Gerechte Grundrente

Bundesarbeitsminister Hunertus Heil legte Anfang Februar ein Eckpunkte-Papier zur Grundrente vor. Das hat für eine Menge Diskussionsstoff gesorgt.

Was steht drin?

Zuschlag bei der Rente

Die Rente wird um einen Zuschlag erhöht, wenn die Versicherten mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können – das sind Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Grundlage der Berechnung sind die in den „Grundrentenzeiten“ erworbenen Entgeltpunkte. Die Grundrente wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt.

Verbesserungen beim Wohngeld

Rentnerinnen und Rentnern, die mindestens 35 Jahre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben, soll künftig ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld gewährt werden. In der Höhe sollte sich der Freibetrag an dem bereits für schwerbehinderte Menschen existierenden Freibetrag von 125 Euro orientieren. Die Miet- bzw. Einkommensgrenzen zum Wohngeld sollten regelmäßig angepasst werden.

Freibetrag in der Grundsicherung

Wer 35 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, soll einen Freibetrag in der Grundsicherung erhalten. Der Freibetrag soll 25 Prozent der individuellen Rente umfassen, maximal aber aktuell 106 Euro (25 Prozent der Regelbedarfsstufe 1).

Kritikpunkte

  • Hauptsächlich wird die starre Grenze von 35 Jahre Pflichtbeitragszeiten kritisiert. Menschen, die einen Monat zu wenig nachweisen können, gingen leer aus. Laut Spiegel-online wurden im September 2018 etwas mehr als 400.000 Rentner gezählt, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Von denen würden nur etwa 130.000 von den Vorschlägen profitieren, weil sie 35 Jahre nachweisen können. Alle anderen gingen leer aus.
  • das Gießkannenprinzip: Ohne Bedürftigkeitsprüfung kann man zwar einiges an Bürokratie einsparen, andererseits kämen aber auch einige in den Genuss der Besserstellung, die es überhaupt nicht nötig haben.
  • die Kosten der Reform von vom BMAS selbst geschätzten mehreren Milliarden Euro haben selbsternannte Haushaltsexperten schon in Panik versetzt.

Ganz oder gar nicht?

Gerechter wäre höchstwahrscheinlich ein genereller dynamischer Freibetrag von der Rente bei der Grundsicherung, ähnlich wie er bei Hartz IV – Bezug schon existiert. Wenn sich die Höhe des Freibetrags nach der Höhe der Rente richtete, spielten auch bei dem Modell die Anzahl der Beitragsjahre eine Rolle, allerdings nicht nach der Regel: Ganz oder gar nicht.

Quellen: Spiegel-Online, BMAS

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Bayerisches Familiengeld nicht auf Sozialleistungen / Hartz IV anrechenbar

Seit dem 1. September 2018 wird das Bayerische Familiengeld ausgezahlt. Seitdem besteht auch der Streit zwischen der Bayrischen Staatsregierung und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), ob diese Leistung auf Sozialleistungen – insbesondere SGB II-Leistungen – als Einkommen angerechnet werden muss oder nicht.

Die Konstruktion des Familiengeldes

Das Familiengeld ist unabhängig vom Einkommen und der Art der Betreuung, wird also an alle Familien ausgezahlt, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Freistaat Bayern gewährt den Eltern für jedes Kind vom 13. bis zum 36. Lebensmonat (also 2. und 3. Lebensjahr) 250 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro pro Monat. Das Familiengeld erhalten Eltern für ihre Kinder, die ab dem 1. Oktober 2015 geboren sind.

Anrechenbarkeit auf SGB II-Leistungen?

Zwar ist im Bayerischen Familiengeldgesetz folgender Passus zu finden: „Das Familiengeld dient … nicht der Existenzsicherung. Es soll auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.“ (Satz 3 und 4 von Art. 1 BayFamGG).

