Bezieht ein Unterhaltspflichtiger SGB II – Leistungen, dürfen Sozialleistungsträger die Zahlungen von Unterhaltsvorschuss nicht eintreiben. Sie dürfen noch nicht einmal ein gerichtliches Verfahren dazu einleiten. So die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.Mai 2023.
Vater bezog Hartz IV
Das Land Rheinland-Pfalz hatte seit Januar 2020 Unterhaltsvorschüsse für eine bei ihrer Mutter minderjährige Tochter erbracht und machte als Träger der Unterhaltsvorschusskasse gegenüber dem Vater Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht geltend. Das Beschwerdegericht beim OLG Düsseldorf wies den Antrag des Sozialversicherungsträgers mit Verweis auf § 7a UVG ab, da der Vater seit Beginn des Verfahrens ausschließlich SGB II-Leistungen bezog.
gerichtliche Festsetzung ausgeschlossen
Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat sah das genauso. Wie auch die Düsseldorfer Richter legt der BGH § 7a UVG so aus, dass nicht erst die Vollstreckung, sondern bereits die gerichtliche Festsetzung von Forderungen ausgeschlossen ist. Die Vorschrift regelt, dass ein nach § 7 UVG übergegangener Unterhaltsanspruch nicht verfolgt wird, solange der unterhaltspflichtige Elternteil Leistungen nach SGB II bezieht und über kein Einkommen nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II verfügt. Für die Wortlautauslegung zieht der Senat BGB- und ZPO-Vorschriften heran, die mit dem Begriff der „Verfolgung“ von Rechten stets auch schon die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen meinten. Dafür spreche auch der Zweck der Norm, verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen des Staates zu verhindern. Der BGH betont, dass die Norm des § 7a UVG, die auch Rückforderungen für die Vergangenheit ausschließe, auch den Schuldner schützen solle.
Richtlinien sahen das anders
Das Urteil widerspricht damit auch den aktuell gültigen Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes des Familienministeriums. Darin heißt es unter anderem, dass eine Prüfung des Unterhaltsanspruchs vorzunehmen sei sowie gegebenenfalls rechtswahrende Anschreiben an den Unterhaltspflichtigen, um ggf. eine Verwirkung des Anspruchs zu verhindern und eine spätere Verfolgung vorzubereiten. Gleiches gelte für die eventuell erforderliche gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs. Durch die Nichtverfolgung des Anspruchs könne es zu Verjährung und Verwirkung kommen.
Unterhaltsvorschuss
Unterhaltsvorschuss verfolgt das Ziel, den allein stehenden Elternteil zu entlasten und den Ausfall an Unterhalt für sein Kind nicht entstehen zu lassen. Unterhaltsvorschuss stellt eine Sozialleistung dar. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses wird durch die Mindestunterhaltsverordnung festgelegt.
Danach beträgt der Mindestunterhalt seit 1. Januar 2023:
– | Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 0 bis 5 Jahre): 437 EUR |
– | Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 6 bis 11 Jahre): 502 EUR |
– | Kinder, die das achzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 12 bis 17 Jahre): 588 EUR |
Hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Anspruch auf volles Kindergeld, so mindert sich die Unterhaltsleistung um das für ein erstes Kind zu zahlende Kindergeld, also um 250 EUR.
Quellen: Bundesgerichtshof, SOLEX
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