Anspruch auf Präventivmaßnahmen zur Zahngesundheit für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen

Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 1 sowie behinderte Menschen, die Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII erhalten, haben gemäß § 22a SGB V Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen.

Die Leistungen umfassen insbesondere die Erhebung eines Mundgesundheitsstatus, die Aufklärung über die Bedeutung der Mundhygiene und über Maßnahmen zu deren Erhaltung, die Erstellung eines Planes zur individuellen Mund- und Prothesenpflege sowie die Entfernung harter Zahnbeläge.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun zur näheren Ausgestaltung und Abrechnung der Prophylaxeleistungen eine „Richtlinie über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen: Erstfassung (Richtlinie nach § 22a SGB V)“ erlassen, die am 1. Juli 2018 in Kraft tritt. Anspruch auf Präventivmaßnahmen zur Zahngesundheit für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen weiterlesen

Volljährig gewordener Unbegleiteter Minderjähriger behält Recht auf Familienzusammenführung

Ein unbegleiteter Minderjähriger, der während des Asylverfahrens volljährig wird, behält sein Recht auf Familienzusammenführung. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12.04.2018 entschieden. Allerdings müsse ein solcher Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden, das heißt grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an dem der Minderjährige als Flüchtling anerkannt worden ist (Az.: C-550/16). Volljährig gewordener Unbegleiteter Minderjähriger behält Recht auf Familienzusammenführung weiterlesen

Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen?

Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind bereits seit längerem in der Kritik. Hier eine Übersicht über die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit, eine Zusammenfassung zum dazu anhängigen Verfahren beim Bundesverfassungsgericht sowie die Mitteilung des Paritätischen Gesamtverbandes ein eigenes Konzept zur Reform der Hartz IV-Regelungen vorlegen zu wollen.

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit

Die Jobcenter haben im Jahr 2017 Sanktionen gegen 952.840 Leistungsberechtigte ausgesprochen. Wie sich aus der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit ergibt, ist damit die Zahl der Leistungskürzungen im Vergleich zu 2016 um 13.700 gestiegen.

Gründe für die Sanktionen:

  • Mit 77 Prozent (733.800 Leistungsberechtigte) entfällt ein Großteil der Sanktionen auf Melde- bzw. Terminversäumnisse.
  • Gut 10 Prozent (98.860 Leistungsberechtigte) erhielten eine Leistungskürzung, weil sie sich weigerten, eine Arbeit oder eine Maßnahme aufzunehmen oder diese grundlos abgebrochen haben.
  • Bei fast 9 Prozent (83.380 Leistungsberechtigte ) wurden Pflichtverletzungen gegen die Eingliederungsvereinbarung sanktioniert.

„Drei von vier Sanktionen entstehen schlicht deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst wahrgenommen werden. Dabei bieten die Jobcenter auch einen Erinnerungsservice per SMS an“ so Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der BA. Den Erinnerungsservice per SMS haben die Jobcenter eingerichtet, um die Zahl der Terminversäumnisse zu reduzieren. Wenn sich Kunden für den Service angemeldet haben, wird 24 Stunden vor einem vereinbarten Termin eine Erinnerung auf das Handy verschickt. Wer dann nicht erscheint, muss mit einer Absenkung der reguläre Regelleistung um 10 Prozent rechnen.

Von Sanktionen sind junge Menschen unter 25 Jahren besonders betroffen, da das SGB II bei diesem Personenkreis („U25“) bereits beim ersten Regelverstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Sanktion der Regelleistung vorsieht. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Pflichtverstoß dazu, kann zudem die Miete gekürzt werden. Scheele dazu: „Das bereitet uns Sorge, weil die strikten Sonderregelungen bei Jugendlichen zu besonders einschneidenden Leistungskürzungen führen“. Er zeigt sich hier offen für Veränderungen.

Generell sieht Scheele die Kürzung der Miete, von der sowohl Jugendliche als Erwachsene bei wiederholten Verstößen betroffen sind, als problematisch an: „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns bei der Vermittlung und auch sonst nicht weiter.“

Anhängiges Verfahren beim Bundesverfassungsgericht

Ob es an der polititschen Diskussion, die zu Hartz IV aufgeflammt ist oder an Berichten und Auswertungen der Mitarbeiter der Jobcenter, die den Vorstandsvorsitzenden der BA zu diesen kritischen Aussagen bewegt hat, ist nicht bekannt.

Möglicherweise liegt dies auch an der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionsregelungen im SGB II.

