Kurzarbeitergeld erhöht – Arbeitslosengeld verlängert

Für Arbeitnehmer/-innen, die aufgrund der Corona Pandemie Kurzarbeitergeld erhalten und ihre Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert haben, wird das Kurzarbeitergeld ab dem 4. Monat des Bezugs auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem 7. Monat des Bezuges auf 80 Prozent (bzw. 87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des pauschalierten Netto-Entgelts erhöht, längstens bis 31.12.2020. Das ist das Ergebnis des Koalitionsausschuss vom 22.4.2020

Pauschaliertes Nettoentgelt:
Das Bruttoentgelt wird mittels pauschaler Abzüge für Steuern und Versicherung zum pauschaliertem Nettoentgelt. Dies kann in der Tabelle der „Verordnung über die pauschalierten Nettoentgelte für das Kurzarbeitergeld“ abgelesen werden. Diese Verordnung wird jedes Jahr aktualisiert: Tabelle für 2020

Kritik

Der Sozialverband VdK Deutschland bemängelt: „Der Anstieg erst nach drei Monaten kommt für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu spät. Für Menschen mit kleinem Einkommen wird es nicht reichen, um über die Runden zu kommen.“

Auch der DGB hätte eine Erhöhung bereits ab Mai bevorzugt. Daher blieben die Arbeitgeber weiterhin gefordert, ihren Beschäftigten – wie in vielen Tarifverträgen geregelt – einen Aufschlag auf mindestens 80 Prozent zu gewähren. Das sei nicht nur sozial gerecht, sondern auch wirtschaftlich vernünftig, denn es wird wesentlich zur Stabilisierung der Nachfrage beitragen.

Hinzuverdienst

Das neue Gesetzespaket zur Corona-Krise sieht zudem vor, dass betroffene Arbeitnehmer vom 1. Mai 2020 bis zum Jahresende in allen Berufen mehr hinzuzuverdienen dürfen – bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens. Die bisherige Beschränkung dieser Regelung auf sog. systemrelevante Berufe entfällt.

Kein Kurzarbeitergeld für Minijobs

Die in diesem Gesetz vorgesehenen vereinfachten Bedingungen für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld gelten nur für die Fälle, für die auch ein Grundanspruch auf Kurzarbeitergeld gegeben ist. Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld nur für die Arbeitnehmer beantragen, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung, für sie kann daher nach wie vor kein Kurzarbeitergeld beantragt werden.

Verlängerung des Arbeitslosengeldes I

Das Wirtschaftsleben ist wegen der Beschränkungen in weiten Teilen zum Erliegen gekommen, bei vielen Unternehmen sind Aufträge und Umsätze eingebrochen. Das hat Folgen auch für den Arbeitsmarkt, in dem derzeit kaum in neue Jobs vermittelt wird. Deswegen soll nun die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängert werden – und zwar um drei Monate und für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 01.05.2020 und 31.12.2020 enden würde. Wer arbeitslos wird, bekommt bisher zwölf Monate lang Arbeitslosengeld, das gilt für Arbeitnehmer bis 50 Jahre – vorausgesetzt, sie waren zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig. Für Arbeitslose ab 50 Jahren steigt die Bezugsdauer in mehreren Schritten auf bis zu 24 Monate an. Voraussetzung: Sie waren 48 Monate oder länger versicherungspflichtig. Die Höhe des Arbeitslosengelds liegt bei 60% des letzten Netto-Entgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern sind es 67%.

Quellen: Bundesregierung, Paritätischer, VdK, DGB

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Anpassung des Elterngeldes

Damit Eltern durch Arbeitszeitänderungen in der Corona-Pandemie keine Nachteile entstehen, hat die Bundesregierung die Elterngeld-Regelungen vorübergehend angepasst: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I reduzieren das Elterngeld nicht und haben bei einem weiteren Kind auch keinen negativen Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes.

Bemessungszeitraum

In § 2b Absatz 1 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) wird mit Satz 3 ein zusätzlicher Ausklammerungstatbestand für Einkommensausfälle aufgrund der Covid-19-Pandemie eingeführt. Grundsätzlich erlaubt das BEEG eine Ausklammerung nur aus eng mit Schwangerschaft und Geburt verknüpften Gründen oder auf Grundlage besonderer staatlicher Pflichten. Einkommenswegfälle aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder Krankheit werden durch den vergleichsweise langen Bemessungszeitraum von 12 Monaten bereits aufgefangen. Die durch die Covid-19-Pandemie eingetretene Situation ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einzigartig und rechtfertigt damit einen atypischen Ausklammerungstatbestand. Zur Eindämmung der Pandemie müssen zahlreiche Betriebe ihre Arbeit einstellen und/oder ihre Läden schließen. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind von Kurzarbeit, Freistellungen bis hin zur Entlassung betroffen. Um die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch nach der Covid-19-Pandemie zu gewährleisten, soll der Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 auf Antrag ausgeklammert werden können. Zu den Einkommensminderungen aufgrund der Covid-19-Pandemie zählen auch mittelbare Änderungen der Einkommenssituation, wie zum Beispiel die Reduzierung der Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung sowie Kurzarbeit in den Betrieben bis hin zur Arbeitslosigkeit. Die Ausklammerungsmöglichkeit wird auf die voraussichtliche Zeit der Krise begrenzt.

