Neuerungen im Asylbewerberleistungsgesetz

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie das Geordnete-Rückkehr-Gesetz treten – als Teile des Migrationspakets – am 21. August 2019 bzw. am 1. September 2019 in Kraft und sind von der Sozialverwaltung unmittelbar anzuwenden. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Ausweitung des leistungsberechtigten Personenkreises

Personen in der Übergangsphase zwischen Äußerung eines Asylgesuchs und Ausstellung eines Auskunftsnachweises gehören künftig zum leistungsberechtigten Personenkreis des AsylbLG. Diese neue Fallgruppe deckt die Situation ab, dass die ausländische Person ein Asylgesuch geäußert hat, die Bearbeitung des Ankunftsnachweises bzw. der Aufenthaltsgestattung aber noch nicht abgeschlossen ist. Rein verwaltungstechnisch erhielten diese Personen bisher schon Leistungen, da mit dem „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ mit Geltung ab 17.3.2016 in § 11 ein Abs. 2a eingeführt wurde, der eingeschränkte Leistungen für diese Überbrückungsphase regelt.

Nur noch Überbrückungsleistungen für vollziehbar Ausreisepflichtige

Es wird in das AsylbLG ein vollständiger Leistungsausschluss für vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die einen internationalen Schutzstatus in einem anderen EU-Staat haben, eingeführt. Stattdessen erhalten diese Personen als Auffangmaßnahme eine zeitlich und sachlich begrenzte „Überbrückungsleistung“ – bereits bekannt und ganz ähnlich konstruiert im Rechtskreis SGB II (dort § 7 SGB II) und SGB XII (dort § 23 SGB XII).

Ausweitung der Fälle zur Anspruchseinschränkung

Die Konstellationen, wann eine Anspruchseinschränkung ausgesprochen werden kann, wurden erweitert: insbesondere für den Fall, dass gegen die neu in § 13 Abs. 3 Satz 3 AsylG geregelte Pflicht verstoßen wurde, einen Asylantrag so bald wie möglich nach Einreise in Deutschland zu stellen oder für Fälle, in denen das BAMF festgestellt hat, dass die Leistungsberechtigten ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.

Analogleistungen erst nach 18 Monaten

Die Wohnverpflichtung für Asylbewerber ohne Kinder wird ausgeweitet; sie können künftig bis zu 18 Monate statt wie bislang sechs Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden (Änderung des § 47 AsylG durch das Geordnete-Rückkehr-Gesetz). Vor diesem Hintergrund wird auch die Wartefrist in § 2 Abs. 1 AsylbLG von 15 auf 18 Monate verlängert. Dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, die sich am 21.8.2019 bereits 15 Monate ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufgehalten haben (Übergangsregel des neuen § 15 AsylbLG). Stichtag für die Einreise in das Bundesgebiet ist damit der 21.5.2018.

Rechtskreiswechsel aus dem AsylbLG in das SGB II-/SGB XII-System

Künftig endet die Leistungsberechtigung für Leistungen aus dem AsylbLG allein mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Die bisherige Regelung, dass ein Wechsel in den Rechtskreis SGB II oder SGB XII schon vor Ablauf der Frist zur Anfechtung einer Gerichtsentscheidung möglich war, entfällt künftig.

Kein Ausschluss von Ausbildungsförderungsleistungen für Analogleistungsberechtigte

§ 22 SGB XII sieht einen grundsätzlichen Leistungsausschluss für Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung während einer Ausbildung vor, die nach dem BAföG oder nach den §§ 51, 57, 58 SGB III (Berufsausbildungsbeihilfe) förderungsfähig ist.

Klargestellt wird nun, dass § 22 SGB XII nicht für analogleistungsberechtigte Asylantragsteller mit Aufenthaltsgestattung, Geduldete und Inhaber einer dem AsylbLG zugeordneten Aufenthaltserlaubnis gilt, wenn sie in einer Ausbildung bzw. berufsvorbereitenden Maßnahme sind. Gleiches gilt für Schüler oder Studenten, die BAföG-Leistungen erhalten.

Neubemessung der Grundleistungen, Neufestsetzung der Bedarfs- und Leistungssätze

Die Grundleistungen wurden auf eine neue Bemessungsgrundlage gestellt. Kosten für Strom und Wohnungsinstandhaltung sind nun aus den Geldleistungen herausgerechnet; sie werden künftig als Sachleistungen erbracht. Zudem wurde eine eigene Bedarfsgruppe für Asylbewerber in Sammelunterkünften geschaffen, deren Leistungen aufgrund des „Synergieeffektes“ geringer ausfallen. 

Damit sinkt die Grundleistung für Alleinstehende um 10 Euro auf 344 Euro. Für Paare reduziert er sich von 318 auf 310 Euro. Ebenfalls 310 Euro erhalten Bewohner in Sammelunterkünften. Bei Jugendlichen (14 und 17 Jahre) bleibt der Satz nahezu gleich, sie bekommen mit 275 Euro einen Euro weniger als bisher.