Unter dem Aktenzeichen 1 BvL 7/16 wird das Verfahren geführt, das wohl noch in 2018 vom Bundesverfassungsgericht entschieden wird. Vorgelegt wurde die Frage, ob die Sanktionsregelungen in § 31a in Verbindung mit §§ 31 und 31b des SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatlichkeit) und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und mit Art. 12 GG vereinbar sind.

Auf den Prüfstand stellte das Sozialgericht Gotha die Hartz IV-Sanktionen. Es hatte Anfang August 2016 die Verfassungsmässigkeit der Sanktionsregeln gegen Arbeitsuchende im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II in Zweifel gezogen.  und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Vereinbarkeit der Sanktionsregeln mit dem Grundgesetz vorgelegt und das erstinstanzliche Verfahren ausgesetzt.

Dieser Sachverhalt liegt dem ausgesetzten Verfahren zugrunde: Der Kläger stand beim Jobcenter Erfurt im Leistungsbezug. Nachdem er zunächst ein Arbeitsangebot abgelehnt hatte, wurde ihm die Leistung um 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs monatlich gekürzt. Wegen einer weiteren Pflichtverletzung, der Kläger hatte gegen eine Eingliederungsvereinbarung verstoßen indem er einen Gutschein zur Erprobung bei einem Arbeitgeber nicht einlöste, verfügte das Jobcenter eine Minderung des Regelbedarfs um 60 Prozent. Dagegen beschritt der Kläger den Rechtsweg und reichte beim zuständigen Sozialgericht Gotha Anfechtungsklage ein. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, dass eine Anwendung der Sanktionsregelungen des SGB II nicht in Betracht käme, da diese verfassungswidrig seien.

Die Richter des Sozialgerichts Gotha bezweifeln, dass § 31a i.V.m. §§ 31 und 31b SGB II mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist, weil sich das für die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums maßgebliche Arbeitslosengeld II auf Grund von Pflichtverletzungen um 30 bzw. 60 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfs mindert bzw. bei weiteren Pflichtverletzungen vollständig entfällt. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Garantie der Menschenwürde eine Sicherstellung des Existenzminimums im Einzelfall verlangt. Es sei nunmehr aufgefordert, darüber entscheiden, welchen Spielraum der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Grundrechte, insbesondere des Schutzes der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips habe.

Paritätischer kündigt eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV an

In einer Pressemitteilung vom 11. April 2018 fordert der Partiätische Gesamtverband eine vollständige Abschaffung der Sanktionen. Notwendig sei eine komplette Neuausrichtung der Grundsicherung. Der Verband kündigt an, noch im April 2018 ein eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV vorzulegen.

Der Verband begrüßt, dass auch der Vorstandsvorsitzende der BA Veränderungsbedarf einräume. Aus Sicht des Paritätischen sind jedoch kleine Korrekturen nicht ausreichend.

„Die Sanktionen gehören vollständig abgeschafft. Wir müssen weg von dieser misanthropischen Grundhaltung, die Hartz IV prägt, hin zu einem echten Hilfesystem. Hilfe statt Strafe muss die Richtschnur sein“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Quellen:

 

Informationsplattform zum bedingungslosen oder solidarischen Grundeinkommen

Die neue Informationsplattform „Bedingungsloses und solidarisches Grundeinkommen – Konzepte in der Diskussion“ stellt wissenschaftliche Literatur zum Thema zusammen und wirft einen Blick auf die aktuelle Diskussion. Informationsplattform zum bedingungslosen oder solidarischen Grundeinkommen weiterlesen

Keine Eingliederungshilfe wegen einfachem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Legasthenie

Der Jugendhilfeträger ist nicht verpflichtet, für die Privatschulkosten der an einem einfachen Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Legasthenie leidenden 15-jährigen Schülerin sowie für die Kosten einer Legasthenietherapie aufzukommen. Es handele sich hierbei nicht um seelische Störungen im Sinn des § 35a SGB VIII (Urteil des Verwaltungsgericht Trier vom 01.03.2018, Az.: 2 K 14025/17.TR).

Eltern begehren für Kind Kostenübernahme im Rahmen der Eingliederungshilfe

Die Klägerin, welche bereits als Kind wegen Entwicklungsstörungen therapeutisch behandelt wurde, besuchte zunächst eine integrierte Gesamtschule. Zum Schuljahr 2015/2016 wechselte sie auf Veranlassung und Kosten ihrer Eltern auf eine private Ganztagsschule mit Internat und belegt dort aktuell die neunte Klasse. Nach dem erfolgten Schulwechsel beantragten die Eltern der Klägerin die Kostenübernahme für die Kosten der Privatschule und eine Legasthenietherapie.

