Bundesrat – Korrekturen am Rentenpaket?

Mit ihrem Rentenpaket (Rentenleistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz) möchte die Bundesregierung die staatliche Rente verbessern und stabilisieren. Siehe auch den Beitrag vom 18.7.18.

Inhalte des Rentenpakets

Eckpfeiler des Gesetzentwurfs ist die sogenannte doppelte Haltelinie:
Danach soll das Rentenniveau bis 2025 auf dem heutigen Stand von 48 Prozent bleiben. Gleichzeitig garantiert der Gesetzentwurf die Beitragssatzstabilität, indem er vorschreibt, dass die Marke von 18,6 Prozent nicht unterschritten und 20 Prozent bis 2025 nicht überschritten wird. Um dies zu ermöglichen, leistet der Bund Sonderzahlungen in Höhe von 500 Millionen Euro an die allgemeine Rentenversicherung.
Höhere Anrechnung der Erziehungszeiten:
Zur Verbesserung der Situation der Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, sollen sie künftig ein weiteres halbes Kindererziehungsjahr in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt bekommen.
Rentner wegen verminderter Erwerbsfähigkeit:
Menschen, die wegen Krankheit in Frührente müssen, werden durch den Gesetzentwurf bei der Rente so gestellt, als ob sie bis zum aktuellen Rentenalter gearbeitet hätten.
Geringverdiener:
Außerdem sollen Geringverdiener bei den Sozialbeiträgen entlastet werden. Hierfür ist die Anhebung der Einkommensgrenze vorgesehen, ab der die vollen Sozialbeiträge gezahlt werden müssen: sie soll von 850 auf 1.300 Euro steigen.

Bundesrat verlangt Korrekturen am Rentenpaket

  • Verbesserungen für Bestandsrentner:
    So fordern die Länder, dass auch Bestandsrentner mit einem Rentenbeginn von 2001 bis 2014 in die geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderrente einbezogen werden müssten. Aufgrund der Rentenabschläge hätten sie weiterhin sehr niedrige Renten und seien in erhöhtem Maße auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Deshalb sei auch für Bestandsrentner die Zurechnungszeit zu erhöhen. Sie müssten mindestens so gestellt werden, als ob sie bis zum 62. Lebensjahr gearbeitet hätten.
  • Berücksichtigung der Solo-Selbständigen:
    Handlungsbedarf sieht der Bundesrat auch bei der sozialen Absicherung von Solo-Selbstständigen im Alter. Ihre Zahl steige kontinuierlich an. Zwar sei politisch vereinbart, sie in die gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen. Der Gesetzentwurf enthalte aber hierzu keine Regelung, kritisiert er.
  • Änderungen bei der Finanzierung:
    Dass die Erweiterung der Erziehungszeiten und die Entlastung der Geringverdiener überwiegend aus den Mitteln der gesetzlichen Rentenversicherung finanziert werden sollen, lehnen die Länder ab. Dies widerspreche dem System der Beitragsäquivalenz und gehe zu Lasten der Rentenversicherung. Stattdessen solle die Finanzierung vollumfänglich über Steuermitteln erfolgen.

Stellungnahme geht in den Bundestag

Die Stellungnahme der Länder wird nun über die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Dort wurde das Gesetz am 12. Oktober 2018 bereits in erster Lesung beraten

Quelle: Bundesrat

Abbildung: fotolia.com – Ralf Kleemann

GKV-Entlastungsgesetz verabschiedet

Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat das von der Regierung vorgelegte Versichertenentlastungsgesetz (19/4454) in geänderter Fassung beschlossen. In der Schlussberatung am 17.10.18 wurden noch 16 Änderungsanträge der Regierungsfraktionen mehrheitlich angenommen. Am 18.10.18 wurde das Gesetz dann im Bundestag beschlossen.

Neue Regelungen

  • Paritätische Beitragszahlung: Tragung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie des Zusatzbeitrages von Arbeitgebern und Versicherten zu gleichen Teilen.
  • Niedrigere Krankenkassenbeiträge für Selbständige: Senkung der Beitragsbelastung für Selbstständige mit geringem Einkommen durch Senkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Der monatliche Mindestbeitrag für Selbstständige wird ab 2019 halbiert. Der Ausschuss verständigte sich darauf, die Mindestbemessungsgrundlage noch stärker abzusenken, als ursprünglich geplant. Ferner werden Krankengeld und Mutterschaftsgeld auch bei Selbstständigen beitragsfrei ausgezahlt.
  • Bereinigung von Beitragsschulden: Im Rahmen der Bereinigung von Mitgliedskonten von „ungeklärten passiven“ Mitgliedern
    werden auch deren Beitragsschulden zu bereinigt.
  • Verweis auf Sozialleistungsträger: Einführung eines verpflichtenden Hinweises der Krankenkassen an Beitragsschuldner, dass sie im Fall der Hilfebedürftigkeit die Übernahme der Beiträge durch den zuständigen Sozialleistungsträger (Sozialhilfe bzw. Jobcenter) beantragen können.
  • Verbesserung der sozialen Absicherung von ehemaligen Zeitsoldaten: Sie sollen sich nach Ende ihrer Dienstzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern können und übergangsweise einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen erhalten.
  • Rücklagen der Krankenkassen: Angesichts der zum Teil hohen Rücklagen von Krankenkassen sollen diese dazu verpflichtet werden, ihre Finanzreserven abzuschmelzen. Die Rücklagen dürfen dem Entwurf zufolge künftig eine Monatsausgabe nicht mehr überschreiten. Überschüssige Beitragseinnahmen müssen ab 2020 innerhalb von drei Jahren abgebaut werden. Krankenkassen mit einer Reserve von mehr als einer Monatsausgabe dürfen ihren Zusatzbeitrag nicht anheben. Zugleich soll der sogenannte Risikostrukturausgleich (RSA) reformiert werden.