Topaktuell bei WALHALLA: Das neue Asylbewerberleistungsgesetz

Cover Das neue AsylbewerberleistungsgesetzDie aktuelle Synopse hilft Ihnen, die Neuerungen zum 1.8.2019 schnell zu erfassen und zu verstehen. Sie ist in zwei Teile gegliedert:

Teil 1: Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Teil 2: geänderte Vorschriften im Bereich Arbeits- und Sprachförderung (SGB III, Aufenthaltsgesetz, Deutschsprachförderverordnung)

 

Schnelle Orientierung im neuen Recht:

  • Absatzgenaue Gegenüberstellung des alten und neuen Wortlauts
  • Optische Hervorhebung der Änderungen: Was gilt künftig?
  • Umsetzungshinweise durch die Gesetzesbegründung zum jeweiligen Paragrafen
  • Erläuterungen und Auslegungshilfen zu den Neuerungen

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Betreuer bekommen ab 27.7. mehr Geld

Im heute veröffentlichten Bundesgesetzblatt I wurde das „Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ verkündet.

Damit tritt das Gesetz bereits am 27. Juli 2019 in Kraft. Ab diesem Tag ist für alle Abrechnungsmonate der Pauschalvergütung die neue Vergütungssystematik (Fallgruppen) anzuwenden.

Höchste Zeit, sich mit der Vergütungsreform auseinanderzusetzen. In unserem Praktikerseminar am 23. Juli 2019 sind noch einige Plätze frei!

Vergütung des Betreuers, Vormunds und Verfahrenspflegers – Aktuelle gesetzliche Änderungen und weiter geltende Rechtsprechung

Dieses Seminar vermittelt eine systematische Kenntnis zum neuen Vergütungsrecht, klärt Streitfragen und erörtert praktische Beispiele. Bisher ergangene Rechtsprechung wird dahingehend überprüft, ob sie auch auf die neue Rechtslage zutrifft und entsprechend diskutiert.

Referent: Reinhold Spanl
Termin und Ort: 23.07.2019 in Kassel

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Neues Vergütungssystem für Betreuer passiert den Bundesrat

Heureka – wir haben ein Gesetz! Nach vielen Diskussionen und Einwürfen hat der Bundesrat heute (07.06.2019) dem „Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ zugestimmt. Und zwar in der Fassung, wie sie von der Bundesregierung eingebracht wurde.

Das bedeutet insbesondere: Inkrafttreten voraussichtlich am 1. August 2019 (gesetzestechnisch korrekt am „Tages des ersten auf den Monat der Verkündung folgenden Kalendermonats, dessen Zahl mit der des Tages der Verkündung übereinstimmt, oder, wenn es einen solchen Kalendertag nicht gibt, Datum des ersten Tages des darauffolgenden Kalendermonats“, Artikel 4 des Gesezes).

Das Gesetz erhöht die Vergütung für Berufsbetreuer um durchschnittlich 17 Prozent und modernisiert das Abrechnungssystem: Statt der bisherigen Einzelabrechnungen gibt es künftig monatliche Fallpauschalen. Dies soll es den Ländern ermöglichen, die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Betreuungsfälle zu berücksichtigen und angemessen zu vergüten.

Wichtig: Auf Vergütungsansprüche, die vor dem 1. August 2019 erbracht wurden, ist noch das VBVG in seiner bis dahin geltenden Fassung bis zum Ende des angefangenen Betreuungsmonats anzuwenden.


Hinweis auf das aktuelle Betreuerseminar

Topaktuell bieten wir dazu ein WALHALLA Praxis-Seminar an:

Vergütung des Betreuers, Vormunds und Verfahrenspflegers – Aktuelle gesetzliche Änderungen und weiter geltende Rechtsprechung

Dieses Seminar vermittelt eine systematische Kenntnis zum neuen Vergütungsrecht, klärt Streitfragen und erörtert praktische Beispiele. Bisher ergangene Rechtsprechung wird dahingehend überprüft, ob sie auch auf die neue Rechtslage zutrifft und entsprechend diskutiert.

Referent: Reinhold Spanl                                
Termin und Ort: 23.07.2019 in Kassel

Gleich anmelden – die Plätze sind begrenzt!

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70 Jahre Grundgesetz: Unsere Grundrechte praxisnah erklärt

Heute läuft die Aktion „Kinderrechte ins Grundgesetz“ in den Social Media Kanälen (z.B. auf Twitter oder in Facebook) anläßlich des 70. Geburtstags des Grundgesetzes.

Dieser runde Geburtstag war Anlass für uns vom Walhalla Fachverlag ein Büchlein mit Erklärungen von Prof. Schade zu den Grundrechten zu veröffentlichen. Dieses kann als E-Book kostenlos downgeloadet werden.