Ob dies tatsächlich so ist, war heftig umstritten. Das BMAS zumindest vertrat die Ansicht, dass sehr wohl eine Anrechnbarkeit gegeben sei und erließ gegenüber den Jobcentern auch eine entsprechende Weisung. Dieser Konflikt führte in Bayern dazu, dass Familien, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen waren, unterschiedlich behandelt wurden:

  • Die Jobcenter rechneten das Familiengeld als Einkommen an, so dass dieses nicht ausgezahlt wurde.
  • Die sog. Optionskommunen, die selbst Träger der Grundsicherung sind, mussten sich nicht an die Weisung des BMAS halten; sie folgten den Regelungen des BayFamGG und berücksichtigten das Familiengeld nicht als zusätzliche Einnahme. Folge: Betroffenen in den Städten Ingolstadt, Schweinfurt, Erlangen, Kaufbeuren bzw. in den Landkreisen Würzburg, Ansbach, München, Miesbach, Günzburg und Oberallgäu wurde  Familiengeld ausgezahlt.

Nachdem der Freistaat Bayern damit gedroht hatte noch im Februar 2019 Klage vor dem Bundessozialgericht einzulegen, kam es am 30 Januar 2019 zu einer Einigung.

Der Kompromiss sieht eine Präzisierung im Gesetzestext des BayFamGG vor: die Auszahlung des Familiengeldes soll dem Zweck einer „förderlichen frühkindlichen Betreuung des Kindes“ zugeordnet werden.

Im Gegenzug verzichtet der Bund ab sofort bei Neuanträgen auf die Anrechnung des Familiengeldes.

Bei Bestandsfällen wird das Familiengeld nachgezahlt (von den Jobcentern zurückerstattet), nachdem die Gesetzesänderung rückwirkend in Kraft getreten ist. Wann dies der Fall ist, ist noch offen. Am 5. Februar 2019 soll zunächst das Kabinett den Änderungen zustimmen.

Quelle: Pressemitteilung des StMAS Nr. 48 vom 1.2.2019

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BAföG-Reform Regierungsentwurf

Am 15.November vergangen Jahres berichteten wir hier über ein Eckpunktepapier des Bundesbildungsministeriums zur Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). Nun liegt ein konkreter Regierungsentwurf vor.

Die Anpassung des BAföG bedeutet demnach eine erhebliche Anhebung der Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge.

Dies soll in drei Stufen erfolgen, die im ersten Schritt im Jahr 2019 und zusätzlich nochmals in den Jahren 2020 und 2021, jeweils zum 1.August wirksam werden sollen. Die dritte Erhöhungsstufe ist schon mal eine wesentliche Veränderung zum Eckpunktepapier. Allerdings bleibt es bei den Bedarfssätzen bei einer zweimaligen Erhöhung, 2019 um 5%, 2020 um 2%. (Eine Tabelle mit allen Zahlen findet sich im Entwurf auf den Seiten 23 und 24.)

Bei den Einkommensfreibeträgen geht der Gesetzentwurf weit über das Eckpunktepapier hinaus. So sollen die Freigrenzen jetzt nicht mehr nur in zwei Schritten um 9% angehoben werden, sondern in drei Schritten um insgesamt 15%.

Der Wohnzuschlag für nicht bei den Eltern wohnende BAföG-Geförderte soll 2019 überproportional um 30 Prozent von derzeit 250 Euro auf 325 Euro angehoben werden, dabei wird es aber bleiben. In den Ecpunkten war noch die Rede von einem „ersten Schritt“.

Die Kranken-und Pflegeversicherungszuschläge werden entsprechend den infolge der angehobenen BAföG-Sätze ebenfalls steigenden Pflichtbeiträgen zur Krankenversicherung der Studierenden angehoben (auf 84, bzw. 25 Euro) und berücksichtigen dabei künftig auch die durchschnittlichen Zusatzbelastungen durch den seit 2015 möglichen kassenindividuellen Zusatzbeitrag. Zudem werden insbesondere für Auszubildende, die in der Regel ab dem 30. Lebensjahr nicht mehr in der Krankenversicherung der Studierenden versicherungspflichtig sind und als freiwillig Versicherte höhere Beiträge zahlen müssen, künftig entsprechend höhere Zuschläge vorgesehen (155 Euro).