Inkrafttreten soll das Gesetz in weiten Teilen am 1. Januar 2019.

Quelle: Bundestag

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Brückenteilzeit umstritten

Der Gesetzentwurf (19/3452) der Bundesregierung zur Einführung einer Brückenteilzeit ist bei den zu einer Anhörung geladenen Sachverständigen überwiegend auf Skepsis gestoßen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte am Montag, den 15. Oktober 2018, zu einer Anhörung über den Entwurf der Bundesregierung als auch über einen Antrag (19/4525) der Fraktion Die Linke geladen.

Inhalt des Entwurfs

Der Entwurf sieht vor, einen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit (Brückenteilzeit) neu einzuführen. In Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten sollen Arbeitnehmer, wenn sie bereits mehr als sechs Monate dort beschäftigt sind, künftig eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit verlangen können. Dies soll für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitpunkt von einem Jahr bis zu fünf Jahren möglich sein. Der neue Anspruch ist nicht an bestimmte Gründe gebunden. Nach Ablauf der Brückenteilzeit sollen die Beschäftigten auf ihre ursprünglich vereinbarte Arbeitszeit zurückkehren können.

Kritik von Arbeitgeberseite

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall bemängelt, dass hier ein einseitig allein vom Arbeitnehmer frei gestaltbaren Vertragsverhältnis geschaffen werde. Arbeitsverhältnis seien aber zweiseitige Verträge, an den beide Vertragsparteien gebunden sind.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) befürchtet einen Entzug der Souveränität über die Arbeitszeitgestaltung. Um der mittelständischen Struktur dieser Betriebe gerecht zu werden, solle jedenfalls für die Berechnung des Schwellenwertes auf den Betrieb als organisatorische Einheit und nicht auf das Unternehmen abgestellt werden.

Kritik der Gewerkschaften

Der DGB sieht den Gestzentwurf weit unter den gewerkschaftlichen Forderungen. Die Begrenzung des Rechts auf Brückenteilzeit auf Arbeitgeber mit mehr als 45 Arbeitnehmern und die Quotierung dieses Rechts mittels „Zumutbarkeitsquote“ bei Arbeitgebern mit 46 bis 200 Arbeitnehmern führten dazu, dass auch künftig ein erheblicher Teil der Beschäftigten nicht davon profitieren könne.

Kritik vom Experten

Der Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing begrüßte den Ansatz der Bundesregierung. Dennoch kritisierte er unter anderem, dass eine Begrenzung des Anspruchs auf gesamtgesellschaftlich wertvolle Motive der Reduzierung (Pflege, Erziehung) nicht vorgesehen sei . Stattdessen sei von einem „arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitischen Anliegen“ die Rede. „Das ist zu weit. Ungleiches wird gleich behandelt. Wer seine Mutter pflegen will, wird genauso gestellt, wie der, der sein Golf-Handicap verbessern will“, schreibt Thüsing in seiner Stellungnahme.

Antrag der Linken

Die Fraktion Die Linke beantragt die Einführung eines Rechtsanspruchs auf vorübergehende Teilzeit, der ohne Ausnahmen allen Beschäftigten die Rückkehr zu ihrer vorherigen Arbeitszeit ermöglicht. Außerdem fordern sie die Abschaffung des § 12 Teizeitbefristungsgestzes (Arbeit auf Abruf). Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur sogenannten Brückenteilzeit komme  einem großen Teil der Beschäftigten gar nicht zugute und löse das Problem der Teilzeitfalle nicht. 14,4 Millionen Beschäftigte arbeiteten in einem Betrieb mit bis zu 45 Beschäftigten. Das seien 38 Prozent aller Beschäftigten. Weitere 26 Prozent arbeiteten in Betrieben mit 45 bis 200 Beschäftigten. Insbesondere Mütter hätten nichts von der geplanten Brückenteilzeit: Knapp 70 Prozent der erwerbstätigen Mütter arbeiteten in Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gäbe es für die meisten kein Rückkehrrecht in Vollzeit.

Quelle: Bundestag

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Verringerung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes?

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung könnte im nächsten Jahr von jetzt 1% auf 0,9% sinken.

Zusatzbeitrag

Die Krankenkassen dürfen den Zusatzbeitrag ab 1.1.2015 als prozentualen Satz von den beitragspflichtigen Einnahmen erheben. Mit anderen Worten: wer mehr verdient, muss einen höheren Zusatzbeitrag zahlen.
Wie hoch der Zusatzbeitrag ausfallen wird, hängt davon ab, wie wirtschaftlich eine Krankenkasse arbeitet. Sie kann eigenständig entscheiden, welcher Prozentsatz auf die beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder angewendet wird (sog. kassenindividueller Prozentsatz).

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz (§ 242a SGB V) ergibt sich aus der Differenz zwischen den voraussichtlichen jährlichen Ausgaben der Krankenkassen und den voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds, die für die Zuweisungen nach den §§ 266 und 270 SGB V zur Verfügung stehen, geteilt durch die voraussichtlichen jährlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen, multipliziert mit 100.
Seit 2015 zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte einen festen Beitragssatz von 14,6 %. Ab dem 1.1.2019 zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch den Zusatzbeitrag wieder je zur Hälfte. Für bestimmte Personenkreise wird der Zusatzbeitrag anstatt in Höhe des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes obligatorisch in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes erhoben.

