Bundesteilhabegesetz (Teil 17) – Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung

Die Eingliederungshilfe hat eine andere Aufgabe als die Pflegeversicherung und die Hilfe zur Pflege.

  • Die Eingliederungshilfe will behinderten Menschen und von Behinderung bedrohten Menschen die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen, erleichtern oder sichern; die einzelnen Leistungen der Eingliederungshilfe sollen dazu beitragen, Nachteile abzubauen. Jede Linderung der Behinderung bzw. ihrer Folgen für die Teilhabefähigkeit reicht aus, z.B. auch die Besserung des seelischen Wohlbefindens eines Betroffenen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. August 2005). Prinzipiell gibt es keine feste Altersgrenze; auch bei alten Menschen kann daher ein Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen bestehen.
  • Die Pflegeversicherung und die Hilfe zur Pflege wollen pflegebedürftigen Menschen, auch jenen Menschen die zudem behindert sind oder von Behinderung bedroht sind, ermöglichen, trotz Pflegebedürftigkeit, so lange wie möglich, menschenwürdig leben zu können, in ihrer Selbständigkeit gestärkt zu werden und einen kompensatorischen Ausgleich des Mangels an Fähigkeiten zu erfahren.

Die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Leistungen der Pflege sind grundsätzlich verschieden und stehen gleichrangig zueinander. Die Regelungen zum Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe finden sich in § 13 des Elften Buches.

Drei Schnittstellen

Im Verhältnis Eingliederungshilfe zur Pflege sind drei Schnittstellen zu beachten:

  • Schnittstelle im ambulanten Bereich.
  • Schnittstelle in Einrichtungen der Behindertenhilfe, bzw. der Eingliederungshilfe
  • Schnittstelle der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege

Wohnformen

Wichtig für das Verständnis der Schnittstellen ist die Begriffsklärung der verschiedenen Wohnformen.

Obwohl die Zielsetzung des Bundesteilhabegesetzes eine personenzentrierte Unterstützung des Leistungsberechtigten ist, unabhängig von der Wohnform, und sich im Wesentlichen auf das Alter des Leistungsberechtigten bei Behinderungseintritt bezieht (Lebenslagenmodell, s.u.), muss im Zusammenspiel mit der Pflegeversicherung und der Hilfe zur Pflege doch wieder nach Wohnformen unterschieden werden. Relevant sind demnach folgende Wohnformen:

  • Wohnung: Gesetzliche Definition in § 42a Abs.2 Satz 2 SGB XII: „Wohnung ist die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen.“
  • Gemeinschaftliche Wohnform („Gemeinschaftliches Wohnen“, „Ambulant Betreutes Wohnen“): Hier wird für die Angemessenheit von Wohnflächen und Unterkunftskosten zwischen „persönlichem Wohnraum und zusätzlichen Räumlichkeiten“ in Einrichtungen sowie anderen Unterkünften (z. B. Plätze in Obdachlosenunterkünften) unterschieden, die weder als „Wohnung“ noch als „persönlicher Wohnraum“ in Einrichtungen anzusehen sind (§ 42a Abs.2 Nr.2 und Nr.3 SGB XII).
  • Besondere Wohnform („Stationäres Wohnen“): Einrichtung, in der ausschließlich Menschen mit Behinderungen betreut werden (§ 104 Abs.3 Satz 3 SGB IX).

Schnittstelle ambulanter Bereich

§ 91 Abs.3 SGB IX und § 13 Abs.3, Abs.4 und Abs.4a SGB XI

Hier wird grundsätzlich das Nebeneinander der Zuständigkeiten von Eingliederungshilfe im ambulanten, bzw. häuslichen Bereich und Pflegeversicherung festgeschrieben. In den Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs.4 SGB XI sollen die notwendigen Hilfen einschließlich der Pflegeleistungen gewährt werden.

Die Regelung des § 71 Abs.4 SGB XI bestimmt, wann es sich nicht um eine Pflegeeinrichtung handelt, sondern um eine stationäre Einrichtung mit anderer Zielrichtung. Um die bisherigen, an der Wohnform orientierten Leistungsansprüche im SGB XI auch unter der personenzentrierten Neugestaltung der Eingliederungshilfe aufrecht erhalten zu können, erfasst diese Regelung auch Räumlichkeiten, in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe im Vordergrund stehen. Ganz aus der Zeit gefallen ist hier übrigens die Formulierung: „…die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen…“

Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, können beide Leistungsträger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten vereinbaren, dass der Träger der Eingliederungshilfe die Leistungen der Pflegeversicherung auf Grundlage des Bescheids der Pflegekasse übernimmt. Näheres zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen hat der GKV-Spitzenverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGÜS) veröffentlicht.

Wie sich aus Absatz 4a ergibt, muss die Pflegekasse an dem Gesamtplanverfahren beratend teilnehmen, wenn der Leistungsberechtigte einverstanden ist und soweit dies für den Träger der Eingliederungshilfe zur Feststellung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben, Teilhabe an Bildung, Soziale Teilhabe – erforderlich ist; dies ergibt sich auch aus § 117 Abs.3 Satz 1 SGB IX, der Regelung über die Durchführung des Gesamtplanes.

Die Einbeziehung der Pflegekassen dient dazu, die zur Bedarfsdeckung erforderlichen Leistungen aufeinander abzustimmen und eine etwaige Vereinbarung möglichst frühzeitig gemeinsam vorzubereiten. Ist der Leistungsberechtigte nicht mit der Einbeziehung der Pflegekasse einverstanden, muss der Eingliederungshilfeträger nach den ihm vorliegenden Informationen entscheiden.

Abgrenzung nach Bedarf und Ziel

Eine Abgrenzung erfolgt nach dem Bedarf bzw. danach, welchem Ziel die konkrete Maßnahme dient,  also nach der Zielrichtung des Bedarfs:

Zunächst ist auf den Grundsatz „Versicherung vor Steuer“ zurückzugreifen: Kann der Bedarf des Leistungsberechtigten bereits durch Leistungen der Pflegeversicherung ( Versicherungsleistung) gedeckt werden, ist die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe (Steuerleistung) nicht möglich Die Bedarfsermittlung ist im Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahren unter Beteiligung des Leistungsberechtigten und unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren und Wünsche des Leistungsberechtigten festzustellen. Die zur Bedarfsdeckung erforderlichen Maßnahmen müssen dann den beteiligten Leistungsträgern unter Berücksichtigung der jeweiligen Zielsetzung zugeordnet werden.

Eine weitere Abgrenzung stellt die Zielsetzung der Maßnahme dar: Die Eingliederungshilfe verfolgt einen sozialpädagogischen Ansatz der Befähigung, während es der Pflegeversicherung um die Wiedergewinnung von Fähigkeiten geht, die verloren gegangen sind oder die es zu erhalten gilt. Bei körperbezogenen Pflegemaßnahmen ist daher eher eine Leistung der Pflegeversicherung anzunehmen.