Der Förderungshöchstsatz wird, wenn das Gestz so verabschiedet wird,  von derzeit 735 Euro auf insgesamt 853 Euro (2019) und 861 Euro (2020) monatlich steigen. Der „offizielle“ BAföG-Höchstsatz, nach dem die Beiträge für die studentische Kranken- und Pflegeversicherung berechnet wird, liegt allerdings niedriger, und zwar genau um die Zuschüsse für Kranken- und Pfledeversicherung. Zur Zeit bei 649 Euro, nach den Erhöhungen bei 744, bzw. 752 Euro.

Wie schon im letzten Herbst angekündigt, sollen die Rückzahlungskonditionen für Studierende den wirtschaftlichen Entwicklungen und der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit während der Rückzahlungsphase angepasst und sozial gerechter ausgestaltet werden. Es soll eine frühere Tilgung durch diejenigen erreicht werden, denen dies möglich ist, während diejenigen, die trotz redlichen Bemühens ihr anteiliges Darlehen nicht spätestens innerhalb von zwanzig Jahren tilgen können, endgültig von ihrer dann noch offenen Schuldenlast befreit werden sollen.

Quellen: BMBF, Fokus-Sozialrecht

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Karies bei Kleinkindern

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den Anspruch auf zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen und Vorsorgemaßnahmen für Kinder ausgeweitet und die Angebote altersgruppenspezifisch neu strukturiert. Mit dem Ziel, das Auftreten von frühkindlicher Karies zu verringern, werden erstmals auch Kleinkinder unter drei Jahren einbezogen. Die Neufassung der Richtlinie zur zahnärztlichen Früherkennung bei Kindern wurde letzte Woche in Berlin beschlossen.

zur Zeit gültige Richtlinien

Nach den zur Zeit geltenden Richtlinien über die Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten haben
Kinder zwischen dem 3. und vollendeten 6. Lebensjahr Anspruch auf drei zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen. Zum Leistungsumfang gehört insbesondere, dass die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Mundhöhle untersucht, das Kariesrisiko des Kindes einschätzt, zu Ernährungsrisiken durch zuckerhaltige Speisen und Getränke und zur richtigen Mundhygiene berät und gegebenenfalls fluoridhaltige Zahnpasta zur Schmelzhärtung empfiehlt. Bei hohem Kariesrisiko können die Zähne des Kindes ab dem 30. Lebensmonat zweimal pro Kalenderhalbjahr zusätzlich mit Fluoridlack behandelt werden.

Neuregelung:

Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen können zukünftig bereits ab dem 6. Lebensmonat wahrgenommen werden.

Im Rahmen der neu eingeführten Früherkennungsuntersuchungen vor dem 34. Lebensmonat soll die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Betreuungspersonen beispielsweise auch über die Ursachen von Erkrankungen im Mund aufklären und in der Anamnese die Anwendung von Fluoridierungsmitteln wie Zahnpasta erfragen.

Das Auftragen von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung wird für Kinder zwischen dem 6. und 34. Lebensmonat Kassenleistung. Der neue Anspruch besteht zweimal je Kalenderhalbjahr.

Schon 2016 legte der G-BA in der Kinder-Richtlinie fest, dass Kinder bei der sogenannten U5, U6 und U7, also ab dem 7. Lebensmonat, von der Kinderärztin oder dem Kinderarzt zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen oder Mundschleimhaut an eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt verwiesen werden können.

Mit dem Präventionsgesetz von 2015 hatte der Gesetzgeber den G-BA beauftragt, Näheres zur Ausgestaltung der zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen zur Vermeidung von frühkindlicher Karies zu regeln. (§ 26 Abs.2 SGB V).

Der jetzt vorliegende Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger, frühestens jedoch am 1. Juli 2019, in Kraft.

Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss

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Kinderrechte ins Grundgesetz

Vor Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kündigte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey an, dass bis Ende 2019  ein Vorschlag vorlegt werde, um Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Derzeit werde in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe über die Formulierung für eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes beraten.

Koalitionsvertrag

Dies wurde schon im Koaltionsvertrag 2018. Hier heißt es unter Punkt III.2.:
„Wir werden Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern. Kinder sind Grundrechtsträger, ihre Rechte haben für uns Verfassungsrang. Wir werden ein Kindergrundrecht schaffen. Über die genaue Ausgestaltung sollen Bund und Länder in einer neuen gemeinsamen Arbeitsgruppe beraten und bis spätestens Ende 2019 einen Vorschlag vorlegen.“

Deutschland hat 1992 – wie fast alle Staaten – die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) ratifiziert. Damit hat sich auch Deutschland verpflichtet, die Kinderrechte umzusetzen und sie – wo nötig – in innerdeutsches Recht zu überführen. Vor allem hat sich Deutschland verpflichtet, die Interessen von Kindern vorrangig zu berücksichtigen. Bisher sind die Kinderrechte aber nicht ins Grundgesetz aufgenommen, was der UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes kritisiert.

Gesetzesinitiativen

Es gab schon eineige Intiativen, wie etwa den Gesetzentwurf der Fraktion die Grünen. In dem Entwurf wird die Einführung eines neuen Absatz 5 im Artikel 4 des Grundgesetz vorgeschlagen. Wortlaut:
„Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit sowie auf den Schutz vor Gefährdungen für sein Wohl. Bei allem staatlichen Handeln ist das Wohl des Kindes besonders zu berücksichtigen. Sein Wille ist entsprechend seinem Alter und seinem Reifegrad in allen es betreffenden Angelegenheiten zu beachten.“

…oder sind Kinder ausreichend geschützt?

Die Kritik an einer Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz geht dahin, dass befürchtet wird, dass Kinder und Eltern gegeneinander ausgespielt werden könnten. Kinder seien im Grundgesetz schon ausreichend geschützt, schreibt beipielsweise der Augsburger Jura-Professor Prof. Dr. Gregor Kirchhof.

Aktion Kinderrechte

Dagegen bemängelt das Aktionsbündnis Kinderrechte (Kinderschutzbund, Deutsches Kinderhilfswerk, Unicef), dass Kinder bis heute im Grundgesetz als „Regelungsgegenstand“ vorkommen (Art.6 GG, Absatz 2). Kinder würden nicht als Rechtssubjekte behandelt, ihre Grundrechte setzten sich in der Rechtsprechung kaum durch oder fänden in der Rechtsprechung kaum Niederschlag. Das Grundgesetz selbst bringe bis heute weder den in der Kinderrechtskonvention verankerten Vorrang des Kindeswohls noch den grundlegenden Gedanken dieses völkerrechtlichen Abkommens zum Ausdruck – dass nämlich Kinder als gleichberechtigte Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft, als eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität anzuerkennen sind.

Die Initiative schlägt daher folgende Kernelemente für eine Verfassungsänderung vor:

  • Der Vorrang des Kindeswohls bei allen Kinder betreffenden Entscheidungen;
  • Das Recht des Kindes auf Anerkennung als eigenständige Persönlichkeit;
  • Das Recht des Kindes auf Entwicklung und Entfaltung;
  • Das Recht des Kindes auf Schutz, Förderung und einen angemessenen Lebensstandard;
  • Das Recht des Kindes auf Beteiligung, insbesondere die Berücksichtigung seiner Meinung entsprechend Alter und Reifegrad;
  • Die Verpflichtung des Staates, für kindgerechte Lebensbedingungen Sorge zu tragen.

Dies könne in einem neu zu schaffenden Artikel 2a im Grundgesetz festgelegt werden.

Mit Spannung wird daher der erste Entwurf des Familienministeriums erwartet.