Verschieben von Elterngeldmonaten

Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, wie beispielsweise Pflegepersonal, Ärzte oder Polizisten, können ihre Elterngeldmonate aufschieben. Das heißt: Ist es ihnen nicht möglich, ihre Elterngeldmonate zwischen dem 1. März und 31. Dezember 2020 zu nehmen, können sie diese geltend machen, wenn die Situation gemeistert ist, spätestens zum Juni 2021. Die in § 27 Absatz 1 Satz 1 bis Satz 3 eingeführte Möglichkeit der Verschiebung von Elterngeldmonaten dient der Bewältigung der Covid-19-Pandemie. Damit soll ein Anreiz für Eltern im Elterngeldbezug oder vor Antritt des Elterngeldbezuges geschaffen werden, ihre Tätigkeit in diesen Bereichen wieder aufzunehmen oder weiterhin tätig zu bleiben, ohne einen Nachteil im Elterngeld zu erfahren. Ob eine Arbeit systemrelevant ist, soll der Arbeitgeber bescheinigen. Sollte eine Bescheinugung nicht vorliegen, reicht die Glaubhaftmachung.

Partnerschaftsbonus

Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit der Eltern fördert, soll nicht entfallen oder zurückgezahlt werden müssen, wenn Eltern aufgrund der Covid-19-Pandemie mehr oder weniger arbeiten als geplant. Einen Partnerschaftsbonus mit vier zusätzlichen Elterngeld Plus ­ Monaten pro Elternteil erhalten Eltern, wenn beide im selben Zeitraum vier Monate mit einem Beschäftigungsumfang von 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten. Mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie wächst die Zahl von Eltern, die die Voraussetzungen für den Partnerschaftsbonus nicht einhalten können. Manche verlieren ihren Job, gehen in Kurzarbeit oder reduzieren ihre Arbeitsstunden, weil sie zuhause Kinder betreuen müssen. Um diese Eltern vor Rückforderungen zu schützen, werden die Anforderungen an den nachträglichen Nachweis der Arbeitszeit und der Höhe des Einkommens gelockert. Für den Partnerschaftsbonus kommt es in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 allein auf die Angaben an, die bei Beantragung gemacht wurden. Damit soll Eltern, die den Partnerschaftsbonus bereits beantragt und auf dessen Zahlung vertraut haben, der notwendige Vertrauensschutz gewährt werden. Aus Vereinfachungsgründen betrifft die Regelung auch Eltern, die aktuell an ihrem Arbeitsplatz mehr als geplant benötigt werden. Die Regelungen gelten auch für Eltern, die nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeiten.

Nicht-Berücksichtigung von Einkommensersatzleistungen

Um die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch während des Elterngeldbezugs sicherzustellen, sollen für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 Einkommensersatzleistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I, die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Einkommenswegfälle ausgleichen, für die Höhe des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden. Bei Bezug von Einkommensersatzleistungen in der Zeit vom 1. März und 31. Dezember 2020 kommt es für die endgültige Festsetzung des Elterngeldes allein auf die Angaben an, die bei Beantragung gemacht wurden. Damit soll teilzeiterwerbstätigen Eltern, die zusätzlich zu ihrem Teilzeiteinkommen auf die Zahlung des Elterngeldes in der beantragten Höhe vertraut haben, der notwendige Vertrauensschutz gewährt werden. Die Regelungen zur Nicht-Berücksichtigung von Einkommensersatzleistungen gelten auch für Eltern, die nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeiten.

Quelle: Bundesregierung

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Ausnahmeregelung bei Krankschreibungen…

…wird nicht beendet

Update 29.4.2020:

Die Ausnahmeregelung wurde vorerst bis 18. Mai erneut verlängert, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen mitteilte. (Meldung der Tagesschau)

Update 20.4.2020:

Krankschreibungen bei leichten Atemwegserkrankungen können vorerst weiterhin nach telefonischer Anamnese erfolgen. (Pressemitteilung des G-BA)

Prof. Josef Hecken: „Aufgrund der aus der Versorgungspraxis am Wochenende vorgetragenen unterschiedlichen Einschätzungen zur Gefährdungslage für Patientinnen und Patienten in den Arztpraxen wegen zum Teil noch fehlender Schutzausrüstungen wird sich der G-BA heute erneut mit der Frage der Möglichkeit der Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit per Telefon ohne persönliche Inaugenscheinnahme der Patientinnen und Patienten durch den Arzt beschäftigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir bei dieser erneuten Beschlussfassung eine Verlängerung der Regelung bis zum 4. Mai 2020 mit der Modifikation beschließen, dass eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund telefonischer Anamnese nur für die maximale Dauer von einer Woche bescheinigt werden und bei fortdauernder Erkrankung einmal verlängert werden kann.“

Beschluss vom 17.4.2020

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte am Freitag, 17.4. in Berlin beschlossen, dass die befristete Ausnahmeregelung zur telefonischen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bei leichten Atemwegsbeschwerden am 19. April 2020 nicht verlängert wird. Damit gilt ab dem 20. April 2020 wieder, dass für die ärztliche Beurteilung, ob eine Versicherte oder ein Versicherter arbeitsunfähig ist und eine entsprechende Krankschreibung erhält, eine körperliche Untersuchung notwendig ist.