Problematischer wird dies allerdings bei Betreuungsmaßnahmen, Hilfen bei der Haushaltsführung sowie Angeboten zur Unterstützung im Alltag. Hier ist die Schnittmenge zwischen den Leistungssystemen Pflegeversicherung und Eingliederungshilfe (insbesondere Assistenzleistungen im Rahmen der Sozialen Teilhabe) hoch. Der Träger der Eingliederungshilfe muss hier daher im Einzelfall stets prüfen, ob der Maßnahmezweck im Bereich der Befähigung zu einer eigenständigen Alltagsbewältigung liegt. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob die Maßnahme durch Leistungen der Pflegeversicherung vollständig gedeckt ist oder ob zur Bedarfsdeckung Leistungen der Eingliederungshilfe notwendig sind (bzw. eventuell Leistungen des Sozialhilfeträgers durch „Hilfe zur Pflege“, wenn ein pflegerischer Bedarf vorliegt).

Schnittstelle in Einrichtungen der Behindertenhilfe, bzw. der Eingliederungshilfe

Die Schnittstellenregelung zwischen Eingliederungshilfe und Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in Fällen, in denen Betroffene in Einrichtungen (oder Räumlichkeiten) nach § 43a SGB XI leben, findet sich in § 103 Abs.1 SGB IX in Verbindung mit § 71 Abs.4 SGB XI.

Die Vorschrift regelt das Verhältnis von Pflegeversicherung und Eingliederungshilfe im stationären Bereich. Sie regelt auch die Erbringung von Pflegeleistungen in Wohnformen, die im Bereich der Leistungen der Eingliederungshilfe für erwachsene Menschen mit Behinderung an die Stelle der derzeitigen vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe treten.

Der Anwendungsbereich der obigen Vorschriften ist eröffnet, wenn folgende Eigenschaften kumulativ vorliegen:

  1. Im Vordergrund muss der Zweck des Wohnens und die Erbringung von Eingliederungshilfe stehen.
  2. Die Räumlichkeiten müssen unter das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) fallen.
  3. Der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen muss regelmäßig weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entsprechen.

In diesen Fällen beteiligt sich die Pflegekasse zur Abgeltung der pflegebedingten Aufwendungen anstelle des Anspruchs auf Leistungen bei vollstationärer Pflege mit einem Pauschalbetrag in Höhe bis zu 266 EUR monatlich.

Trägerverantwortete Betreute Wohngemeinschaften

Hier handelt es sich um Wohnformen, in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderung und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht, die aber nach heutigem Verständnis nicht stationär sind. Hier werden oft Pflegesachleistungen durch ambulante Pflegedienste und ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe nebeneinander erbracht. Bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf könnte der Umfang der Gesamtversorgung (Pflege und Eingliederungshilfe zusammen) regelmäßig einen Umfang erreichen, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.

Es besteht die Gefahr, dass in Wohngemeinschaften mit Bewohner*innen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf in Zukunft keine Pflegesachleistungen durch ambulante Pflegedienste bewilligt werden, sondern die Einrichtungen hinsichtlich der Schnittstelle Pflege-Eingliederungshilfe so behandelt werden, wie heutige stationäre Wohnheime. Bis auf den Erstattungsbetrag in Höhe von maximal 266 EUR je Monat müssen sie ab 2020 alle Kosten der Pflege selbst übernehmen.

Für die Bewohner*innen die bereits am 01.01.2017 Pflegesachleistungen erhalten, ändert sich aufgrund der Besitzstandsregelung in § 145 SGB XI nichts, solange sie ihren Wohnplatz behalten. Für alle in eine solche Wohnform neu aufgenommenen Menschen, würden aber die neuen Regelungen Anwendung finden. Das bedeutet, dass aus der Sicht des Leistungsrechts und auch des Leistungserbringungsrechts für eine Übergangszeit unterschiedliche Regelungen gelten.

Schnittstelle der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege

§ 103 Abs.2 SGB IX

Lebenslagenmodell

Beim Zusammentreffen von Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege wird nun das sogenannte „Lebenslagenmodell“ umgesetzt: Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe die Leistungen der Hilfe zur Pflege. Damit gelten für die Betroffenen die günstigeren Einkommens- und Vermögensgrenzen der Eingliederungshilfe. Bei Personen, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe haben, gilt diese Regelung auch über die Altersgrenze hinaus, soweit die Ziele der Eingliederungshilfe erreicht werden können.

Die Eingliederungshilfe (EGH) umfasst in ambulanten Versorgungssettings auch die Leistungen der häuslichen Pflege nach dem SGB XII (Hilfe zur Pflege), wenn der Leistungsberechtigte vor Vollendung des maßgeblichen Rentenalters ( Regelaltersgrenze!) bereits Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten hat.

Das bedeutet bei Behinderung von Geburt an oder bis zur Regelaltersgrenze:

  • Die Leistungen der EGH umfassen die häuslichen Leistungen der Hilfe zur Pflege.
  • Dies gilt auch über die Regelaltersgrenze hinaus, soweit die Teilhabeziele der EGH noch erreicht werden können.
  • Es gelten die Einkommens- und Vermögensgrenzen der EGH

Das bedeutet bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze:

  • Gleichrangiger Zugang zu Leistungen von Hilfe zur Pflege und EGH mit der Konsequenz von zwei Kostenträgern (Sozialhilfeträger, Eingliederungshilfeträger)
  • Unterschiedliche Einkommens- und Vermögensgrenzen Einkommens- und Vermögensgrenzen.

Quellen: Bundestag, BMAS, SOLEX, FOKUS Sozialrecht,
Thomas Knoche: Bundesteilhabegesetz Reformstufe 3: Neue Eingliederungshilfe, Walhalla-Verlag 2019

Artikelserie BTHG-Umsetzung auf FOKUS Sozialrecht:

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Vergütung von Berufsbetreuern

Die Vergütung des Betreuers hat sich zum 27. 7. 2019 geändert. Anstelle des bisherigen Zeitpauschalsystems ist ein neues Fallpauschalsystem eingeführt geworden. Der Betreuer muss nicht mehr seinen Stundensatz mit der vorgegebenen Stundenzahl multiplizieren, sondern kann aus drei Vergütungstabellen entsprechend seiner nutzbaren Kenntnisse einen bestimmten Betrag für den jeweiligen Abrechnungsmonat entnehmen. Dabei spielen weiterhin die Faktoren „Dauer der Betreuung“ (Laufzeit seit Erstbestellung), der „gewöhnliche Aufenthalt des Betreuten“ (stationäre Einrichtung, gleichgestellte ambulant betreute Wohnform oder andere Wohnform), sowie der „Vermögensstatus des Betreuten“ (mittellos oder vermögend am Ende des Abrechnungsmonats) eine Rolle.

