Recht von Flüchtlingen auf Sozialhilfe

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 21.11.18 den Anspruch von Flüchtlingen auf Sozialhilfe gestärkt. Anerkannte Flüchtlinge dürfen nicht weniger Sozialleistungen erhalten als die eigenen Staatsbürger.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Flüchtling nur ein befristetes Aufenthaltsrecht besitzt oder nicht (AZ: C-713/17).

Bei dem aktuellen Fall handelte es sich um einen Fall aus Österreich, das Urteil gilt aber für alle Mitgliedsstaaten. Es ging im konkreten Fall um die Frage, ob die Kürzung der Sozialhilfe bei einem befristeten Aufenthaltsstatus mit der sogenannten Anerkennungsrichtlinie vereinbar ist, einem EU-Gesetz von 2011 zum Schutz von Flüchtlingen. Dies sei nicht der Fall. Die Richtlinie sei in dem Punkt eindeutig und entspreche auch der Genfer Flüchtlingskonvention. Sollte nationales Recht dem entgegenstehen, gehe EU-Recht dem vor (Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95). Diese Bestimmung erlegt jedem Mitgliedstaat mit unmissverständlichen Worten eine genaue und unbedingte Verpflichtung zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses auf, die darin bestehe, dafür Sorge zu tragen, dass jeder Flüchtling, dem er Schutz gewähre, im gleichen Umfang Sozialhilfe erhalte wie seine eigenen Staatsangehörigen.

Allerdings dürfen die Mitgliedstaaten abweichend von dieser allgemeinen Regel die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken (Art. 29 Abs. 2 der RL 2011/95).

Quellen: Juris und Artikel 29 der RICHTLINIE 2011/95/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Dezember 2011:
„Sozialhilfeleistungen
(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten.
(2)   Abweichend von der allgemeinen Regel nach Absatz 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.“

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Wann übernimmt die Krankenkasse Fahrtkosten?

Durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wird für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 3 und Menschen mit Behinderungen die Übernahme der Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung vereinfacht. Die Fahrten gelten mit der ärztlichen Verordnung als genehmigt. (§ 60 Abs.1 SGB V ab 1.1.2019)

Fahrtkostenerstattung ohne vorherige Genehmigung

Auch bisher gab es Fälle, bei denen die Fahrtkosten ohne vorherige Genehmigung erstattet wurden. Daran wird sich auch nichts ändern:

Rettungsfahrten zum Krankenhaus, wenn der Patient aufgrund seines Zustands mit einem qualifizierten Rettungsmittel (Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber) transportiert werden muss.

Krankentransporte, wenn der Patient eine fachliche Betreuung oder die besondere Einrichtung des Krankentransportwagens braucht, oder bei schweren, ansteckenden Krankheiten,

  • zu stationären Leistungen,
  • zu vor- und nachstationären Behandlungen (§ 115 a SGB V) und
  • zu ambulanten Operationen.

Krankenfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen ohne medizinisch-fachliche Betreuung:

  • zu stationären Leistungen (§ 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V).
  • zu vor- und nachstationären Behandlungen bzw. ambulanten Operationen mit damit in Zusammenhang stehender Vor- oder Nachbehandlung nur, wenn dadurch eine stationäre Behandlung vermieden oder verkürzt wird.

Ist während einer Krankenhausbehandlung eine Verlegung in ein anderes Krankenhaus aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich (z. B. Verlegung in eine Spezialklinik), werden auch diese Fahrkosten durch die Krankenkassen übernommen. Liegt kein medizinischer Grund für eine Verlegung vor (z.B. bei Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus), ist eine Kostenübernahme nur bei vorheriger Einwilligung der Krankenkasse möglich.

In allen anderen Fällen muss die Krankenkasse die Fahrten vorher genehmigen. Sie tut das nur, wenn zwingende medizinischr Gründe vorliegen und sie übernimmt nur die Kosten zur nächsterreichbaren geeigneten Behandlungsstätte und zurück, außer es besteht ein zwingender medizinischer Grund für die Behandlung an einem entfernteren Ort.

