Händestapel aus Kinderhänden

Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz

Am 16.09.2024 wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) der Referentenentwurf zum Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz (IKJHG) veröffentlicht.

SGB VIII

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) richtet sich an alle jungen Menschen ausgehend von einem umfassenden Verständnis von Kinder- und Jugendhilfe. Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe ist es, zur Verwirklichung des Rechts eines jeden jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beizutragen (vgl. § 1 Absatz 1 SGB VIII). Sie ist damit das primär für ein gedeihliches Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen verantwortliche Sozialleistungssystem.

Anforderungen der UN-BRK

Mit Blick auf Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind für die Umsetzung dieser Zielsetzung insbesondere die rechtlichen Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention an eine inklusive Gesellschaft und damit auch an ein inklusives Sozialleistungssystem maßgeblich. Die UN-BRK verlangt, alle staatlichen Maßnahmen an einer Inklusionsperspektive auszurichten, die keine Aussonderung akzeptiert.

Drei-Stufen-Plan zur Inklusion

Mit der Reform des SGB VIII, also der Kinder- und Jugenhilfe, sollen bis 2028 die Zuständigkeiten der Leistungen für junge Menschen mit Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII zusammengeführt werden. Dies wird als „Inklusive Lösung“ bezeichnet. (Siehe auch Beitrag vom 31. August 2021)

Wesentlicher Inhalt

Der jetzige Gesetzentwurf stellt die dritte Stufe des „Inklusionsplans“ dar und sieht im Wesentlichen Änderungen und Regelungen zu folgenden Punkten vor:

Leistungen zur Entwicklung, zur Erziehung und zur Teilhabe

Der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung und der Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen werden als Leistungen zur Entwicklung, zur Erziehung und zur Teilhabe zusammengeführt.

Verfahrenslotse

Durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) werden die Zuständigkeiten und die Regelungen zur Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit und ohne Behinderung in der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII 1) zusammengeführt. Seit dem 01.01.2024 wurde mit der zweiten Stufe des KJSG der Verfahrenslotse im § 10b SGB VIII eingeführt. Der Verfahrenslotse stellt die Schnittstelle zwischen Leistungsberechtigten und Leistungserbringer dar und soll beide im Sinne des KJSG unterstützen.

Die Expertise des Verfahrenslotsen soll weiterhin nutzbar gemacht werden, um
junge Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf ihren Zugang zur Leistungsgewährung zu unterstützen.

Leistungserbringung

Der Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe (§ 75 Absatz 2
SGB VIII), die Voraussetzung für eine auf Dauer angelegte Förderung ist, wird auf
juristische Personen und Personenvereinigungen erweitert, die mindestens drei
Jahre auf dem Gebiet der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen
mit Behinderungen tätig sind.

Regelung der Kostenheranziehung in einem inklusiven SGB VIII

Es werden einheitliche Regelungen zur Kostenheranziehung zu Leistungen im inklusiven SGB VIII getroffen. Diesen liegt als Prämisse zugrunde, dass Familien, deren Kinder sich über Tag oder über Tag und Nacht in einer Einrichtung oder Pflegefamilie aufhalten bzw. untergebracht sind, in einem bestimmten Umfang die Kosten für den Lebensunterhalt einsparen. Hieran orientiert sich die Höhe der Kostenbeiträge neben der Höhe des Einkommens der Eltern(-teile).

Ambulante Dienstleistungen werden demgegenüber ausnahmslos kostenbeitragsfrei gestellt, um die Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Nur bei bestimmten Sach-/ oder Geldleistungen soll ein Eigenanteil geleistet werden.

Gerichtsbarkeit

Für Angelegenheiten, die Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen
mit Behinderungen betreffen, wird der Rechtsweg an die Sozialgerichte eröffnet.

Stellungnahmen erwartet

Das BMFSFJ erwartet bis zum 2. Oktober Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf von den Fachverbänden.

Quelle: BMFSFJ, wikipedia, FOKUS-Sozialrecht

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