eine kurzzeitige Pflegebedürftigkeit entsprechend des Pflegegrades 2 vorliegt. Der Träger der Sozialhilfe muss von sich aus tätig werden, um Pflegegrad und sozialhilferechtlichen Bedarf festzustellen.

Weitere Empfehlungen de Deutschen Vereins betreffen die möglichen Anwendung

  • der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§ 67 SGB XII) und
  • der Hilfe in sonstigen Lebenslagen (§ 73 SGB XII)

Quellen: Deutsche Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.; Paritätischer Gesamtverband, SOLEX

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Modernisierung des Sozialen Entschädigungsrechts

Das Bundeskabinett hat am 26.06.2019 den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts beschlossen. Es wird als SGB XIV Teil des Sozialgesetzbuches sein. Über die geplanten Änderungen berichteten wir ausführlich im Dezember 2018, als der Referentenentwurf bekannt wurde.

Entsprechend den Vorgaben des Koalitionsvertrages für die 19. Legislaturperiode soll es wesentliche Verbesserungen im Recht der Sozialen Entschädigung geben, insbesondere für Opfer von Gewalttaten einschließlich Opfern sexualisierter Gewalt und Ausbeutung.

Neue Leistungen

Durch neue Leistungen der Schnellen Hilfen (Traumaambulanzen und Fallmanagement) sollen mehr Opfer von Gewalttaten die Leistungen der Sozialen Entschädigung schneller und zielgerichteter erhalten. Dies sei eine wesentliche Folgerung der Auswirkungen des verheerenden Terroranschlags vom Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Die Geldleistungen sollen wesentlich erhöht und Teilhabeleistungen grundsätzlich ohne den Einsatz von Einkommen und Vermögen erbracht werden. Opfer von psychischer Gewalt sollen erstmals eine Entschädigung und sog. Schockschadensopfer einen gesetzlichen Anspruch auf Leistungen erhalten.

Bestandschutz

Durch umfassende Bestandsschutzregelungen sei eine weiterhin gute Versorgung der bisher nach dem Bundesversorgungsgesetz Berechtigten sichergestellt. Die Regelungen zum Berufsschadensausgleich bleiben erhalten.

Geplant für 2024

Das neue Recht soll grundsätzlich am 01.01.2024 in Kraft treten. Den Ländern, die für die Durchführung zuständig sind, soll genügend Zeit gegeben werden, um die erforderlichen organisatorischen und strukturellen Veränderungen in der Verwaltung vorzunehmen.

Rückwirkende Regelungen

Einige Regelungen sollen bereits rückwirkend zum 01.07.2018 in Kraft treten. Es handelt sich dabei um Regelungen, die die Situation von Gewaltopfern einschließlich Terroropfern verbessern sollen: Die Waisenrenten und das Bestattungsgeld sollen erhöht werden, die Leistungen für Überführungskosten verbessert und inländische und ausländische Gewaltopfer sollen gleichbehandelt werden.

Die Waisenrenten wurden gerade zum 1.7.2019 aufgrund der bisherigen Anpassungsregeln per Verordnung von 128 Euro auf 132 Euro für Halbwaisen und von 241 Euro auf 249 Euro für Vollwaisen erhöht. Sobald das SGB XIV in der geplanten Form verabschiedet ist, würde sich das Waisengeld rückwirkend zum 1.7.2018 sofort auf 200 Euro, bzw. 350 Euro erhöhen.
Das Bestattungsgeld für einen Geschädigten, wenn er an den Schädigungsfolgen stirbt, beträgt aktuell zum 1.7.2019 1.893 Euro. Dies soll dann drastisch steigen auf ein Siebtel der aktuellen Bezugsgröße. Das wären zur Zeit 5.340 Euro.

Quelle: BMAS: Gesetzentwurf, Pressemitteilung

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Betreuer bekommen ab 27.7. mehr Geld

Im heute veröffentlichten Bundesgesetzblatt I wurde das „Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ verkündet.

Damit tritt das Gesetz bereits am 27. Juli 2019 in Kraft. Ab diesem Tag ist für alle Abrechnungsmonate der Pauschalvergütung die neue Vergütungssystematik (Fallgruppen) anzuwenden.

Höchste Zeit, sich mit der Vergütungsreform auseinanderzusetzen. In unserem Praktikerseminar am 23. Juli 2019 sind noch einige Plätze frei!