Daneben wurde eine gesonderte Pauschale für die Verwaltung höherer bzw. besonderer Vermögensbestandteile eingeführt; außerdem neu geregelt wird die Übernahme einer Betreuung von einem ehrenamtlichen Betreuer oder die Abgabe an einem solchen. Soweit der Betreuer ausnahmsweise die Stundenvergütung geltend machen kann, wurden die Stundensätze angehoben; dies gilt auch für den Verfahrenspfleger.

Mit der Gesetzesänderung wurde die Vergütung durchschnittlich um ca. 17 % angehoben, wobei die Erhöhung sich am Beginn der Betreuung am meisten auswirkt, und nach 24 Monaten weitgehend abflacht.

Vergütung von Berufsbetreuern

Betreuungen werden entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Betreuers festgestellt hat, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 286 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, § 1 VBVG). In diesem Fall bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach den Vorschriften des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG).

Grundsätzlich werden alle von Berufs- und Vereinsbetreuern geführten Betreuungen pauschal abgerechnet. Das VBVG knüpft an ein mehrstufiges allgemeines Pauschalierungsmodell an. Diese Pauschalierung richtet sich nach der Dauer der Betreuung, dem allgemeinen Aufenthaltsort des Betreuten und seiner Vermögenslage (§ 5 Abs. 1 VBVG). In den Pauschalsätzen enthalten sind alle Auslagen des Betreuers, § 5 Abs. 5 VBVG.

Das Pauschalierungsmodell geht von drei Prämissen aus:

  • Ein Betreuter, der in einer stationären Einrichtung oder gleichgestellten ambulant betreuter Wohnform lebt, verursacht weniger Arbeitsaufwand als ein Betreuter, der nicht in einer solchen lebt (andere Wohnform).
  • Der Arbeitsaufwand für einen vermögenden Betreuten ist höher als für einen Mittellosen.
  • Zu Betreuungsbeginn ist der Aufwand am höchsten. Er sinkt im Laufe des ersten und zweiten Betreuungsjahres und bleibt in den Folgejahren auf relativ niedrigem Niveau.

Demgemäß wurde das Vergütungsmodell wie folgt aufgebaut:

1. Qualifikation des Betreuers (§ 4 Abs. 1 VBVG)

4 Abs. 1 VBVG ordnet die Betreuerkenntnisse in drei Stufen ein:

  • Vergütungstabelle A: Der Betreuer verfügt über keine besonderen Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
  • Vergütungstabelle B: Der Betreuer verfügt über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und diese Kenntnisse sind durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden.
  • Vergütungstabelle C: Der Betreuer verfügt über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und diese Kenntnisse sind durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben.

2. Fallpauschalensystem – Vergütungstabellen (Anlage zu § 4 Abs. 1 VBVG)

Vergütungstabelle A

Vergütungstabelle C

Vergütungstabelle B

Vergütungstabelle B

Vergütungstabelle C

Vergütungstabelle C

Eine Erhöhung der Fallpauschalen ist grundsätzlich nicht möglich, auch wenn ein großer Zeitaufwand und/oder erhebliche Schwierigkeiten vorliegen. Allerdings sieht § 5a VBVG bestimmte gesonderte Pauschalen vor, soweit der Betreute nicht mittellos ist.

Verwaltet der Betreuer

  • Geldvermögen in Höhe von mindestens 150.000 EUR,
  • Wohnraum, der nicht vom Betreuten oder seinem Ehegatten genutzt wird oder
  • ein Erwerbsgeschäft des Betreuten,

so erhält er zusätzlich zur Fallpauschale gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VBVG eine monatliche Pauschale von 30 EUR, soweit der Betreute nicht mittellos ist.

Findet ein Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem beruflichen Betreuer statt, ist der berufliche Betreuer mit einer einmaligen (zusätzlichen) Pauschale in Höhe von 200 EUR zu vergüten (§ 5a Abs. 2 VBVG).

Findet ein Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer statt, ist gemäß § 5a Abs. 3 Satz 1 VBVG der berufliche Betreuer mit einer einmaligen Pauschale in Höhe des 1,5-fachen der zum Zeitpunkt des Betreuerwechsels zu vergütenden Fallpauschale zu vergüten.

Die gesonderten Pauschalen können nur zusammen mit der Fallpauschale geltend gemacht werden. Beantragt werden kann gemäß § 9 Satz 1 VBVG die Fallpauschale immer erst nach drei Monaten (Fälligkeit).

Ausnahmsweise erfolgt gemäß § 6 Satz 1 VBVG eine Vergütung nach konkretem Zeitaufwand (z.B. bei einer Betreuung zur Entscheidung über die Sterilisation oder einem berufsmäßigen Ersatzbetreuer bei rechtlicher Verhinderung des Betreuers). Die Vergütungsstufen betragen in diesem Fall je nach Qualifikation 23,00 EUR, 29,50 EUR und 39,00 EUR je Stunde. Zusätzlich zu diesen Vergütungsbeträgen wird Ersatz für Aufwendungen gezahlt. Diese Sätze gelten unmittelbar bei mittellosen Betroffenen und grundsätzlich auch bei den Vermögenden, wobei bei Letzteren im Einzelfall gerichtlich auch höhere Stundensätze zugebilligt werden können (§ 6 Satz 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 VBVG).

Die Tätigkeit als Betreuer ist umsatzsteuerbefreit, § 4 Nr. 16 Buchstabe k UStG. Dies gilt nicht für den Verfahrenspfleger (§§ 276, 317 FamFG) sowie für Betreuer, die Tätigkeiten im Rahmen ihres Berufs oder Gewerbes erbringen (§ 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB).

Auslagenersatz und Vergütung für ehrenamtliche Betreuer

Aufwendungs- bzw. Auslagenersatz (§ 1835 BGB)

Entstehen dem Betreuer bei der Führung der Betreuung Auslagen, so bekommt er diese – soweit sie zur Führung der Betreuung notwendig waren – ersetzt.

An Auslagen können z. B. entstehen:

  • Fahrtauslagen (einschließlich Parkgebühren)
  • Portoauslagen
  • Fotokopierauslagen

Den entsprechenden Geldbetrag kann der Betreuer bei vermögenden Betreuten (= grundsätzlich Vermögen von mehr als zur Zeit 5.000 EUR) direkt aus dem Vermögen der/des Betreuten entnehmen bzw. der/dem Betreuten in Rechnung stellen (wenn zum Aufgabenkreis nicht die Vermögensverwaltung gehört).

Ist die/der Betreute mittellos (= Vermögen von grundsätzlich nicht mehr als 5.000 Euro), werden dem Betreuer die Aufwendungen auf Antrag aus der Staatskasse erstattet. Es wird empfohlen, dem Antrag auf Erstattung eine detaillierte Aufstellung (z. B. lfd. Nummer/Datum/Bezeichnung des Grundes/Höhe der Auslagen sowie Belege, soweit vorhanden) über die entstandenen Aufwendungen beizufügen.

