Das GEAS-Anpassungsfolgegesetz zur Umsetzung der EU-Asylreform, Anfang September im Bundeskabinett beschlossen, stellt einen tiefgreifenden Einschnitt mit weitreichenden Folgen für Kinder und Jugendliche dar, die einen erheblichen Teil der Schutzsuchenden ausmachen. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie UNICEF und die AWO plädieren dafür, bestehende Spielräume für eine humane Flüchtlingspolitik zu nutzen und nur die notwendigsten Verschärfungen umzusetzen. Kinder und Jugendliche gelten als eigenständige Rechtsträger, deren Wohl in jedem Einzelfall vorrangig zu berücksichtigen und handlungsleitend sein muss.
Unbegleitete Minderjährige
Besondere Herausforderungen bestehen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMA). Obwohl UMA grundsätzlich vom Grenzasylverfahren ausgenommen sind, wird dies von Fachverbänden nicht als Grund zur Entspannung gewertet. Der Minderjährigenschutz in den Reformvorhaben ist noch nicht ausreichend konkretisiert, insbesondere im Hinblick auf die Altersfeststellung. Die Altersfeststellung ist entscheidend, da sie über das weitere Verfahren entscheidet. Kritisiert wird das Fehlen von Standards zur Durchführung, zur rechtlichen Vertretung und zur Anfechtbarkeit der Ergebnisse. Es besteht die Gefahr, dass Minderjährige ohne Rechtsbeistand durch eine Volljährigkeitsschätzung in das Grenzverfahren geraten.
Inhaftierung von Kindern nicht ausgeschlossen
Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass die Gesetzentwürfe Inhaftierungen von Kindern – ob begleitet oder unbegleitet – im Migrationskontext nicht explizit ausschließen. UNICEF fordert eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die jede Form der Haft von Kindern ausschließt, da diese mit dem Kindeswohl unvereinbar sei. Ebenso wird die Möglichkeit neuer Sonderunterbringungen kritisiert, die mit Freiheitsbeschränkungen oder Leistungskürzungen einhergehen können.
Bessere medizinische Versorgung
Positiv wird hingegen die geplante Erweiterung der medizinischen Versorgung für minderjährige Asylbewerberinnen und Asylbewerber gewertet. Personen mit einer Aufenthaltsgestattung sollen künftig uneingeschränkten Zugang zu Hilfen zur Gesundheit nach dem SGB XII erhalten, was über die bisher nur auf Akutbehandlung und Schmerzzustände beschränkten Leistungen hinausgeht.
Weitergabe personenbezogener Informationen
Verfahrensgarantien, wie eine individuelle Kindeswohlprüfung und die unabhängige rechtliche Vertretung, müssen gesetzlich abgesichert werden. Zudem wird die geplante umfassende Weitergabe personenbezogener Informationen, insbesondere sogenannter „altersspezifischer Umstände“ an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), kritisiert, da dies den Schutz sensibler Daten verletzen könnte.
Was ist GEAS?
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) ist die Antwort der Europäischen Union auf die Herausforderungen in der Migrationspolitik. Ab 2026 gelten für alle EU-Staaten die gleichen Regeln, wie Asylverfahren ablaufen sollen. So soll sichergestellt werden, dass überall nach denselben Standards entschieden wird – unabhängig davon, in welchem Land ein Antrag gestellt wird.
Neuerungen im GEAS
- EU-Außengrenzverfahren: Künftig kann noch vor Einreise an den EU-Außengrenzen eine schnelle Durchführung von Asylverfahren ermöglicht werden. Für diese Verfahren gibt es einen unabhängigen Kontrollmechanismus, der sicherstellt, dass Grund- und Menschenrechte eingehalten werden.
- Schnelle und einheitliche Verfahren: Entscheidungen sollen innerhalb weniger Tage oder Wochen fallen – nicht erst nach Monaten.
- Verantwortung und Solidarität in Europa: Staaten an den Außengrenzen sollen nicht alleingelassen werden. Alle EU-Staaten leisten ihren Beitrag – durch Aufnahme von Menschen oder durch finanzielle Unterstützung.
Stellungnahmen
Eine umfassende Stellungnahme und ausführliche Kritik zum gesamten Gesetzentwurf hat der deutsche Juristinnenbund veröffentlicht. Ebenso die AWO.
unicef, Save the Children und das Kompetenzzentrum Jugendcheck haben Stellungnahmen mit dem Fokus auf geflüchtete Kinder und Jugendliche abgegeben.
Quellen: Bundeskabinett, djb, AWO, unicef, KomJC, Save the Children
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