Das Bundesministerium für Gesundheit legt nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises (§ 220 Abs. 2 SGB V) die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes für das Folgejahr fest und macht diesen Wert jeweils bis zum 1. November eines Kalenderjahres im Bundesanzeiger bekannt.
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz im Jahr 2018 liegt bei 1,0%

Schätzerkreis

Der zuständige Schätzerkreis besteht aus Experten des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesversicherungsamtes und des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Aufgrund seiner Empfehlung wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag jährlich für das gesamte folgende Kalenderjahr vom Bundesministerium für Gesundheit festgelegt.

Schätzergegbnis 2018

Die Einnahmen des Gesundheitsfonds werden auf 222,8 Mrd. Euro geschätzt. Dabei wurde der Bundeszuschuss in Höhe von 14,5 Mrd. Euro abzüglich des Anteils für die landwirtschaftliche Krankenkasse berücksichtigt. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds betragen entsprechend der rechtlichen Vorgaben unverändert 222,2 Mrd. Euro. Die voraussichtlichen Ausgaben für das Jahr 2018 werden auf 234,2 Mrd. Euro prognostiziert.

Schätzergebnis 2019

Für das Jahr 2019 erwartet der Schätzerkreis Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 231,1 Mrd. Euro inkl. dem Bundeszuschuss von 14,5 Mrd. Euro, abzüglich des Anteils für die landwirtschaftliche Krankenkasse. Die Ausgaben belaufen sich voraussichtlich auf  244,4 Mrd. Euro.

Rechnerisch ergibt sich aus den Schätzergebnissen für das Jahr 2019 eine Verringerung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent.

Quelle: GKV-Spitzenverband, SOLEX

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Verordnungen zum Pflegeberufegesetz

Am 10. Oktober haben das Bundesfamilienministerium und das Bundesgesundheitsministerium zwei Verordnungen für die Pflegeberufe erlassen: eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung sowie eine Ausbildungsfinanzierungsverordnung. Beide Verordnungen wurden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung tritt in zwei Stufen bis zum 1. Januar 2020 in Kraft, die Ausbildungsfinanzierungsverordnung bereits zum 1. Januar 2019.
Grundlage für die Verordnungen ist das Pflegeberufegesetz, das am 24. Juli 2017 verkündet wurde und stufenweise bis zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt.

Pflegeberufegesetz

Das Pflegeberufegesetz versteht sich als Antwort auf den veränderten Versorgungsbedarf und veränderten Versorgungsstrukturen in der Pflege. Es führt die bisher im Altenpflegegesetz und Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Ausbildungen in der Altenpflege einerseits und der Kranken- und Kinderkrankenpflege andererseits zusammen. Nach den neuen Regeln starten alle Auszubildenden gemeinsam ihre Ausbildung.

  • Es wird eine dreijährige, generalistische berufliche Ausbildung mit dem Abschluss „Pflegefachfrau“/“Pflegefachmann“ eingeführt. Dabei besteht die Möglichkeit für das letzte Ausbildungsdrittel eine Spezialisierung mit dem Abschluss „Altenpfleger“ oder „Altenpflegerin“ oder „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger“ oder „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ zu wählen.
  • Pflegeschulen sollen besser mit Personal und Lehrmitteln ausgestattet sein, das Schulgeld wird abgeschafft und die Ausbildung soll angemessen vergütet werden.
  • Um wissenschaftliche Erkenntnisse stärker in die Praxis einfließen zu lassen, soll ein Pflegestudium eingeführt werden. Das Studium soll die Pflegeausbildung ergänzen. Es wird mindestens 3 Jahre dauern und wird mit einem akademischen Grad abgeschlossen.

Kritik

Kritisiert wurde vor allem die geplante generalistische Pflegeausbildung. Darunter könnte die stationäre Altenpflege leiden. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe DBfK e.V. bemängele, dass die geplante Ausbildung an der Realität scheitern könne: Die Pflegeschulen würden sich schwertun, „eine Ausbildung zu planen, die viele unterschiedliche Interessen bedienen soll und bis Ende des zweiten Ausbildungsjahres kaum kalkulierbar bleibt.“ (Quelle: dnfk.de)

Verordnungen

  • Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe enthält unter anderem ergänzende Regelungen zu Struktur und Organisation der Ausbildungen sowie zu Inhalten und zum Verfahren der staatlichen Prüfungen.
  • In der Ausbildungsfinanzierungsverordnung werden die Einzelheiten des Finanzierungsverfahrens für die berufliche Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz sowie die Durchführung statistischer Erhebungen geregelt.

Quelle: Bundesfamilienministerium

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Pflegesofortprogramm in der Kritik

In der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses im Bundestag stößt das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (19/4453) bei Gesundheitsverbänden auf einige Bedenken.

Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz sieht zahlreiche Initiativen vor.

  • In der stationären Altenpflege sollen 13.000 neue Stellen geschaffen und finanziert werden. Je nach Größe erhielten die Pflegeeinrichtungen zwischen einer halben und zwei Pflegestellen zusätzlich.
  • Die Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser sollen ab 2020 aus den Fallpauschalen herausgenommen und auf eine krankenhausindividuelle Vergütung umgestellt werden. Zudem würde ab 2020 erstmals in Kliniken ein Pflegepersonalquotient ermittelt, der das Verhältnis der Pflegekräfte zum Pflegeaufwand beschreibe.
  • Jede zusätzliche oder aufgestockte Pflegestelle im Krankenhaus solle künftig vollständig von den Krankenversicherungen refinanziert werden. Bereits für das Jahr 2018 sollen rückwirkend auch Tarifsteigerungen für Pflegekräfte im Krankenhaus voll refinanziert werden.

Kritik der Experten

Die Fachverbände und Experten begrüßen die Intention, das Pflegepersonal in der stationären Kranken- und Altenpflege aufzustocken, allerdings werden die dazu vorgesehenen Methoden kritisch hinterfragt.