Am 9.3. wurde vorübergehend die Regelung eingeführt, dass Patienten mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis maximal sieben Tage, später dann 14 Tage, ausgestellt bekommen konnten. Sie mussten dafür nicht die Arztpraxen aufsuchen.

Die Dynamik der Neuinfektionen konnte zwischenzeitlich durch die strikten Abstands- und Hygieneregeln in allen Bereichen des täglichen Lebens – aber natürlich vor allem auch in den Arztpraxen – deutlich verlangsamt werden. Die Behelfsregelung kann deshalb ohne Gefahr einer Erhöhung des Infektionsrisikos für Patientinnen und Patienten oder Ärztinnen und Ärzte zum vorgesehenen Termin auslaufen – dies entspreche, laut Prof. Josef Hecken, dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, den behutsamen und strukturierten Schritten der Lockerung, die Bund und Länder jüngst beschlossen hätten.

Versicherte mit typischen COVID-19-Symptomen, nach Kontakt zu COVID-19-Patienten und bei unklaren Symptomen von Infektionen der oberen Atemwege sollen weiterhin vor dem Arztbesuch telefonisch Kontakt zur Praxis aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen.

Quelle: Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)

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Klage gegen Schlechterstellung bei Erwerbsminderungsrenten

Der Sozialverband VdK Deutschland und der Sozialverband Deutschland (SoVD) wollen gemeinsam juristisch gegen eine Schlechterstellung von Erwerbsminderungsrentnern vorgehen. Dabei geht es um die Stichtagsregelung im Rentenpaket, dass zu 1.1.2019 in Kraft trat.

Zurechnungszeit

Konkret geht es um die Zurechnungszeit. Versicherte, die schon in jungen Jahren berufs- oder erwerbsunfähig werden, haben dann in aller Regel nur eine so kurze Versicherungszeit zurückgelegt, dass die nach der regulären Rentenformel errechnenden Rentenansprüche nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit derart Betroffene dennoch ausreichende Rente erhalten, kennt das Rentenrecht die so genannte Zurechnungszeit. Sie stellt sicher, dass dem Betroffenen zu seinen schon erworbenen rentenrechtlichen Zeiten noch die Zeit hinzugerechnet wird, die vom Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bis zum Beginn der Regelaltersrente fehlt. Im Rahmen der Rentenberechnung wird die Zurechnungszeit mit dem individuellen Durchschnittswert der Entgeltpunkte bewertet.

Rentenpaket 2019

Zum 1.1.2019 wurde das Ende der Zurechnungszeit in § 59 SGB VI, entsprechend der Anhebung der Regelaltersrente, auf die Vollendung des 67. Lebensjahrs festgelegt. Allerdings mit folgenden Übergangsregelungen (§ 253a SGB VI):

  1. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente im Jahr 2018 oder ist bei einer Hinterbliebenenrente die versicherte Person im Jahr 2018 verstorben, endet die Zurechnungszeit mit Vollendung des 62. Lebensjahres und drei Monaten.
  2. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente im Jahr 2019 oder ist bei einer Hinterbliebenenrente die versicherte Person im Jahr 2019 verstorben, endet die Zurechnungszeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres und acht Monaten.
  3. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2031 oder ist bei einer Hinterbliebenenrente die versicherte Person nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2031 verstorben, wird das Ende der Zurechnungszeit jedes Jahr um einen Monat angehoben, bis sie 2031 die Regelaltersrente 67 erreicht.

Streitpunkt

Der Streitpunkt ist der große Unterschied zwischen Punkt 1 und Punkt 2 der Regelung.
Einen Entgeltpunkt erhält ein Rentner mit einem Durchschnittseinkommen für 1 Jahr Beitragszahlung. Für einen Entgeltpunkt bekommt man monatlich 1 mal den Rentenwert (zur Zeit: 33,05 Euro im Westen). Jemand der 40 Jahre einen Durchschnittsverdienst hatte bekommt also 40 Entgeltpunkte mal Rentenwert, das sind 1.322 Euro Rente. Wird jemand im Alter von 50 Jahren erwerbsunfähig, kommt es darauf an, wann die Erwerbsunfähigkeit eintrat.

  • Trat sie im Dezember 2018 ein, gilt die Zurechnungszeit bis Vollendung des 62. Lebensjahres und drei Monaten,
  • trat sie im Januar 2019 ein, gilt die Zurechnungszeit bis Vollendung des 65. Lebensjahres und acht Monaten.

Das macht eine Unterschied vonmehr als 2 Entgeltpunkten aus und bedeutet einen monatlichen Unterschiedsbetrag bei der Rente von ca 80 Euro.