Auf www.walhalla.de/service/whitepaper das E-Book auswählen und auf den Download-Knopf klicken. Adresse eingeben. Fertig!

 

Bundestag hebt Wahlausschluss von Vollbetreuten auf; neu: Regelung zu Assistenzleistungen

Am 16.05.2019 wurde der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und anderer Gesetze“ in 2./3. Lesung im Bundestag verabschiedet (Drs. 19/9228). Die Änderungen sollen am 1. Juli 2019 in Kraft treten. Zuvor muss das Gesetz noch den Bundesrat durchlaufen.

Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 29. Januar 2019 (Az.: 2 BvC 62/14) die derzeit bestehende Regelung in § 13 Ziffer 2 und Ziffer 3 für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar beurteilt und die Regelungen deshalb für nichtig erklärt. Per einstweiliger Anordnung hatte das Bundesverfassungsgericht am 15. April 2019 die Vorschriften zum Wahlrechtsausschluss von behinderten und psychisch kranken Menschen zur Europawahl gekippt und ermöglicht so, dass die Betroffenen an der Europawahl teilnehmen können (Voraussetzung ist eine Antragstellung – siehe die Ausführungen im gesonderten Beitrag!).

Die Wahlrechtsausschlüsse des § 13 Nummer 2 und 3 des Bundeswahlgesetzes
und des § 6a Absatz 1 des Europawahlgesetzes werden mit dieser Gesetzesänderung nun beendet.

Zugleich werden

  • die Grenzen zulässiger Assistenz bei der Ausübung des Wahlrechts bestimmt,
  • wird die Strafbarkeit der Wahlfälschung bei zulässiger Assistenz in § 107a des
    Strafgesetzbuches klargestellt
  • die notwendigen Folgeänderungen in der Bundeswahlordnung, der Europawahlordnung und in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgenommen.

Grenzen zulässiger Assistenz:

Nach dem neu eingefügten § 14 Abs. 5 Bundeswahlgesetz kann ein Wahlberechtigter, der nicht lesen kann oder der wegen einer Behinderung seine Stimme nicht selbst abgeben kann, technische Unterstützung bekommen.

„(5) Ein Wahlberechtigter, der des Lesens unkundig oder wegen einer Behinderung an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen. Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wahlberechtigten selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt. Unzulässig ist eine Hilfeleistung, die unter missbräuchlicher Einflussnahme erfolgt, die selbstbestimmte Willensbildung oder Entscheidung des Wahlberechtigten ersetzt oder verändert oder wenn ein Interessenkonflikt der Hilfsperson besteht.“

Die Hilfsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben. Sie hat eine „Versicherung an Eides statt“ zu unterzeichnen, wenn sie bei der Wahl assistiert. Außerdem ist die Hilfsperson zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie durch die Hilfeleistung erlangt hat.

Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, macht sich strafbar (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Unbefugt wählt auch, wer im Rahmen zulässiger Assistenz entgegen der Wahlentscheidung des Wahlberechtigten oder ohne eine geäußerte Wahlentscheidung des Wahlberechtigten eine Stimme abgibt. Bereits der Versuch ist nach § 107a Abs. 1 und Abs. 3 StGB strafbar.

Bundestag stimmt für die Erhöhung der Betreuervergütung

Am 16.05.2019 hat der Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drs. 19/8694 ) in 2./3. Lesung unverändert zugestimmt. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen wurden nicht berücksichtigt.

Obwohl einige Fraktionen das Gesetz für nicht ausreichend bezeichneten, stellte sich keine Fraktion gegen das Gesetz, lediglich die FDP enthielt sich der Abstimmung. Übereinstimmend bestand die Meinung, dass die 17 Prozent Erhöhung eigentlich zu wenig seien und nur einem Kompromiss zwischen Bund und Ländern geschuldet. Einig war man sich auch, dass diese Erhöhung noch nicht das Ende des Reformprozesses sein dürfe. Qualitätsorientiert sei das Betreuungsrecht weiterzuenwickeln.

Eine Aufzeichnung der Debatte kann in der Mediathek des Bundestages abgerufen werden.

Der Bundesrat soll nun möglichst zeitnah – noch vor der parlamentarischen Sommerpause – über das Gesetz abstimmen. Vor der Sommerpause kommt der Bundesrat noch am 7. Juni und am 28. Juni zusammen. Wie bekannt, besteht eine Zustimmungspflicht; sollte die Zustimmung nicht erteilt werden, muss der Vermittlungsausschuss angerufen werden.