Vergütung des Betreuers, Vormunds und Verfahrenspflegers – Aktuelle gesetzliche Änderungen und weiter geltende Rechtsprechung

Dieses Seminar vermittelt eine systematische Kenntnis zum neuen Vergütungsrecht, klärt Streitfragen und erörtert praktische Beispiele. Bisher ergangene Rechtsprechung wird dahingehend überprüft, ob sie auch auf die neue Rechtslage zutrifft und entsprechend diskutiert.

Referent: Reinhold Spanl
Termin und Ort: 23.07.2019 in Kassel

>> Weitere Informationen und Anmeldung

Wohngeld auf der Zielgerade

Der Gesetzentwurf zur Stärkung des Wohngeldes (Wohngeldstärkungsgesetz, WoGStärkG) wird am 28.6. sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat beraten. Die Verbesserung des Wohngeldes wurde schon im Koalitionsvertrag vereinbart und auf dem Wohngipfel von Bund und Ländern im Herbst 2018 beschlossen.

Vorgelagerte Sozialleistung

Wohngeld ist eine sogenannte vorgelagerte Sozialleistung. Damit sind Leistungen gemeint, die verhindern sollen, dass einkommensschwache Haushalte nur wegen der Wohnkosten Grundsicherungsleistungen beantragen müssen.

Inhalt

Der Gesetzentwurf beinhaltet insbesondere

  • eine Anpassung der Parameter der Wohngeldformel vor, um die Reichweite des Wohngeldes zu stärken,
  • die Einführung einer Mietenstufe VII, um Gemeinden (ab 10.000 Einwohnern) und Kreise (mit Gemeinden unter 10.000 Einwohnern und gemeindefreien Gebieten) mit besonders hohen Mietenniveaus gezielter zu entlasten
  • die regional gestaffelte Anhebung der Miethöchstbeträge.
  • Erstmals soll das Wohngeld in einem Abstand von zwei Jahren dynamisiert und an die Miet- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Die erste Dynamisierung ist zum 1. Januar 2022 geplant.

Über den Inhalt des Gesetzentwurfs berichteten wir hier ausführlich schon im März und im Mai.

Stellungnahmen

Bei den Verbänden stößt der Entwurf im Prinzip auf Zustimmung, allerdings wird unter anderem auch die Einführung einer Energiekosten- und Klimakomponente angemahnt.
So erläutert der Paritätische in seiner Stellungnahme, dass entgegen der im Gesetzentwurf aufgeführten Begründung, dass die Energiekosten seit 2015 nicht zunahmen, anzuführen sei, dass die Preise für leichtes Heizöl für private Haushalte von 2015 bis 2018 gestiegen seien. Zudem belasteten steigende Strompreise die Haushalte zunehmend.
Wohngeldhaushalte dürften nicht in die Situation geraten, dass sie aufgrund zu stark gestiegener Mieten durch Sanierungsmaßnahmen übermäßig belastet werden bzw. sogar ihre Wohnung aufgeben müssten. Damit sie nicht durch energetische Gebäudesanierungen benachteiligt würden, müssten die in diesem Rahmen gestiegenen Kaltmieten bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt werden. Deshalb sei dringend eine Klimakomponente einzuführen. Der Paritätische beruft sich hierbei auf eine Studie des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung von 2017.

Letztlich fordert der Paritätische eine Stärkung des Sozialen Wohnungsbaus, um mittel- und langfristig preisgünstigen Wohnraum zu schaffen.

Quellen: Innenministerium, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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Neues Vergütungssystem für Betreuer passiert den Bundesrat

Heureka – wir haben ein Gesetz! Nach vielen Diskussionen und Einwürfen hat der Bundesrat heute (07.06.2019) dem „Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ zugestimmt. Und zwar in der Fassung, wie sie von der Bundesregierung eingebracht wurde.

Das bedeutet insbesondere: Inkrafttreten voraussichtlich am 1. August 2019 (gesetzestechnisch korrekt am „Tages des ersten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats, dessen Zahl mit der des Tages der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, Datum des ersten Tages des darauffolgenden Kalendermonats“, Artikel 4 des Gesezes).

Das Gesetz erhöht die Vergütung für Berufsbetreuer um durchschnittlich 17 Prozent und modernisiert das Abrechnungssystem: Statt der bisherigen Einzelabrechnungen gibt es künftig monatliche Fallpauschalen. Dies soll es den Ländern ermöglichen, die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Betreuungsfälle zu berücksichtigen und angemessen zu vergüten.

Wichtig: Auf Vergütungsansprüche, die vor dem 1. August 2019 erbracht wurden, ist noch das VBVG in seiner bis dahin geltenden Fassung bis zum Ende des angefangenen Betreuungsmonats anzuwenden.