  • Nach Ansicht des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) ist der Gesetzentwurf zu einseitig auf Verbesserungen in der vollstationären Pflege ausgerichtet. Um die Lage zu verbessern, müsse es auch im teilstationären und ambulanten Bereich mehr Pflegekräfte geben.
  • Der Sozialverband VdK ging auf die steigenden Eigenanteile in Pflegeheimen ein. Höhere Vergütungen der Fachkräfte in der vollstationären Pflege führten ,,zu wahrhaften Kostenexplosionen für die Pflegehaushalte“ und in der ambulanten Pflege gegebenenfalls zu einer Unterversorgung. Der Anstieg der Eigenanteile müsse schnellstens gestoppt und zurückgeführt werden. Die 13.000 zusätzlichen Stellen in der Altenpflege reichten zudem für eine adäquate Versorgung nicht aus.
  • Der AOK-Bundesverband kritisierte die geplante Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den Fallpauschalen (DRG) im Krankenhaus. Die Rückkehr zur Selbstkostendeckung sei nicht nachvollziehbar, weil mit dem DRG-System erst die nötige finanzielle Transparenz hergestellt werde.
    Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte hingegen, mit der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRGs werde die Grundlage gelegt für eine bessere Personalverfügbarkeit und bessere Arbeitsbedingungen und somit für die Qualität der Versorgung.
  • Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wandte sich gegen die Streichung des Pflegezuschlags im Umfang von bisher 500 Millionen Euro pro Jahr ab 2020. Damit würden die Kliniken in ihren Möglichkeiten zur Stärkung der Pflege geschwächt. Die vorgesehenen Verbesserungen für das Pflegepersonal müssten weitgehend aus dem Mittelbestand der Häuser genommen werden. Die DKG forderte, den Pflegezuschlag dauerhaft zu erhalten.
    Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes nannte in der Anhörung die Argumente der DKG nicht nachvollziehbar. Wenn die Krankenhauspflege künftig vollständig refinanziert werde, sei der Pflegezuschlag nicht mehr nötig.
  • Die geplante Methode zur Ermittlung des Personalbedarfs in der Klinikpflege wird vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) abgelehnt. Ein  Personalquotient könne die Versorgungsqualität nicht verbessern. Nötig sei ein fundiertes Personalbemessungsverfahren, das sich am tatsächlichen Pflegebedarf orientiere. Dazu gebe es bereits Instrumente wie die Pflegepersonalregelung (PPR) und die Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV).
  • Die Ökonomin Dr. Susanna Kochskämper mahnte in der Anhörung, angesichts steigender Kosten in der Pflege müsse über die künftige Finanzierung und Lastenverteilung neu beraten werden. Auch ein Sprecher der Deutschen Stiftung Patientenschutz forderte ein Gesamtkonzept zur Finanzierung der Pflege.

Änderungsvorschläge des Bundesrats

Der Bundesrat hatte den Gesetzentwurf in seiner letzten Sitzung am 21.9. beraten und zahlreiche Änderungen am Entwurf der Bundesregierung für ein Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (19/4453) gefordert. Die meisten Vorschläge wurden von der Bundesregierung abgelehnt, in einigen Fällen wird eine Prüfung zugesagt, wie aus der Unterrichtung (19/4729) der Bundesregierung hervorgeht.

Der Bundesrat will unter anderem, dass an dem Pflegezuschlag für Krankenhäuser in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr festgehalten wird. Derzeit ist vorgesehen, den Zuschlag ab 2020 zu streichen. Die Länderkammer befürchtet, in der Folge könnten ungewollte Finanzierungslücken entstehen, die in anderen Bereichen der Krankenhäuser die Personallage beeinträchtigen.

Die Bundesregierung will nun prüfen, ob neben der Einführung des Pflegebudgets auf den gänzlichen Wegfall des Pflegezuschlags verzichtet werden kann.

Es soll auch geprüft werden, inwieweit Maßnahmen zur Verbesserung der Hebammenbetreuung bei Geburten im Krankenhaus gefördert werden können. Zudem wird geprüft, ob weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Pflegekräfte in Rehabilitationseinrichtungen sowie der Einrichtungen selbst erforderlich sind.

Bei weiteren zu prüfenden Änderungen geht es unter anderem um Regelungen im Zusammenhang mit dem fortgeführten Krankenhausstrukturfonds, die Kontrolle intensiv-pflegerischer Leistungen, die bessere Vergütung ambulanter Pflegedienste sowie bestehende pflegeentlastende Maßnahmen, die im Pflegebudget erhöhend berücksichtigt werden sollen.

Der Gesetzentwurf ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.

Quelle: Bundestag

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Häusliche Krankenpflege in Einrichtungen der Eingliederungshilfe

Bisher hatten stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe oft das Problem, dass die Finanzierung der häuslichen Krankenpflege bei erkrankten Bewohnern ungeklärt war. Grund dafür ist, dass im § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V über den Anspruch auf häusliche Krankenpflege stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nicht ausdrücklich als “ geeigneter Ort“ aufgelistet sind. Als Beispiel für „geeignete Orte“ der häusliche Krankenpflege sind dort neben Haushalt und Familie auch betreute Wohnformen, Schulen, Kindergärten und Werkstätten für Behinderte aufgeführt.

Klarstellung im Pflegestärkungsgesetz zum 1.1.2017

Im Rahmen des PSG III wurde Satz 8 in § 37 Abs. 2 SGB V angefügt, der mehr rechtliche Klarheit schaffen soll:
Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen Leistungen der häuslichen Krankenpflege, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert. Dies soll zusätzlich zur bisherigen Praxis auf der Basis der Rechtsprechung des BSG gelten, wonach häusliche Krankenpflege nach dem SGB V auch in Behindertenhilfeeinrichtungen übernommen wird, solange es sich nicht um einfachste Maßnahmen handelt oder die Leistung bereits durch entsprechende Verträge mit dem Eingliederungshilfeträger abgegolten wurde (§ 37 Abs. 2 Satz 8 SGB V).