Der voraussichtliche Zeitplan:

  • 01.03.2019: Erstes Einbringen in den Bundesrat
  • 04.04.2019: Erste Lesung im Bundestag
  • Beratung in den Ausschüssen (vor allem Rechtsausschuss)
  • 16.05.2019: Zweite und dritte Lesung im Bundestag; Verabschiedung des Gesetzes
  • vorauss. 7.06.2019: Zweite Befassung durch den Bundesrat, Zustimmung
  • Verkündung im Bundesgesetzblatt
  • Inkrafttreten: 1. Tag des ersten auf die Verkündung folgenen Kalendermonat.

Ergebnisse der Sachverständigenanhörung zur Betreuervergütung im Rechtsausschuss

In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am 6. Mai 2019 betonten die als Sachverständige geladenen Verbändevertreter in ihren Stellungnahmen, die Anpassung sei angesichts der Schließung von Betreuungsvereinen und Betreuungsbüros kurzfristig dringend erforderlich, könne aber nur ein erster Schritt sein. Änderungswünsche, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf geäußert hatte, lehnten die Sachverständigen wie schon zuvor die Bundesregierung ab.

Die Fragen der Abgeordneten betrafen vor allem die Arbeitsbedingungen der Betreuer und mögliche Verbesserungen, die Auswirkungen der in dem Entwurf vorgesehenen Regelungen sowie das im Gesetzgebungsprozess zutage getretene Spannungsfeld zwischen Bundesregierung und Bundesrat.

Eine detaillierte Beschreibung des Berufsalltags von Berufsbetreuern gab Hülya Özkan aus Bielefeld, die nach eigenen Angaben 43 Klienten im Alter zwischen 19 und 106 Jahren vertritt, die aus den unterschiedlichsten Gründen eine rechtliche Betreuung benötigen. Sie werde als Berufsbetreuerin bestellt, wenn alle anderen Hilfesysteme versagt hätten. Özkan verwies auf die Studie „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG), wonach Berufsbetreuer jetzt schon 20 Prozent unbezahlte Mehrarbeit leisten. Die Studie zeige auch, dass Berufsbetreuer 24 Prozent mehr Zeit und 25 Prozent mehr Vergütung bekommen müssten, um das bezahlt bekommen was sie tatsächlich leisten.

Thorsten Becker, Vorsitzender des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB), der die Interessen von über 7.000 selbständigen oder als Angestellte in Betreuungsvereinen beruflich tätigen Betreuern vertritt, begrüßte, dass der Gesetzgeber nach nunmehr 14 Jahren die Initiative zu einer Erhöhung der Betreuervergütung ergriffen und dies in der laufenden Diskussion zum Reformprozess vorgezogen habe. Jedoch falle die Anhebung im Ergebnis enttäuschend gering und damit wenig wertschätzend aus. Wegen der vor allem von einigen Bundesländern vorgebrachten Maßgabe „so oder gar nicht“ habe sich der BdB entschlossen, den Gesetzentwurf trotz der bestehenden Kritik zu akzeptieren.

Barbara Dannhäuser vom Katholischen Verband für soziale Dienste in Deutschland (SKM) erklärte, die Caritas und ihre Fachverbände begrüßten grundsätzlich die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, die Regelungen seien aber nicht weitreichend genug. Um eine schnelle und längst überfällige Erhöhung der Betreuer- und Vormündervergütung nicht zu verhindern, stimmten die Caritas-Verbände dem Entwurf zu. Dem schloss sich Karina Schulze vom Paritätischen Gesamtverband an, der rund 160 Betreuungsvereine vertritt. Sie sprach von einer Übergangslösung. Ähnlich argumentierte Lydia Hajasch von der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Der Refinanzierungsbedarf der Betreuungsvereine werde durch die vorgeschlagenen Regelungen nicht hinreichend gedeckt. Die Grundannahme, dass der Betreuungsaufwand mit fortlaufender Dauer sinke, sei nicht auf alle Betreuungsfälle, insbesondere auf die der Menschen mit geistiger Behinderung, übertragbar.

Dannhäuser ergänzte, mit Sorge würden die aktuellen Versuche der Länder beobachtet, weitere Kosteneinsparungen zu Lasten der Vereine zu fordern. Wie andere Sachverständige auch bewertete sie die angepeilte Erhöhung um durchschnittlich 17 Prozent angesichts von Personalkostenzuwächsen von mindestens 25 Prozent als zu niedrig. Zudem bemängelte Dannhäuser wie auch andere Experten, dass der Entwurf nicht die seit langem geforderte Dynamisierungsregelung sondern lediglich eine Evaluierung nach vier Jahren enthalte. Das sei viel zu spät, zumal mit tatsächlichen Anpassungen frühestens nach weiteren zwei bis drei Jahren gerechnet werden könne.