Rechtsweg

VdK und SoVD halten diese Schlechterstellung für verfassungswidrig. Gemeinsam strengen beide Verbände Musterverfahren an. Das Ziel lautet: Entscheidung in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht soll klären, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Bis es soweit ist, kann es aber noch dauern. Das deutsche Sozialrecht sieht nicht vor, eine Rechtsfrage direkt dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Deshalb bleibt nur der Rechtsweg durch alle Instanzen.

Quellen: Vdk, SOLEX

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Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz

Die wesentlichen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (in Klammern Ausnahmeregelungen für bestimmte Bereiche)

  • Werktägliche Arbeitszeit: 8 Stunden (10 Stunden) pro Tag
  • Ruhezeit zwischen zwei Arbeitseinsätzen: 11 Stunden (10 Stunden)
  • Sonn- und Feiertagsruhe: Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. (außer in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen)

sind Ergebnis zahlreicher und langjähriger Erkenntnisse aus der Arbeitswissenschaft.

Gesundheitliche und andere Risiken

So zeigen sich neben ungünstigen Einflüssen auf die Gesundheit auch negative Zusammenhänge zwischen langen werktäglichen Arbeitszeiten und der Arbeitsleistung bzw. -produktivität der Beschäftigten sowie dem Unfallgeschehen am Arbeitsplatz. Belegt ist, dass die Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit mit der Höhe des Risikos für Fehlhandlungen und arbeitsbedingte Unfälle zusammenhängt. Das Unfallrisiko steigt dabei jenseits der achten Arbeitsstunde exponentiell an, so dass Arbeitszeiten über zehn Stunden täglich hinaus als hoch riskant erscheinen. Nach einer Arbeitszeit von zwölf Stunden ist die Unfallrate im Vergleich zu acht Stunden um das Zweifache erhöht. Schließlich nimmt das Unfallrisiko deutlich zu, wenn Ruhepausen oder Ruhezeiten aufgeschoben oder selten in Anspruch genommen werden. Des sind zusammengefasst Ergebnisse einer Studie, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2019 veröffentlicht hat.

Versäumnisse

Tatsache ist aber auch, dass in der Vergangenheit nicht nur Krankkenhausbetten weggespart wurden, sondern es auch versäumt wurde, die Pflegeberufe in Krankenhäusern, in der stationären und ambulanten Pflege attraktiver zu gestalten und vernünftig zu bezahlen. Deswegen reicht das Personal jetzt hinten und vorne nicht. In der Zukunft wird man hier auch nicht mit salbungsvollen Worten, mit Beifall klatscchen oder mit einer steuerfreien Einmalzahlung weiterkommen.

Inhalt der Verordnung

Nun stecken wir also mitten in der Krise und die Poltik muss sehen, wie sie akut zurecht kommt. Die Menschen, die schon jetzt mit der erhöhten Arbeitsbelastung zurecht kommen, können nun auch offiziell länger als bisher aus guten Gründen zulässig arbeiten und dürfen ihre Ruhezeit reduzieren.

Befristet bis 30. Juni 2020 (Die Verordnung insgesamt läuft bis zum 31. Juli 2020. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Ausgleich bei verkürzter Ruhezeit sowie bei Sonntagsarbeit innerhalb der Laufzeit der Verordnung erfolgt) werden folgende Ausnahmen zugelassen:

  • Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden. Dies gilt nur, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.
    Wie im Arbeitszeitgesetz üblich, muss innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich auf acht Stunden werktäglich (48 Stunden wöchentlich) erfolgen.
  • Die tägliche Ruhezeit darf um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, wobei eine Mindestruhezeit von neun Stunden nicht unterschritten werden darf. Jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen. Der Ausgleich ist nach Möglichkeit durch freie Tage zu gewähren, ansonsten durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens 13 Stunden.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Der Ersatzruhetag für Sonntagsbeschäftigung kann innerhalb von acht Wochen gewährt werden, er muss spätestens bis zum Außerkrafttreten der Verordnung am 31. Juli 2020 gewährt worden sein.
  • Wird von den Abweichungen Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 60 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Nur in dringenden Ausnahmefällen darf die Wochenarbeitszeit auch über 60 Stunden hinaus verlängert werden, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann.

systemrelevant

Diese Ausnahmeregelungen gelten nicht nur für die Krankenhaus- und Pflegeberufe, sondern auch für andere Bereiche (Lebensmittelversorgung, Energie- und Wasserversorgung, Landwirtschaft usw.) Immerhin hat man mittlerweile erkannt, dass nicht nur Banken und Großkonzerne systemrelvant sind.

Quellen: BMAS, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

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Schutzschirm für viele soziale Dienste und Einrichtungen

Unterstützung für soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland, die in ihrem Bestand gefährdet sind soll das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) regeln:
Soziale Dienstleister und Einrichtungen erhalten einen Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand, über den sie zur Bewältigung der Pandemie beitragen müssen. Hierzu sollen sie in geeignetem und zumutbarem Umfang Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung stellen.
Der Sicherstellungsauftrag gilt zunächst bis zum 30. September 2020 und kann bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden.