Häusliche Krankenpflege Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat nun die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie konkretisiert und näher bestimmt, in welchen Fällen behinderte Menschen in Einrichtungen oder Werkstätten (nach § 43a SGB XI) künftig Anspruch auf Behandlungspflege haben. Die veränderte Richtlinie liegt derzeit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vor. Sie tritt nach Prüfung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Nach der bisherigen geltenden Fassung der HKP-RL wird der Anspruch auf Häusliche Krankenpflege an einen regelmäßig wiederkehrenden Aufenthalt des Versicherten an den entsprechenden Ort geknüpft sowie daran, ob die verordneten Maßnahmen dort zuverlässig und unter geeigneten räumlichen Bedingungen durchgeführt werden können. Aufgrund der Anfügung des § 37 Absatz 2 Satz 8 SGB V besteht nun ein Anpassungsbedarf in der HKP-RL.

Einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege

Aufgrund der Gesetzesbegründung zu § 37 Absatz 2 Satz 8 SGB V (BT Drucksache 18/10510) sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 2015, Az.: B 3 KR 16/14 R) müssen Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI die erforderlichen sogenannten „einfachsten“ Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege regelmäßig mit eigenem Personal erbringen. Sofern zum Zeitpunkt der Verordnung keine expliziten Hinweise vorliegen, dass die Einrichtung die Maßnahmen nicht mit eigenem Personal erbringen kann, kann die verordnende Ärztin/der verordnende Arzt davon ausgehen, dass die Einrichtung die einfachsten Maßnahmen der Behandlungspflege erbringt. Zu den sog. „einfachsten Maßnahmen“ der medizinischen Behandlungspflege gehören nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Leistungen, die für Versicherte im eigenen Haushalt grundsätzlich von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden könnten. Einfachste Maßnahmen sind somit solche, die ohne medizinische Vorkenntnisse und Fertigkeiten von Laien erbracht werden können und nicht mit nennenswerten Infektions- oder Verletzungsgefahren verbunden sind. Diese fallen damit regelmäßig in den Aufgabenbereich stationärer Einrichtungen der Behindertenhilfe. Insoweit besteht kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Danach verläuft die Grenze der von einer Einrichtung geschuldeten Leistungen genau dort, wo diese vom Personal der Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht werden können und müssen. Dazu gehört beispielhaft die regelmäßige Gabe von Tabletten nach ärztlicher Anweisung, das Messen des Blutdrucks oder des Blutzuckergehalts, das An- und Ablegen einfach zu handhabender Stützverbände, das Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um schwierige Wundversorgung handelt), die Verabreichung von Bädern u. ä.

Weitergehende Behandlung nur, wenn vertraglich festgelegt

Darüber hinaus müssen die Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI auch weitergehende Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege mit eigenem Personal erbringen, sofern sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergibt.  Einrichtungen im Sinne von § 43a SGB XI sind jedoch nicht zur Erbringung von behandlungspflegerischen Maßnahmen verpflichtet, wenn insoweit ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege vorliegt, der die ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 37 Absatz 2 Satz 8 SGB V erfordert.

Quellen: Gemeinsamer Bundesausschuss, Bundessozialgericht, Solex

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Neuregelung für Selbständige durch das GKV-VEG

Das geplante GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) enthält eine Neuregelung für Selbständige, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind.

Die Beiträge für freiwillig Versicherte mit Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und Versorgungsbezüge werden seit dem 1.1.2018 zunächst immer vorläufig festgesetzt. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides werden die Beiträge für diese Einkommensarten für das betreffende Kalenderjahr auf der Basis der tatsächlich erzielten Einkünfte rückwirkend neu festgesetzt. So kommt es letztlich entweder zu einer Erstattung oder zu Nachzahlung von Beiträgen. In jedem Fall gilt aber eine Untergrenze (Mindestbemessungsgrenze), nach der die Krankenkassenbeiträge berechnet werden, auch wenn der Selbständige tatsächlich weniger verdient hat als die Mindestbemessungsgrenze.

Senkung der Mindestbemessungsgrenze

Zum 1.1.2019 sieht der Gesetzentwurf im § 240 Abs.4 SGB V eine Senkung der Mindestbemessungsgrenze vor. So sollen dann als beitragspflichtige Einnahme pro Tag nur noch der achzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße zählen, sofern der Nachweis niedriger Einnahmen erfolgt ist. Das gleiche gilt dann auch für Bezieher eines Gründungszuschusses (§ 93 SGB III).
Wenn die monatliche Bezugsgröße 2019 wie geplant auf 3.115 Euro pro Monat steigt, bedeutet das bei hauptberuflich Selbständigen eine Mindestbemessungsgrenze von 1.168,13 Euro. Dies dürfte für gering verdienende Selbständige eine deutliche Entlastung sein.

Bisherige Regelung

Die zur Zeit gültige Mindestbemessungsgrenze ergibt sich aus dem vierzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße, das sind zur Zeit 2.283,75 Euro; bei Beziehern eines Gründungszuschusses zählt der sechzigste Teil der Bezugsgröße, das sind zur Zeit 1.522,50 Euro.

Neuregelung zum 1.1.2019

Die gesetzliche Neuregelung soll zum 1.1.2019 in Kraft treten und beträfe dann die vorläufigen und endgültigen Beitragsfestsetzungen ab diesem Zeitpunkt. Für die noch ausstehenden endgültigen Beitragsfestsetzungen für das Kalenderjahr 2018 würden weiterhin die beiden bisher geltenden Mindestbemessungsgrenzen gelten.