Walter Klitschka, 1. Vorsitzender des Bundesverbands freier Berufsbetreuer (BVfB), warnte vor einem Aussterben des Berufs, sollte es keine Existenzsicherung für Berufsbetreuer geben. An die Adresse des Bundesrates sagte er, an der Anpassung der Vergütung zum 1. Juli 2019 führe kein Weg vorbei. Die Länder wüssten seit mindestens 2017, dass eine Erhöhung der Ausgaben für Betreuung in der jetzt vorliegenden Größenordnung auf sie zukommt. Das Argument des Bundesrats zu einer Verschiebung auf 2020 aus haushaltstechnischen Gründen sei daher nicht stichhaltig. Für fragwürdig halte der Verband auch die vom Bundesrat vorgeschlagene Evaluierung erst nach fünf Jahren.

Peter Winterstein, 1. Vorsitzender des Betreuungsgerichtstags (BGT), bezeichnete die Erhöhung der Betreuervergütung als überfällig. Am Vergütungssystem seien jedoch noch weitere Änderungen erforderlich. Zu den Vorschlägen des Bundesrates sagte Winterstein, eine Verlängerung des Evaluationszeitraums dürfe es auf keinen Fall geben, da eine neuerliche Verzögerung von weiteren notwendigen Vergütungsanpassungen die Existenz von Betreuungsvereinen grundlegend gefährde.

Sehr detailliert setzte sich der Familienrechtler Tobias Fröschle von der Universität Siegen mit dem Entwurf auseinander. Ein Vorteil sei, dass eine schwer durchschaubare Berechnungsregelung durch ein einfacher zu handhabendes System ersetzt werde. Viele Zweifelsfragen blieben jedoch bestehen. Änderungen würden hier aber einer umfassenden Neuregelung vorgreifen. Entgegen der Stellungnahme des Bundesrates könne die Anpassung der Betreuervergütung keineswegs warten, bis dieser Prozess abgeschlossen ist. Das würde die Gefahr der Schließung weiterer Betreuungsvereine heraufbeschwören. Bezüglich einer Evaluation teile er jedoch die Bedenken des Bundesrates.

Wirksame Regeln und Strukturen zum Schutz vor Korruption bei rechtlicher Betreuung forderte Adelheid von Stösser von Transparency International Deutschland. Die Diskussion lasse bisher nicht erkennen, dass die Gefahr der Korruption berücksichtigt wird. Im Vordergrund stünden vielmehr Eigeninteressen der gewerbsmäßigen Akteure. Die Vergütungen duften erst steigen, wenn auch die Sicherheit verbessert werde, sagte von Stösser. Transparency International fordere bundesweit geltende Sicherheitsstandards. Nötig sei auch eine Begrenzung der Anzahl von Betreuungen pro Betreuer.

In dem Gesetzentwurf ist ausgehend vom Koalitionsvertrag eine Erhöhung der Vergütung um 17 Prozent in einem modernisierten System von Fallpauschalen vorgesehen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll der Vorlage zufolge eine rechtstechnisch einfach und schnell umsetzbare, Qualitätsaspekte berücksichtigende und angemessene Anpassung der seit mehr als 13 Jahren unveränderten Vergütung beruflicher Betreuer erfolgen, die insbesondere auch geeignet ist, eine existenzsichernde Finanzierung der Betreuungsvereine sicherzustellen.

In ihrer Gegenäußerung zur kritischen Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf vom 30.04.2019 (Drs. 19/9765) verteidigt die Bundesregierung ihre Vorlage und lehnt die Änderungsvorschläge der Länderkammer in jedem Punkt ab. Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme unter anderem darauf hin, dass der Gesetzentwurf für die Länder eine jährliche Mehrbelastung von rund 157 Millionen Euro vorsieht. Er hält es für unerlässlich, diese Mehrbelastung über einen höheren Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen auszugleichen. Änderungsvorschläge betreffen auch die Evaluierung des Gesetzes und dessen Inkrafttreten. In der Gegenäußerung der Regierung heißt es unter anderem, die Finanzierung der Betreuer- und Vormündervergütung sei bei Mittellosigkeit der betroffenen Person Aufgabe der Länder. Auch gebe es aus Bundessicht keine Notwendigkeit zur Anpassung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. Auch positioniert sich die Bundesregierung gegen ein Inkrafttreten der Erhöhung erst zum 1 Januar 2020.

Quelle: Heute im Bundestag, Nr. 508

Klarstellung des BGH: Schonvermögensgrenze für Betreuervergütung bei 5.000 € – Erhöhungen durch das BTHG sind nicht anzuwenden

Die Eingliederungshilfe wird durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) zum 1.1.2020 aus dem SGB XII (Sozialhilfe) herausgelöst und in das SGB IX als neues eigenes Leistungsgesetz in Teil 2 integriert. Im Zuge dessen verbessern sich auch die Einkommens- und Vermögensgrenzen für Menschen mit Behinderungen. Zum 1.1.2017 wurde durch das BTHG eine bis 31.12.2019 geltende Übergangsregelung in § 60 a SGB XII geschaffen: Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe beziehen, erhalten zusätzlich – neben dem bisherigen Schonbetrag nach § 90  Abs. 2 Nr. 9 SGB XII – einen Vermögensfreibetrag i.H.v. von bis zu 25.000 € für ihre Lebensführung und Alterssicherung.

