Rückforderung von Blindengeld rechtens – Leistungen der Pflegeversicherung 

Ein bereits bewilligtes und gezahltes Blindengeld kann zurückgefordert werden, wenn der Antragsteller den Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung verschwiegen hat. Dies entschied das Verwaltungsgericht Aachen (VG) mit Urteil vom 19. Februar 2019.

Leistungen der Pflegeversicherung werden auf den Blindengeldanspruch zum Teil angerechnet. Daher kann ist eine rückwirkenden Aufhebung des Blindengeldes zulässig, wenn der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung pflichtwidrig nicht mitgeteilt wird.

Der Sachverhalt:

Die im Jahr 1928 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Falls beantragte im Oktober 2007 die Gewährung von Blindengeld. Der Landschaftsverband Rheinland wies die Klägerin bei Antragstellung und wiederholt auch in den Folgejahren darauf hin, dass Leistungen der Pflegeversicherung auf den Blindengeldanspruch zum Teil angerechnet würden und sie den Bezug solcher Leistungen demensprechend mitteilen müsse. Im Jahr 2016 stellte sich heraus, dass die Klägerin seit Oktober 2008 Leistungen der Pflegeversicherung erhielt. Der Landschaftsverband Rheinland forderte daraufhin zu viel gezahltes Blindengeld in Höhe von rund 13.000 Euro zurück.

Das Urteil:

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht Aachen entschied, dass die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides erfüllt seien, da die Frau ihrer Pflicht zur Mitteilung der Änderung des Verhältnisse sei die Klägerin grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ihre Sehbehinderung stehe dieser Bewertung nicht entgegen. Ihr sei bekannt gewesen, dass der Bezug von Pflegeleistungen Auswirkungen auf die Höhe des Blindengeldes habe und dementsprechend dem Landschaftsverband mitzuteilen gewesen sei. Nachdem ihr Pflegeleistungen ab 1. Oktober 2008 (elf Monate nach Bewilligung des Blindengeldes), bewilligt worden waren und sie nur wenige Monate später, nämlich im Mai 2009, erneut auf ihre diesbezügliche Mitteilungspflicht hingewiesen worden war, hätte es sich ihr aufdrängen müssen, dass dieser Sachverhalt dem Landschaftsverband mitzuteilen sei.

Als grob fahrlässig wäre es unabhängig hiervon auch anzusehen, wenn die Klägerin sich nicht darum gekümmert hätte, wie sie trotz ihrer Sehbehinderung Kenntnis von dem Inhalt behördlicher Schreiben erhalten könnte, um den ihr bekannten Obliegenheiten gegenüber den Sozialleistungsträgern nachkommen zu können.

Quelle: Pressemitteilung des Gerichts v. 19.02.2019

Basiskonto: Gerichtsurteil begrenzt Höhe der Kontogebühren

Nach Ansicht des Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ist das Basiskonto bei der Deutschen Bank zu teuer. Die Kosten seien unangemessen hoch und damit unwirksam.

Ein monatlicher Grundpreis von 8,99 Euro sowie Kosten von 1,50 Euro für eine beleghafte Überweisung im Rahmen eines Basiskontos sind unangemessen hoch und damit unwirksam. Basiskonten müssen zwar nicht als günstigstes Kontomodell eines Kreditinstituts angeboten werden, die Preise sollen aber das durchschnittliche Nutzerverhalten dieser Kontoinhaber angemessen widerspiegeln – so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) im am 27.02.2019 verkündetem Urteil. Das Gericht richtet sich hier nach der gesetztlichen Vorgabe im Zahlungskontengesetz. Danach muss ein Basiskonto nicht kostenfrei angeboten werden. Die Entgelte müssen aber laut Gesetz „angemessen“ sein und sich am Nutzerverhalten orientieren.

Was „angemessen“ ist, legt das OLG Frankfurt in seinem Urteil wie folgt aus: Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit seien die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten unter Berücksichtigung des Umfangs der von der Bank zu erbringenden Leistungen. Besondere Bedeutung erlange hier, dass „die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, die Basiskonten beantragen, regelmäßig angespannt ist, weshalb zugrunde gelegt werden kann, dass sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickeln“.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Das letzte Wort in der Sache könnte der BGH sprechen, da die Rechtssache zur Revision zugelassen wurde. Man erhofft sich dadurch auch ein Grundsatzurteil, was dann künftig auch den Banken bundesweit den Weg weist.

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt/Main v. 27.02.2019

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Aktualisiertes Hilfsmittelverzeichnis

Der GKV-Spitzenverband hat die Überarbeitung und Fortschreibung des ca. 32.500 Produkte umfassenden Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses abgeschlossen.

