Flüchtlingsgruppe in Europaflagge

Abschiebungen

Es ist erstaunlich bis erschreckend, wie es den Rechtsradikal-Populisten gelingt, den öffentlichen Diskurs so zu bestimmen, dass die Mehrheit der Deutschen „Migration“ für das größte Problem hält. Natürlich helfen dabei die Medien und zwar nicht nur Springerpresse und Telegrammkanäle, sondern auch die sogenannten seriösen Medien von Tagesschau bis FAZ. Aufgescheuchte Politiker der demokratischen Parteien versuchen sich in Schadensbegrenzung, indem sie die populistischen Forderungen in Gesetze umwandeln wollen.

Klima? War da was?

Die zunehmende Klimakatastrophe wir nur noch am Rande als Problem wahrgenommen und die Gegenmaßnahmen an allen Ecken und Enden aufgeweicht und verzögert. Wahrscheinlich so lange, bis jedem deutlich wird, dass diese Politik uns einen massiven Wohlstandsverlust bescheren wird und zu einer Migrationswelle aus den nicht mehr bewohnbaren Teilen der Erde von nie dagewesenen Ausmaß führen wird. Dann haben wir tatsächlich Probleme.

Rückführungsverbesserungsgesetz

Der jüngste Versuch, den rechten bis faschistischen Teil unserer Gesellschaft mit plumpem Aktionismus zu beschwichtigen (Spoiler: das wird nicht gelingen) kommt aus dem Innenministrium und heißt: „Rückführungsverbesserungsgesetz„. Mit „Rückführung“ ist natürlich „Abschiebung“ gemeint. Das klingt etwas freundlicher.

Kaum Zeit für Stellungnahmen

Der Paritätische Gesamtverband hat dazu eine Stellungnahme verfasst, obwohl er wegen der angeblichen Dringlichkeit nur zwei Tage Zeit dazu hatte. Ergebnis ist, dass die meisten der geplanten Gesetzesänderungen weder mit dem Grundgesetz noch mit der UN-Kinderrechtskonvention noch mit der Flüchtlingskonvention zu vereinbaren sind.

Klima der Angst

Zum Beispiel sollen bei Abschiebungen auch die Wohnungen Dritter betreten werden können und Abschiebungen können vermehrt auch nachts durchgeführt werden. Dies soll auch bei Familien mit Kindern geschehen können. Das wird beiden betroffenen Familien zu ständiger Angst und Unruhe führen und mit Sicherheit einem erfolgreichen Ankommen der Schutzsuchenden in der Gesellschaft entgegen.

gegen die UN-Kinderrechtskonvention

Ablehnend äußert sich der Paritätische auch zum Vorhaben, die Ankündigung der Abschiebung auszusetzen. Ausgenommen von dieser Regelung seien zukünfitg nur noch Familien mit Kindern bis 12 Jahren, wenn deren Abschiebung länger als 1 Jahr ausgesetzt war. Nicht nur sei die Altersgrenze willkürlich gezogen und verstoße somit gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die Regelung werde darüber hinaus noch mehr Menschen in Angst und Unsicherheit leben lassen und somit ihrer gesellschaftlichen Teilhabe abträglich sein.

Verlängerung der Abschiebehaft

Abschiebhaft soll bis zu 28 Tage (bisher 10 Tage) möglich sein. Mildere Mittel als Haft sind nicht mehr vorgesehen. Haft für nicht begangene Verbrechen ist sowieso reichlich problematisch.

Neue Straftatbestände

Es werden neue Straftatbestände eingeführt. So sollen sich Personen bereits bei einem einmaligen Verstoß gegen Meldepflichten oder räumliche Beschränkungen strafbar machen. Also etwa, wenn jemand in einer Nachbargemeinde einen Bekannten besucht. Solche Vorstrafen können später dazu führen, dass die Personen die Bleiberechtsregelungen nicht nutzen und somit auf Dauer von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden. Zukünftig sollen sich zudem Asylsuchende strafbar machen, wenn sie keine, unrichtige oder unvollständige Angaben im Asylverfahren machen oder Dokumente nicht vorlegen. Auch hier fehlt die Betrachtung milderer Mittel, zudem wird das für eine erfolgreiche Anhörung so wichtige Vertrauensverhältnis durch solche Strafandrohungen stark beeinträchtigt.

Keine flächendeckende Überlastung

Der Paritätische Gesamtverband weist darauf hin, dass sich die aktuelle
Aufnahmesituation zwar vielerorts herausfordernd, jedoch auf kommunaler Ebene
bundesweit sehr heterogen darstellt. Einer aktuellen Expertise nach ist entgegen der teils hitzig geführten Debatte nicht von einem Notstand und einer flächendeckenden
Überlastung auszugehen. Überforderungen vor Ort sind u.a. auch darauf zurückzuführen, dass in den letzten Jahren vielerorts Strukturen der Integrationsarbeit und Flüchtlingsaufnahme abgebaut oder nicht weiterentwickelt wurden.

Frühere Versäumnisse

Das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum sowie ausreichenden Kita- und Schulplätzen trifft nicht nur schutzsuchende Menschen und wurde seit Jahren nicht hinreichend konsequent angegangen. Zudem sind es nicht nur die hohen Zahlen neu ankommender Schutzsuchende, die das Aufnahmesystem unter Druck setzen, sondern auch die Menschen, die schon lange im Aufnahmesystem sind und aufgrund des Wohnraummangels keine eigene Wohnung finden.

Gesetz läuft ins Leere

Ähnlich wie die in den vergangenen Jahren verabschiedeten Gesetze zur Beschleunigung von Abschiebungsverfahren und der Ausweitung der Abschiebungshaft wird auch dieses Gesetz absehbar nicht dazu führen, dass viel mehr Menschen abgeschoben werden. Viele der ausreisepflichtigen Menschen sind aufgrund von Abschiebungshindernissen geduldet und können gar nicht abgeschoben werden. Darüber hinaus fehlt es oft an der Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass rechtliche Verschärfungen in diesem Bereich in der Praxis zwar oft zu härteren, nicht aber zwingend zu mehr Abschiebungen führen.

Quellen: Der Paritätische, Bundesinnenministerium, Mediendienst Integration, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: fotolia.com fluechtlinge-europa.jpg