Vor gut einem Jahr veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine Studie, nach der es in Deutschland zu viele Krankenhäuser gebe. Qualtitätsmäßig bessere Versorgung sei eher in wenigen gut ausgestatteten Kliniken möglich. Viel der kleinen Kliniken seien finanziell gar nicht in der Lage, eine hohe Qualität anzubieten.
Verwundert rieb man sich damals die Augen: gab es nicht überall Berichte, dass Entbindungsstationen schließen? Kinderkrankenhäuser vor dem Aus stehen, kleine ländliche Krankenhäuser finanziell am Ende seien? Patienten vor allem im ländlichen Raum beklagten doch gerade die immer länger werdenden Anfahrtszeiten, wenn sie ein Krankenhaus brauchten?
Bevor die geforderten weiteren Krankenhaus-Schließungen umgesetzt werden konnten, kam Corona.
Corona
Und es stellte sich heraus, dass es bei der Bewältigung der Krise hilfreich war, wenn viele Krankehausbetten zur Verfügung standen. Wegen der vergleichsweise klugen Strategie zur Eindämmung der Pandemie in Deutschland, waren sogar mehr als genug Intensivplätze vorhanden. Es stellte sich weiter heraus, dass der Personalmangel in den Krankenhäusern unfassbar groß ist. Trotzdem schafften es es Pflegepersonal, Ärzte und Ärztinnen, uns bis jetzt gut durch die Krise zu bringen.
Weil mancherorts die verordnete Verschiebung nicht lebensnotwendiger Operationen und die geringere als erwartete Beanspruchung durch Covid-19 Patienten zu weniger Auslastung führte, versuchten einige privat geführte Krankenhäuser sogar doppelt die staatlichen Coraonahilfen abzugreifen. Entschädigung für die aufgeschobenen Operationen und Staatshilfen für Kurzarbeit, in die sie ein Teil der Belegschaft schickten.
Neue Studie – Auftraggeber: Asklepios
Jetzt scheint für die private Krankenhaus-Landschaft die Zeit gekommen zu sein, die letztes Jahr begonnene Diskussion wieder aufzunehmen. Da kommt eine Studie gerade recht, die nun wieder behauptet, viele Krankenhäuser seien von übel und wenige große das Non-Plus-Ultra. Auftraggeber der Studie ist – Überraschung! – die Asklepios GmbH.
Asklepios ist einer der großen Gewinner der seit den 90ern forcierten Privatisierung des Gesundheitswesens. Kern ist die kapitalistische Ideologie, dass in allen Bereichen des Lebens nur Wachstum und Gewinnstreben zählt. Auch bei den Grundbedürfnissen der Menschen. Die Krankenhausfinanzierung wurde gesetzlich so geregelt, dass Krankenhäuser nur überleben können, wenn sie Gewinn machen. das heißt, alles, was kostet, wird reduziert. Alles was Geld bringt, wird gepusht.
Gewinnmaximierung im Krankenhaus
So ist gerade auch der Asklepios-Konzern immer wieder dadurch aufgefallen, dass er excessiv Personal spart und personalintensive Bereiche schließt, zum Beispiel Kinderkrankenhäuser. Hüftoperationen oder Kniegelenk-OPs sind dagegen sehr beliebt. Fallpauschalen, die im übrigen für alle Krankenhäuser gelten, bestimmen das Geschäft, langwierige und damit für die Kliniken teure Behandlungen sind uninteressant.
Das überforderte Personal wird mies bezahlt. Nicht wenige erleben Burnouts, die Bezahlung ist schlecht, aus Zeitmangel werden die Dokumentationen oft in den Arbeitspausen erstellt. Manche Dinge, etwa Hygienemaßnahmen müssen stressbedingt vom Personal vernachlässigt werden. Bis zu 20.000 Menschen sterben in Deutschland an multiresistenten Krankenhauskeimen.
Der Asklepios-Konzern steigerte seine Gewinne von 20 Millionen (2006) auf 172 Millionen Euro (2019).
Qualität vor Nähe?
Die besagte Studie besteht aus einer Online-Befragung von 1.000 Bundesbürgern und 200 Bewohnern der Metropolregion Hamburg durch das Institut Toluna. Gefragt wurde unter anderem nach Aspekten der Gesundheitsversorgung. Danach lehnen 61 Prozent zwar eine weitere Schließung von Krankenhäusern ab. Allerdings geben 78 Prozent an, dass ihnen eine hohe Behandlungsqualität wichtiger ist als die Nähe des Krankenhauses zum Wohnort. Da jubelt Kai Hankeln, CEO der Asklepios Kliniken. Er geht natürlich davon aus, dass bessere Qualität nur in wenigen gut ausgestatteten Kliniken möglich ist.
Die Studie bezieht sich hauptsächlich auf die ärztlichen Leistungen. Tatsächlich sind Patienten mit schwierigen und seltenen Diagnosen in großen Zentren oft besser aufgehoben und haben eine größere Chance auf Heilung. Dafür gibt es aber jetzt schon Landeskrankenhauspläne und Uni-Kliniken. Vermutlich wollen die wenigsten, die das befürworten, stattdessen bei der Grundversorgung sparen. Erst recht nicht bei der Qualität der pflegerischen Versorgung.
was bedeutet Qualität?
Da stellt sich die Frage, was hier unter Qualität verstanden wird. Noch mehr Hüftoperationen? Noch weniger Personal? Könnte Qualität nicht auch darin bestehen, dass eine gute medizinische Versorgung für jedermann gut erreichbar ist? Dass vernünftig bezahlte Pflegekräfte genügend Zeit für die Versorgung der Patienten haben? Dass Krankenhäuser nicht gezwungen sind, auf Biegen und Brechen kostendeckend zu arbeiten oder gar Gewinne einzufahren? Die Befriedigung von Grundbedürfnissen wie medizinische Versorgung darf nicht der Gewinnmaximierung einiger weniger dienen.
Quellen: asklepios.com, Bertelsmann, eu-schwerbehinderung.eu, verdi, statista.com, gruen4future.de
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