Rechtliche Grundlagen

Die Versorgung mit Hilfsmitteln im Sinne des § 33 SGB V ist Teil der medizinischen Vorsorgeleistungen und der Krankenbehandlung.
Nach § 139 Abs. 1 SGB V erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen.
Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder Beschwerden darüber gab, dass Versicherte mit schlechten und/oder veralteten Hilfsmitteln versorgt wurden, eskalierte der Streit im Herbst 2015 zwischen dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung und dem GKV-Spitzenverband, der schießlich in einer Gesetzesinitiative mündete. Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG)“, das am 11. April 2017 in Kraft trat, wurden zahlreiche Maßnahmen beschlossen, die zu einer besseren und transparenteren Hilfsmittelversorgung führen sollen, unter anderem wurde der  Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 das Hilfsmittelverzeichnis grundlegend zu aktualisieren (§ 139 Abs. 9 SGB V).

Verbesserungen für Versicherte

Die Überarbeitung des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnis hat zu zahlreichen Verbesserungen geführt. Unter anderem:

  • Mit dem motorbetriebenen und computergesteuerten Exo-Skelett können Querschnittsgelähmte aufstehen, sich hinsetzen, stehen und gehen.
  • Mechatronische Fußpassteile und Kniegelenke verhelfen Versicherten sicherer zu gehen, senken das Sturzrisiko und erhöhen die Bewegungsmöglichkeiten.
  • Mit myoelektrisch gesteuerten Armprothesen, die mithilfe von elektrischer Energie angetrieben werden und die noch vorhanden Muskelspannungen des Armstumpfes verstärken, können Nutzerinnen und Nutzer besser greifen und Gegenstände halten.
  • Das Eigengewicht von Rollatoren darf 10 Kilogramm nicht mehr überschreiten; damit wird die alltägliche Benutzung leichter. Zu mehr Sicherheit tragen darüber hinaus Ankipphilfen, anatomische Handgriffe sowie allseitige Reflektoren bei.
  • Die Neuregelung bei der Versorgung mit Elektromobilen schreibt vor, dass der individuelle Nutzungsumfang der bzw. des Versicherten zuvor ermittelt wird; so kann etwa berücksichtigt werden, ob das Elektromobil auch im öffentlichen Nahverkehr genutzt werden soll.

In der Überarbeitung und Fortschreibung des Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses für GKV-Versicherte waren zahlreiche Akteure beteiligt: Hersteller- und Leistungserbringerorganisationen, Patientenvertretungen, MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) und MDS (Medizinischer Dienst des GKV-Spitzenverbandes), medizinische Fachgesellschaften, Sachverständige sowie natürlich die Krankenkassen und ihre Verbände.

Portal zum Recherchieren

Im Zeitraum von Juli 2015 bis Dezember 2018 wurden die 41 Produktgruppen des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses überarbeitet, fortgeschrieben und aktualisiert. Das Hilfsmittelverzeichnis umfasst ca. 32.500 Produkte in ca. 2.600 Produktarten. Im Webportal Hilfsmittelverzeichnis stellt der GKV-Spitzenverband ein strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis zur ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis zur Verfügung. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht der Kranken- und Pflegekassen umfasste Hilfsmittel aufgeführt. Das Hilfsmittelverzeichnis gliedert sich in Anlehnung an das jeweilige Therapieziel in 37 unterschiedliche Produktgruppen. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis besteht aus weiteren vier Produktgruppen.

Quellen: GKV-Spitzenverband, SOLEX,

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Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur besseren Vergütung von Betreuern

Am 27. Februar 2019 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur besseren Vergütung von Betreuern beschlossen. Damit ist das parlamantarische Verfahren offiziell eingeläutet.

Erstmals kann der Entwurf am 15. März in die nächste Bundesrats-Sitzung eingebracht werden. Erwartet wird, dass das Gesetz noch vor der parlamentaritschen Sommerpause verabschiedet ist – die letzte Bundesratssitzung findet am 28. Juni 2019 statt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundeskabinetts am 27.2.2019

Wahlrechtsausschluss für Betreute in allen Angelegenheiten verfassungswidrig!

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 2019 entschieden, dass die Regelung des Wahlrechtsausschlusses in § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) für in allen ihren Angelegenheiten Betreute verfassungswidrig ist.

Im am 21. Februar 2019 veröffentlichten Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass die von dieser Regelung betroffenen Beschwerdeführer durch ihren Ausschluss von der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag in ihren Rechten verletzt sind.

Nach Ansicht des Gerichts kann zwar ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn bei einer bestimmten Personengruppe davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen nicht in hinreichendem Maße besteht.

§ 13 Nr. 2 BWahlG genüge aber den Anforderungen an gesetzliche Typisierungen nicht, weil der Kreis der von der Regelung Betroffenen ohne hinreichenden sachlichen Grund in gleichheitswidriger Weise bestimmt wird.