Hinweise zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG)

Dieses Gesetz ist wie viele andere Gesetze zur Bewältigung der Corona-Krise in
großer Eile und mit außerordentlich abgekürzten Verfahrensfristen verabschiedet und in Kraft gesetzt worden. Anhörungen konnten in dieser kurzen Frist nicht durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund kann das Gesetz Lücken aufweisen und auch Unklarheiten. Für dieses Gesetz gilt in besonderem Maße, dass zu seiner Auslegung die Intentionen von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat heranzuziehen sind.

Ziel und Gegenstand des Gesetzes

Das zentrale Ziel des Gesetzes ist in § 2 Abs. 1 Satz 1 formuliert:
Die Leistungsträger nach § 12 SGB I, mit Ausnahme der Leistungsträger nach SGB V (Krankenkassen) und SGB XI (Pflegekassen), und das BAMF gewährleisten den Bestand der Einrichtungen, sozialen Dienste, Leistungserbringer und Maßnahmenträger, die als soziale Dienstleister im Aufgabenbereich des SGB oder des Aufenthaltsgesetzes soziale Leistungen erbringen.

Es geht also um einen Schutzschirm für die soziale Infrastruktur, soweit sie von
diesem Gesetz erfasst ist. Dieser Schutzschirm ist nicht auf die Freie
Wohlfahrtspflege beschränkt, sondern umfasst auch gewerbliche Anbieter.
Der Schutzschirm greift naturgemäß nur soweit, als die bisher von den vorgenannten Leistungsträgern finanzierten Leistungen wegen hoheitlicher Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Krise nicht mehr erbracht werden können (Betriebsschließung, Kontaktverbot uä). Soweit Leistungen weiter erbracht werden, werden sie im bisherigen „originären“ Verfahren weiter finanziert und abgerechnet.
Nicht erfasst sind Dienstleister im Bereich SGB V und SGB XI. Hier wurden mit dem Krankenhausentlastungsgesetz eigene Regelungen geschaffen, die sich allerdings als lückenhaft erwiesen haben. Nicht erfasst sind Tätigkeiten außerhalb der Sozialgesetzbücher, die beispielsweise in der Zuständigkeit von Bildung, Kultur, Schule, öffentlichem Gesundheitsdienst, Erholung liegen.

Rechtsanspruch

Das Gesetz formuliert Rechtsansprüche. Den zuständigen Leistungsträgern steht
kein Ermessen zu. Die Rechtsansprüche sind allerdings an weitere  Voraussetzungen geknüpft, die eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen aufweisen.

Leistungszugang und -dauer

Nach § 3 SodEG müssen die Leistungen beantragt werden. Die Bewilligung erfolgt
durch Verwaltungsakt (Bescheid) oder öffentlich-rechtlichen Vertrag.
Antragsberechtigt ist der Rechtsträger des Unternehmens. Der Antrag bezieht sich auf Betriebe, Einrichtungen oder Betriebsteile.
Die Leistungen werden auch rückwirkend, frühestens ab 16. März 2020 gewährt. Nach § 5 SodEG werden die Leistungen bis spätestens 30. Sept. 2020 gewährt. Die
Bundesregierung kann die Geltung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bis 31. Dez. 2020 verlängern.

Ausführliche Hinweise liefert die Infothek des Paritätischen.

Quellen: Bundesrat, Paritätischer Wohlfahrtsverband

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Weitere Hilfen in der Corona-Krise

Um die finanziellen Einbußen vieler Menschen in der Coronakrise abzumildern plant die Bundesregierung offenbar weitere Hilfen. Außerdem soll der besondere Einsatz vieler Beschäftigter in den Bereichen Pflege, Gesundheit und Versorgung gewürdigt werden.

Sonderzahlungen

In der Corona-Krise werden Sonderzahlungen für Beschäftigte bis zu einem Betrag von 1.500 Euro im Jahr 2020 steuer- und sozialversicherungsfrei gestellt.
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können ihren Beschäftigten nun Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei auszahlen oder als Sachleistungen gewähren. Erfasst werden Sonderleistungen, die die Beschäftigten zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 erhalten. Voraussetzung ist, dass die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Andere Steuerbefreiungen und Bewertungserleichterungen bleiben hiervon unberührt. Die Beihilfen und Unterstützungen bleiben auch in der Sozialversicherung beitragsfrei.

Kurzarbeitergeld

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwägt eine Ausweitung und Anhebung des Kurzarbeitergeldes in der Coronakrise.

In der Regel erhält der Arbeitnehmer, der von Kurzarbeit betroffen ist, 60 Prozent, verheiratete 67 Prozent seines ursprünglichen Lohns. Das ist für viele Betroffene kaum ausreichend, um Miete und Lebenshaltungskosten zu bezahlen. Es gibt bereits einigee tarifvertragliche oder betriebliche Vereinbarungen, das Kurzarbeitergeld von 60 oder 67 Prozent auf 80, 90 oder 100 Prozent des Lohns aufzustocken. In einigen Branchen ist das aber schwierig oder umstritten.

Zur Zeit übernimmt der Staat 100 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge für Kurzarbeiter, Minister Heil kündigte an: “Ich werde mit Arbeitgebern und Gewerkschaften darüber reden, wie sie diesen Vorteil an die Beschäftigten weitergeben können, aber auch darüber, ob wir das Kurzarbeitergeld noch einmal anheben können.”

