Erkennung und Steuerung epidemischer Gefahrenlagen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stellt in einer Pressemitteilung vom 18. Juli 2023 das Projekt „ESEG – Erkennung und Steuerung epidemischer Gefahrenlagen“ vor.

Echtzeitdaten aus Notaufnahmen

Das Projekt hat erforscht, wie Echtzeitdaten aus Notaufnahmen und dem Rettungswesen vernetzt, regional ausgewertet und bewertet werden können. Das Besondere: Anstatt bestimmte Infektionserkrankungen zu beobachten, werden Kombinationen von Krankheitsanzeichen erfasst, um Muster und Trends zu identifizieren (syndromische Surveillance). Einige Instrumente und Vorgehensweisen wurden bereits während der COVID-19-Pandemie unter diesen realen Bedingungen erprobt und erfolgreich eingesetzt. (Surveillance bedeutet epidemiologische Überwachung von Krankheiten)

Empfehlung des Innovationsausschusses

Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss empfiehlt, die gewonnenen Erkenntnisse aufzugreifen und für eine systematische Beobachtung, Analyse und Berichterstattung von Infektionsdaten zu nutzen.

Konzept zur Gesundheitsüberwachung

Das Projekt hat ein innovatives Konzept zur Gesundheitsüberwachung entwickelt und mit bereits vorhandenen Plänen verglichen. Ziel ist es, frühzeitig auf saisonale Krankheitsausbrüche oder andere gesundheitliche Bedrohungen wie Epidemien reagieren zu können. Zudem wurden Instrumente entwickelt, die beispielsweise bei Epidemien als Entscheidungshilfen dienen können.

Studiendatenbank

Die Daten aus den Notaufnahmen und dem Rettungsdienst flossen in eine Studiendatenbank und standen mit Hilfe einer spezifischen Software für verschiedene Auswertungen in Echtzeit zur Verfügung:

  • Das Notaufnahmesurveillance-System (SUMO) wurde in Zusammenarbeit mit dem Notaufnahmeregister des Aktionsbündnisses für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin entwickelt und etabliert. Es befindet sich seit April 2020 in der Pilotierungsphase und wird am Robert Koch-Institut (RKI) kontinuierlich weiterentwickelt. Mit SUMO steht eine übergeordnete IT-Architektur bereit, die während der COVID-19-Pandemie für den RKI-Wochenbericht zur Inanspruchnahme von Notaufnahmen genutzt wurde und auch künftig für die syndromische Surveillance eingesetzt werden kann (www.rki.de/sumo).
  • Es wurde ein „High consequence infectious diseases“-Tool (HCID-Tool) als Reiseanamnese-Modul implementiert und über eine randomisierte kontrollierte Studie evaluiert. Auch wenn die Aussagekraft dieser Studie eingeschränkt ist, gibt es Hinweise, dass der Einsatz des Tools vor allem bei ärztlichem Personal den Wissensstand verbessert hat. Die Nutzungszufriedenheit war hoch.
  • Das Monitoring-Tool SARS-CoV-2-Screening-Modul erlaubt die Visualisierung und statistische Auswertung der Daten speziell aus den Notaufnahmen.

Für den Innovationausschuss hat das Projekt die syndromische Surveillance entscheidend vorangebracht, auch wenn für übertragbare, reproduzierbare Ergebnisse weitere empirische Forschung nötig sein wird.

Projekterkenntnisse gehen an verschiedene Institutionen

Die Erkenntnisse aus dem Projekt werden an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weitergeleitet. Das BMG wird gebeten zu prüfen, inwieweit die entwickelten Instrumente und die Erkenntnisse aus dem Projekt gesetzlich aufgegriffen werden können, um die kontinuierliche und systematische Beobachtung, Analyse und Berichterstattung (Surveillance) von Infektionen auf Bevölkerungsebene weiterzuentwickeln.

Außerdem werden die Projekterkenntnisse an die Gesundheitsministerien der Bundesländer weitergeleitet. Auch sie werden gebeten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich – wie beispielsweise dem Katastrophenschutz – zu prüfen, inwieweit die Entwicklungen und Erkenntnisse aus dem Projekt die bedarfsgerechte Surveillance unterstützen können.

Zur Information werden die Projektergebnisse ebenfalls an verschiedene Organisationen im Gesundheitswesen weitergeleitet: an den GKV-Spitzenverband, an die Deutsche Krankenhausgesellschaft, an die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, an die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin, an die Deutsche Gesellschaft für Rettungsdienst und präklinische Notfallmedizin und an das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung.

Die Rückmeldungen dieser Institutionen veröffentlicht der Innovationsausschuss – neben dem Beschluss und dem Ergebnisbericht – auf seiner Website.

Lehren aus der Pandemie

Über wesentliche erste Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie berichtet Lars Fischer in einem Beitrag in der Zeitschrift Spektrum. Beispielsweise über neue Erkenntnisse

  • über die Ansteckungswege bei Viren-Erkrankungen,
  • über das Kontaktverhalten der Menschen während der Pandemie,
  • über die Wirkung oder Nicht-Wirkung von behördlichen Maßnahmen,
  • über die Schwächen der Gesundheitsinfrastruktur in Deutschland,
  • warum es so schnell Impfstoffe gab und
  • über die Entwicklung wertvoller neuer Werkzeuge für die Überwachung von Infektionserregern.

Quellen: G-BA, RKI, Spektrum

Abbildung: pixabay.com corona-5209152_1280.jpg