Pauschaler Aufwendungsersatz/Aufwandspauschale (§ 1835a BGB)

Zur Abgeltung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz kann der ehrenamtliche Betreuer eine pauschale Aufwandsentschädigung von zur Zeit jährlich 399 EUR geltend machen. Hinsichtlich der Aufwandspauschale entfällt die Vorlage von Nachweisen.

Der Anspruch auf die Aufwandspauschale entsteht (= Fälligkeit) ein Jahr nach der Bestellung zum Betreuer bzw. mit dem Ende der Betreuung (= Aufhebung der Betreuung, Tod der/des Betreuten bzw. dem Zeitpunkt der Entlassung des Betreuers) jeweils neu für das abgelaufene volle Betreuungsjahr bzw. anteilig für den Zeitraum der Bestellung bis zur Beendigung.

Bei vermögenden Betreuten (Entnahmebetrag drückt das Vermögen nicht unter 5.000 EUR) kann die Pauschale dem Vermögen entnommen bzw. der/dem Betreuten in Rechnung gestellt werden. Bei vermögenslosen Betreuten wird die Aufwandspauschale nach Eintritt der Fälligkeit auf Antrag des Betreuers aus der Staatskasse erstattet.

Der Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 1835 BGB) erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird (es kommt auf die Entstehung einer jeden Auslage an). Der Anspruch auf Aufwandspauschale (§ 1835a BGB) erlischt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Jahres, in dem der pauschale Anspruch entsteht, geltend gemacht wird. Der Antrag ist an das zuständige Amtsgericht – Betreuungsgericht – oder an die/den Betreuten zu richten.

Unter Berücksichtigung des geltenden Steuerfreibetrags nach § 3 Nr. 26b Satz 1 EstG auf Aufwandspauschalen können die Einkünfte der ehrenamtlichen Betreuer steuerlich berechnet werden.

Von den erzielten Einnahmen (den gezahlten Aufwandspauschalen) ist der Freibetrag von
2.400 EUR gemäß § 3 Nr. 26b EStG abzuziehen. Die so ermittelten Einkünfte bleiben steuerfrei, wenn sie unterhalb des Freibetrags von 2.400 EUR liegen. Der ehrenamtliche Betreuer (sofern keine anderen steuerfreien Einkünfte im Rahmen von § 3 Nr. 26 EStG vorliegen) kann jährlich bis zu sechsmal die Pauschale von 399 EUR steuerfrei erhalten. Die Gesamtsumme liegt dann bei 2.394 EUR; erst ab der siebten Pauschale wird der Freibetrag überschritten.

Erhält der Betreuer die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB mehr als sechsmal innerhalb eines Kalenderjahres, ist diese im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren. Überschreiten die Einnahmen den steuerfreien Betrag von 2.400 EUR wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Diese Ausgaben müssen sich aber auf die Tätigkeiten beziehen, für die nicht bereits der Steuerfreibetrag von 2.400 EUR in Anspruch genommen wurde, § 3 Nr. 26b Satz 2 i. V. m. § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG.

Erhält der (ehrenamtliche) Betreuer nur seine tatsächlich angefallenen Aufwendungen im Rahmen des § 1835 Abs. 1 BGB (also nicht die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB) erstattet, handelt es sich in der Regel nicht um einkommensteuerrelevante Einkünfte, da kein Gewinn bzw. Überschuss erzielt wird. Erhält der Betreuer die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB mehr als siebenmal innerhalb eines Kalenderjahres, ist diese im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren.

Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers (§ 1836 Abs. 2 BGB)

Die Betreuung wird grundsätzlich unentgeltlich (ehrenamtlich) geführt. Die Bewilligung einer Vergütung kann nur erfolgen, wenn das Vermögen der/des Betreuten sowie der Umfang und die Bedeutung der Betreuungsgeschäfte dies rechtfertigen. Maßgeblich ist in erster Linie der zeitliche Aufwand. Es ist deshalb immer erforderlich mit dem Antrag auf Vergütung einen ausführlichen Tätigkeitsnachweis einzureichen und ggf. die in der Betreuungsführung aufgetretenen Schwierigkeiten zu bezeichnen.

Auslagenersatz und Vergütung für ehrenamtliche Betreuer

Aufwendungs- bzw. Auslagenersatz (§ 1835 BGB)

Entstehen dem Betreuer bei der Führung der Betreuung Auslagen, so bekommt er diese – soweit sie zur Führung der Betreuung notwendig waren – ersetzt.
An Auslagen können z. B. entstehen:
– Fahrtauslagen (einschließlich Parkgebühren)
– Portoauslagen
– Fotokopierauslagen

Den entsprechenden Geldbetrag kann der Betreuer bei vermögenden Betreuten (= grundsätzlich Vermögen von mehr als zur Zeit 5.000 EUR) direkt aus dem Vermögen der/des Betreuten entnehmen bzw. der/dem Betreuten in Rechnung stellen (wenn zum Aufgabenkreis nicht die Vermögensverwaltung gehört).

Ist die/der Betreute mittellos (= Vermögen von grundsätzlich nicht mehr als 5.000  EUR), werden dem Betreuer die Aufwendungen auf Antrag aus der Staatskasse erstattet. Es wird empfohlen, dem Antrag auf Erstattung eine detaillierte Aufstellung (z. B. lfd. Nummer/Datum/Bezeichnung des Grundes/Höhe der Auslagen sowie Belege, soweit vorhanden) über die entstandenen Aufwendungen beizufügen.

Pauschaler Aufwendungsersatz/Aufwandspauschale (§ 1835a BGB)

Zur Abgeltung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz kann der ehrenamtliche Betreuer eine pauschale Aufwandsentschädigung von zur Zeit jährlich 399 Euro geltend machen. Hinsichtlich der Aufwandspauschale entfällt die Vorlage von Nachweisen.

Der Anspruch auf die Aufwandspauschale entsteht (= Fälligkeit) ein Jahr nach der Bestellung zum Betreuer bzw. mit dem Ende der Betreuung (= Aufhebung der Betreuung, Tod der/des Betreuten bzw. dem Zeitpunkt der Entlassung des Betreuers) jeweils neu für das abgelaufene volle Betreuungsjahr bzw. anteilig für den Zeitraum der Bestellung bis zur Beendigung.

Bei vermögenden Betreuten (Entnahmebetrag drückt das Vermögen nicht unter 5.000 EUR) kann die Pauschale dem Vermögen entnommen bzw. der/dem Betreuten in Rechnung gestellt werden. Bei vermögenslosen Betreuten wird die Aufwandspauschale nach Eintritt der Fälligkeit auf Antrag des Betreuers aus der Staatskasse erstattet.