Quellen: BundesFamilienminsterium, Grüne Bundestagsfraktion, Kinderrechtskonvention (englische Version), Aktionsbündnis Kinderrechte, Grundgesetz

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Stärkung der Geburtshilfe

Das Bundesgesundheitsministerium hat ein Eckpunktepapier zur Stärkung der Hebammenversorgung vorgelegt. Die neuen Regelungen sollen in das Terminservice und Versorgungsgesetz eingebaut werden. Die Sicherstellung einer flächendeckenden Hebammenversorgung hat laut BMG eine wichtige gesundheitspolitische Bedeutung.

Gutachten

Zunächst soll ein Gutachten in Auftrag gegeben werden, das die Schaffung der notwendigen Informationsgrundlage zur Situation der stationären Geburtshilfe sowie zu den Ursachen möglicher Versorgungsengpässe zum Ziel hat, um den gesetzgeberischen Handlungsbedarf bestimmen und Maßnahmen für die Verbesserung der stationären Hebammenversorgung entwickeln zu können.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Hebammen und Entbindungspfleger zu verbessern. Hierbei sollen auch Betreuungsbedarfe rund um die Uhr – jenseits der üblichen Öffnungszeiten von Kitas abgedeckt werden.

Hebammensuche

Eine eine öffentlich bereitgestellte Vertragspartnerliste soll die Hebammensuche erleichtern. Diese Liste soll der Der GKV-Spitzenverband anbieten und dafür sorgen, dass diese Liste verlässlich und aktuell bleibt. Dazu soll eine umfassende Meldepflicht für Hebammen und Entbindungspfleger in das Gesetz aufgenommen werden.

Rückkehr in den Beruf

Die Rückkehr von Hebammen und Entbindungspfleger in den Beruf soll durch Informations- und Öffentlichkeitskampagnen gefördert werden. Die Bundesagentur für Arbeit fördert unter bestimmten Voraussetzungen geeignete Weiterbildungsmaßnahmen.  Zudem sollen Hebammen und Entbindungspfleger sowie potenzielle Arbeitgeber über die bestehenden Instrumente zur Förderung des Wiedereinstiegs besser informiert werden.

Geburtshilfe-Studium

Die Hebammenausbildung muss aufgrund der EU-Richtlinie 2005/36/EG bis zum 18. Januar 2020 novelliert werden. Um die daraus folgenden Vorgaben umzusetzen, soll die Zugangsvoraussetzung zur Hebammenausbildung von einer zehnjährigen auf eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung angehoben werden. Die Hebammenausbildung wird vollständig akademisiert. Das zukünftige Hebammenstudium wird sich an dem dualen Studium orientieren und einen hohen Praxisanteil aufweisen.

Quelle: BMG

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Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit wird gut angenommen

Mit Geltung ab 1. Januar 2016 wurde ein Anspruch auf Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Krankenhausstrukturgesetz eingeführt (§ 39c SGB V). Dieser Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege ergänzt die erweiterten Leistungsansprüche auf häusliche Krankenpflege (Unterstützungspflege) und auf Haushaltshilfe im Leistungskanon der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wie aus einem aktuellen Bericht des GKV-Spitzenverbandes hervorgeht, wird diese Leistung gut angenommen. So haben die Krankenkassen im Jahr 2017 in insgesamt 18.5342 Fällen Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V erbracht. Seit dem Einführungsjahr 2016 haben die Krankenkassen zur Realisierung des Anspruchs auf Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V über 37 Mio. Euro gezahlt:

  • 2016: ca. 11,5 Mio. Euro.
  • 2017: ca. 17,0 Mio. Euro
  • 2018: rund 9,274 Mio. Euro (1./2. Quartal).

Übersicht über den Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege auf Kosten der GKV

Der Anspruch besteht, wenn

  • (noch) kein Pflegegrad 2, 3, 4, oder 5 nach dem SGB XI vorliegt, und
  • wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung
    einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, aufgrund krankheitsbedingter Einschränkungen im Bereich der Grundpflege und Hauswirtschaft Unterstützung notwendig ist.

Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V werden auf Antrag gewährt. Dem Antrag soll eine ärztliche Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit einer Kurzzeitpflege bei nicht vorliegender Pflegebedürftigkeit
beigefügt werden. Aus der Bescheinigung sollte zudem hervorgehen, dass aufgrund einer schweren Krankheit oder einer akuten Verschlimmerung einer Krankheit ein Kurzzeitpflegeaufenthalt indiziert ist.

Die Krankenkassen erbringen die Kurzzeitpflege für einen begrenzten Leistungszeitraum entsprechend der Konstruktion der Kurzzeitpflege im Bereich des SGB XI – also: Anspruch auf acht Wochen je Kalenderjahr und begrenzt auf einen Gesamtbetrag von bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr (vgl. § 42 Absatz 2 Satz 1 und 2 SGB XI).

Der Anspruch auf Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V setzt voraus, dass keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 vorliegt. Das hat im Umkehrschluss jedoch nicht zur Folge, dass Versicherte mit Pflegegrad 1 per se einen Anspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V haben.

Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V kommt bei Pflegegrad 1 nur in Betracht, wenn andere Leistungsansprüche den speziellen Bedarf der Versicherten bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere
nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung nicht im erforderlichen Maße abdecken. Zu prüfen ist, ob eine Haushaltshilfe oder häusliche Krankenpflege nicht ausreichend sind. Es gilt folgende Prüfreihenfolge:

  1. Besteht ausschließlich ein Bedarf auf hauswirtschaftliche Unterstützung,
    kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Betracht, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen.
  2. Besteht neben einem hauswirtschaftlichen auch ein grundpflegerischer
    Versorgungsbedarf, kommen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V in Betracht.
  3. Besteht ein grundpflegerischer und ein hauswirtschaftlicher Versorgungsbedarf und reichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nicht aus, weil der Versorgungsbedarf rund um die Uhr – auch nachts – besteht oder unvorhersehbar zu jeder Tages- oder Nachtzeit eintreten kann und
    deshalb die Versorgung mangels ergänzender Unterstützung im persönlichen Umfeld des Versicherten nur im stationären Kontext ausreichend sichergestellt werden kann, kommen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V in zugelassenen Kurzzeitpflegeeinrichtungen nach dem SGB XI oder in anderen geeigneten Einrichtungen in Betracht.

Quelle: Bericht des GKV-Spitzenverbandes zu den Erfahrungen mit der Einführung der Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit (Unterrichtung durch die Bundesregierung, Drs. 19/6933)

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Hartz IV auch bei Pflegetätigkeit möglich

Wer sich um die Pflege eines Angehörigen kümmert, kann auch dann einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach SGB II (Hart IV) haben, wenn er trotz der Pflegetätigkeit eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, dann aber einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber schließt, weil sich im Nachhinein herausstellt, dass sich die Arbeit doch nicht mit der Pflegetätigkeit vereinbaren lässt.

Im vorliegenden Fall lebt eine 38-jähigen Frau mit ihrer schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter in einem Haushalt. Die Frau hatte eine Vollzeitstelle angenommen mit Schichtdienst angenommen. Zugleich kümmerte sie sich um die Pflege ihrer Mutter. Nachdem sich deren Gesundheitszustand verschlechtert hatte, konnte sie Arbeit und Pflege nicht mehr vereinbaren. Sie schloss daher mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Vom Jobcenter bezog sie Grundsicherungsleistungen (Hartz-IV).

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewertete das Jobcenter als sozialwidriges Verhalten (§ 34 SGB II) und forderte rund 7.100 Euro zurück. Die Frau habe schon bei Abschluss des Arbeitsvertrags gewusst, dass sie im Schichtdienst arbeiten würde und dass ein Umzug nicht möglich sei. Die Mutter habe die Pflegestufe II und die Tochter müsse nicht selbst die Pflege übernehmen. Dies könne auch durch einen Pflegedienst geschehen. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei dafür nicht notwendig. Dieses Verhalten sei zumindest grob fahrlässig.

Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nicht an.

Grundsätzlich sei zwar jede Arbeit zumutbar (vgl. § 10 SGB II), wenn die Pflege von Angehörigen anderweitig sichergestellt werden könne. Selbst bei Pflegestufe II (wäre nach aktueller Rechtslage Pflegegrad 3) seien Arbeitszeiten von bis zu 6 Stunden täglich zumutbar. Dies sei im Falle der Klägerin jedoch nicht möglich. Sie habe im Schichtsystem auf Abruf mit variablen Zeiten gearbeitet. Die Einsatzzeiten seien erst vier Tage vor dem Einsatz mitgeteilt worden. Die dreimal täglich anfallende Pflege sei damit nicht zu vereinbaren.

Das Gericht hat zudem das Selbstbestimmungsrecht der Mutter berücksichtigt, die einen Pflegedienst ablehnte und nur ihre Tochter akzeptierte.

Dass die Klägerin dies alles vorher gewusst habe, stehe dem Anspruch auf Leistungen nicht entgegen. Auch angesichts der Erwerbsobliegenheit dürfe ein Leistungsempfänger die Vereinbarkeit von Arbeit und Pflege austesten, ohne sich im Falle des Scheiterns einem Ersatzanspruch auszusetzen.

Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen , Urteil vom 12.12.2018, Az. L 13 AS 162/17 >> zum Volltext

Behandlungsmethoden per Ministerverordnung

Am Mittwoch, 16.1.2019, findet im Ausschuss für Gesundheit eine öffentliche Anhörung zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSGV) statt.  Für Aufsehen sorgt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Einführung eines neuen § 94a in das Sozialgesetzbuch Füntes Buch einführen will. Mit dieser Vorschrift würde das Bundesgesundheitsministerium ermächtigt, unabhängig von einer Entscheidung des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss, der dafür zuständig ist, über die Zulassung von Medikamentn und Behandlungsmethoden zu entscheiden) weitere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen.

In der Begründung zur Einführung des Ermächtigungsparagrafen heißt es, das Gesundheitsministerium (BMG) könne auch dann solche Methoden in den Leistungsumfang aufnehmen, wenn der G-BA sie abgelehnt habe, oder sie noch nicht genehmigt habe. Dies komme zum Beispiel dann in Betracht, wenn es für die entsprechende Krankheit keine oder keine zumutbare andere Behandlungsmethode in der gesetzlichen Krankenversicherung gebe. Das BMG werde solche Entscheidungen auf Grundlage der vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse nach Abwägung der Behandlungschancen und -risiken treffen.

CDU/CSU und SPD legten ihrem Antrag auch gleich einen Entwurf für eine Methodenaufnahmeverordnung (MAV) bei.

Der G-BA weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass Leistungen der Krankenkassen nach den grundlegenden Anforderungen des SGB V dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen müssten. Dies beinhalte nach ständiger Rechtsprechung und nach allen wissenschaftlichen Kriterien einen Wirksamkeitsnachweis, der zumindest ein positives Nutzen-Schaden-Verhältnis voraussetze. Dies sei ein elementarer Schutz vor unnützen oder gar schädlichen Behandlungen.

Dagegen sei der geplante neue § 94a SGB V ein Schritt zurück ins medizinische Mittelalter, denn er ersetze in der Bundesrepublik Deutschland die mittlerweile sich weltweit sogar in Schwellenländern als Standard durchsetzende evidenzbasierte (auf empirische Belege gestützte) Medizin durch früher geltende Prinzipien der eminenzbasierten (auf Vorgaben von Autoritäten gestützte) Medizin, die jahrhundertelang Grundlage für unwirksame und gefährliche Anwendungen war, wie etwa den Aderlass.

Letztlich diene die geplante Vorschrift den Partikularinteressen einzelner Leistungserbringer oder Medizinproduktehersteller.