Diese Konstruktion führte zu Unklarheiten, welcher Schonbetrag seit 1.1.2017 bei der Betreuervergütung zu berücksichtigen ist. § 1836c Ziffer 2 BGB formuliert den Einsatz des „Vermögens nach Maßgabe des § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“. Dies bedeutete bis 31.12.2016 bei der Berechnung der Mittellosigkeit im Rahmen der Vergütungsfestsetzung: geschützte Barvermögen in Höhe von 5000 Euro gem. § 1836c Nr. 2 BGB, § 5 Abs. 1, 2 VBVG 1 i.V.m. § 90  Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, § 1 der Verordnung zu § 90 Nr. 2 SGB XII.

Mit Geltung ab 1.1.2017 nahmen einige wenige Landgerichtsbezirke an, dass die der neuen Regelung des zusätzlichen Vermögensfreibetrags in § 60a SGB XII auch für die Vergütungsfestsetzung gilt, viele Bezirke dagegen nicht. Auch die Gerichte entschieden uneinheitlich.

Der Bundesgerichtshof stellte nun in seinem Beschluss vom 20.3.2019 (XII ZB 290/18) klar, dass der Vermögensfreibetrag nach § 60a SGB XII keine Anwendung findet:

„Auch wenn ein Betreuter Eingliederungshilfe in einer Werkstatt für behinderte Menschen bezieht, hat er sein Vermögen für die Vergütung seines Betreuers insoweit einzusetzen, als es den allgemeinen Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von derzeit 5.000 € übersteigt. Der erhöhte Vermögensfreibetrag nach § 60 a SGB XII von bis zu 25.000 € findet dabei keine Anwendung.“ – so der Leitsatz des BGH.

Neben einer ausführlichen historischen Analyse führt der BGH insbesondere als Argument gegen eine Anwendung an, dass es sich bei der Zahlung der Betreuervergütung aus der Staatskasse nicht um eine Form der Eingliederungshilfe handele. Von daher sei bereits eine Anwendung des § 60a SGB XII – der im 6. Kapitel „Eingliederungshilfe“ verortet ist – nicht angezeigt.

Zudem wäre eine Berücksichtigung der Übergangsregel § 60a SGB XII gegenüber der Rechtslage ab 1.1.2020 eine „vorübergehende“ Besserstellung, was der Gesetzgeber sicher nicht gewollt haben kann. Der BGH argumentiert diesbezüglich wie folgt:

„(a) Durch das Bundesteilhabegesetz wird das Recht der Eingliederungshilfe mit Wirkung zum 1. Januar 2020 aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch herausgelöst und im Neunten Buch Sozialgesetzbuch Teil 2 geregelt. Dadurch sollen die mit dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch begonnenen Schritte einer Trennung von Fachleistung und von Leistungen zum Lebensunterhalt zum Ab-schluss gebracht werden. Die Eingliederungshilfe soll sich künftig auf die reinen Fachleistungen konzentrieren, während die Leistungen zum Lebensunterhalt wie bei Menschen ohne Behinderungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetz-buch oder dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht werden sollen (BT-Drucks. 18/9522 S. 4). Die derzeit noch in § 92 Abs. 2 SGB XII genannten Ein-gliederungsmaßnahmen, wie die Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, werden zukünftig in § 138 Abs. 1 SGB IX geregelt sein. Für diese Leistungen wird weiterhin kein Vermögen einzusetzen sein, nachdem § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII inhaltsgleich in § 140 Abs. 3 SGB IX übernommen wird (BT-Drucks. 18/9522 S. 90 f., 303 f.).

Für alle anderen Leistungen der Eingliederungshilfe sieht der neue § 139 SGB IX eine an § 90 SGB XII angelehnte Regelung zur Vermögensanrechnung vor, wobei die Höhe des einzusetzenden Barvermögens mit mehr als 50.000 € deutlich über den Schonbetrag nach § 90 Abs. 1 [red. Anm.: gemeint ist wohl Abs. 2] Nr. 9 SGB XII hinausgeht. Der Gesetzgeber hielt diese Erhöhung für angezeigt, weil es um Menschen mit erheblicher Teilhabeeinschränkung gehe und die Regelung des § 139 SGB IX nur für Fachleistungen der Eingliederungshilfe gelte (BT-Drucks. 18/9522 S. 91, 304).