Aufgrund einer Verletzung

  1. des Grundsatzes der Allgemeinheit sowie
  2. des Verbots der Benachteiligung

liege eine Verfassungswidrigkeit vor.

1. Verletzung des Grundsatzes der Allgemeinheit

Betreuerbestellung versus Vollmacht macht den Entzug des Wahlrechts zufällig und damit verfassungswidrig

§ 13 Nr. 2 BWahlG schließt eine Person vom Wahlrecht aus, wenn diese nicht nur krankheits- oder behinderungsbedingt unfähig ist, alle ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, sondern wenn darüber hinaus aus diesem Grund ein Betreuer in allen Angelegenheiten bestellt wurde.

Aufgrund des im Betreuungsrecht durchgängig geltenden Erforderlichkeitsgrundsatzes unterbleibt eine Betreuerbestellung aber, soweit der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen auf andere Weise, insbesondere durch die Erteilung einer Betreuungs- oder Vorsorgevollmacht oder hinreichende Versorgung im Familienkreis, Rechnung getragen werden kann. In diesem Fall ist § 13 Nr. 2 BWahlG nicht anwendbar und das Wahlrecht bleibt erhalten.

Letztlich ist der Wahlrechtsentzug damit davon abhängig, ob wegen des Vorliegens eines konkreten Betreuungsbedarfs die Bestellung eines Betreuers erfolgt oder ob diese aufgrund fehlender Erforderlichkeit unterbleibt. Dieser im Tatsächlichen von Zufälligkeiten abhängige Umstand stellt aber keinen sich aus der Natur der Sache ergebenden Grund dar, der geeignet ist, die wahlrechtliche Ungleichbehandlung gleichermaßen Betreuungsbedürftiger zu rechtfertigen.

Organisationserwägungen dürfen nicht gelten

Demgegenüber kann auch nicht geltend gemacht werden, der Gesetzgeber knüpfe mit seiner Entscheidung an ein streng formales Merkmal an, das klar, einfach feststellbar und bei der Organisation von Wahlen besonders praktikabel sei.

Zwar ist der Gesetzgeber berechtigt, die Durchführbarkeit der Massenveranstaltung Wahl durch typisierende Regelungen sicherzustellen, die nicht allen Besonderheiten Rechnung tragen müssen. Der Gesetzgeber muss solchen verallgemeinernden Regelungen aber realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.

Zudem müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit stehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die durch die Typisierung eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und das Ausmaß der Ungleichbehandlung gering ist.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Bei der Bundestagswahl 2013 waren insgesamt 81.220 Vollbetreute von einem Wahlrechtsausschluss gemäß § 13 Nr. 2 BWahlG betroffen. Welchen Anteil dieser Personenkreis an der Gesamtzahl der Personen hat, die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten nicht in der Lage sind, ist nicht feststellbar. Auch der Gesetzgeber hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Gruppe der umfassend Betreuungsbedürftigen, bei der mangels Erforderlichkeit eine Betreuerbestellung unterbleibt, nicht wesentlich kleiner oder sogar größer ist als die Gruppe der vom Wahlrecht ausgeschlossenen Vollbetreuten. Der Eingriff in den Gleichheitssatz ist dabei auch nicht geringfügig, da den Betroffenen durch den Wahlrechtsausschluss das vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat dauerhaft entzogen wird.

2. Verletzung des Verbots der Benachteiligung

Neben der Verletzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl verstößt § 13 Nr. 2 BWahlG auch gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.

Die Regelung führt zu einer Schlechterstellung von Menschen mit Behinderungen. Dieser Eingriff in den Regelungsgehalt des Schlechterstellungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sei aus den vorstehenden Gründen nicht gerechtfertigt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.2019

Anpassung der Betreuervergütung: Stellungnahmen liegen vor

Die Verbändebefragung zum Referentenenwurf „Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ ist abgeschlossen, die Stellungnahmen unterschiedlichster Verbände und Arbeitsgemeinschaften liegen dem BMJV nun vor. Wir haben die wichtigsten Aussagen herausgefiltert und zitieren diese inklusive Link auf die Stellungnahme (via BMJV):

BdB: Berufsverband der Berufsbetreuer e.V.:
Der BdB bewertet den Gesetzentwurf grundsätzlich positiv. Es sind allerdings mehrere kritische Elemente erkennbar. Die Umsetzung der vorgesehenen Regelungen wird die wirtschaftlich prekäre Situation der Berufsbetreuer kurzfristig lindern. (…) Festzustellen ist aber, dass die geplante Erhöhung der Betreuervergütung bei weitem nicht den aus der ISG-Qualitätsstudie ableitbaren Erfordernissen, insbesondere nicht der auf guter Datenbasis erhobenen Diskrepanz zwischen abrechenbarer und tatsächlich geleisteter Zeit von 24 %, gerecht wird. Auch dürfte die im Entwurf angesetzte Erhöhung von durchschnittlich 17 % bei vielen Berufsbetreuern – zumindest zeitnah – nicht erreicht werden. Wir wissen aus zahlreiche Zuschriften von Mitgliedern, die bezogen auf die aktuell von ihnen geführten Betreuungen lediglich eine Erhöhung um die 11 bis 12 % erwarten können.“