Quelle: Haufe, betanet

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Baukindergeld: Höhe, Voraussetzungen und Antragstellung

Im September 2018 startete das im Koalitionsvertrag vorgesehene Baukindergeld, das Familien mit Kindern zur eigenen Immobilie verhelfen soll. Die Ausgestaltung des Baukindergelds erfolgte nun anders als erwartet nicht per Gesetz, sondern als Zuschussprogramm der KfW-Bank.

Vollständige Informationen rund ums Thema Baukindergeld finden Sie in unserem kostenlosen Whitepaper. Darin enthaltene Checklisten und Beispiele ermöglichen Ihnen einen schnellen Überblick.

Weitere Infos sowie die Downloadmöglichkeit des Whitepapers finden Sie auf der Homepage des Walhalla Fachverlages: www.walhalla.de

Bafög-Reform geplant

Nachdem seit einigen Tagen in verschiedenen Medien über ein Eckpunkte-Papier des Bundesbildungsministeriumx über die geplante Bafög-Reform im nächsten Jahr berichtet wurde, kann man sich nun auch endlich im Bildungsministerium selber darüber informieren.

Etwa alle drei bis sechs Jahre stellt die Politik erschrocken fest, dass die Zahl der Bafög-Empfänger sinkt, weil Lebenshaltungskosten, Mieten und Einkommen gestiegen sind. Immer weniger haben überhaupt Anspruch auf Bafög oder wollen sich den bürokratischen Aufwand nicht antun, wenn die Förderung doch nicht, wie im Gesetz vorgesehen, zum Lebensunterhalt reicht und sie sich über Jahre hinaus verschulden.

Pläne der Bundesbildungsministerin

Um dem entgegezuwirken, plant Bundesbildungsministerin Karliczek, die Bedarfssätze, den Förderungshöchstsatz, die Einkommensfeibeträge und den Wohnzuschlag kräftig zu erhöhen. Auch soll die Restschuld des Darlehens nach 20 Jahren erlassen werden, wenn man sich nachweislich bemüht hat, es zurückzuzahlen. Dafür soll die monatliche Rückzahlungsrate steigen.

Eine grundlegende Umgestaltung erfolgt wohl nicht, etwa eine automatische Anpassung der Leistung an die wirtschaftliche Entwicklung oder gar eine Ausbildungsförderung, die wie beispielsweise in Dänemark, die Unabhängigkeit ab der Volljährigkeit im Fokus hat. Dort kann jeder Student unabhängig vom Einkommen der Eltern staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen.

Die geplanten Erhöhungen im Einzelnen:

  • Der Wohnzuschlag für nicht bei den Eltern wohnende BAföG-Geförderte soll im ersten Schritt 2019 überproportional um 30 Prozent von derzeit 250 Euro auf 325 Euro angehoben werden.
  • Der Förderungshöchstsatz soll um mehr als 15 Prozent von derzeit 735 Euro auf künftig insgesamt rund 850 Euro monatlich steigen.
  • Die Bedarfssätze sollen insgesamt um 7 Prozent angehoben, nämlich um 5 Prozent im ersten Schritt 2019 und nochmals um 2 Prozent in 2020 angehoben werden.
  • Die Einkommensfreibeträge sollen um insgesamt 9 Prozent angehoben, nämlich um 7 Prozent im ersten Schritt 2019 und nochmals um 2 Prozent in 2020 angehoben werden.
  • Der Freibetrag für eigenes Vermögen von Auszubildenden mit soll im Jahr 2020 von derzeit 7.500 Euro auf 8.200 Euro angehoben werden; die zusätzlichen Vermögensfreibeträge für Auszubildende mit Unterhaltspflichten gegenüber eigenen Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern zugleich von derzeit jeweils 2.100 Euro auf 2.300 Euro.
  • Die monatliche Regelrate zur Rückzahlung des BAföG-Darlehens soll von bislang 105 Euro auf 130 Euro steigen.
  • Wer den Darlehensanteil seines BAföG trotz nachweisbaren Bemühens aufgrund schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse nicht binnen 20 Jahren tilgen kann, dem wird die (Rest-)Schuld erlassen.