Elterngeld

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) strebt eine Änderung im Berechnungsmodus zum Elterngeld an. Grundlage für die Höhe des Elterngeldes ist normalerweise das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt. Bei Müttern und Vätern, die das Elterngeld jetzt oder demnächst beantragen und wegen der Krise Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, sollen die entsprechenden Monate nicht mit in die Berechnung einfließen, weil das die Elterngeldhöhe negativ beeinflussen würde.

Geplant sind demnach auch Anpassungen beim Elterngeld für Mütter und Väter, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Wenn diese wegen der aktuellen Lage ihre Elterngeldmonate nicht nehmen können, sollen sie diese verschieben können. Auch die Regeln beim Partnerschaftsbonus – eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten, um sich die Kindererziehung zu teilen – könnten gelockert werden, wenn Teilzeit momentan so nicht einzuhalten ist.

Quellen: Bundesfinanzministerium, faz.net, Redaktionsnetzwerk Deutschland

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EU und der Schutz von Kindern

Deutschland übernimmt im Sommer die EU-Ratspräsidentschaft. Sie wird natürlich ganz im Zeichen der Überwindung der Pandemie und ihrer Folgen, ebenso wie der Kampf gegen die Klimakatastrophe, deren Auswirkungen die der Corona-Krise noch übertreffen werden.
Gleichzeitig steht eine Neuausrichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) an. Hier wird sich zeigen, wie ernst die EU den Schutz von Kinderrechten nimmt.

Offener Brief an die Bundesregierung

42 Menschen- und Kinderrechtsorganisationen, darunter u.a.der AWO Bundesverband, der Deutsche Caritasverband, der Kindeschutzbund und Pro Asyl haben gemeinsam in einem offenen Brief die Bundesregierung aufgefordert, während ihrer EU-Ratspräsidentschaft ein Zeichen für ein humanitäres Europa zu setzen.

In dem Brief erinnern die Unterzeichner daran, dass es sich bei ca. einem Drittel der Geflüchteten, die eine Einreise in die EU anstreben, um Minderjährige handelt, also Menschen, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Die Organisationen fordern, dass für alle Kinder und Jugendlichen individuell geprüft werden muss, welche Lösung ihrem Schutz am besten dient. Es dürfe keinesfalls weiter dazu kommen, dass Jugendlichen ihre Grundrechte verwehrt würden. Auch müsse dafür gesorgt werden, dass Minderjährige nicht allein aufgrund ihres Einreiseersuchens inhaftiert werden. Haft führe gerade bei jungen Menschen zu nachhaltigen psychischen und gesundheitlichen Schäden, die sich dramatisch auf die Entwicklungsperspektiven der Betroffenen auswirke. Unbegleitete Kinder und Jugendlichen müssten vielmehr unmittelbar in das Land gebracht werden, das sich aufgrund individueller Bedingungen am besten eigne.

Die Forderungen sind:

  • Kindeswohl vorrangig berücksichtigen,
  • keine Haft und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen,
  • beschleunigte Familienzusammenführung innerhalb der EU,
  • unverzügliche Verteilung von unbegleiteten Kindern,
  • Schulungen für Grenzbeamt_innen in Kindesschutz,
  • Einführung eines unabhängigen Monitoringmechanismus und
  • Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht.

Hölle auf den griechischen Inseln

Es ist ein schon fast verzweifelter Versuch, die EU-Mitgliedsstaaten zu einer Abkehr von ihrer in weiten Teilen inhumanen Migrationspolitik zu bewegen. Ob dies gelingen wird, auch und gerade in Zeiten Corona-bedingter Grenzschließungen, muss leider bezweifelt werden. Die EU schafft es bis jetzt nicht, zumindest die unbegleitenten Kindern aus den katastrophalen Lagern auf den griechischen Inseln heraus zu holen. Obwohl dies schon vor mehreren Monaten (spätestens seit Dezember) gefordert und bekannt war. Viele Bundesländer, Städte und Gemeinden haben sich bereit erklärt, die Kinder aufzunehmen. Mission Lifeline hat Flüge organisiert, die sofort starten könnten, bisher wird aber von der Bundesregierung und der EU alles abgeblockt. Außer salbungsvollen Worten ist bisher nichts geschehen.

Sehr schnell kam dagegen die Genehmigung für die Einreise von 40.000 Saisonarbeitern, damit wir auch in der größten Krise nicht auf den Spargel verzichten müssen.

Quellen: Sozial.de, Mission Lifeline,
radioeins: Gespräch mit Erik Marquardt, EU-Parlamentarier der Grünen

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Notfall – Kinderzuschlag

Das Bundesfamilienministerium hat Meldungen, bzw. Gerüchten widersprochen, dass alle Familien, die Kindergeld bekommen, auch uneingeschränkt Anspruch auf den Kinderzuschlag beziehungsweise den Notfall-KiZ in Höhe von maximal 185 Euro haben. Das ist nicht richtig.