Einwände des GKV-Spitzenverbands

Das Gesetz könnte ohne Zustimmung des Bundesrats beschlossen werden, allerdings hat der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) schon angemerkt, dass die Senkung der Mindestbemessungdgrenze zu deutlich ausfiele. Er bevorzugt eine einheitliche Mindestbemessungsgrenze von 1557,60 Euro, das wäre dann der sechzigte Teil der monatlichen Bezugsgröße.

Quellen: Bundesregierung, Gestzentwurf, GKV-Spitzenverband, Haufe-Online

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Bundesteilhabegesetz – Was wird aus dem Barbetrag?

Für viele Bewohner in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe ist er eine wichtige Größe: der Barbetrag. Darüber können sie in der Regel frei verfügen und persönliche Dinge kaufen, von Musik-CDs über Süßigkeiten bis zu Kosmetikartikel.
Der zur Zeit gültige Barbetrag beträgt 112,30 EUR, das sind gemäß § 27b SGB XII 27 Prozent der Regelbedarfsstufe 1. Er stellt einen teilweisen Ausgleich dafür dar, dass hilfebedürftige Menschen in stationären Einrichtungen keinen Regelsatz erhalten und ohne Barbetrag ohne verfügbare finanzielle Mittel dastehen würden. Mit der Trennung von Fachleistung der Eingliederungshilfe und Lebensunterhalt wird es ab dem Jahr 2020 in der neuen Wohnform als Nachfolgeregelung zur heutigen stationären Einrichtung keinen Barbetrag mehr geben. Allerdings fällt der Barbetrag nicht ersatzlos weg, sondern er wird durch den an die Leistungsberechtigten in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlenden Regelsatz ersetzt. Dies ist die Konsequenz der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen untereinander und unabhängig von der Wohnform. Leben sie in Wohnungen, erhalten sie bereits heute einen monatlichen Regelsatz und keinen Barbetrag. Dies wird ab 2020 auch für Menschen mit Behinderungen in der neuen Wohnform gelten, welche die heutige stationäre Einrichtung ablöst.

Heutige Regelung

In vollstationären Einrichtungen werden die Maßnahmen der Eingliederungshilfe (Fachleistungen der Eingliederungshilfe) und die zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts erforderlichen Bedarfe als Komplexleistung erbracht. Der in die Komplexleistung in einer stationären Einrichtung eingehende notwendige Lebensunterhalt wird in pauschalierter Form berücksichtigt. Nach § 27b Absatz 1 Satz 2 SGB XII entspricht der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen dem Umfang der Bedarfe in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 Nummer 1, 2 und 4 SGB XII. Dies sind

  • der Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3
  • die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels (Mehrbedarf, einmalige Bedarfe, Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung, Beiträge für Vorsorge) sowie
  • die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 42 Nummer 4 Buchstabe b, hierbei handelt es sich um eine pauschalierte Größe, die der durchschnittlichen Warmmiete eines Einpersonenhaushalts im örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweils zuständigen SGB XII-Trägers entspricht.

Hinzu kommt der „weitere“ notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen (§ 27b Absatz 2 SGB XII), der insbesondere Kleidung (Bekleidungspauschale) und einen Barbetrag umfasst. Der Barbetrag und die Bekleidungspauschale sind nicht Bestandteil der Vergütung der Eingliederungshilfe, sondern werden als Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII an die Leistungsberechtigten ausgezahlt.

Zukünftige Regelung (ab 2020)

Ab 2020 werden die stationären Einrichtungen nicht mehr als solche bezeichnet. Diese Wohnform wird dann nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB XII in der Fassung ab 2020 umständlich bezeichnet als persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung, der aber keine eigenständige Wohnung darstellt.
Für die Leistungsempfänger, die Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, und in dieser neuen Wohnform leben, gilt nun mehr nicht mehr der § 27b SGB XII, der ja, auch in der Fassung ab 2020, ausdrücklich nur für stationäre Einrichtungen gelten soll.
Aufgrund der Trennung der bislang in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbrachten Komplexleistung entfallen die heute bestehenden Unterschiede in der Deckung der Lebensunterhaltsbedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung) bei Leistungsberechtigten, die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe untergebracht sind, gegenüber Leistungsberechtigten, die in Wohnungen leben.
Für den notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a Absatz 1 Satz 1 SGB XII von Erwachsenen bedeutet dies, dass alle für die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums erforderlichen Aufwendungen durch die Bedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu decken sind. Dies sind insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Wohnungsausstattung einschließlich Fernseher und Computer, sowie Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, wozu auch in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft zählt. Darin eingeschlossen sind alle durch die Regelbedarfe abgedeckten Bedarfslagen, die hierfür erforderlichen Aufwendungen sind aus dem monatlichen Regelsatz zu finanzieren.
Ab dem Jahr 2020 gilt dies auch für Menschen mit Behinderungen, die heute in einer stationären Einrichtung leben. Diesem Personenkreis sind neben dem Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 2 alle weiteren Lebensunterhaltsbedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII anzuerkennen, für die im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt werden. Dies schließt Bedarfe für Unterkunft und Heizung mit ein.

Barbetrag im Gesamtplan

Damit die Leistungsberechtigten wieder in den Genuss eines Barbetrag zur persönliche Verfügung kommen können, wird in der Gesamtplankonferenz auch darüber beraten, welcher Anteil vom Regelsatz der Leistungsanbieter für seine Leistungen erhält und welcher Anteil den Leistungsberechtigten danach als Bargeldleistung für die Deckung der vom Leistungsanbieter nicht abgedeckten persönlichen Bedarfen verbleibt. Dies ist ausdrücklich im § 121 Abs.4 Punkt 6 SGB IX in der Fassung ab 1.1.2020 so festgelegt. Das Beratungsergebnis wird im Gesamtplan, der dann Grundlage für den Verwaltungsakt ist, dokumentiert und dadurch rechtlich verbindlich. Gleichzeitig wird mit der Beratung in der Gesamtplankonferenz auch Transparenz und Kontrolle darüber hergestellt, für welche Leistung der Leistungsanbieter Beträge in welcher Höhe in Rechnung stellt, die dann aus dem monatlichen Regelsatz zu finanzieren sind.