Der Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 1835 BGB) erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird (es kommt auf die Entstehung einer jeden Auslage an). Der Anspruch auf Aufwandspauschale (§ 1835a BGB) erlischt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Jahres, in dem der pauschale Anspruch entsteht, geltend gemacht wird. Der Antrag ist an das zuständige Amtsgericht – Betreuungsgericht – oder an die/den Betreuten zu richten.

Unter Berücksichtigung des geltenden Steuerfreibetrags nach § 3 Nr. 26b Satz 1 EStG auf Aufwandspauschalen können die Einkünfte der ehrenamtlichen Betreuer steuerlich berechnet werden.

Von den erzielten Einnahmen (den gezahlten Aufwandspauschalen) ist der Freibetrag von 2.400 EUR gemäß § 3 Nr. 26b EStG abzuziehen. Die so ermittelten Einkünfte bleiben steuerfrei, wenn sie unterhalb des Freibetrags von 2.400 EUR liegen. Der ehrenamtliche Betreuer (sofern keine anderen steuerfreien Einkünfte im Rahmen von § 3 Nr. 26 EStG vorliegen) kann jährlich bis zu sechsmal die Pauschale von 399 EUR steuerfrei erhalten. Die Gesamtsumme liegt dann bei 2.394 EUR; erst ab der siebten Pauschale wird der Freibetrag überschritten.

Erhält der Betreuer die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB mehr als sechsmal innerhalb eines Kalenderjahres, ist diese im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren. Überschreiten die Einnahmen den steuerfreien Betrag von 2.400 EUR (z. B. ab der siebten Pauschale), können die mit den Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Diese Ausgaben müssen sich aber auf die Tätigkeiten beziehen, für die nicht bereits der Steuerfreibetrag von 2.400 EUR in Anspruch genommen wurde, § 3 Nr. 26b Satz 2 i. V. m. § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG.

Erhält der (ehrenamtliche) Betreuer nur seine tatsächlich angefallenen Aufwendungen im Rahmen des § 1835 Abs. 1 BGB (also nicht die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB) erstattet, handelt es sich in der Regel nicht um einkommensteuerrelevante Einkünfte, da kein Gewinn bzw. Überschuss erzielt wird. Erhält der Betreuer die Aufwandspauschale nach § 1835a BGB mehr als siebenmal innerhalb eines Kalenderjahres, ist diese im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren.

Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers (§ 1836 Abs. 2 BGB)

Die Betreuung wird grundsätzlich unentgeltlich (ehrenamtlich) geführt. Die Bewilligung einer Vergütung kann nur erfolgen, wenn das Vermögen der/des Betreuten sowie der Umfang und die Bedeutung der Betreuungsgeschäfte dies rechtfertigen. Maßgeblich ist in erster Linie der zeitliche Aufwand. Es ist deshalb immer erforderlich mit dem Antrag auf Vergütung einen ausführlichen Tätigkeitsnachweis einzureichen und gegebenenfalls die in der Betreuungsführung aufgetretenen Schwierigkeiten zu bezeichnen.

2020: Sachbezugswerte und Versicherungsbeiträge

Nach der Sommerpause kristallisieren sich so langsam die Zahlen heraus, mit denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im kommenden Jahr bei der Lohnabrechnung rechnen müssen.
Aber auch bei der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in einer Werkstatt für behinderte Menschen spielt der Sachbezugswert für ein Mittagessen nach § 113 Abs. 4 SGB IX eine Rolle.

Sachbezugswerte

Im Entwurf der Elften Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales folgende Sachbezugswerte bekannt gegeben:

  • Der Sachbezugswert für Verpflegung soll bundeseinheitlich auf 258 Euro monatlich steigen (2019: 251 Euro).
  • für ein Frühstück 1,80 Euro (2019: 1,77 Euro)
  • für ein Mittag- oder Abendessen 3,40 Euro (2019: 3,30 Euro)
  • Der Sachbezugswert für freie Unterkunft soll bundeseinheitlich auf 235 Euro monatlich (2019: 231 Euro). (Der Wert der Unterkunft kann auch mit dem ortsüblichen Mietpreis bewertet werden, wenn der Tabellenwert nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre).

Für die Sachbezüge 2020 ist der Verbraucherpreisindex im Zeitraum von Juni 2018 bis Juni 2019 maßgeblich. Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung ist um 2,8 Prozent gestiegen. Der Verbraucherpreisindex für Unterkunft oder Mieten stieg um 1,8 Prozent.

Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen.

Beiträge zur Sozialversicherung

Die Beiträge bleiben stabil, eine Änderung ist nicht zu erwarten:

  • Krankenversicherung: 14,6 Prozent
  • Pflegeversicherung: 3,05 Prozent
  • Rentenversicherung: 18,6 Prozent
  • Arbeitslosenversicherung: 2,5 Prozent

Mindestlohn

Die Mindestlohnkommission hat in ihrer Sitzung am 26.06.2018 einstimmig beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 01.01.2019 auf 9,19 Euro und ab dem 01.01.2020 auf 9,35 Euro brutto je Zeitstunde festzusetzen.

Quelle: BMAS

Abbildung: pixabay.com dues-2731627_960_720.jpg

 

Neuerungen im Asylbewerberleistungsgesetz

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie das Geordnete-Rückkehr-Gesetz treten – als Teile des Migrationspakets – am 21. August 2019 bzw. am 1. September 2019 in Kraft und sind von der Sozialverwaltung unmittelbar anzuwenden. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Ausweitung des leistungsberechtigten Personenkreises

Personen in der Übergangsphase zwischen Äußerung eines Asylgesuchs und Ausstellung eines Auskunftsnachweises gehören künftig zum leistungsberechtigten Personenkreis des AsylbLG. Diese neue Fallgruppe deckt die Situation ab, dass die ausländische Person ein Asylgesuch geäußert hat, die Bearbeitung des Ankunftsnachweises bzw. der Aufenthaltsgestattung aber noch nicht abgeschlossen ist. Rein verwaltungstechnisch erhielten diese Personen bisher schon Leistungen, da mit dem „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ mit Geltung ab 17.3.2016 in § 11 ein Abs. 2a eingeführt wurde, der eingeschränkte Leistungen für diese Überbrückungsphase regelt.

Nur noch Überbrückungsleistungen für vollziehbar Ausreisepflichtige

Es wird in das AsylbLG ein vollständiger Leistungsausschluss für vollziehbar ausreisepflichtige Personen, die einen internationalen Schutzstatus in einem anderen EU-Staat haben, eingeführt. Stattdessen erhalten diese Personen als Auffangmaßnahme eine zeitlich und sachlich begrenzte „Überbrückungsleistung“ – bereits bekannt und ganz ähnlich konstruiert im Rechtskreis SGB II (dort § 7 SGB II) und SGB XII (dort § 23 SGB XII).

