Das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ ist das deutsche Lieferkettengesetz. Es wurde am 11. Juni 2021 verabschiedet und wird zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Mit dem Gesetz werden Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter (2024: 1000 Mitarbeiter) dazu verpflichtet, „menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 LkSG). Über das Gesetzesvorhaben und seine Unzulänglichkeiten berichteten wir hier am 19. Mai 2021.
Nun haben sich am 1. Dezember 2022 der Rat der Europäischen Union auf ein EU-Lieferkettengesetz geeinigt. Dieses neue EU-Gesetz wird unterschiedliche nationale Lieferkettengesetze auf ähnliche Standards bringen. Als europäisches Gesetz kann es strenger und konsequenter sein als die nationalen Gesetze wie z.B. das deutsche oder das französische Lieferkettengesetz.
Wesentlicher Inhalt:
- Unternehmen sind nur erfasst, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer*innen und einen Umsatz von >150 Mio. Euro haben. Wenn sie mehr als 20 Mio. Euro Umsatz in Risikosektoren machen, sinkt die Umsatzschwelle auf 40 Mio. Euro und die Arbeitnehmer*innenschwelle auf 250. Die Risikosektoren umfassen u.a. Textil, Landwirtschaft, Lebensmittel, Rohstoffgewinnung, Metallverarbeitung. Ausgenommen ist der Maschinenbau. Für Unternehmen aus Drittstaaten gilt eine Schwelle von >150 Mio € Umsatz im Jahr in der EU (d.h. keine Arbeitnehmerschwelle) oder 40 – 150 Mio € Umsatz p.a. in der EU bei mind. 20 Mio Euro in Risikosektoren.
- Anders als im deutschen Lieferkettengesetz können Opfer von Menschenrechtsverletzungen auch zivilrechtliche Haftung durchsetzen.
- Das EU-Gesetz verpflichtet nun grundsätzlich alle Zulieferer – nicht nur solche mit einer längerfristig etablierten Geschäftsbeziehung, wie ursprünglich von der EU-Kommission geplant.
- Im deutschen Lieferkettengesetz kann die Einschaltung von Zwischengesellschaften die Verpflichtungen umgehen. Nach dem Willen der Mitgliedsstaaten ist diese Umgehungsmöglichkeit nun europaweit verschlossen.
Lücke bei Zertifizierungen
Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht vor, dass Unternehmen auf private Zertifizierungen und Industrieinitiativen zurückgreifen können, um die Erfüllung von Sorgfaltspflichten nachzuweisen. Dafür gibt es bisher keine verbindlichen Anforderungen oder staatliche Kontrolle. Das wäre für Unternehmen ein gutes Schlupfloch, um die Regelungen zu umgehen.
Das Europäische Parlament wird voraussichtlich im Mai 2023 über seine Position darüber abstimmen. Erfahrungsgemäß ist aber mit dem Beschluss des Rates der Europäischen Union die größte Hürde für ein EU-Gesetz überwunden. Allerdings könnte das Europäische Parlament noch Nachbesserungen einfordern.
Das Gesetz abgelehnt oder sich enthalten haben Österreich, Belgien, Bulgarien, Estland, Litauen, Niederlande und der Slowakei.
Quellen: Verbraucherzentrale Bundesverband, wikipedia, Sven Giegold (Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium)
Abbildung: wikimedia.org: Samynandpartners – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0 Europa_building_February_2016.jpg