Weniger für Asylbewerber

Die Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung für das Jahr 2025 ist nun im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Die Regelsätze ändern sich nicht. Nach den amtlichen Berechnungsvorschriften hätte es sogar eine Senkung der Regelsätze geben müssen, allerdings greift hier der Bestandschutz nach § 28a Absatz 5 SGB XII.

Kein Bestandschutz für Flüchtlinge

Genau dieser Bestandschutz gilt nach Auffassung der Bundesregierung aber nicht für das Asylbewerberleistungsgesetz. Und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht schon 2012 deutlich gemacht hat, dass eine Ungleichbehandlung Geflüchteter nicht zulässig ist. In der Begründung zu dem Urteil 56/2012 vom 18. Juli 2012 schrieben die Richter damals: „Auch migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“

Bekanntmachung

Dessen ungeachtet hat das BMAS am 29. Oktober 2024 die „Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Zeit ab 1. Januar 2025“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Danach sinken die Leistungen für Asylbewerber im Schnitt um 20 EUro monatich.

Bedarfssätze ab 1.1.2025

Danach ergeben sich folgende Bedarfssätze zum 01.01.2025:

StufeNotwendiger BedarfNotwendiger persönlicher BedarfGrundleistung gesamt
1
(Alleinstehend oder Alleinerziehende)
245 EUR196 EUR441 EUR
2
(Paare in einer Wohnung/Unterbringung in Sammelunterkunft*)
220 EUR177 EUR397 EUR
3
(Erwachsene in einer stationären Einrichtung; Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern leben)
196 EUR157 EUR353 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
4
(Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren)
258 EUR133 EUR391 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
5
(Kinder zwischen 6 und 13 Jahren)
196 EUR131 EUR327 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
6
(Kinder bis 5 Jahren)
173 EUR126 EUR299 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag

Kritik

Deutliche Kritik kommt von vielen Sozialverbänden, dem Paritätischen Gesamtverband und Pro Asyl. Auf den Punkt gebracht hat es Harald Thome von tacheles e.V.: „Eine Nullrunde und Kürzungen sind der grundsätzlich falsche Weg. Menschenwürdiges Dasein und kulturelle Teilhabe sind mit diesem Hungergeld nicht umsetzbar. Damit sollen Sozialleistungsbeziehende dauerhaft in prekäre Beschäftigung und Niedriglohn im wahrsten Sinne des Wortes gehungert und die verschiedenen Gruppen gegeneinander ausgespielt, also die Gesellschaft weiter entsolidaritsiert werden.“

Quellen: Harald Thome, Bundesgesetzblatt, Bundesverfassungsgericht, Pro Asyl, FOKUS-Sozialrecht

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Ausschüsse zu Freiwilligendiensten

Am 18.9. tagte der Petitionsauschuss des Bundestags zu einer Petition gegen die geplanten Kürzungen bei den Bundesfreiwilligendiensten. Zwei Tage später hagelte es dazu auch im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Kritik.

Petition

Die Petentin, die 19-jährige Marie Sophie Elisa Beimen aus Schwerte (Nordrhein-Westfalen) sagte vor den Abgeordneten die Kürzungen führten zum Abbau von Einsatzstellen für Freiwillige. Auch sei mit der Einschränkung bei der für die Freiwilligen besonders wichtigen pädagogischen Betreuung zu rechnen. Der Freiwilligendienst werde dadurch noch unattraktiver als er aktuell ist. Angesichts der ohnehin schon vorhandenen Zugangsbarrieren seien die Kürzungen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe. Immer wieder, so die Petentin, werde von der Politik gefordert, dass sich junge Menschen mehr engagieren sollen. Dafür brauche es gute Rahmenbedingungen sowie einen Ausbau des Angebots, statt ein Wegstreichen und Einsparen.

Stärkung der Freiwilligendienste

Die Petition, die noch vor dem Bekanntwerden der geplanten Kürzungen eingereicht wurde, hatte sich für eine Stärkung der Freiwilligendienste ausgesprochen und ein deutlich höheres Taschengeld, angelehnt an den BAföG-Höchstsatz, sowie einen Inflationsausgleich gefordert.

Jeder vierte Platz fällt weg

Die die Petentin begleitende Sprecherin des Bundesarbeitskreises FSJ, Kristin Napieralla, warnte angesichts der Kürzungen vor gravierenden Folgen für die Einsatzstellen und die Träger der Freiwilligendienste. „Jeder vierte Platz wird wegfallen“, sagte sie. Zwar werde keine Einsatzstelle zusammenbrechen, weil kein Freiwilliger da ist. „Spaziergänge mit älteren Leuten im Park, Ausflüge am Nachmittag ins Seniorenkino, das Zeitnehmen fürs Vorlesen – all diese Dinge werden wegfallen, wenn keine Freiwilligen vor Ort da sind“, sagte Napieralla.

Trotz der Einsparungen wolle das BMFSFJ die Freiwilligendienste unterstützen, betonte die Staatssekretärin und kündigte entsprechende gesetzliche Maßnahmen an. So soll es ihrer Aussage nach Verbesserungen bei den Teilzeitmöglichkeiten geben. Die Taschengeld-Höchstgrenze soll erhöht werden – von derzeit 438 Euro auf 584 Euro. Schon erfolgt seien Änderungen beim Bürgergeld. Jugendliche bis zu 25 Jahren könnten inzwischen 520 Euro hinzuverdienen.

Familien-Ausschuss

Sehr große Sorge quer durch die Fraktionen lösten die Kürzungen bei den Freiwilligendiensten aus (25 Millionen Euro beim Freiwilligen Sozialen Jahr und 53 Millionen Euro beim Bundesfreiwilligendienst). Man wolle versuchen, in den Haushaltsberatungen noch Änderungen zu erreichen, betonte unter anderem die FDP-Fraktion. Ministerin Paus betonte, dass die laufenden Freiwilligen-Programme bis Sommer 2024 abgesichert seien. Die Linke kritisierte den Haushalt deutlich als “absolute Mangelverwaltung„, sämtliche Kürzungen seien eine Katastrophe.

Aktionswoche

Vom 18. bis zum 22. September 2023 findet die bundesweite Aktionswoche #freiwilligen-dienststärken – kürzt uns nicht weg! statt. Ein Höhepunkt war am 18. September 2023 die Anhörung der erfolgreichen Petition Freiwilligendienste im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie die Freiwilligendienste nachfragegerecht ausbauen und stärken wollen. Die drohenden Kürzungen bewirken das Gegenteil und bedrohen die Existenz der Freiwilligendienste.

Quellen: Bundestag, Paritätischer Gesamtverband

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