BUKO: Bundeskonferenz der Betreuungsvereine:
„Zu begrüßen ist der erkennbare politische Wille des BMJV, die Refinanzierung der Betreuungsvereine als wichtige Akteure im Betreuungswesen zu sichern. Andererseits ist in diesem Entwurf auch der alles dominierende Sparwille derBundesländer zu erkennen, dem sich die Finanzierung der Rahmenbedingungen zur Sicherung einer hohen Qualität der Rechtlichen Betreuung offensichtlich unterzuordnen hat. (…) Diese unvollständige Betrachtung berücksichtigt noch nicht einmal die zu knapp bemessene durchschnittlich aufzuwendende Zeit für die verschiedenen Betreuungsfallgruppen. (…) Leider wird es die in Aussicht gestellte Zuwendungserhöhung von bis zu 17% in den meisten Betreuungsvereinen in der Summe aller Betreuungen nichtgeben: Realistisch ist mit 11 bis 13 % zu rechen.“

BGT: Betreuungsgerichtstag e.V.:
„Der BGT e.V. begrüßt den Gesetzesentwurf. Die Erhöhung der Betreuervergütung ist über- fällig und sollte schnellst möglichst umgesetzt werden. (…) Der Stundensatz ist seit 2005 nicht erhöht worden. Hier versteht sich der Bedarf einer Erhöhung eigentlich von selbst. Nun aus dem Stundenansatz und dem Stundensatz eine einheitliche Pauschale zu bilden, lässt schneller erkennen, was eine Betreuung tatsächlich „kostet“. Die Beibehaltung der bisherigen Kriterien erscheint (…) sachgerecht und hat sich bewährt. Allerdings sollte in späteren Gesetzgebungsverfahren nochmals geprüft werden, ob die unterdurchschnittliche Anhebung der Pauschalen der über zweijährigen Betreuungsverfahren zu Verwerfungen führt, wenn es wegen der Schwere von Erkrankungen betroffener Menschen sich um besonders aufwändige Unterstützungsprozesse handelt.“

BVfB: Bundesverband freier Berufsbetreuer e.V.:
„Der Bundesverband freier Berufsbetreuer begrüßt grundsätzlich den Referentenentwurf (…) Zentral für den Gesamterfolg des neuen Vergütungskonzeptes wird die Evaluierung des Gesetzes fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten sein. Nachdem sich der BVfB mit seiner Forderung nach einer sofortigen Dynamisierung der Vergütung nicht durchsetzen konnte, wird diese Problematik spätestens im Zuge des Evaluierungsverfahrens anzugehen sein, damit eine wenigstens noch zeitnahe Anpassung der Vergütung sichergestellt werden kann. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn Berufsbetreuer erneut fast zwei Jahrzehnte auf eine Anpassung der Vergütung warten müssten. (…) Der BVfB hält es grundsätzlich für richtig, dass sich die Höhe der Vergütung auch nach der Wohnform richtet (…). Allerdings sind die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Vergütung derzeit noch nicht vollständig absehbar.“

Deutscher Städtetag:
„Grundsätzlich wird die geplante Vergütungserhöhung befürwortet. Die Anpassung liegt jedoch noch deutlich unter der Handlungsempfehlung des Forschungsberichtes. Eine Verbesserung der Finanzierung der Betreuertätigkeit ist aus kommunaler Sicht auch deshalb notwendig, weil es immer schwerer wird, genügend Betreuer für die Versorgung vor Ort zu finden. Die Richtung des Gesetzes hilft, örtliche Strukturen zu sichern. Entsprechende neue Regelungen sind dringlich und sollten jetzt schnell erfolgen.“

BVEB: Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche e.V.:
„Die hier vorgeschlagene Erhöhung der Stundensätze um durchschnittlich 17% erscheint daher dringend geboten. Wir fordern den Gesetzgeber (…) auf, eine Einmalzahlung (…) als Ausgleich zu prüfen! (…) Wir fordern den Gesetzgeber auf, schon jetzt entsprechende regelmäßige Anpassungsvorschläge zu machen (…)“

