Abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren in der Bundesratssitzung

Am 6. Juli 2018 fand die letzte Bundesratssitzung vor der parlamantarischen Sommerpause statt. Einige Gesetzeänderungen,  die abgeschlossen wurden, sind für die Arbeit der sozialen Berufe von Bedeutung (Verlängerung von SGB III-Maßahmen, Barrierefreiheit in Bundesbehörden, Familiennachzug, Musterfeststellungsklage).

Einer Unterzeichnung des Bundespräsidenten und einer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt steht damit nichts mehr im Wege.

Verlängerung verschiedener befristeter Arbeitsfördermaßnahmen gebilligt

Wie auf FOKUS Sozialrecht bereits berichtet, werden einige befristete Maßnahmen im SGB III verlängert:

  • § 130 SGB III: Maßnahmen der Assistierten Ausbildung
  • §§ 131, 132 SGB III: Sonderregelungen für Ausländerinnen und Ausländer mit Bleibeperspektive
  • § 133 SGB III: Sonderregelung zum Saison-Kurzarbeitergeld im Gerüstbauerhandwerk
  • § 142 Abs. 2 SGB III: Sonderregelung zur verkürzten Anwartschaftszeit des Alg I für überwiegend kurz befristet Beschäftigte

Die Änderungen des SGB III treten unmittelbar nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Beschlussdrucksache des Bundesrates: Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit

Die europäische Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen werden durch Änderungen im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) in nationales Recht umgesetzt.

Beschlussdrucksache des Bundesrates: Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

Kompromiss zum Familiennachzug gebilligt

Der derzeit noch ausgesetzte Familiennachzug von engsten Familienangehörigen zu subsidiär Schutzberechtigten ist ab dem 1. August 2018 wieder möglich. Allerdings für ein begrenztes Kontingent von 1000 Flüchtlingen pro Monat.

Beschlussdrucksache des Bundesrates: Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten

Grünes Licht für Musterfeststellungsklage

Der Bundesrat hat am 6. Juli 2018 die Einführung der Musterfeststellungsklage gebilligt.

Über die Musterfeststellungsklage können geschädigte Verbraucher in Deutschland erstmals gemeinsam vor Gericht auftreten. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen werden über eingetragene Verbraucherschutzverbände geführt. Sie müssen mindestens 350 Mitglieder haben.

Eine Musterfeststellungsklage ist dann möglich, wenn mindestens 10 Verbraucher ihre Betroffenheit glaubhaft machen und sich binnen zwei Monate insgesamt 50 Betroffene in einem Klageregister anmelden. Helfen soll das neue Verfahren bei so genannten Massengeschäften wie Preiserhöhungen von Banken oder Energielieferanten oder auch unfairen Vertragsklauseln.

Die Möglichkeit der Musterfeststellungsklage kann nach Einschätzung der Deutschen Stiftung Patientenschutz auch kranken und pflegebedürftigen Menschen zugutekommen. Insbesondere nach der Schließung eines großen Pflegeheims wegen Pflegemängeln könne künftig ein Musterverfahren gegen den Betreiber geführt werden – so Eugen Brysch, Stiftungsvorstand in einem Bericht des Ärzteblattes.

Inkraftreten wird diese neue Klagemöglichkeit am 1. November 2018.

Beschlussdrucksache des Bundesrates: Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage

Fürsorgepflicht des Gerichts bei hör- oder sprachbehinderten Personen

Gerichte und insbesondere Sozialgerichte müssen bei Hinweisen auf eine verständigungsgefährdende Schwerhörigkeit von Klägern von sich aus alles Zumutbare zur Umsetzung der Möglichkeiten eines umfassendes Anspruches auf rechtliches Gehör unternehmen, wollen sie sich später nicht dem Vorwurf einer Fürsorgpflichtverletzung aussetzen. Zu beachten ist hier insbesondere die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 3. Senat, Beschluss vom 28.09.2017 – B 3 KR 7/17 B). Fürsorgepflicht des Gerichts bei hör- oder sprachbehinderten Personen weiterlesen