Quelle: Bundesministerium für Bildung, Studis Online

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Pflegepersonal-Stärkungsgesetz verabschiedet

Wie erwartet und ohne große Veränderung zum ursprünglichen Entwurf ist das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz im Bundestag verabschiedet worden. Es tritt zum 1.1.2019 in Kraft. Einige Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Krankenhausentgeltgesetzes treten sofort in Kraft, die Regelungen zum Pflegebudget erst zum 1.1.2020.

In den letzten Wochen waren an dieser Stelle mehrfach Beiträge zum Pflegepersonal-Stärkungsgesetz zu lesen:

Weitere Neuerungen

Das neue Gesetz beinhaltet aber auch eine Reihe weniger spektakuläre Neuerungen, über die nicht so oft berichtet wurde:

  • Unterbringung von Begleitpersonen:
    Sowohl aus organisatorischen als auch aus medizinischen Gründen kann es notwendig sein, dass eine Begleitperson, für die die Voraussetzung einer Mitaufnahme bei stationärer Behandlung vorliegt, außerhalb des Krankenhauses bzw. der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung untergebracht wird. Besteht beispielsweise ein erhöhtes Infektionsrisiko oder reichen im Einzelfall die stationären Kapazitäten eines Krankenhauses nicht aus, können mitaufzunehmende Begleitpersonen künftig auch außerhalb der stationären Einrichtung untergebracht werden. Dies wird im Einzelfall entschieden. Die Kosten dafür sind auf die Höhe der Kosten begrenzt, die bei einer Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung angefallen wären (§ 11 Abs.3 SGB V).
  • Taxifahrten:
    Für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 3 und Menschen mit Behinderungen werden Taxifahrten zu einer ambulanten Behandlung einfacher. Sie gelten mit der ärztlichen Verordnung als genehmigt. (§ 60 Abs.1 SGB V)
  • Medizinische Rehabilitation für pflegende Angehörige:
    Es gibt nun einen eigenständiger Leistungsanspruch für pflegende Angehörige auf medizinische Rehabilitationsleistungen. Denn im Rahmen der Frage des Zugangs zu stationären Rehabilitationsleistungen stellt sich das Problem, dass pflegende Angehörige häufig aufgrund der familiären Situation keine Möglichkeit haben, ambulante Rehabilitationsleistungen in Anspruch zu nehmen. Nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung in § 40 SGB V ist aber die Ausschöpfung ambulanter Leistungen am Wohnort die Voraussetzung für die Inanspruchnahme stationärer Rehabilitationsleistungen. Deshalb wird für pflegende Angehörige ein Anspruch geschaffen werden, wonach sie auf ärztliche Verordnung nach Genehmigung der Krankenkasse auch dann eine stationäre Rehabilitation erhalten, wenn vom medizinischen Gesichtspunkt her eine ambulante Versorgung ausreichend wäre. (§ 40 SGB V)
  • Verstärkte Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten:
    Die Verpflichtung der Pflegeeinrichtungen, Kooperationsverträge mit geeigneten vertrags(zahn)ärztlichen Leistungserbringern zu schließen, wird verbindlicher ausgestaltet. Die bisherige „Soll-Regelung“ wird durch eine „Muss-Regelung“ ersetzt. Die Krankenkassen werden zudem verpflichtet, bei Vorliegen eines Antrags einer Pflegeeinrichtung zur Vermittlung eines Kooperationsvertrages einen entsprechenden Vertrag innerhalb einer Frist von drei Monaten zu vermitteln.
    Darüber hinaus werden für eine bessere Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Pflegeheimen Sprechstunden und Fallkonferenzen per Video als telemedizinische Leistung umfangreich ermöglicht.
    (§ 119b SGB V)
  • Verbesserung für die ambulante Pflege:
    Die ambulante Alten- und Krankenpflege wird durch eine bessere Honorierung der Wegezeiten gestärkt. Außerdem müssen auch in der häuslichen Krankenpflege künftig Tariflöhne von den Krankenkassen akzeptiert werden.
    (§ 132a SGB V)

Quellen: Fokus-Sozialrecht, Bundestagsdrucksache

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Rentenpaket ist durch

Ohne wesentliche Änderungen im Vergleich zum Entwurf hat der Bundestag das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) verabschiedet. (Siehe auch frühere Beiträge hier und hier)