CBP: Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V.:
Der CBP bewertet ausdrücklich die geplante Vergütungserhöhung der beruflichen Betreuer nach 13 Jahren positiv. Der CBP sieht jedoch kritisch, dass sich der zeitliche Mehraufwand für die Betreuung von Menschen mit Behinderung/ psychischer Betreuung in keiner Weise in der Vergütung wiederspiegelt. (…) Zudem bildet das geplante Fallpauschalsystem (sic!) nach §§ 4, 5 des Referentenentwurfs den Betreuungsaufwand von Menschen mit geistiger oder seelischen Behinderung und Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen nur unzureichend ab.“

BAG Selbsthilfe: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.:
„Als Dachverband von 117 Bundesverbänden der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen sowie von 13 Landesarbeitsgemeinschaften begrüßt die BAG Selbsthilfe den vorliegenden Referentenentwurf von seinem Grundsatz her. (…) Allerdings erscheint die geplante Erhöhung der allgemeinen Vergütung der beruflichen Betreuer und des Stundensatzes für Berufsvormünder von jeweils durchschnittlich 17 % unzureichend angesichts der gestiegenen Verbraucherpreise, aber gerade auch vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark erhöhten Anforderungen bei der Betreuung und der entsprechenden Verantwortung eines Betreuers.“

BeB: Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.:
„Der BeB begrüßt das Vorhaben, die nach mehr als 13 Jahren längst überfällige und dringend notwendige Erhöhung der Vergütung vorzunehmen. Allerdings bleiben die Regelungen hinter dem zurück, was aus Sicht des BeB für den Personenkreis der Menschen mit geistiger Behinderung und/oder psychischer Erkrankung notwendig wäre, um diesem Personenkreis gerecht zu werden und die von dem Gesetz angestrebte dauerhaft qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen.“

Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.:
„(…) Eine gleichmäßige Erhöhung um die im geplanten Gesetz vorgeschlagenen Sätze könnte unter diesen Umständen gerechtfertigt sein. Insbesondere würde das ständige Drängen der Berufsbetreuer nach Qualifizierung und Lizenzierung (z.B. „Betreuerkammer“) vereitelt, um auf diesem Umweg eine höhere Bezahlung rechtfertigen zu können.“

Wie geht es jetzt weiter?

Am 27. Februar 2019 soll der Gesetzenwurf – ggf. fließen hier schon Änderungsvorschläge aus den Stellungnahmen ein – im Bundeskabinett behandelt werden. Damit beginnt das eigentliche Gesetzgebungsverfahren, das folgende Stationen durchlaufen muss:

  • Erstes Einbringen in den Bundesrat
  • Erste Lesung im Bundestag
  • Beratung in den Ausschüssen (vor allem Rechtsausschuss)
  • Zweite und dritte Lesung im Bundestag
  • Zweite Befassung durch den Bundesrat
  • Verkündung im Bundesgesetzblatt
  • Inkrafttreten: 1. Tag des ersten auf die Verkündung folgenen Kalendermonat

Geplant ist, dass das Gesetz noch vor der parlamentaritschen Sommerpause verabschiedet ist – die letzte Bundesratssitzung findet am 28. Juni 2019 statt.

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Gerechte Grundrente

Bundesarbeitsminister Hunertus Heil legte Anfang Februar ein Eckpunkte-Papier zur Grundrente vor. Das hat für eine Menge Diskussionsstoff gesorgt.

Was steht drin?

Zuschlag bei der Rente

Die Rente wird um einen Zuschlag erhöht, wenn die Versicherten mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können – das sind Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Grundlage der Berechnung sind die in den „Grundrentenzeiten“ erworbenen Entgeltpunkte. Die Grundrente wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt.

Verbesserungen beim Wohngeld

Rentnerinnen und Rentnern, die mindestens 35 Jahre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben, soll künftig ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld gewährt werden. In der Höhe sollte sich der Freibetrag an dem bereits für schwerbehinderte Menschen existierenden Freibetrag von 125 Euro orientieren. Die Miet- bzw. Einkommensgrenzen zum Wohngeld sollten regelmäßig angepasst werden.

Freibetrag in der Grundsicherung

Wer 35 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, soll einen Freibetrag in der Grundsicherung erhalten. Der Freibetrag soll 25 Prozent der individuellen Rente umfassen, maximal aber aktuell 106 Euro (25 Prozent der Regelbedarfsstufe 1).

Kritikpunkte

  • Hauptsächlich wird die starre Grenze von 35 Jahre Pflichtbeitragszeiten kritisiert. Menschen, die einen Monat zu wenig nachweisen können, gingen leer aus. Laut Spiegel-online wurden im September 2018 etwas mehr als 400.000 Rentner gezählt, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Von denen würden nur etwa 130.000 von den Vorschlägen profitieren, weil sie 35 Jahre nachweisen können. Alle anderen gingen leer aus.
  • das Gießkannenprinzip: Ohne Bedürftigkeitsprüfung kann man zwar einiges an Bürokratie einsparen, andererseits kämen aber auch einige in den Genuss der Besserstellung, die es überhaupt nicht nötig haben.
  • die Kosten der Reform von vom BMAS selbst geschätzten mehreren Milliarden Euro haben selbsternannte Haushaltsexperten schon in Panik versetzt.