Rechtlich Betreute in Brandenburg nicht mehr weiter von der Wahl ausgeschlossen

Mit dem am 3. Juli 2018 in Kraft getretenen „Gesetz zur Erweiterung des Wahlrechts im Land Brandenburg“ hat das Land Brandenburg den Wahlrechtsausschluss für rechtliche Betreute sowohl für die Kommunal- als auch für Landtagswahl abgeschafft. Meist basierte dieser Wahlrechtsausschluss auf der Entscheidung zur Anordnung der Betreuung in allen Angelegenheiten. Rechtlich Betreute in Brandenburg nicht mehr weiter von der Wahl ausgeschlossen weiterlesen

Verhütung von Zahnerkrankungen durch bessere Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen

Seit 1. Juli 2018 ist die „Richtlinie über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen“ in Kraft. Sie regelt Art und Umfang des vertragszahnärztlichen Leistungsspektrums um Mundgesundheit von gesetzlich krankenversicherten Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen zu erhalten bzw. zu verbessern.  Verhütung von Zahnerkrankungen durch bessere Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen weiterlesen

Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV-Bezug? Bundestag lehnt dies ab

In der Bundestagssitzung am 28.06.2018 wurden zwei Anträge, gestellt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und von der Frakion Die Linke mehrheitlich abgelehnt. Der Diskussion im Plenum voraus ging eine Ausschusssitzung, auf der sich die Mehrheit der Sachverständigen für eine Abschaffung oder zumindest eine Entschärfung ausgesprochen hatte. Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV-Bezug? Bundestag lehnt dies ab weiterlesen

Familienentlastungsgesetz: 10 Millionen für Eltern mit kleinem und mittlerem Einkommen

Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 27. Juni 2018 das Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht und damit finanzielle Erleichterungen von rund zehn Milliarden Euro jährlich beschlossen.

Kindergeld und Freibeträge steigen

Vorgesehen ist eine stufenweise Erhöhung von Kindergeld:

  • Ab 1. Juli 2019 soll das Kindergeld in der ersten Stufe um 10 Euro monatlich steigen.
  • Ab 1. Januar 2021 soll in einer weiteren Stufe eine weitere Erhöhung um 15 Euro erfolgen.

Die Kindergelderhöhung wird beim steuerlichen Kinderfreibetrag nachvollzogen. Als Jahresbetrag wächst er in zwei gleichen Teilen

  • zum 1. Januar 2019 und
  • zum 1. Januar 2020

um jeweils 192 Euro.

Auch für Erwachsene steigt der Grundfreibetrag, auf den keine Einkommensteuer gezahlt werden muss:

  • 2019 auf 9.168 Euro und
  • 2020 auf 9.408 Euro.

Kleinere und mittlere Einkommen werden entlastet

Zugute kommen diese Erhöhungen Familien mit kleineren und mittleren Einkommen.

Wie bisher bei jeder Kindergelderhöhung gehen auch diesmal Familien, die im Bezug von SGB II-Leistungen stehen leer aus. Denn nach wie vor wird das Kindergeld auf die Regelsätze angerechnet.

Der Gesetzentwurf kann über die Seiten des Bundesfinanzministeriums abgerufen werden.

Abbildung: fotolia.com – fotomek

Kinder von Alleinerziehenden im System der existenzsichernden Leistungen

Kinder von alleinerziehenden Eltern sind von Armut bedroht. Dies bestätigt seit Jahren jede Studie, zuletzt der 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlüsselt die Bundesregierung nun auf, in welcher Höhe existenzsichernde Leistungen – Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und Bildungspaket – von Alleinerziehenden bzw. deren Kindern bezogen wurden: Kinder von Alleinerziehenden im System der existenzsichernden Leistungen weiterlesen

Fixierung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung: Urteilsverkündung des BVerfG am 24.07.2018

Das Bundesverfassungsgericht verhandelte im Januar 2018 über zwei Verfassungsbeschwerden, welche die Anordnung von Fixierungen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zum Gegenstand hatten. Angekündigt ist nun, dass das Bundesverfassungsgericht am 24. Juli 2018 sein Urteil zu den Verfassungsbeschwerden verkünden wird. Fixierung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung: Urteilsverkündung des BVerfG am 24.07.2018 weiterlesen