Hinweis auf das aktuelle Betreuerseminar

Topaktuell bieten wir dazu ein WALHALLA Praxis-Seminar an:

Vergütung des Betreuers, Vormunds und Verfahrenspflegers – Aktuelle gesetzliche Änderungen und weiter geltende Rechtsprechung

Dieses Seminar vermittelt eine systematische Kenntnis zum neuen Vergütungsrecht, klärt Streitfragen und erörtert praktische Beispiele. Bisher ergangene Rechtsprechung wird dahingehend überprüft, ob sie auch auf die neue Rechtslage zutrifft und entsprechend diskutiert.

Referent: Reinhold Spanl                                
Termin und Ort: 23.07.2019 in Kassel

Gleich anmelden – die Plätze sind begrenzt!

>> Weitere Informationen und Anmeldung


 

70 Jahre Grundgesetz: Unsere Grundrechte praxisnah erklärt

Heute läuft die Aktion „Kinderrechte ins Grundgesetz“ in den Social Media Kanälen (z.B. auf Twitter oder in Facebook) anläßlich des 70. Geburtstags des Grundgesetzes.

Dieser runde Geburtstag war Anlass für uns vom Walhalla Fachverlag ein Büchlein mit Erklärungen von Prof. Schade zu den Grundrechten zu veröffentlichen. Dieses kann als E-Book kostenlos downgeloadet werden.

Auf www.walhalla.de/service/whitepaper das E-Book auswählen und auf den Download-Knopf klicken. Adresse eingeben. Fertig!

 

Bundestag hebt Wahlausschluss von Vollbetreuten auf; neu: Regelung zu Assistenzleistungen

Am 16.05.2019 wurde der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und anderer Gesetze“ in 2./3. Lesung im Bundestag verabschiedet (Drs. 19/9228). Die Änderungen sollen am 1. Juli 2019 in Kraft treten. Zuvor muss das Gesetz noch den Bundesrat durchlaufen.

Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 29. Januar 2019 (Az.: 2 BvC 62/14) die derzeit bestehende Regelung in § 13 Ziffer 2 und Ziffer 3 für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar beurteilt und die Regelungen deshalb für nichtig erklärt. Per einstweiliger Anordnung hatte das Bundesverfassungsgericht am 15. April 2019 die Vorschriften zum Wahlrechtsausschluss von behinderten und psychisch kranken Menschen zur Europawahl gekippt und ermöglicht so, dass die Betroffenen an der Europawahl teilnehmen können (Voraussetzung ist eine Antragstellung – siehe die Ausführungen im gesonderten Beitrag!).

Die Wahlrechtsausschlüsse des § 13 Nummer 2 und 3 des Bundeswahlgesetzes
und des § 6a Absatz 1 des Europawahlgesetzes werden mit dieser Gesetzesänderung nun beendet.

Zugleich werden

  • die Grenzen zulässiger Assistenz bei der Ausübung des Wahlrechts bestimmt,
  • wird die Strafbarkeit der Wahlfälschung bei zulässiger Assistenz in § 107a des
    Strafgesetzbuches klargestellt
  • die notwendigen Folgeänderungen in der Bundeswahlordnung, der Europawahlordnung und in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgenommen.

Grenzen zulässiger Assistenz:

Nach dem neu eingefügten § 14 Abs. 5 Bundeswahlgesetz kann ein Wahlberechtigter, der nicht lesen kann oder der wegen einer Behinderung seine Stimme nicht selbst abgeben kann, technische Unterstützung bekommen.

„(5) Ein Wahlberechtigter, der des Lesens unkundig oder wegen einer Behinderung an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen. Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wahlberechtigten selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt. Unzulässig ist eine Hilfeleistung, die unter missbräuchlicher Einflussnahme erfolgt, die selbstbestimmte Willensbildung oder Entscheidung des Wahlberechtigten ersetzt oder verändert oder wenn ein Interessenkonflikt der Hilfsperson besteht.“

Die Hilfsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben. Sie hat eine „Versicherung an Eides statt“ zu unterzeichnen, wenn sie bei der Wahl assistiert. Außerdem ist die Hilfsperson zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie durch die Hilfeleistung erlangt hat.

Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, macht sich strafbar (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Unbefugt wählt auch, wer im Rahmen zulässiger Assistenz entgegen der Wahlentscheidung des Wahlberechtigten oder ohne eine geäußerte Wahlentscheidung des Wahlberechtigten eine Stimme abgibt. Bereits der Versuch ist nach § 107a Abs. 1 und Abs. 3 StGB strafbar.