Evaluation bis 2021

Angesichts der weitreichenden Änderungen, die sich aus dem BTHG auch für notwendigen Lebensunterhalts ergeben, sieht das Gesetz eine umfangreiche Evaluation der Wirkungen vor. Diese Evaluation beinhaltet auch die Auswirkungen der Zahlung eines Regelsatzes an Menschen mit Behinderungen. Dazu wird in den ersten beiden Jahren nach Inkrafttreten der Neuregelung, also in den Jahren 2020 und 2021 untersucht, welcher Anteil des Regelsatzes den Leistungsberechtigten in der neuen Wohnform zur Deckung persönlicher Bedarfe verbleibt. Zu den Ergebnissen wird das BMAS dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat einen Bericht vorlegen.

Quellen: BMAS, Bundesanzeiger

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Bundesteihabegesetz (BTHG) – Kosten der Unterkunft ab 2020

Kosten der Unterkunft in Einrichtungen der Eingliederungshilfe

Ab dem 1. Januar 2020 werden die Fachleistungen der Eingliederungshilfe und die Leistungen für den Lebensunterhalt, inclusive der Kosten für die Unterkunft – auch in stationären Einrichtungen, getrennt behandelt und finanziert. Dies sieht das Bundesteilhabegesetz vor, das dann mit seiner nächsten Stufe in Kraft tritt.
Nach dem derzeit geltenden Recht erhalten Leistungsberechtigte in stationären Einrichtungen eine Gesamtleistung. Durch diese Gesamtleistung werden alle Leistungen der Eingliederungshilfe und des notwendigen Lebensunterhalts nach dem SGB XII erbracht und finanziert. Dabei erfolgte im Hintergrund eine teilweise Refinanzierung der Leistungen durch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Hierfür wird von der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eine Pauschale gezahlt, deren Höhe jedoch in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Höhe der in der stationären Einrichtung tatsächlich erbrachten Lebensunterhaltsleistungen steht.

Empfehlungen des BMAS

Ab 2020 werden die Bedarfe für den Lebensunterhalt aus der bisherigen Gesamtleistung herausgelöst, damit werden die Kosten der Unterkunft (KdU) von den Leistungen der Eingliederungshilfe in Einrichtungen getrennt. Welche Kosten der Unterkunft damit genau gemeint sind, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 05.07.2018 „Empfehlungen für die personenzentrierte Leistungserbringung in bisherigen stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe“ beschrieben. Denn in solchen Einrichtungen sind ja nicht nur die persönlichen Wohnräume, sondern auch Gemeinschaftsräume, Therapieräume, Räume für das Personal und einiges mehr zu finanzieren. Das BMAS empfiehlt den Einrichtungen eine Aufteilung in Wohnflächen, Fachleistungsflächen und Mischflächen.

Danach sind Wohnflächen persönlich genutzte Räumlichkeiten und Gemeinschaftsräumlichkeiten:

  • Schlafzimmer,
  • frei benutzbare Küchen (ggf. mit Speisekammer/Vorratsraum),
  • Wohnzimmer,
  • normale Bäder,
  • sowie diese Räume verbindende Flure.

Fachleistungsflächen sind Räumlichkeiten, die über den Wohnraum hinaus für die Erbringung der unterschiedlichen Leistungen der Eingliederungshilfe erforderlich sind oder sein können:

  • Therapieräume,
  • Hobbyräume,
  • Veranstaltungsräume,
  • Pflege-/ Bewegungsbäder,
  • Räume für Personal einschließlich Assistenzkräfte (z.B. Einrichtungsleitung, Nachtbereitschaft).

Mischflächen sind nicht eindeutig zuzuordnenden Flächen:

  • Eingangsbereiche,
  • Treppenhäuser und Flure, die sowohl als Zugang zu Fachräumen als auch zu Wohnräumen benutzt werden müssen,
  • Vorratsräume/Hauswirtschaftsräume für Putzutensilien für das gesamte Haus,
  • Energieversorgungsräume.

Finanzierung

Finanzierung der Wohnflächen
Die kalkulatorische Miete für Wohnflächen wird nach § 42a Abs. 5 SGB XII als Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Warmmiete) berücksichtigt. Das Abstellen auf die durchschnittliche Warmmiete hat zur Folge, dass eine ausschließlich betragsmäßige Betrachtung für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung erfolgt. Eine zusätzliche Angemessenheitsprüfung für die Anerkennung der Bedarfe nach § 42a Abs. 5 SGB XII, beispielsweise auf der Grundlage der einer leistungsberechtigten Person zugeordneten Wohnfläche (Fläche in Quadratmetern) findet im Unterschied zu Wohnungen nicht statt.