Quellen: BMG, G-BA

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Hartz IV-Sanktionen vor dem Verfassungsgericht

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Dienstag, 15. Januar 2019 über eine Vorlage des Sozialgerichts Gotha. Gegenstand sind die „Sanktionen“, die der Gesetzgeber im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geregelt hat. In den §§ 31, 31a, 31b SGB II sind Mitwirkungspflichten von Leistungsberechtigten normiert, bei deren Verletzung das Arbeitslosengeld II in gestufter Höhe über einen starren Zeitraum von jeweils drei Monaten gemindert wird.

Grundgesetzwidrig?

Diese Vorschriften werden schon länger kritisiert, sind Gegenstand von Reformplänen, werden verteidigt von den Befürwortern des Prinzips des „Fördern und Fordern“. Nicht nur das Sozialgericht Gotha hält sie für verfassungswidrig. Nach dessen Ansicht verstoßen sie gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes) , gegen die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit (Art.12 GG) und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

Artikel 1 GG – Existenzminimum

Der Gesetzgeber habe das Existenzminimum mit der Entscheidung über die Höhe des Regelbedarfs fixiert; dies dürfe nicht unterschritten werden. Im Fall einer Leistungskürzung werde der Bedarf nicht gedeckt, obwohl er sich tatsächlich nicht geändert habe. Damit verletze der Gesetzgeber das Gebot, eine menschenwürdige Existenz jederzeit realistisch zu sichern.

Das Bundesverfassungsgericht hat zweimal Regelungen, die von ihrer gesetzgeberischen Intention her der Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums dienen sollten, aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für verfassungswidrig erklärt:

Art.12 GG – Berufsfreiheit

Die Regelungen verstießen ferner gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit, denn eine sanktionierte Arbeitspflicht beeinträchtige die Berufswahlfreiheit und sei mittelbarer Arbeitszwang. Bereits die Drohwirkung, die eine Sanktionierungsmöglichkeit nach §§ 31 ff. SGB II entfaltet, ist geeignet, den freien und selbstbestimmten Entscheidungsprozess zu beeinträchtigen. Es ist naheliegend und vom Gesetzgeber gerade beabsichtigt, dass der Leistungsempfänger eine Kürzung der Zahlungen vermeiden will. Das führt dazu, dass er de facto genötigt wird, jede i. S. des Gesetzes zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit gemäß § 16 d SGB II oder ein gemäß § 16 e SGB II gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, unabhängig davon, ob dies seinem Willen oder seinem Verständnis von guter bzw. akzeptabler Arbeit entspricht. Die Sanktionsandrohung übt auf den Leistungsberechtigten einen faktischen Zwang aus, der einer imperativen Verpflichtung zur Aufnahme einer nicht gewollten Tätigkeit gleichkommt. Besonders augenscheinlich wird dieser Zwang im Fall einer 100 % Sanktion, wenn eine i. S. des SGB II zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit nicht genutzt wird.

Art.2 GG – körperliche Unversehrtheit

Auch stelle sich die Frage, ob der Gesetzgeber gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verstoße, wenn mit den Sanktionen die Gesundheit der Leistungsberechtigten gefährdet werde. Die gesundheitsschädlichen Folgen, die eine Sanktionierung mit sich bringen kann, ergeben sich aus der mangelhaften Versorgung mit Lebensmitteln, fehlender ärztlicher Versorgung, und der Gefährdung durch Obdachlosigkeit. Die Betroffenen werden durch die Sanktionen gezwungen, sich sozial zu isolieren, ungesund zu ernähren und sind durch die Unterschreitung des Existenzminimums in ihrem physischen und psychischen Wohlbefinden derart eingeschränkt, dass ihre körperliche Unversehrtheit und in einzelnen Fällen möglicherweise auch ihr Leben nicht mehr geschützt ist.
Quellen: Bundesverfassungsgericht, Sozialgericht Gotha

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