Ganz oder gar nicht?

Gerechter wäre höchstwahrscheinlich ein genereller dynamischer Freibetrag von der Rente bei der Grundsicherung, ähnlich wie er bei Hartz IV – Bezug schon existiert. Wenn sich die Höhe des Freibetrags nach der Höhe der Rente richtete, spielten auch bei dem Modell die Anzahl der Beitragsjahre eine Rolle, allerdings nicht nach der Regel: Ganz oder gar nicht.

Quellen: Spiegel-Online, BMAS

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Bayerisches Familiengeld nicht auf Sozialleistungen / Hartz IV anrechenbar

Seit dem 1. September 2018 wird das Bayerische Familiengeld ausgezahlt. Seitdem besteht auch der Streit zwischen der Bayrischen Staatsregierung und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), ob diese Leistung auf Sozialleistungen – insbesondere SGB II-Leistungen – als Einkommen angerechnet werden muss oder nicht.

Die Konstruktion des Familiengeldes

Das Familiengeld ist unabhängig vom Einkommen und der Art der Betreuung, wird also an alle Familien ausgezahlt, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Freistaat Bayern gewährt den Eltern für jedes Kind vom 13. bis zum 36. Lebensmonat (also 2. und 3. Lebensjahr) 250 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro pro Monat. Das Familiengeld erhalten Eltern für ihre Kinder, die ab dem 1. Oktober 2015 geboren sind.

Anrechenbarkeit auf SGB II-Leistungen?

Zwar ist im Bayerischen Familiengeldgesetz folgender Passus zu finden: „Das Familiengeld dient … nicht der Existenzsicherung. Es soll auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.“ (Satz 3 und 4 von Art. 1 BayFamGG).

Ob dies tatsächlich so ist, war heftig umstritten. Das BMAS zumindest vertrat die Ansicht, dass sehr wohl eine Anrechnbarkeit gegeben sei und erließ gegenüber den Jobcentern auch eine entsprechende Weisung. Dieser Konflikt führte in Bayern dazu, dass Familien, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen waren, unterschiedlich behandelt wurden:

  • Die Jobcenter rechneten das Familiengeld als Einkommen an, so dass dieses nicht ausgezahlt wurde.
  • Die sog. Optionskommunen, die selbst Träger der Grundsicherung sind, mussten sich nicht an die Weisung des BMAS halten; sie folgten den Regelungen des BayFamGG und berücksichtigten das Familiengeld nicht als zusätzliche Einnahme. Folge: Betroffenen in den Städten Ingolstadt, Schweinfurt, Erlangen, Kaufbeuren bzw. in den Landkreisen Würzburg, Ansbach, München, Miesbach, Günzburg und Oberallgäu wurde  Familiengeld ausgezahlt.

Nachdem der Freistaat Bayern damit gedroht hatte noch im Februar 2019 Klage vor dem Bundessozialgericht einzulegen, kam es am 30 Januar 2019 zu einer Einigung.

Der Kompromiss sieht eine Präzisierung im Gesetzestext des BayFamGG vor: die Auszahlung des Familiengeldes soll dem Zweck einer „förderlichen frühkindlichen Betreuung des Kindes“ zugeordnet werden.

Im Gegenzug verzichtet der Bund ab sofort bei Neuanträgen auf die Anrechnung des Familiengeldes.

Bei Bestandsfällen wird das Familiengeld nachgezahlt (von den Jobcentern zurückerstattet), nachdem die Gesetzesänderung rückwirkend in Kraft getreten ist. Wann dies der Fall ist, ist noch offen. Am 5. Februar 2019 soll zunächst das Kabinett den Änderungen zustimmen.

Quelle: Pressemitteilung des StMAS Nr. 48 vom 1.2.2019

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Endlich mehr Geld? Referentenenwurf zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung liegt vor

Am 23. Januar 2019 hat Justizministerin Katarina Barley den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung veröffentlicht. Kern des Entwurfs ist die Erhöhung der Vergütung von gerichtlich bestellten Betreuern um durchschnittlich 17 % in Form eines Fallpauschalensystems. Zudem sollen die Sätze für die Verwaltung größerer Vermögen angehoben und künftig ein Ausgleich in Höhe der 1,5-fachen Fallpauschale gezahlt werden, wenn ein Berufsbetreuer einen Klienten an einen ehrenamtlichen Betreuer übergibt. Übernimmt er ein Verfahren von einem ehrenamtlichen  Betreuer, soll er eine einmalige Pauschale von 200 Euro bekommen.