Ausweitung der Fälle zur Anspruchseinschränkung

Die Konstellationen, wann eine Anspruchseinschränkung ausgesprochen werden kann, wurden erweitert: insbesondere für den Fall, dass gegen die neu in § 13 Abs. 3 Satz 3 AsylG geregelte Pflicht verstoßen wurde, einen Asylantrag so bald wie möglich nach Einreise in Deutschland zu stellen oder für Fälle, in denen das BAMF festgestellt hat, dass die Leistungsberechtigten ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.

Analogleistungen erst nach 18 Monaten

Die Wohnverpflichtung für Asylbewerber ohne Kinder wird ausgeweitet; sie können künftig bis zu 18 Monate statt wie bislang sechs Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden (Änderung des § 47 AsylG durch das Geordnete-Rückkehr-Gesetz). Vor diesem Hintergrund wird auch die Wartefrist in § 2 Abs. 1 AsylbLG von 15 auf 18 Monate verlängert. Dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, die sich am 21.8.2019 bereits 15 Monate ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufgehalten haben (Übergangsregel des neuen § 15 AsylbLG). Stichtag für die Einreise in das Bundesgebiet ist damit der 21.5.2018.

Rechtskreiswechsel aus dem AsylbLG in das SGB II-/SGB XII-System

Künftig endet die Leistungsberechtigung für Leistungen aus dem AsylbLG allein mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Die bisherige Regelung, dass ein Wechsel in den Rechtskreis SGB II oder SGB XII schon vor Ablauf der Frist zur Anfechtung einer Gerichtsentscheidung möglich war, entfällt künftig.

Kein Ausschluss von Ausbildungsförderungsleistungen für Analogleistungsberechtigte

§ 22 SGB XII sieht einen grundsätzlichen Leistungsausschluss für Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung während einer Ausbildung vor, die nach dem BAföG oder nach den §§ 51, 57, 58 SGB III (Berufsausbildungsbeihilfe) förderungsfähig ist.

Klargestellt wird nun, dass § 22 SGB XII nicht für analogleistungsberechtigte Asylantragsteller mit Aufenthaltsgestattung, Geduldete und Inhaber einer dem AsylbLG zugeordneten Aufenthaltserlaubnis gilt, wenn sie in einer Ausbildung bzw. berufsvorbereitenden Maßnahme sind. Gleiches gilt für Schüler oder Studenten, die BAföG-Leistungen erhalten.

Neubemessung der Grundleistungen, Neufestsetzung der Bedarfs- und Leistungssätze

Die Grundleistungen wurden auf eine neue Bemessungsgrundlage gestellt. Kosten für Strom und Wohnungsinstandhaltung sind nun aus den Geldleistungen herausgerechnet; sie werden künftig als Sachleistungen erbracht. Zudem wurde eine eigene Bedarfsgruppe für Asylbewerber in Sammelunterkünften geschaffen, deren Leistungen aufgrund des „Synergieeffektes“ geringer ausfallen. 

Damit sinkt die Grundleistung für Alleinstehende um 10 Euro auf 344 Euro. Für Paare reduziert er sich von 318 auf 310 Euro. Ebenfalls 310 Euro erhalten Bewohner in Sammelunterkünften. Bei Jugendlichen (14 und 17 Jahre) bleibt der Satz nahezu gleich, sie bekommen mit 275 Euro einen Euro weniger als bisher.


Topaktuell bei WALHALLA: Das neue Asylbewerberleistungsgesetz

Cover Das neue AsylbewerberleistungsgesetzDie aktuelle Synopse hilft Ihnen, die Neuerungen zum 1.8.2019 schnell zu erfassen und zu verstehen. Sie ist in zwei Teile gegliedert:

Teil 1: Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Teil 2: geänderte Vorschriften im Bereich Arbeits- und Sprachförderung (SGB III, Aufenthaltsgesetz, Deutschsprachförderverordnung)

 

Schnelle Orientierung im neuen Recht:

  • Absatzgenaue Gegenüberstellung des alten und neuen Wortlauts
  • Optische Hervorhebung der Änderungen: Was gilt künftig?
  • Umsetzungshinweise durch die Gesetzesbegründung zum jeweiligen Paragrafen
  • Erläuterungen und Auslegungshilfen zu den Neuerungen

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Wohngeldstreitfälle ohne Gerichtskosten

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 8.8.2019 entschieden, dass für Wohngeld-Klagen keine Gerichtskosten mehr anfallen (Urteil vom 8. August 2019, AZ: 5 C 2.18).

Verfahren vor den Sozialgerichten sind grundsätzlich kostenfrei (§ 183 SGG). Verfahren vor den Verwaltungsgerichten in Sachen der Fürsorge, Jugendhilfe, Kriegsopferfürsorge, Schwerbehindertenfürsorge und Ausbildungsförderung sind ebenfalls kostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).

Streitigkeiten zum Thema Wohngeld kosteten bislang aber Gerichtskosten, weil das Wohngeld lange Zeit juristisch nicht als Fürsorgeleistung angesehen wurde. Die Zielsetzung bei der Einführung des Wohngeldes 1965 war eine bessere Wohnraumförderung. Wohngeld wurde als Teil der öffentlichen Wohnungsbaufinanzierung angesehen. Den heutigen Regelungen des Wohngeldgesetzes kann hingegen ein die fürsorgerische Zwecksetzung erheblich überlagernder und sie von anderen Sozialleistungen kategorial abgrenzender Zweck der Wohnraumförderung nicht mehr entnommen werden.

Nach der heutigen Regelung des § 1 Abs. 1 WoGG dient das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dies spricht ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des Wohngeldgesetzes in das Sozialgesetzbuch und den im dortigen Ersten Buch normierten wohngeldbezogenen Regelungen zum Ausdruck gebracht hat. Das Wohngeldgesetz gilt danach als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs.

Das Wohngeld hat sich jedenfalls im Zuge dieser Rechtsentwicklung zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt, deren primär fürsorgerechtlicher Charakter es gebietet, Wohngeldsachen den Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO zuzuordnen, für deren Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten keine Gerichtskosten zu erheben sind (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO).

Wie die Sozialhilfe kommt auch das Wohngeld nur Personen mit geringem Einkommen zu. Auch ist ein Streit um Wohngeld mit den in der Regel kostenfreien Verfahren vor den Sozialgerichten vergleichbar. Auch bei Wohngeldempfängern besteht das vom Gesetzgeber zur Begründung der kostenfreien Verfahren hervorgehobene „Schutzbedürfnis“.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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Sicherheit bei Arzneimitteln

Auf Wikipedia kann man sich eine interessante „Liste von aufsehenerregenden Vorfällen im Zusammenhang mit Entwicklung, Vermarktung oder Anwendung von Arzneimitteln“ ansehen, die Vorfälle auflistet, die im Zusammenhang mit Entwicklung, Vermarktung oder Anwendung von Arzneimitteln Aufsehen erregt haben. Gerne spricht man auch von Arzneimittelskandalen. Ich kann nicht beurteilen, ob die Liste vollständig ist, aber es scheint seit dem Jahr 2000 schon eine auffallende Häufung von Vorkommnissen zu geben.