Hier noch einmal die wichtigsten Punkte und die entsprechenden Vorschriften in den Sozialgesetzbüchern:

  • Die Mindesthöhe der gesetzlichen Rente, gemessen am Verhältnis der Renten zu den Löhnen, wird bis 2025 bei 48 Prozent festgeschrieben (§ 255e SGB VI)
  • Der Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent, den sich in der Regel Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, soll bis 2025 die 20-Prozent-Marke nicht überschreiten
    (§ 287 SGB VI).
  • Mütterrente: Alle Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern sollen einen halben Rentenpunkt zusätzlich bekommen. Dies betrifft knapp zehn Millionen Rentnerinnen, die pro Kind zwischen 15 und 16 Euro im Monat mehr bekommen. (§ 307d SGB VI)
  • Erwerbsminderungsrente: Die Absicherung der Erwerbsgeminderten soll verbessert werden. Zurechnungszeiten sollen ab 2019 in einem Schritt auf 65 Jahre und 8 Monate angehoben werden (Renteneintrittsalter) und dann mit der Anhebung des Renteneintrittsalters schrittweise bis 67 angehoben werden. Die Maßnahme soll jedoch nur auf Neurentner angewandt werden, nicht auf bereits Betroffene. Zudem sollen die Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt erhalten bleiben. (§ 253a SGB VI)
  • Für Geringverdiener gilt künftig, dass sie erst bei einem Monatseinkommen von 1300 Euro die vollen Sozialversicherungsbeiträge entrichten müssen. Um Geringverdienerinnen und Geringverdiener bei den Sozialabgaben zu entlasten, soll die bisherige Gleitzone, in der Beschäftigte mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01 bis 850,00 Euro verringerte Arbeitnehmerbeiträge zahlen, zu einem sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich weiterentwickelt werden: Die Obergrenze der Beitragsentlastung wird auf 1.300 Euro angehoben und es wird sichergestellt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. (§ 20 SGB IV, § 163 Abs.10 SGB VI, § 70 SGB VI)

Von der Opposition und den Verbänden wurde hauptsächlich kritisiert, dass die Finanzierung der gesetzlichen Rente nach 2025 völllig ungewiss bleibt.
Die Bundesregierung hat im Mai 2018 eine Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ eingesetzt. Diese soll bis Frühjahr 2020 Vorschläge entwickeln, wie die Alterssicherung auch nach 2025 leistungs- und tragfähig bleibt. Ziel sei es, die soziale Sicherheit für alle Generationen auch künftig verlässlich auszugestalten. Die Kommission hat ihre Arbeit am 06.06.2018 aufgenommen.

Quellen: Focus Sozialrecht, Bundestag

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Sozialer Arbeitsmarkt

Mit dem Teilhabechancengesetz soll ab 2019 ein neuer sozialer Arbeitsmarkt entstehen. Durch die Schaffung zweier neuer Instrumente werden Lohnkostenzuschüssen eingeführt, um Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen.

Der Bundestag will das Gesetz heute (8.11.18) verabschieden. Grundlage sind der Gestzentwurf der Bundesregierung und die Änderungsvorschläge des Ausschusses Arbeit und Soziales. Hier auf Fokus-Sozialrecht wurde schon über den Referentenentwurf und den Kabinettsbeschluss berichtet.

Eingliederung von Langzeitarbeitslosen

§ 16e SGB II trägt nun die Überschrift „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“, nicht mehr „Förderung von Arbeitsverhältnissen“. Bei diesem Instrument ging es und geht es auch weiter um die Besetzung vorhandener Arbeitsplätze mit Langzeitarbeitslosen und deren Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und -chancen. Anders als der alte § 16e hängt der neue Lohnkostenzuschuss weder bei der Auswahl der förderfähigen Personen noch bei der Dauer und Höhe der Förderung von Merkmalen wie Minderleistung oder das Vorliegen von Vermittlungshemmnissen ab. Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit Personen, die trotz Vermittlungsangeboten unter Einbeziehung der übrigen Eingliederungsleistungen nach dem SGB II seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind. Der Zuschuss beträgt pauschal im ersten Jahr des Arbeitsverhältnisses 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts. Anders als ursprünglich vorgesehen entfällt die Pflicht des Arbeitgebers, den Beschäftigten nach der Föderdauer noch mindestens ein halbes Jahr weiter zu beschäftigen.