Teil des Sozialschutz-Paketes im Corona-Rettungsschirm waren vorübergehende Erleichterung beim Zugang zum Kinderzuschlag (Notkinderzuschlag). Durch Änderung und Ergänzung des § 20 BKKG soll der Kinderzuschlag befristet so umgestaltet werden, dass er für Familien, die die Leistung beantragen, die aktuelle krisenbedingte Lebenslage besser erfasst. Bei vielen Familien reduziert sich aktuell das Einkommen durch Kurzarbeit, Arbeitslosengeld oder geringere Einkommen oder Einnahmen.

Vorübergehende Regelungen

  • Neu ist, dass für die Prüfung, ob der Kinderzuschlag bewilligt werden kann, ab dem 1. April 2020 das Einkommen der Eltern im Monat vor Antragstellung ausschlaggebend ist. Im regulären KiZ ist es das durchschnittliche Einkommen der letzten sechs Monate.
  • Eine einmalige Verlängerung für sogenannte Bestandsfälle mit dem höchstmöglichen Kinderzuschlag wird eingeführt. In diesen Fällen wird der Bewilligungszeitraum automatisch verlängert, ohne dass ein Antrag gestellt wird oder eine erneute Prüfung erfolgt.
  • Um die Familienkassen bei erhöhtem Bearbeitungsaufkommen zu entlasten, kann der Bewilligungszeitraum letztlich mehr als sechs Monate umfassen, wenn die Bearbeitung längere Zeit in Anspruch nimmt. Dadurch sollte vermieden werden, dass die Berechtigten erst nach Ablauf einiger Monate einen Bewilligungsbescheid einschließlich einer Nachzahlung erhalten und gleich wieder einen neuen Antrag stellen müssen, weil der Bewilligungszeitraum abläuft.
  • Eine befristete Aussetzung der Berücksichtigung des Vermögens, um die Leistung unbürokratischer zugänglich zu machen und die aktuellen Notsituationen leichter abzufangen.

Diese Maßnahmen gelten für Anträge, die zwischen dem 1. April 2020 und 30. September 2020 gestellt werden.

Einkommen bleibt ausschlaggebend

Grundsätzlich bleibt es aber dabei, dass der Kinderzuschlag eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für erwerbstätige Eltern mit kleinen Einkommen ist, die genug für sich selbst verdienen, aber bei denen es nicht oder nur knapp reicht, um auch für den gesamten Bedarf der Familie aufzukommen. Für ein Paarfamilie mit zwei Kindern ist das ein Einkommen von circa 1400 bis circa 2400 Euro netto. Bei hohen Wohnkosten kommen auch höhere Werte in Betracht.

Quellen: BMFSFJ, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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G-BA – Maßnahmen zur Entlastung von Krankenhäusern und Ärzten

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Zusammenhang mit der Pandemie mit SARS-CoV-2 weitere zeitlich befristete Sonderregelungen getroffen. Krankenhäuser und Praxen werden entlastet und Infektionsrisiken für Patienten verringert.

Bei den befristeten Sonderregelungen,  geht es im Kern darum, Arztpraxen und Krankenhäusern angesichts von Personalengpässen und einer erhöhten Patientenzahl die notwendige Flexibilität und Handlungsfreiheit im Ressourceneinsatz zu geben und unbeabsichtigte negative Folgen zu vermeiden.

Die getroffenen und befristet geltenden Sonderregelungen betreffen folgende Richtlinien bzw. Regelungen:

  • Flexiblere Verordnungsmöglichkeiten durch Krankenhäuser

Krankenhausärztinnen und -ärzte können im Rahmen des sogenannten Entlassmanagements nicht nur für eine Dauer von bis zu 7 Tagen, sondern nunmehr bis zu 14 Tagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus häusliche Krankenpflege, Spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Soziotherapie, Heil- und Hilfsmittel verordnen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das zusätzliche Aufsuchen einer Arztpraxis vermieden werden soll.

  • Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern

Die zeitliche Vorgabe für die Aufnahme von beatmungspflichtigen Intensivpatienten auf die Intensivstation – innerhalb von 60 Minuten nach Krankenhausaufnahme – wird ausgesetzt, da sie bei einer sehr starken gleichzeitigen Inanspruchnahme der Krankenhäuser in der erwarteten Hochphase der COVID-19-Erkrankungen gegebenenfalls nicht umsetzbar ist. Eine hieraus entstehende zusätzliche finanzielle Belastung der Krankenhäuser wird dadurch vermieden. Ziel bleibt eine schnellstmögliche Aufnahmebereitschaft für beatmungspflichtige Intensivpatienten.