Zur Begründung führten sie an, der Klägerin stehe infolge ihrer diagnostizierten Entwicklungsstörung, dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und ihrer Lese-Rechtschreib-Schwäche ein Anspruch auf Eingliederungshilfe zu, da hierdurch ihre Teilhabe am sozialen Leben beeinträchtigt sei.

Der beklagte Jugendhilfeträger lehnte die Anträge. Die Einschränkungen der Klägerin in schulischen Fähigkeiten würden seiner Auffassung nach keine Teilhabebeeinträchtigung verursachen.

Verwaltungsgericht verneint Anspruch auf Bewilligung

Die Klage blieb jedoch ohne Erfolg, da ein Anspruch der Klägerin auf nachträgliche Bewilligung von Eingliederungshilfe nach Auffassung des Gerichts nicht bestehe. Insbesondere lägen die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe nicht vor. Weder das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom noch die Legasthenie seien für sich genommen „seelische Störungen“ im Sinn der maßgeblichen Vorschriften des SGB VIII (§ 35a).

Zudem sei die Fähigkeit der Klägerin zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten in Familie und Schule hierdurch nicht nachhaltig eingeschränkt.

Der Anspruch scheitere auch daran, dass die Klägerin es versäumt habe, den Jugendhilfeträger rechtzeitig im Vorhinein über den beabsichtigten Schulwechsel und den bestehenden Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen. Schließlich habe die Klägerin nicht dargelegt, dass der Schulwechsel keinen zeitlichen Aufschub geduldet hätte, so dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, ein reguläres Antrags- und Hilfeplanverfahren durchzuführen.

Entscheidung im Volltext: https://justiz.rlp.de/fileadmin/justiz/Gerichte/Fachgerichte/Verwaltungsgerichte/Trier/Dokumente/Entscheidungen/2_K_14025-17_TR_Urteil_vom_01-03-2018_7563.pdf

Abbildung im Beitrag: fotolia.com – kolinko_tanya

Unterschiedliche Pflegebeiträge verfassungsgemäß

Kinderlose Versicherte, die das 23. Lebensjahr vollendet hätten, zahlen seit 2005 einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozentpunkten bei der sozialen Pflegeversicherung. Ausgenommen davon sind nur kinderlose Versicherte, die vor dem 1. Januar 1940 geboren wurden. Diese unterschiedliche Behandlung von Versicherten mit oder ohne Kinder ist nach Ansicht der Bundesregierung im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz. Unterschiedliche Pflegebeiträge verfassungsgemäß weiterlesen

Ein-Euro-Jobs in bestimmten Einsatzfeldern erhöhen Eingliederungschancen

Ein-Euro-Jobs können Eingliederungschancen in den ersten Arbeitsmarkt langfristig steigern. Ausschlaggebend für den Integrationserfolg ist das Einsatzfeld der Tätigkeit der Ein-Euro-Jobber. Dies zeigt eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ein-Euro-Jobs in bestimmten Einsatzfeldern erhöhen Eingliederungschancen weiterlesen

Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe: Positionspapier des Deutschen Sozialgerichtstages e.V.

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. (DSGT) hat ein Positionspapier mit dem Titel „Das Kind und seine Familie im Mittelpunkt“ zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe veröffentlicht.

Aus der Vielzahl von aktuellen Reformthemen, die im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert werden, hat die SGB VIII-Kommission des DSGT neun Schwerpunkte gewählt und mit Forderungen versehen. Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe: Positionspapier des Deutschen Sozialgerichtstages e.V. weiterlesen

Rentenerhöhung zum 1. Juli 2018

Aufgrund der guten Entwicklung der Beschäftigungen und Löhne können sich die Rentenbezieher in Deutschland ab dem 1.7.2018 über eine spürbare Erhöhung ihrer Bezüge freuen. In Westdeutschland steigen die Renten um 3,22 Prozent, in Ostdeutschland um 3,37 Prozent. Für einen „Standardrentner“, der bei einem Durchschnittsgehalt 45 Jahre lang Beiträge geleistet hat, bedeutet die Rentenanpassung eine Erhöhung seiner Bezüge um etwa 45 Euro monatlich.  Rentenerhöhung zum 1. Juli 2018 weiterlesen