Teilhabe am Arbeitsmarkt

Das neue Instrument des § 16i SGB II soll zusätzliche Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose schaffen. Neben der Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und -chancen soll auch die soziale Teilhabe gefördert werden.

Gefördert werden Arbeitsverhältnisse mit erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen, die seit mindestens sechs (nicht mehr sieben wie im Regierungsentwurf) Jahren Leistungen nach SGB II beziehen und in dieser Zeit nicht oder nur kurz erwerbstätig waren. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt noch zwei Härtefallregelungen in das Gesetz einzufügen, wonach bei schwerbehinderten Menschen und jenen, die mit Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, fünf Jahre ALG-II-Bezug ausreichen, um diese auf maximal fünf Jahre begrenzte Förderung zu erhalten. Außerdem sollen die Zuschüsse für Weiterbildungsmaßnahmen nicht wie ursprünglich vorgesehen 1.000 Euro, sondern 3.000 Euro betragen.

Der Lohnkostenzuschuss beträgt in den ersten 24 Monaten des Arbeitsverhältnisses 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns oder, wenn vorhanden, nach der Höhe des Tariflohns (eingefügt durch den Ausschuss), sinkt dann um 10 Prozentpunkte und nach Ablauf von jeweils zwölf Monaten um jeweils 10 Prozentpunkte.

Da der Übergang aus der geförderten Beschäftigung in eine ungeförderte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittel- und langfristiges Ziel bleibt, werden beschäftigungsbegleitende Betreuung, Weiterbildung und betriebliche Praktika während der Förderung ermöglicht.

Quellen: Focus Sozialrecht, Bundestag

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Familienentlastung unzureichend?

Die von der Bundesregierung geplante Entlastung der Familien ist von mehreren Experten in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses als unzureichend kritisiert worden.

Wichtigste Kritikpunkte:

  • Alleinerziehende werden zu wenig berücksichtigt. Die Freibeträge für Alleinerziehende und Freibeträge für Erziehungs- und Ausbildungsbedarf sind seit mehreren Jahren nicht mehr angehoben worden und verlieren im Zeitablauf inflationsbedingt an Wert. Er liegt seit 2010 unverändert bei 1.320 Euro.
  • Gefordert wird eine deutliche Erhöhung des steuerlichen Existenzminimums. Insbesondere Bezieher des Mindestlohns sollten keine oder nur eine geringe Steuer entrichten müssen.
  • Nach Angaben des deutschen Kinderschutzbundes ist die Kinderarmut drastisch angestiegen. Erforderlich sei daher die Einführung einer Kindergrundsicherung von 619 Euro im Monat.
  • Höherverdienende werden durch die Nutzung des Kinderfreibetrages stärker entlastet als Steuerzahler mit niedrigerem Einkommen, denen Kindergeld gezahlt wird.

Entwurf

Der Entwurf des Familienentlastungsgesetzes sieht eine stufenweise Erhöhung von Kindergeld vor:

  • Ab 1. Juli 2019 soll das Kindergeld in der ersten Stufe um 10 Euro monatlich steigen.
  • Ab 1. Januar 2021 soll in einer weiteren Stufe eine weitere Erhöhung um 15 Euro erfolgen.

Die Kindergelderhöhung wird beim steuerlichen Kinderfreibetrag nachvollzogen. Als Jahresbetrag wächst er in zwei gleichen Teilen zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 um jeweils 192 Euro.

Auch für Erwachsene steigt der Grundfreibetrag, auf den keine Einkommensteuer gezahlt werden muss:

  • 2019 auf 9.168 Euro und
  • 2020 auf 9.408 Euro.

Wie bisher bei jeder Kindergelderhöhung gehen auch diesmal Familien, die im Bezug von SGB II-Leistungen stehen, leer aus. Denn nach wie vor wird das Kindergeld auf die Regelsätze angerechnet.

