Eine wichtige Neuerung durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) vom Juni 2021, der Reform des SGB VIII ist die Reduzierung der Kostenheranziehung bei jungen Volljährigen von 75 % auf höchstens 25 %.
Hilfe für junge Volljährige
Hilfe für junge Volljährige wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Junger Volljähriger ist nach den Begriffsbestimmungen in § 7 SGB VIII wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist.
Ferienjobs werden nicht herangezogen
Neben Kostenheranziehung von höchstens 25 % wird ein Betrag von 150 Euro des Einkommens aus Schülerjobs bzw. Praktika oder einer Ausbildungsvergütung von der Kostenheranziehung ausgenommen. Einkommen aus Ferienjobs und aus ehrenamtlichen Tätigkeiten werden ebenfalls nicht berücksichtigt.
Aktuelles Monatseinkommen zählt
Für die Ermittlung des Einkommens als Grundlage der Berechnung des Kostenbeitrags von jungen Menschen gilt nicht das durchschnittliche Monatseinkommen des Jahres, das dem Jahr der Leistung vorangeht, sondern das aktuelle Monatseinkommen maßgeblich ist. Damit wird hier von § 93 Abs. 4 SGB VIII abgewichen.
Vermögen unberücksichtigt
Eventuell vorhandenes Vermögen von jungen Erwachsenen wird bei der Kostenbeteiligung nicht berücksichtigt (§ 92 Abs. 1a SGB VIII).
Leistungen mit Kostenbeteiligung
Junge Volljährige können mit ihrem Einkommen zur Kostenbeteiligung herangezogen werden, wenn sie
□ | während der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei der beruflichen Eingliederung in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform leben (§ 13 Abs.3 SGB VIII), |
□ | bei notwendiger Unterbringung junger Menschen in einer geeigneten Wohnform zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21 SGB VIII) |
□ | bei Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Abs.2 SGB VIII) |
□ | bei Hilfe zur Erziehung – in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII), – in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34 SGB VIII), – in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung, sofern sie außerhalb des Elternhauses erfolgt (§ 35 SGB VIII), – in stationärer Form auf der Grundlage von § 27 SGB VIII |
Einkommen
Das zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen wird zur Grundlage für den Einkommenseinsatz genommen.
Definition Einkommen
Einkommen im Sinne dieser Vorschrift sind somit – bis auf wenige Ausnahmen – alle Einkünfte in Geld und Geldeswert. Leistungen, die dem selben Zweck dienen wie Leistungen der Jugendhilfe, sind kein Einkommen, sondern sind unabhängig vom Kostenbeitrag einzusetzen. Dies können zum Beispiel Beihilfen für Kinderbetreuung sein. Zum Einkommen zählen auch nicht Leistungen, die auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden z. B. Mittel, die zur Gebäudesanierung bestimmt sind (§ 93 Abs. 1 SGB VIII).
Geschwister-Kindergeld
Mit Urteil vom 12.5.2011 hat das Bundesverwaltungsgericht (Az. 5 C 10.10) entschieden, dass der Jugendhilfeträger Geschwisterkindergeld nicht zum Einkommen des Klägers rechnen darf. Kindergeld dient in erster Linie der Sicherung „des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung“ und ist danach eine für das jeweilige Kind bestimmte Leistung.
Mit diesem Zweck ist es unvereinbar, wenn das für Geschwister gezahlte Kindergeld zur Leistung eines Kostenbeitrags zu Jugendhilfemaßnahmen für ein anderes Kind in Anspruch genommen werde. Dies würde zu einer indirekten Kostenbeteiligung der Geschwister führen.
Kindergeld nur bei vollstationären Leistungen
Nur das für ein untergebrachtes Kind selbst gezahlte Kindergeld muss nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 93 SGB VIII i.V.m. § 7 Kostenbeitragsverordnung) für die Jugendhilfekosten eingesetzt werden, aber nur bei vollstationären Leistungen.
Abzüge vom Einkommen
Von den Bruttobeträgen des Einkommens werden Steuern, Sozialversicherungsbeträge und angemessene Beiträge für Versicherungen zur Absicherungen im Falle von Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit angesetzt. So ergibt sich das zu berücksichtigende Nettoeinkommen.
weitere Belastungen
Von diesem Nettoeinkommen werden nun weitere Belastungen abgesetzt. Dabei handelt es sich um weitere Versicherungsbeiträge, Werbungskosten (mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben) und Schuldverpflichtungen. Die Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen stellt sicher, dass die planmäßige Abwicklung von Maßnahmen der Schuldenregulierung durch die Berechnung von Kostenbeiträgen zu Maßnahmen der Jugendhilfe nicht gefährdet wird.
Diese Belastungen werden ohne Nachweis mit 25 % des Nettoeinkommens angerechnet. Soweit höhere Aufwendungen bestehen, müssen diese nachgewiesen werden. Sie können im Rahmen einer Billigkeitsprüfung anerkannt werden (vgl. § 93 Abs. 3 SGB VIII).
Quelle: SOLEX
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