Menschen mit Behinderungen sollen also in Bezug auf alle Eingliederungsleistungen des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch, soweit sie nicht ohnehin bereits unabhängig von vorhandenem Vermögen zu erbringen sind, in den Genuss eines erhöhten Freibetrags kommen. Dagegen sollen Leistungen zum Lebensunterhalt auch künftig nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erbracht werden. Für solche Leistungen wird auch weiterhin nach Maßgabe des § 90 SGB XII – ebenso wie für die Betreuervergütung – vorhandenes Vermögen einzusetzen sein.“

Quelle: Beschluss inklusive Begründung des BGH vom 20.3.2019 (Az. XII ZB 290/18)

BVerfG: Wahlrecht für betreute Menschen gilt bereits zur Europawahl – Antrag bzw. Einspruch notwendig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat per einstweiliger Anordnung am 15. April 2019 die Vorschriften zum Wahlrechtsausschluss von behinderten und psychisch kranken Menschen zur Europawahl gekippt (Az.: 2 BvQ 22/19). Bereits Ende Januar 2019 hatte das Gericht ja bereits Wahlrechtsausschlüsse bei der Bundestagswahl wegen Verstoß gegen den Gleichberechtigungssatz verworfen. Mehr als 80.000 Betroffene können daher nun an der Europawahl am 26. Mai teilnehmen. Voraussetzung ist aber, dass sie einen entsprechenden Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis bzw. Einspruch gegen das Wählerverzeichnis gestellt haben.

Die Fraktion der Grünen/Bündnis 90, FDP und Linke hatten einen Eilantrag gestellt, damit auch behinderte Menschen, für die ein Betreuer alle Angelegenheiten des Lebens regelt, sowie im Maßregelvollzug untergebrachte, psychisch kranke und schuldunfähige Straftäter an der Europawahl teilnehmen können. Aufgrund der Dringlichkeit hat das Bundesverfassungsgericht nun die Entscheidung als sogenanntes „Stuhlurteil“ gefällt; danach wird der Tenor bereits im Anschluss an die Verhandlung verkündet. Die genaue Urteilsbegründung folgt später nach.

Die Regelungen im deutschen Europawahlgesetz, wonach in allen Angelegenheiten unter Betreuung stehende Menschen und schuldunfähige Straftäter nicht an den Europawahlen teilnehmen dürfen, sind nicht anzuwenden, so der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts. Personen, die bisher von den Wahlrechtsausschlüssen für in allen Angelegenheiten Betreute und für in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte schuldunfähige Straftäter betroffen waren, können nach erfolgreichem Antrag bzw. Einspruch an der Europawahl am 26. Mai 2019 teilnehmen.

Notwendig: Antrag bzw. Einspruch aktiv stellen

Personen, für die bisher ein Wahlrechtsausschluss im Melderegister eingetragen war, werden nicht automatisch bzw. von Amts wegen in das Wählerverzeichnis aufgenommen. Sofern sie bei der Europawahl ihre Stimme abgeben wollen, müssen sie einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen (§ 17 Absatz 1 Europawahlordnung) oder Einspruch gegen das Wählerverzeichnis einlegen (§ 21 Europawahlordnung).

Auf den Seiten des Bundeswahlleiters ist zu entnehmen, wer einen Antrag stellen bzw. Einspruch gegen das Wählerverzeichnis erheben kann. Beide notwendigen aktiven Handlungen sind an Fristen gebunden:

  • Nicht Sesshafte, Personen, die sich in einer Justizvollzugsanstalt oder einer entsprechenden Einrichtung befinden sowie Personen mit Wohnsitz im Ausland können bis 5. Mai 2019 (21. Tag vor der Wahl) einen schriftlichen Antrag bei der Gemeinde ihres Hauptwohnortes stellen. Dabei sind Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und die genaue Anschrift zu nennen. Der Antrag ist persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen. Sofern erforderlich, ist Hilfestellung durch andere Personen (Bevollmächtigte, rechtliche Betreuer) möglich.
  • Personen, die mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet sind und nicht zu den oben genannten Personengruppen gehören, können vom 6. bis 10. Mai 2019 einen Einspruch – schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Gemeindebehörde – gegen das Wählerverzeichnis einlegen. Der Einspruch ist persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen. Auch hier ist – sofern erforderlich – Hilfestellung durch andere Personen möglich.

Auf den Seiten des Bundeswahlleiters stehen sowohl für den Antrag als auch für den Einspruch Mustervorlagen zur Verfügung: www.bundeswahlleiter.de

Beschluss Bundesrat: Erhöhung der Betreuervergütung ja .. aber erst ab 2020 .. und weitere Änderungswünsche

Am 12. April 2019 befasste sich der Bundesrat erstmalig mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung der Vergütung von Betreuern und Verfahrenspflegern. Entgegen der Empfehlung der Ausschüsse sieht der Bundesrat nun nur noch an einigen Punkten Änderungsbedarf, wie sich aus dem Beschluss Drs. 101/19 (B) ergibt.