Quelle: Bundestag,

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Zwangs- und freiheitsentziehende Maßnahmen nur als Ultima Ratio – Stellungnahme des Deutschen Ethikrats

Zwangs- und freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) nur als letztes Mittel:
Am 1. November 2018 hat der Deutsche Ethikrat eine gut 270-seitige Stellungnahme zu diesem Thema veröffentlicht. Soweit es betreuungsrechtliche Vorgaben gibt, wird in der Stellungnahme auch auf diese Bezug genommen.

Aufgezeigt werden die aktuelle Situation sowie Handlungsbedarfe in Praxis und Gesetzgebung – jeweils für die Professionen Altenpflege, Psychiatrie, Behindertenhilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe.

Der Deutsche Ethikrat möchte mit seiner Stellungnahme eine gesellschaftliche Diskussion zu diesen Maßnahmen anregen – mit dem Ziel, Politik, Gesetzgeber und Angehörigen von Gesundheits- und Sozialberufen Regelungs- und Umsetzungsdefizite aufzeigen.

Grundsätzlich ist der Ethikrat der Auffassung, dass die Anwendung von Zwang im Kontext professioneller Sorgebeziehungen nur als Ultima Ratio in Betracht kommt. Das heißt zunächst, dass Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse so gestaltet werden sollten, dass Zwang möglichst vermieden wird. Kommt es dennoch zu Situationen, in denen eine Person schweren Schaden zu nehmen droht, etwa weil sie sich einer erforderlichen medizinischen Maßnahme widersetzt, so muss durch beharrliche Überzeugungsarbeit versucht werden, die freiwillige Zustimmung oder Mitwirkung des Betroffenen zu erzielen. Auch müssen vor der Durchführung einer Zwangsmaßnahme alle zur Verfügung stehenden weniger eingreifenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden kann.

Zwangsmaßnahmen dürfen nur in Situationen in Erwägung gezogen werden, in denen ein Sorgeempfänger in seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung so stark eingeschränkt ist, dass er keine freiverantwortliche Entscheidung zu treffen vermag. Das bedeutet umgekehrt, dass der freie Wille einer voll selbstbestimmungsfähigen Person auch dann zu respektieren ist, wenn ihr erhebliche Risiken für Leib und Leben drohen. Die Fähigkeit zur Selbstbestimmung ist damit der zentrale normative Bezugspunkt im Umgang mit Zwang, auch wenn die Grenze der fehlenden Freiverantwortlichkeit in der Praxis schwer zu ziehen ist.

Jede Zwangsmaßnahme bedeutet in letzter Konsequenz eine Fremdbestimmung des Gezwungenen. Umso wichtiger ist es, ihre Durchführung so zu gestalten, dass Achtung und Respekt vor der individuellen Person und ihrer Selbstbestimmung soweit als möglich gewährleistet bleiben. Das bedeutet unter anderem, dass ihr Anspruch auf Partizipation durch Einbeziehung in die Planung und Durchführung sowie die Nachbereitung einer Zwangsmaßnahme durchgesetzt werden muss.

Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer Zwangsmaßnahme muss stets auch die Möglichkeit sekundärer Schäden etwa in Form von Demütigung, Traumatisierung oder Vertrauensverlust berücksichtigt werden. Die Dauer von Zwangsmaßnahmen sollte so kurz wie möglich gewählt werden. Um dies sicherzustellen, muss in angemessenen zeitlichen Abständen regelmäßig überprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Einsatz von Zwangsmaßnahmen weiterhin vorliegen. Wegen ihres exzeptionellen Charakters müssen Zwangsmaßnahmen sorgfältig dokumentiert und in regelmäßigen Abständen ausgewertet werden. Maßnahmen der Qualitätssicherung inklusive Fehlermeldesysteme und Beschwerdemanagement sollten auch Zwangsmaßnahmen erfassen.

An Zwangsmaßnahmen beteiligtes Personal sollte speziell geschult sein. Die interkulturelle Kompetenz der professionell Sorgenden sollte gefördert werden. Auch sollten Strukturen geschaffen werden, die kulturelle und sprachliche Barrieren minimieren. Professionell Sorgende, die an Zwangsmaßnahmen beteiligt sind, sollten Unterstützung und Begleitung erhalten, um die im Umgang mit Zwang gemachten eigenen Erfahrungen kognitiv und emotional zu verarbeiten. Kollegiale Beratungsgremien sollten etabliert werden, die sich mit dem Einsatz von Zwangsmaßnahmen prospektiv und retrospektiv befassen.