  • Weitere Ausnahmen von Anforderungen an die Qualitätssicherung

Zur Unterstützung der Krankenhäuser und Ärztinnen und Ärzte bei der Bewältigung der Cornona-Pandemie wird den aus dieser Situation resultierenden Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Qualitätsanforderungen Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang wurden umfangreiche weitere Ausnahmen von Anforderungen an die Qualitätssicherung beschlossen. Hierbei geht es um Änderungen der Regelungen zur Datenvalidierung, zum Strukturierten Dialog und zum Stellungnahmeverfahren. Zudem wurden weitere Dokumentations- und Nachweispflichten ausgesetzt. Betroffen sind folgende Richtlinien:

  • Richtlinie über Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern (QSKH-RL)
  • Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL)
  • Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL)
  • Richtlinie zu planungsrelevanten Qualitätsindikatoren (plan. QI-RL)
  • Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)
  • MDK-Qualitätskontroll-Richtlinie (MDK-QK-RL)
  • Regelungen zum Qualitätsbericht der Krankenhäuser (Qb-R)
  • Mindestmengenregelungen

Das ursprünglich für Mitte des Jahres 2020 vorgesehene Inkrafttreten der Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur (QSFFx-RL) wird auf den 1. Januar 2021 verschoben.

  • Mammografie-Screening: Befristete Aussetzung der Einladungen

Einladungen zur Teilnahme am Screening werden vorerst bis zum 30. April nicht versandt. Nach Beendigung der Aussetzung werden die anspruchsberechtigten Frauen umgehend nachträglich eingeladen.

  • Fristenregelungen bei der Verordnung ambulanter Leistungen werden gelockert

Die Richtlinien des G-BA enthalten auch Fristen zur Gültigkeit von Verordnungen oder Angaben dazu, bis wann eine Verordnung zur Genehmigung bei der Krankenkasse vorgelegt werden muss. In folgenden Bereichen haben sich die Fristen verlängert oder wurden sogar ganz ausgesetzt:

Die Vorgaben, in welchem Zeitraum Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln ihre Gültigkeit verlieren, werden vorübergehend ausgesetzt.

Im Bereich der häuslichen Krankenpflege können Folgeverordnungen für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnet werden, wenn aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 eine vorherige Verordnung durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt zur Sicherung einer Anschlussversorgung nicht möglich war. Auch wird die Begründung der Notwendigkeit bei einer längerfristigen Folgeverordnung ausgesetzt. Darüber hinaus kann die Erstverordnung für einen längeren Zeitraum als 14 Tage verordnet werden. Zusätzlich wird die Frist zur Vorlage von Verordnungen bei der Krankenkasse von 3 Tage auf 10 Tage verlängert. Dies gilt auch für Verordnungen der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie der Soziotherapie.

  • Arzneimittel

Das Ausstellen einer neuen Verordnung von Arzneimitteln durch Arztpraxen ist auch nach telefonischer Anamnese möglich. Die Verordnungsmöglichkeiten von Krankenhäusern bei Entlassung einer Patientin oder eines Patienten werden flexibilisiert.

  • Disease-Management-Programme (DMP)

Sofern zur Vermeidung einer Ansteckung mit COVID-19 geboten, müssen Patientinnen und Patienten 2020 nicht verpflichtend an Schulungen teilnehmen. Die ärztliche Dokumentation von Untersuchungen der in ein DMP eingeschriebenen Patientinnen und Patienten ist für das erste bis dritte Quartal 2020 nicht erforderlich.

  • Folgeverordnung von ambulanten Leistungen auch nach telefonischer Anamnese möglich

Ärztinnen und Ärzte können Folgeverordnungen auch nach telefonischer Anamnese für häusliche Krankenpflege, für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Krankentransporte und Krankenfahrten sowie Heilmittel (letztere auch durch Zahnärztinnen und Zahnärzte) ausstellen. Voraussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden.

  • Krankentransport

Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an COVID-19-Erkrankte oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen vorübergehend nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Zudem werden die Fristen für die Verordnung von Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung erweitert: Fahrten zu vorstationären Behandlungen können für 3 Behandlungstage innerhalb von 28 Tagen vor Beginn der stationären Behandlung und Fahrten zu nachstationären Behandlungen können für 7 Behandlungstage innerhalb von 28 Tagen verordnet werden.

  • Arbeitsunfähigkeit

Die Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik vorweisen, darf für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen auch nach telefonischer ärztlicher Anamnese festgestellt werden. Dies gilt auch für Versicherte, bei denen bereits ein Verdacht auf Infektion mit dem Coronavirus besteht. Zudem können Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus im Rahmen des sogenannten Entlassmanagements nicht nur für eine Dauer von bis zu 7 Kalendertagen, sondern nunmehr bis zu 14 Kalendertagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus Arbeitsunfähigkeit bescheinigen.

  • Zentrums-Regelungen

Krankenhäuser, die bereits vor Inkrafttreten der Zentrums-Regelungen im Krankenhausplan besondere Aufgaben wahrgenommen haben, haben weitere sechs Monate Zeit, die vorgegebenen Qualitätsanforderungen umzusetzen. Hierdurch können zusätzliche Ressourcen in der Hochphase der COVID-19-Erkrankungen genutzt werden.

Die Beschlüsse wurden im schriftlichen Abstimmungsverfahren gefasst. Sie treten nach Nichtbeanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit teilweise auch rückwirkend in Kraft.

Sämtliche vom G-BA beschlossene Sonderregelungen werden auf den Internetseiten des G-BA unter folgendem Link zu finden sein: www.g-ba.de/sonderregelungen-corona

Quelle: G-BA

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