Fallpauschalensystem für Berufsbetreuer

Der Gesetzentwurf hält an einem pauschalen Vergütungssystem fest. Allerdings soll die bisherige Kombination von Stundensätzen und statistisch ermittelten Stundenzahlen durch fallbezogene Monatspauschalen abgelöst werden.

Diese Pauschalen erechnen sich aus vier Faktoren:

  • Qualifikation der betreuenden Person
  • Dauer der Betreuung,
  • Vermögenssituation des Betreuten (bemittelt/mittellos)
  • Gewöhnlicher Aufenthaltsort des Betreuten (Heim/außerhalb des Heimes).

Qualifikation
Wie bisher wird die Vergütungshöhe davon abhängen, ob die betreuende Person

  • keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind (Vergütungstabelle A im Entwurf)
  • über Kenntnisse verfügt, die für die Führung einer Betreuung nutzbar sind; diese sind durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare Ausbildung erworben (Vergütungstabelle B im Entwurf)
  • über Kenntnisse verfügt, die für die Führung einer Betreuung nutzbar sind; diese sind durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung erworben (Vergütungstabelle C im Entwurf).

Die Anlagen können dem Referentenentwurf entnommen werden (Anhang ab Seite 9).

Dauer der Betreuung
Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird bei der Berechnung der Fallpauschalen zwischen den Zeiträumen in den ersten drei Monaten der Betreuung, im vierten bis sechsten Monat, im siebten bis zwölften Monat, im 13. bis 24. Monat und – neu zum bisherigen Recht – ab dem 25. Monat unterschieden. Je länger die Betreuung dauert, desto mehr wird die Vergütung abgeschmolzen.

Gewöhnlicher Aufenthaltsort
Beim gewöhnlichen Aufenthaltsort wird zwischen stationären Einrichtungen (bzw. diesen gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen) und amulant betreuten Wohnformen (sog. andere Wohnformen) unterschieden. Daneben wird der zur Differenzierung der Vergütung verwendete Begriff „Heim“ modernisiert und an die Vielfalt der Wohnformen für Menschen mit Unterstützungsbedarf angepasst.

Vermögensituation
Wie bisher wird eine Unterscheidung zwischen mittellosen und nicht mittellosen („bemittelten“) betreuten Personen vorgenommen; entscheidend ist hier nach wie vor der Maßstab der Mittellosigkeit nach § 1836d BGB.

Plus ggfs. gesonderter Pauschalen

Da die Verwaltung eines höheren Vermögens einen höheren Betreuungsaufwand bedeutet, ist neben den Fallpauschalen eine weitere „gesonderte Pauschale“ in Höhe von 30 Euro im Monat vorgesehen, wenn

  • ein Anlagevermögen in Höhe von mindestens 150.000 Euro
  • Wohnraum, der nicht vom Betreuten genutzt wird, oder
  • ein Erwerbsgeschäft des Betreuten

verwaltet wird.

Findet eine für eine vollständige Betreuungsübernahme – gegebenenfalls auch unter Einschränkung bzw. Erweiterung der bisherigen Aufgabenkreise – einer ehrenamtlich geführten Betreuung durch einen beruflichen Betreuer statt, wird eine einmalige Pauschale in Höhe von 200 Euro gezahlt.

Findet dagegen eine Abgabe der Betreuung an einen ehrenamtlichen Betreuer statt, ist der Berufsbetreuer mit einer einmaligen Pauschale in Höhe des 1,5-fachen der zum Zeitpunkt des Betreuerwechsels zu vergütenden Fallpauschale zu vergüten. Dies soll den Aufwand des beruflichen Betreuers, der bei der Einführung des Ehrenamtlichen anfällt (z. B. Übergabegespräche) ausgleichen.

Anhebung der Stundensätze für Vormünder, Verfahrenspfleger

Folgende Erhöhung der Vergütungsstufen in § 3 VBVG ist vorgesehen:

  • Vergütungsstufe 1: 23 Euro (derzeit: 19,50 Euro),
  • Vergütungsstufe 2: 29,50 Euro (derzeit: 25 Euro)
  • Vergütungsstufe 3: 39 Euro (derzeit: 33,50 Euro).

Risiko und Zeitplan der Umsetzung

Risiko sind ganz klar die Bundesländer bzw. der Bundesrat, der ja bereits 2017 die Erhöhung der Betreuervergütung hat platzen lassen. Nachdem aber der vorliegende Referentenentwurf in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorab besprochen wurde, darf man optimistisch sein, dass der Bundesrat zustimmt.

Der Zeitplan:

Dieser Referentenentwurf ist nun bis 8. Februar 2019 in der Verbändeanhörung; Verbände können also bis dahin Stellungnahmen dazu abgeben. GGfs. gibt es dann bereits Änderungen am Entwurfstext.

