Pflegebonusgesetz

Am kommenden Freitag, den 10.6.2022 wird der Bundesrat endgültig den Pflegebonus verabschieden.

Eine Milliarde

Um die besonderen Belastungen für das Pflegepersonal in Krankenhäusern und in der Langzeitpflege im Zusammenhang mit der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie finanziell anzuerkennen, wird aus dem Bundeshaushalt insgesamt 1 Milliarde Euro für Prämienzahlungen zur Verfügung gestellt. Dabei entfallen je 500 Millionen Euro für Prämienzahlungen im Krankenhausbereich und im Bereich der Langzeitpflege.

Viele bekommen nichts

Wieder mal gehen die Beschäftigten in Einrichtungsformen im Grenzbereich zur Altenhilfe, Betreuung und der Pflege leer aus. Dabei geht es um Einrichtungen, die z. B. der Eingliederungshilfe oder der Altenhilfe nahestehen, jedoch formal keinen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI haben. Gleiches gilt für Komplexeinrichtungsträger, also Träger, die in unterschiedlichen sozialen Bereichen aktiv sind. 

Erklären kann das den Kolleg*innen, die mit der Versorgung von beeinträchtigten Menschen eine nicht weniger anspruchsvolle und herausfordernde Arbeit leisten, keiner.

Die Regelungen des Pflegebonusgesetz:

Krankenhäuser

  • Eine halbe Milliarde wird an 837 Krankenhäuser ausgezahlt, die im Jahr 2021 mehr als zehn COVID-19-Beatmungsfälle behandelt haben, die mehr als 48 Stunden beatmet werden mussten.
  • In diesen Krankenhäusern erhalten jeweils Pflegefachkräfte sowie Intensivpflegefachkräfte, in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, in dem Krankenhaus beschäftigt waren, Prämien in einheitlicher Höhe.
  • Sie müssen allerdings 2021 für mindestens 185 Tage in dem Krankenhaus beschäftigt gewesen sein.
  • Die Prämienhöhe für Intensivpflegefachkräfte liegt dabei beim 1,5fachen der Höhe einer Prämie für Pflegefachkräfte.

Langzeitpflege

  • Eine halbe Milliardegeht an Betreiber von zugelassenen Pflegeeinrichtungen und weitere Arbeitgeber in der Langzeitpflege. Sie werden verpflichtet, ihren Beschäftigten eine zusätzliche finanzielle Anerkennung (Corona-Pflegebonus) für ihre besonderen Leistungen und Belastungen zu zahlen.
  • Die Beschäftigten müssen innerhalb des Bemessungszeitraums (1. November 2020 bis 30. Juni 2022) für mindestens drei Monate dort tätig und am 30. Juni 2022 dort noch beschäftigt sein.
  • Sie erhalten einen nach verschiedenen Kriterien (Nähe zur Versorgung, Qualifikation, Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit) gestaffelten Rechtsanspruch auf einen steuer- und sozialversicherungsbeitragsfreien Corona-Pflegebonus in Höhe von bis zu 550 Euro.
  • Den höchsten Bonus erhalten dabei Vollzeitbeschäftigte in der direkten Pflege und
    Betreuung.
  • Einen Pflegebonus in Höhe von bis zu 370 Euro erhalten alle weiteren Mitarbeitenden, die in der Pflege und Betreuung der Pflegebedürftigen in der Einrichtung tätig sind (soweit diese nicht schon der ersten Gruppe zuzurechnen sind). Dies können Beschäftigte aus der Verwaltung, der Haustechnik, der Küche, der Gebäudereinigung, des Empfangs- und des Sicherheitsdienstes, der Garten- und Geländepflege, der Wäscherei oder der Logistik sein, wenn sie mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit Pflegebedürftigen tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind.
  • Ein Pflegebonus in Höhe von bis zu 190 Euro erhalten alle übrigen Beschäftigten der Pflegeeinrichtungen.
  • Freiwilligendienstleistende und Helferinnen und Helfer im freiwilligen sozialen Jahr erhalten einen Pflegebonus in Höhe von 60 Euro.
  • Auszubildende, die mit einer zugelassenen Pflegeeinrichtung einen Ausbildungsvertrag geschlossen haben oder im Bemessungszeitraum mindestens drei Monate in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung zur Durchführung der praktischen Ausbildung tätig waren, erhalten einen Corona-Pflegebonus in Höhe von 330 Euro.

Auszahlung an die Einrichtungen bis 1. Oktober

Die Pflegekassen haben für die Sonderzahlung im Jahr 2022 sicherzustellen, dass alle Pflegeeinrichtungen und Arbeitgeber entsprechend der gemeldeten Beträge eine Vorauszahlung in dieser Höhe bis spätestens 1. Oktober 2022 erhalten. Damit dies möglich ist, haben die Pflegeeinrichtungen und die Arbeitgeber den Pflegekassen den Betrag, den sie für die Auszahlung der Corona-Pflegeboni benötigen, bis spätestens 31. Juli 2022 zu melden. Um die Verwendung der Mittel und die Auszahlung an die Beschäftigten und Arbeitnehmer sicherzustellen, haben die Pflegeeinrichtungen und Arbeitgeber den Pflegekassen die tatsächliche Auszahlung des im Rahmen der Vorauszahlung angezeigten Pflegebonus bis zum 15. Februar 2023 mitzuteilen.