Das Gesundheitsministerium reagiert nun darauf mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, das am 16.08.2019 in Kraft getreten ist.

Folgende Maßnahmen des Gesetzes sollen für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung sorgen:

  • Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden von Bund und Ländern wird verbessert: Dafür wird eine Informationspflicht über Rückrufe eingeführt.
  • Die Rückrufkompetenzen der zuständigen Bundesoberbehörden werden erweitert.Die Überwachungsbefugnis der Landesbehörden von Betrieben und Einrichtungen, die der Arzneimittelüberwachung unterliegen, wird gestärkt.
  • Sog. Biosimilars („ähnliche biologische Arzneimittel“) sollen schneller in die Versorgung kommen. Der G-BA regelt mit Vorlaufzeit von 3 Jahren die Details für den Austausch auf Apothekerebene.
  • Es wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Herstellung und Anwendung bestimmter Arzneimittel zu verbieten, soweit es zur Verhütung einer Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier geboten ist. Damit kann das BMG u. a. eine neue Verordnung zum Verbot der Herstellung und der Anwendung von Frischzellen am Menschen erlassen.
  • Apotheken können verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig auch nach einer offensichtlichen ausschließlichen Fernbehandlung abgeben.
  • Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, die notwendigen Regelungen für die Verwendung des elektronischen Rezeptes zu schaffen (Frist: 7 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes).
  • Bei der Versorgung mit medizinischem Cannabis ist künftig – nach einmal erfolgter Genehmigung – kein erneuter Antrag bei der Krankenkasse im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte notwendig.
  • Für Arzneimittel zur Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Hämophilie (Bluterkrankheit), wird die bisherige Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg (Direktvertrieb des Herstellers mit Ärzten und Krankenhäusern) zurückgenommen. Die Neuregelungen zum Vertriebsweg sowie die entsprechende Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung und des Apothekengesetzes treten am 15.08.2020 in Kraft.
  • Um eine sachgerechte Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien sicherzustellen, wird der G-BA ermächtigt, Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beschließen.
  • Für nichtzulassungs- oder nichtgenehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien (z.B. Gentherapien) wird eine Dokumentations- und Meldepflicht aller schwerwiegenden Verdachtsfälle von Nebenwirkungen eingeführt. Zudem wird eine ärztliche Anzeigepflicht für die Anwendung dieser Arzneimittel gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde eingeführt.  Die Melde- und Anzeigepflichten treten am 15.08.2020 in Kraft.
  • Die Vorgaben für Apotheken zur Abgabe von preisgünstigen Import-Arzneimitteln werden neu geregelt: Die bisherige Preisabstandsgrenze wird durch eine differenziertere Preisabstandsregelung ersetzt. Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und Zytostatika werden wegen besonderer Anforderungen an Transport und Lagerung von dieser Regelung ausgenommen. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, dem BMG bis Ende 2021 einen umfassenden Bericht vorzulegen.
  • Die Vergütungen von Auszubildenden in der Pflege, die ab 2020 nach dem neuen Pflegeberufegesetz ausgebildet werden, werden im ersten Ausbildungsjahr vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Das heißt, dass Berufsanfänger im ersten Ausbildungsjahr die voll ausgebildeten Pflegefachkräfte in einem geringeren Umfang entlasten müssen als Auszubildende im zweiten oder letzten Jahr der Ausbildung.

Quellen: wikipedia, Bundesgesundheitsministerium

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Disease-Management-Programm

Am 15.8.2019 gab der G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) bekannt, dass  Patientinnen und Patienten, die an wiederkehrenden oder lang andauernden Depressionen leiden, zukünftig in einem strukturierten Behandlungsprogramm (Disease-​Management-Programm, DMP) behandelt werden können.

DMP Depressionen

Patientinnen und Patienten können sich in das Programm einschreiben lassen, nachdem die gesetzlichen Krankenkassen mit Ärztinnen und Ärzten und/oder Krankenhäusern Verträge zur praktischen Umsetzung des DMP abgeschlossen haben.

Das DMP richtet sich an Patientinnen und Patienten mit chronischer Depression oder wiederholt auftretenden depressiven Episoden mittel-​ bis schwergradiger Ausprägung. Das gleichzeitige Vorliegen von psychischen oder körperlichen Erkrankungen, beispielsweise Angststörungen, Alkoholabhängigkeit, Tumorerkrankungen oder Diabetes mellitus, ist explizit kein Ausschlusskriterium für eine Teilnahme am DMP.

Das DMP nennt eine Reihe von Therapiezielen, die mit der Patientin oder dem Patienten besprochen und individuell festgelegt werden sollen, beispielsweise die Verminderung der depressiven Symptomatik mit dem Ziel einer vollständigen Remission der Erkrankung und die Verbesserung der psychosozialen Fähigkeiten, um eine selbstbestimmte Lebensführung zu unterstützen. Die therapeutischen Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der festgelegten Therapieziele individuell geplant: Gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt entscheidet die Patientin oder der Patient über die Behandlung.

Den Beschluss über das DMP Depressionen legt der G-BA  nun dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vor. Nach Nichtbeanstandung treten die Anforderungen an das DMP Depression am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft.

Was sind Disease-​Management-Programme?

Disease-​Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme. Ziel dieser Programme ist es, den sektorenübergreifenden Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung von chronisch kranken Menschen zu verbessern. Die praktische Umsetzung der DMP erfolgt auf der Basis regionaler Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (Vertragsärztinnen und -​ärzten/Krankenhäusern).
DMPs wurden vom Gesetzgeber 2002 als § 137f in das SGB V eingefügt.

Zu folgenden Erkrankungen gibt es derzeit DMP-​Anforderungen:

  • Asthma bronchiale
  • Brustkrebs
  • Chronische Herzinsuffizienz
  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Chronischer Rückenschmerz (noch nicht in Kraft)
  • Diabetes mellitus Typ 1
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Koronare Herzkrankheit

Zu folgenden weiteren chronischen Erkrankungen werden derzeit DMP-​Anforderungen entwickelt:

  • Osteoporose
  • Rheumatoide Arthritis

Evaluation

DMPs gibt es in Deutschland erst seit kanpp 18 Jahren, zu kurz um langfristig zu belegen, ob und in welchem Ausmaß solche Programme chonisch erkrankten Menschen helfen können und ob damit auch Kosten im Gesundheitswesen verringert werden können.

Wikipedia listet Studien auf, aus denen hervorgeht, dass Disease-Management-Programme vor allem bei schweren Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Diabetes signifikante Verbesserungen bewirken kann.

