Für die Bezieher von Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme (SGB II, SGB XII, BVG, Asylbewerberleistungsgesetz) soll es auch dieses Jahr einen Coronazuschlag in Höhe von 100 Euro geben, eventuell auch 200 Euro nach den Plänen des neuen Entlastungspakets. Letztes Jahr waren es im Rahmen des Sozialschutzpakets 150 Euro, die allen Beziehern dieser Leistungen zustand.
Vergessene Gruppe
Allen? Nein. Eine Gruppe wurde nicht berücksichtigt. Nach dem Wortlaut des entsprechenden Gesetz (§ 144 SGB XII) sind alle, die Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel haben, anspruchsberechtigt. Also Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Keinen Anspruch haben Menschen die Leistungen nach dem Siebten Kapitel, also Hilfe zur Pflege, beziehen.
Rangfolge bei der Einkommensanrechnung
Etliche Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeheimen und anderen vollstationären Einrichtungen, die über Einkommen wie Rente verfügen, sind trotz Einkommen auf Leistungen nach dem SGB XII angewiesen, entweder für den Lebensunterhalt oder für die Heimkosten oder für beides. Gängige Praxis ist, auch vom Bundessozialgericht für rechtens befunden, dass das Einkommen zunächst auf den Bedarf bei der Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet wird. Ist der Bedarf gedeckt, bleiben noch die Pflegeheim-Kosten, wofür dann die Hilfe zur Pflege, Kapitel 7 SGB XII, aufkommt. Damit fallen diese Personen aber aus dem Kreis der Berechtigten für den Coronazuschlag heraus.
Kein Unterschied bei Einkommen und Leistungen
Dabei bleibt bei den Betroffenen die Summe aus Einkommen und Sozialleistungen genau gleich. Würde das Einkommen zunächst bei der Hilfe zur Pflege berücksichtigt, hätten sie Anspruch auf Leistungen nach Kaptel 3 oder 4 und damit auf den Coronazuschlag.
Sozialgericht Freiburg
Um dies Ungerechtigkeit ging es bei einem Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg. Ergebnis: Auch Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeheimen und anderen vollstationären Einrichtungen, die Sozialhilfe nur für die ungedeckten Pflegeheimkosten beziehen, haben Anspruch auf die im Mai 2021 fällige Einmalzahlung von 150 € aus Anlass der COVID-19-Pandemie. Diese dürften alle rückwirkend einen Anspruch für 2021 haben.
Rückwirkend und aktuell
Für 2021 müssten sie diesen Anspruch noch dieses Jahr geltend machen. In Bezug auf die Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (Sozialhilfe) muss dafür nich tein gesonderter Antrag gestellt werden. Eine Geltendmachung beim Sozialamt müsste ausreichen. Diese Regelung ist natürlich auch auf die Coronazuschläge im Jahr 2022 anzuwenden.
Grundsätzliche Bedeutung
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräfig. Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine Berufung zugelassen.
Quelle: Tacheles e.V., Rechtsanwälte für Sozialrecht (sozialrecht-fr.de), Sozialgericht Freiburg, FOKUS-Sozialrecht
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