Der sich ergebende Euro-Betrag kann jedoch nach Satz 4 im § 42a Abs. 5 SGB XII um bis zu 25 Prozent überschritten werden (das heißt: die durchschnittliche Warmmiete entspricht 100 Prozent, Erhöhung um 25 Prozent ergibt Kappungsgrenze bei 125 Prozent der durchschnittlichen Warmmiete für die im Rahmen der Lebensunterhaltsleistungen anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Die Übernahme der diesen Betrag übersteigenden Kosten der Unterkunft um bis zu 25 % wurde durch nachträgliche Änderung („Reparatur-Gesetz“) von einer Ermessensleistung (vorherige Formulierung „können anerkannt werden, wenn“) zu einer Mussleistung („sind anzuerkennen, wenn“) Die leistungsberechtigte Person muss aber durch den Vertrag nachweisen, dass der sich daraus ergebende monatlich geschuldete Betrag über die Warmmiete hinaus weitere und gesondert im Vertrag ausgewiesene zusätzliche Kosten umfasst für:

  1. Zuschläge für persönlich genutzte Räumlichkeiten, die vollständig oder teilweise möbliert zur Nutzung überlassen werden („Möblierungszuschlag“),
  2. Wohn- und Wohnnebenkosten und diese Kosten im Verhältnis zu vergleichbaren Wohnformen angemessen sind,
  3. Haushaltsstrom, Instandhaltung von persönlichen Räumlichkeiten und den Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung sowie der Ausstattung mit Haushaltsgroßgeräten oder
  4. Gebühren für Telekommunikation sowie für den Zugang zu Rundfunk, Fernsehen und Internet.

Die zusätzlichen Aufwendungen nach den Nummern 2 bis 4 werden nach der Anzahl der in einer baulichen Einheit lebenden Personen zu gleichen Teilen aufgeteilt.

Dies bedeutet, dass Aufwendungen von mehr als 100 Prozent der durchschnittlichen Warmmiete eines Einpersonenhaushalts dann als Bedarfe für Unterkunft und Heizung bis zur Höhe von 125 Prozent anzuerkannt werden, wenn mindestens eine der in den Nummer 1 bis 4 enthaltenen Voraussetzungen durch den Vertrag nachgewiesen wird.

Daraus folgt: Wenn sich die Miete auf mindestens 100 Prozent der durchschnittlichen Warmmiete beläuft und sich damit aus der Summe von tatsächlicher Warmmiete und nachgewiesenen zusätzlichen Kosten nach den Nummern 1 bis 4 eine vertragliche monatliche Zahlungsverpflichtung von mehr als 100 Prozent ergibt, werden sie bis zu 125 Prozent als Bedarf anerkannt.

Finanzierung der Fachleistungsflächen
Die Kostenübernahme für die Fachleistungsflächen ist mit dem Träger der Eingliederungshilfe vertraglich zu vereinbaren. Dabei ist das Vertragsrecht nach dem 8. Kapitel des Eingliederungshilferechts (Teil 2) des SGB IX in der Fassung ab 2020 zuständig.

Finanzierung der Mischflächen
Die Kostenzuordnung für Mischflächen erfolgt gemäß der ermittelten oder vertraglich vereinbarten quotalen Aufteilung zwischen Wohn- und Fachleistungsflächen. Diese werden also nicht gesondert abgerechnet, sondern sind Bestandteil der kalkulatorischen Miete je Quadratmeter für die Wohn- und Fachleistungsflächen.

Überschreiten der Angemessenheitsgrenze um mehr als 125 Prozent
Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnflächen auch die Angemessenheitsgrenze um mehr als 25 Prozent, können diese
Mehrkosten auch über die Fachleistungen nach dem ab 2020 geltenden Eingliederungsrecht des SGB IX abgerechnet werden.

Dies setzt allerdings voraus, dass dem Leistungsberechtigten eine entsprechende Leistung nach den im Eingliederungshilferecht dargelegten Regelungen bewilligt wurde und eine schriftliche Vereinbarung des Trägers der Eingliederungshilfe mit dem Leistungserbringer über die entsprechenden Leistungen geschlossen wurde. Die Entscheidung über die Bewilligung im Einzelfall obliegt dem Eingliederungshilfeträger.

Die Bewilligung setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte einen Anspruch auf diese Leistung hat. Es gibt im SGB IX (noch?) keine ausdrückliche Anspruchsnorm für Wohnkosten, welche die 125%-Angemessenheitsgrenze nach § 42a Abs. 5 SGB XII übersteigen. In der Regel wird es sich hierbei um unbenannte Leistungen zur Sozialen Teilhabe nach dem Kapitel 6 SGB IX handeln. Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen (§ 113 Abs.1 SGB IX). Ob die Wohnkosten über 125 Prozent als eine (unbenannte) Leistung zur sozialen Teilhabe vom Eingliederungshilfeträger bewilligt werden, bestimmt sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den eigenen Kräften und Mitteln; dabei ist auch die vom Leistungsberechtigten gewünschte Wohnform zu würdigen (§ 104 SGB IX).

In diesem Zusammenhang kommt der für die Eingliederungshilfe vorgesehenen Gesamtplanung eine Schlüsselfunktion zu. Im Rahmen des Gesamtplanverfahrens ist unter Beteiligung des Leistungsberechtigten und möglicher Hinzuziehung des Leistungserbringers als Beteiligter nach § 12 SGB X zu klären, ob und wenn ja, in welchem Umfang und für welche Dauer der Träger der Eingliederungshilfe den 125 Prozent überschreitenden Anteil der kalkulatorischen Miete übernimmt. Dabei ist auch das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen. Der Träger der Lebensunterhaltsleistungen wird am Gesamtplanverfahren beteiligt.

Bewertung der Lebenshilfe

Der Rechtsdienst der Lebenshilfe hält als Fazit fest:
„Haben doch Kritiker befürchtet, die Trennung der Leistungen könnte dazu führen, dass künftig „Einrichtungen“ der Eingliederungshilfe in finanzielle Notlagen geraten könnten, so wird mit den Empfehlungen deutlich, dass mit den Neuregelungen die Leistungsberechtigten auch künftig in die Lage versetzt werden, die umfassenden Leistungen in „Einrichtungen“ der Behindertenhilfe zu finanzieren.“

Quellen: Rechtsdienst der Lebenshilfe, Bundesanzeiger

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