Generelle Änderungs-/Erweiterungswünsche

Generell ist der Bundesrat der Auffassung, dass berufliche Betreuer einen wichtigen Beitrag zu einer qualitativ hochwertigen rechtlichen Betreuung und damit auch zum sozialen Zusammenhalt leisten. Sie haben Anspruch auf eine an-gemessene Vergütung ihrer Leistungen, die auch die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung berücksichtigt. Im Sinne einer fairen und transparenten Entlohnung begrüßt der Bundesrat darüber hinaus grundsätzlich eine Pauschalierung der Vergütungen.

Allerdings darf die Kostenbelastung durch die Vergütungserhöhung nicht nur den Bundesländern überlassen werden – so die Ansicht des Bundesrates.  Er hält es für unerlässlich, diese Mehrbelastung über eine Anpassung des Umsatzsteueranteils der Länder auszugleichen (der Gesetzentwurf sieht für die Länder eine jährliche Mehrbelastung von rund 157 Millionen Euro vor).

Die staatliche Erstattung von Kosten auch im Bereich der Betreuung müsse am Maßstab der Erforderlichkeit gemessen werden. Eine Kostenerstattung durch die Länder komme aus Sicht des Bundesrates deshalb nur mit Blick auf solche Aufgaben in Betracht, die unmittelbar durch die Wahrnehmung der Aufgaben des „rechtlichen“ Betreuers veranlasst und sowohl hinsichtlich des zeitlichen Umfangs als auch des Qualifikations- und Vergütungsniveaus notwendig sind. Für eine umfassende Betreuung, die auch im weiteren Sinne Aspekte der sozialen Fürsorge, der Pflege oder Behandlung einbezieht, wären gegebenenfalls andere Kostenträger als die Länder zuständig. Eine umfassende Neuordnung der sozialen und rechtlichen Betreuung müsse aus Sicht des Bundesrates gegebenenfalls über Strukturreformen und nicht über Veränderungen der Vergütungen für die rechtliche Betreuung angestrebt werden.

Die Neuregelung dürfe sich nicht auf eine Erhöhung der Vergütungen be-schränken. Vielmehr müssten vorhandene strukturelle Probleme gelöst werden. Der Bundesrat verweist dabei insbesondere darauf, Anreize für Vorsorgevollmachten und eine stärkere Betreuung im Familienkreis zu schaffen, damit die Fallzahlen der Berufsbetreuer nicht weiter steigen.

Konkrete Änderungswünsche des Gesetzesentwurfs

Die Aufwandspauschale für Verfahrenspfleger soll nach Ansicht des Bundesrates auf 3,50 Euro begrenzt werden; die von der Bundesregierung geplante Erhöhung auf 4,00 Euro hält er für nicht für gerechtfertigt.

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, das Gesetz frühestens zum 1. Januar 2020 in Kraft treten zu lassen, da die Haushaltsplanungen der Bundesländer für das laufende Jahr bereits abgeschlossen seien.

Für die Evaluierung soll mehr Zeit bleiben, der Evaluierungszeitraum soll daher nicht vier, sondern fünf Jahre betragen.

Kritik an der Berechnung der Erhöhung

Kritik äußerte der Bundesrat an der in der Gesetzesbegründung dargelegten Berechnung der Vergütungserhöhung um 17 Prozent – konkret die Aufschläge für die Rechnungsposten „Overhead-Kosten“ und „Sachkosten“.

Besonders bemängelt wurde, dass „Overhead-Kosten“ – also Gemeinkosten – für die Leitungsfunktion und weitere nicht näher bestimmbare Kosten im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB (Kosten für Aufsicht, Weiterbildung und Versicherung der Mitarbeiter) in die Berechnung der Pauschalen eingeflossen seien. Die Kosten entstünden jedoch nur dann, wenn ein Betreuungsverein gem. § 1908f BGB anerkannt werden wolle.

Ob mit dieser Kritik die prozentuale Erhöhung noch „gedrückt“ wird, ist derzeit unklar. Mit dieser Argumentation werden sich der Bundestag aber sicher noch befassen.

Das ist vom Tisch

Viele Dinge, die die Bundesratsausschüsse empfohlen hatte, fanden keine Zustimmung im Bundesrat, ist damit also vom Tisch. Zu nennen sind hier insbesondere Fallzahlenbegrenzungen sowie die Einstufung in die Vergütungsgruppen nicht mehr durch die Rechtspfleger erfolgen, sondern durch ein Weisungsrecht der zuständigen Landesbehörden.

.. und so geht es weiter

Die Stellungnahme des Bundesrates geht nun an die Bundesregierung, die sich in ihrer Gegenäußerung damit auseinandersetzt. Beide Dokumente werden schließlich dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt (2./3. Lesung).