Pflegeeinrichtungen können aufstocken

Der Corona-Pflegebonus kann durch die zugelassenen Pflegeeinrichtungen über die genannten Höchstbeträge hinaus für alle Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen erhöht werden. Allen zugelassenen Pflegeeinrichtungen wird es ermöglicht, beispielsweise eine Aufstockung des Corona-Bonus als Personalaufwendungen in ihre prospektiven Pflegesatz- bzw. Pflegevergütungsvereinbarungen aufzunehmen und im Einzelfall ihre laufenden Vereinbarungen entsprechend § 85 Absatz 7 SGB XI anzupassen. 

Weitere Regelungen im Gesetz

Mit dem Pflegebonusgesetz wurde das Infektionsschutzgesetz geändert, um die Geltungsdauer pandemiebedingter Sonderregelungen in der Pflege zu verlängern sowie Apotheken in die Regelversorgung mit Grippeschutzimpfungen einzubeziehen. Dazu kommt hier zeitnah ein gesonderter Beitrag.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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Kein Smartphone?

Frei nach Loriot: „Ein Leben ohne Smartphone ist möglich, aber sinnlos.“

Allerdings gibt es viele Menschen, die sehen das überhaupt nicht so. Und das sind nicht unbedingt alles alte Menschen, die von der technischen Entwicklung überfordert sind.

Petition: „Keine Ungleichbehandlung von Menschen ohne Smartphone“

Eine Petition aus dem letzten Jahr hatte genau das zum Thema. Der Petent war besorgt, dass Menschen ohne Smartphone zunehmend ausgeschlossen werden könnten, weil immer mehr Produkte und Dienstleistungen nur mit Hilfe eines Smartphones erlangt werden können. Mit der Petition wird gefordert, dass Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, deren Natur das Vorhandensein eines Smartphones nicht technisch zwingend erfordert, dies nicht willkürlich zur Voraussetzung machen, und Nichtbesitzer als Kunden ausschließen dürfen.

Beschlussvorlage des Petitionsausschuss

Der Petitionsausschuss des Bundestags hat nun diese Anregung aufgenommen und eine Beschlussvorlage für den Bundestag erstellt. Darin heißt es, dass es bei Leistungen der Daseinsvorsorge stets eine alternative Nutzungsmöglichkeit zur Verwendung eines Smartphones geben muss, um die Spaltung der Gesellschaft nicht weiter zu vertiefen und eine gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger am wirtschaftlichen Leben sicherzustellen. Der Petitionsausschuss empfiehlt, dass Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen von allgemeinem Interesse den Besitz von Smartphones nicht willkürlich zur Voraussetzung machen dürfen, wenn dies technisch nicht zwingend notwendig ist. Gefordert seien nun das Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Freie Entscheidung

Der Petent schreibt zur Begründung seiner öffentlichen Petition (ID 123033), die Anschaffung eines Smartphones müsse „unter allen Umständen“ die individuelle und freie Entscheidung jedes einzelnen bleiben. Dies dürfe auch nicht durch indirekten Zwang kompromittiert werden, „indem man beispielsweise dazu genötigt wird, ein solches Gerät zu besitzen, um das Ergebnis eines PCR-Tests zeitnah mitgeteilt zu bekommen“ oder um unterwegs sein Elektroauto an einer öffentlichen Ladesäule zu betanken.

Analoge Kommunikation weiter möglich

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss darauf, dass im Verhältnis Bürger – Staat eine Multikanalstrategie verfolgt werde. Es könne also weiterhin analog wie bisher mit der Verwaltung kommuniziert werden.

Im Hinblick auf das Verhältnis Bürger – Unternehmen gelte es, die unternehmerische Freiheit im Blick zu behalten. Diese umfasse auch das Recht, Dienstleistungen und Produkte anzubieten, die so gestaltet sind, dass auf Seiten der Nutzer bestimmte technische Voraussetzungen vorhanden sein müssen, um sie zu nutzen – beispielsweise eine Internetverbindung oder bestimmte Endgeräte wie ein Computer oder ein Smartphone. Eine Beschränkung dieses Rechts in dem Sinne, dass neben dem Einsatz eines Smartphones als Zugangsberechtigung oder Nutzungsvoraussetzung auch eine analoge Form der Teilnahme gewährleistet werden muss, sei gegenwärtig rechtlich nicht vorgesehen, heißt es.

Diskriminierungsfreie Leistungen der Daseinsvorsorge

Anders zu bewerten sei es, wenn es sich um Leistungen der Daseinsvorsorge (Wasser-, Abwasser- und Abfallentsorgung, Energieversorgung, Telekommunikation, Mobilität, öffentlicher Nahverkehr, Wohnraumversorgung, Gesundheit, Soziales, Jugend und Familie, Bildung und Kultur) handeln würde und nur Smartphone-Nutzer diese Leistungen in Anspruch nehmen könnten, schreiben die Abgeordneten. „Die Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge muss flächendeckend, diskriminierungsfrei und für jedermann zugänglich sein“, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Bundestag

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