Die Öffentlichkeit sollte für die ethisch und rechtlich problematischen Aspekte von Zwangsmaßnahmen im Umgang mit psychisch Kranken in Krisensituationen, Kindern und Jugendlichen in schwierigen familiären und sozialen Verhältnissen sowie pflegebedürftigen alten und behinderten Menschen sensibilisiert werden. Dabei fällt den Medien die wichtige Aufgabe einer differenzierten und sachangemessenen Berichterstattung zu.

Zusätzlich zu diesen (und weiteren) grundsätzlichen Empfehlungen für den verantwortungsvollen Umgang mit Zwang in professionellen Sorgebeziehungen hat der Ethikrat eine Vielzahl bereichsspezifischer Empfehlungen für die Praxisfelder Psychiatrie, Kinder- und Jugendhilfe sowie Altenpflege und Behindertenhilfe formuliert, die in der Stellungnahme nachgelesen werden können:

>>Stellungnahme [PDF-Datei, 271 Seiten]: „Hilfe durch Zwang? Professionelle Sorgebeziehungen im Spannungsfeld von Wohl und Selbstbestimmung“

Quelle: Pressekonferenz des Deutschen Ethikrates

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Behinderten – Pauschbetrag seit 1975 unverändert

Auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zur Entwicklung der steuermindernden Pauschbeträge hin erklärt die Bundesregierung, dass sich diese Pauschbeträge in den vergangenen Jahren kaum verändert haben. So ist demnach der Sonderausgabenpauschbetrag seit Anfang des Jahrs 2002 unverändert, der Arbeitnehmerpauschbetrag ist seit 2011 gleich, die Behinderten-Pauschbeträge sind sogar seit 1975 unverändert geblieben.

Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die behinderten Menschen unmittelbar infolge der Behinderung erwachsen, erhalten sie steuerliche Erleichterungen. Insbesondere kann – anstatt Einzelnachweise für die höheren Kosten zu führen, die durch die Behinderung entstehen – ein sogenannter Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden.
Hierzu ist der Nachweis einer Behinderung durch die zuständige Behörde nötig, der mit der Steuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum eingereicht werden muss (Schwerbehindertenausweis, Feststellungsbescheid, besondere Bescheinigung durch das Versorgungsamt, Rentenbescheid). Sofern eine Lohnsteuerkarte vorliegt (der Betroffene also unselbständig beschäftigt ist), gelten die Pauschalbeträge nach § 33b EStG, die auf der Lohnsteuerkarte vermerkt werden.

Die Höhe des Pauschalbetrages für Behinderte soll die mit zunehmender Schwere der Behinderung ansteigenden typischen behinderungsbedingten Aufwendungen abdecken. Liegen mehrere Behinderungen vor, kann nur ein einziger Behinderten-Pauschbetrag in Ansatz gebracht werden, der aber sämtliche Behinderungen berücksichtigt.

Die Höhe des Behinderten-Pauschbetrag beträgt: (Stand: Dezember 2018)

  • bei einem Grad der Behinderung von 25 und 30        310 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 35 und 40        430 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 45 und 50        570 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 55 und 60        720 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 65 und 70        890 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 75 und 80      1.060 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 85 und 90      1.230 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 95 und 100    1.420 EUR
  • bei hilflosen und blinden Personen                            3.700 EUR

Die Bundesregierung befürchtet erhebliche Mindereinnahmen bei einer deutlichen Erhöhung der Pauschbeträge; auch eine Indexierung , wie sie in anderen Ländern wie der Schweiz, Frankreich oder USA üblich ist, lehnt sie ab. Das würde die Ausbreitung von Indexierungsregelungen innerhalb des Steuerrechts und in andere Rechtsbereiche mit dem Risiko einer Verstärkung oder gar Förderung von Inflationstendenzen bedeuten. Außerdem würde das Parlament einen Teil seiner Budgethoheit verlieren.

Im übrigen seien die Möglichkeiten der steuerlichen Anerkennung behinderungsbedingter Mehraufwendungen an anderer Stelle verbessert worden.

Quellen: Bundestag, Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung

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