Quellen: G-BA, wikipedia

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Intensivpflegestärkungsgesetz beschneidet Wahlmöglichkeiten

Gesundheitsminister Jens Spahn hat einen Referentenentwurf für ein Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) vorgelegt. Damit soll ein neuer § 37c im SGB V eingeführt werden, der die neue Leistung „Außerklinische Intensivpflege“ regelt.

Gesetzesbegründung

In der Gesetzesbegründung heißt es, Versicherte mit außerklinischen, intensivpflegerischen Versorgungsbedarfen erhalten künftig die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege auf Grundlage der neu geschaffenen Spezialvorschrift des § 37c; Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 werden in diesen Fällen nicht mehr erbracht. Die Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c werden regelhaft in Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach § 43 des Elften Buches erbringen, oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten, die strengen Qualitätsanforderungen unterliegen, erbracht. In Ausnahmefällen, wenn die Unterbringung in einer solchen Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die außerklinische Intensivpflege auch im Haushalt des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden.

Gegen den Willen in Heime?

Die häusliche Krankenpflege ermöglicht es pflegebedürftigen Patienten, vor allem aber auch behinderten Menschen, die auf eine dauerhafte Beatmung angewiesen sind, ambulant und damit in den eigenen vier Wänden zu leben.
Mit dem nun vorgestellten Gesetzesentwurf soll hingegen die stationäre Unterbringung in speziellen Einrichtungen für alle “Versicherte mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege” zur Regel werden.

Das heißt konkret: Viele behinderte Menschen werden gegen ihren Willen in vollstationäre Heime oder spezielle Beatmungs-Einheiten verbracht. Ausgenommen von dieser Regel sind nur Kinder und Jugendliche, die bei ihren Eltern und ihrem Zuhause bleiben dürfen. Alle anderen können nur dann in der eigenen Wohnung bleiben, wenn eine andere Unterbringung schlicht unmöglich oder für sie unzumutbar ist.

Reaktionen

Der Sozialverband VdK begrüßte Spahns Pläne. „Beatmungs-WGs sind derzeit Heime ohne Heimaufsicht. Niemand weiß, was dort hinter verschlossenen Türen passiert“, sagte Präsidentin Verena Bentele. Intensivpflege gehöre in professionelle Einrichtungen mit geprüfter Qualität. Der stellvertretende Chef des Spitzenverbands der gesetzlichen Kassen, Gernot Kiefer, betonte, die Patienten schneller und öfter zum selbstständigen Atmen zu bringen, müsse ein zentrales Anliegen sein. Fehlanreize zu beseitigen, sei daher dringend nötig.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte es überfällig, die Versorgung der 30 000 ambulanten Beatmungspatienten einheitlich zu regeln. Es sei aber zu unterscheiden, ob sie in den eigenen vier Wänden oder einer von 800 Beatmungs-WGs lebten. Wenn Spahn das Leben schwerst kranker Patienten daheim praktisch unterbinden wolle, sei das „ein gravierender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht“, warnte Vorstand Eugen Brysch. Ein Drittel der Betroffenen könne nicht von der Beatmung entwöhnt werden. Viele dieser Menschen wollten daher zu Hause versorgt werden und in der gewohnten Umgebung bleiben.

Petition

Mittlerweile gibt es auch eine Petition gegen das Gesetz. Darin geißt es: „Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Skandal. Er missachtet die Würde von Menschen, dringt in ihren Alltag ein und diskriminiert sie. Vordergründig möchte das Gesetz die Qualität der Versorgung verbessern. In Wirklichkeit geht es aber um Kostensenkungen, wie die Gesetzesbegründung selbst sagt. Das erkennt man schon dadurch, dass die beabsichtigte Regelung völlig ungeeignet zur Erreichung des angeblichen Gesetzesziels ist: Gegen Betrug durch Abrechnungen in so genannten Beatmung-WGs gibt es Strafgesetze, die konsequent angewendet werden müssen. Gegebenenfalls müssen hier Kontrollmechanismen etabliert werden.“

Quellen abilitywatch.de, VDK, tp-tagespflege.net, change.org

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„Arbeit von morgen“

Viel ist von dem geplanten Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil noch nicht bekannt. Immerhin hat es – wie zur Zeit so üblich – schon einen griffigen Namen: Das Arbeit-von-morgen-Gesetz.

Drohende Krise

Hauptziel ist es offenbar, Wirtschaft und Arbeitnehmer auf die drohende Wirtschaftskrise vorzubereiten und deren mögliche Folgen abzumildern. Außerdem sollen Arbeitnehmer mit dem Gesetz in die Lage versetzt werden, den Wandel von Jobs durch digitale Technologien und ökologische Erfordernisse mitzugehen.

Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld

Als erstes soll der Einsatz von Kurzarbeitergeld erleichtert werden. Dieses Instrument hat in der Krise von 2008 schon einmal geholfen, eine Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Damals wurde die Bezugsdauer (normalerweise 6 Monate) zeitweise bis auf 24 Monate verlängert. Arbeitgeber bekamen teilweise die Sozialversicherungsbeiträge erstattet und bekamen sie gar voll erstattet, wenn Arbeitnehmer an beruflichen Qualifizierungsmaßnahme teilnahmen.
Ähnliches soll auch das Arbeit-von-morgen-Gesetz ermöglichen.

Mehr Weiterbildung

Anknüpfen soll das neue Gesetz an das Qualifizierungschancengesetz, das zu Beginn diesen Jahres in Kraft trat und die Weiterbildungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, die bis dahin auf Ältere und Geringqualifizierte zugeschnitten war, für alle Beschäftigten öffnete. Die Arbeitgeber erhalten Lohnkostenzuschüsse, wenn sie ihre Beschäftigten während der Weiterbildung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freistellen. Größere Unternehmen müssen sich stärker beteiligen als kleine oder mittlere.

Perspektivqualifizierung

Minister Heil will, dass auch künftig Kurzarbeit, wo immer es möglich ist, zur Weiterqualifizierung genutzt wird. Zudem sollen Beschäftigte in einem Unternehmen, in dem sie eigentlich keine dauerhafte Perspektive mehr haben, zunächst mit öffentlicher Förderung im Betrieb bleiben können. Auch bei dieser „Perspektivqualifizierung“ soll es Zuschüsse sowohl zur Weiterbildung als auch zum Lohn geben.

Weiterbildung in Transfergesellschaften

Längere Weiterbildungsmöglichkeiten soll es auch in Transfergesellschaften geben, wenn ein Unternehmen massiv Arbeitsplätze streicht oder gar schließt. Dafür sollen auch die Zugangsregelungen erleichtert werden.

Einen Gesetzentwurf hat das BMAS noch nicht veröffentlicht. Sobald das der Fall ist kann über konkrete Pläne berichtet werden.

Quellen: Beck-Online, Spiegel, Deutschlandfunk, Tagesschau u.a.; SOLEX. FOKUS-Sozialrecht

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