Am 27. Februar 2019 soll der Gesetzenwurf im Bundeskabinett behandelt werden. Damit beginnt das eigentliche Gesetzgebungsverfahren, der folgende Stationen durchlaufen muss:

  • Erstes Einbringen in den Bundesrat
  • Erste Lesung im Bundestag
  • Beratung in den Ausschüssen (vor allem Rechtsausschuss)
  • Zweite und dritte Lesung im Bundestag
  • Zweite Befassung durch den Bundesrat
  • Verkündung im Bundesgesetzblatt
  • Inkrafttreten: 1. Tag des ersten auf die Verkündung folgenen Kalendermonat

Geplant ist, dass das Gesetz noch vor der parlamentaritschen Sommerpause verabschiedet ist – die letzte Bundesratssitzung findet am 28. Juni 2019 statt.

Quelle: BMJV, Meldung vom 23.01.2019

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Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit wird gut angenommen

Mit Geltung ab 1. Januar 2016 wurde ein Anspruch auf Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Krankenhausstrukturgesetz eingeführt (§ 39c SGB V). Dieser Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege ergänzt die erweiterten Leistungsansprüche auf häusliche Krankenpflege (Unterstützungspflege) und auf Haushaltshilfe im Leistungskanon der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wie aus einem aktuellen Bericht des GKV-Spitzenverbandes hervorgeht, wird diese Leistung gut angenommen. So haben die Krankenkassen im Jahr 2017 in insgesamt 18.5342 Fällen Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V erbracht. Seit dem Einführungsjahr 2016 haben die Krankenkassen zur Realisierung des Anspruchs auf Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V über 37 Mio. Euro gezahlt:

  • 2016: ca. 11,5 Mio. Euro.
  • 2017: ca. 17,0 Mio. Euro
  • 2018: rund 9,274 Mio. Euro (1./2. Quartal).

Übersicht über den Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege auf Kosten der GKV

Der Anspruch besteht, wenn

  • (noch) kein Pflegegrad 2, 3, 4, oder 5 nach dem SGB XI vorliegt, und
  • wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung
    einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, aufgrund krankheitsbedingter Einschränkungen im Bereich der Grundpflege und Hauswirtschaft Unterstützung notwendig ist.

Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V werden auf Antrag gewährt. Dem Antrag soll eine ärztliche Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit einer Kurzzeitpflege bei nicht vorliegender Pflegebedürftigkeit
beigefügt werden. Aus der Bescheinigung sollte zudem hervorgehen, dass aufgrund einer schweren Krankheit oder einer akuten Verschlimmerung einer Krankheit ein Kurzzeitpflegeaufenthalt indiziert ist.

Die Krankenkassen erbringen die Kurzzeitpflege für einen begrenzten Leistungszeitraum entsprechend der Konstruktion der Kurzzeitpflege im Bereich des SGB XI – also: Anspruch auf acht Wochen je Kalenderjahr und begrenzt auf einen Gesamtbetrag von bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr (vgl. § 42 Absatz 2 Satz 1 und 2 SGB XI).

Der Anspruch auf Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V setzt voraus, dass keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 vorliegt. Das hat im Umkehrschluss jedoch nicht zur Folge, dass Versicherte mit Pflegegrad 1 per se einen Anspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V haben.

Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V kommt bei Pflegegrad 1 nur in Betracht, wenn andere Leistungsansprüche den speziellen Bedarf der Versicherten bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere
nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung nicht im erforderlichen Maße abdecken. Zu prüfen ist, ob eine Haushaltshilfe oder häusliche Krankenpflege nicht ausreichend sind. Es gilt folgende Prüfreihenfolge:

  1. Besteht ausschließlich ein Bedarf auf hauswirtschaftliche Unterstützung,
    kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Betracht, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen.
  2. Besteht neben einem hauswirtschaftlichen auch ein grundpflegerischer
    Versorgungsbedarf, kommen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V in Betracht.
  3. Besteht ein grundpflegerischer und ein hauswirtschaftlicher Versorgungsbedarf und reichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nicht aus, weil der Versorgungsbedarf rund um die Uhr – auch nachts – besteht oder unvorhersehbar zu jeder Tages- oder Nachtzeit eintreten kann und
    deshalb die Versorgung mangels ergänzender Unterstützung im persönlichen Umfeld des Versicherten nur im stationären Kontext ausreichend sichergestellt werden kann, kommen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V in zugelassenen Kurzzeitpflegeeinrichtungen nach dem SGB XI oder in anderen geeigneten Einrichtungen in Betracht.

Quelle: Bericht des GKV-Spitzenverbandes zu den Erfahrungen mit der Einführung der Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit (Unterrichtung durch die Bundesregierung, Drs. 19/6933)

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